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Klugschnacker 31.01.2015 12:24

Harald, Du unterstellst hypothetisch Blutmanipulationen per UV-Strahlung. Nehmen wir einmal an, das stimmt. Dann müssten im Blut die leistungssteigernden Effekte dieser Manipulation sichtbar werden, zum Beispiel beim Hämatokrit- oder Hämoglobinwert, kurz: eine erhöhte Anzahl von Sauerstoffträgern. Die findet man jedoch nicht: Die Hämoglobinwerte von Pechstein weisen keine außergewöhnlichen Schwankungen auf und befinden sich weit weg von den Grenzwerten.

Dies könnte sie auch durch exzessives Trinken, Kochsalzinfusionen, Kopfstand etc. erreicht haben, aber das hätte sie 10 Jahre lang tun müssen, und zwar nicht nur bei Wettkämpfen, sondern auch für die unangemeldeten Trainingskontrollen.

Man findet bei Pechstein nur und ausschließlich eine schwankende Blutbildung, aber keine tatsächlich leistungssteigernde Merkmale, z.B. in Form übermäßig vieler Sauerstoffträger.

Allein die hier zusammengetragenen Argumente sollten nach meiner Überzeugung ausreichen, Pechsteins Fall im Licht dieser zum Teil neuen Erkenntnisse neu aufzurollen. Mehr wird ja nicht verlangt.

Grüße,
Arne

Klugschnacker 31.01.2015 12:29

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1110976)
Ich kann mich nicht erinnern, gelesen zu haben, dass ein solcher Gentest versucht worden wäre. Hab ich da was verpasst, oder gibt es vielleicht gute Gründe, den Test nicht zu machen bzw. die Ergebnisse geheim zu halten ...?

Ich habe diese Aussage von Prof. Eber dazu gefunden:

"Ein definitiver Beweis für die hier beschriebenen Anomalien liesse sich durch die Messung der erythrozytären transmembranösen Kationenpermeabilität (Transmembranöse Flussraten) erbringen. Diese Untersuchungen sind sehr aufwändig und werden derzeit unseres Wissens in keinem Labor routinemässig angeboten."

LidlRacer 31.01.2015 13:06

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1110979)
Ich habe diese Aussage von Prof. Eber dazu gefunden:

"Ein definitiver Beweis für die hier beschriebenen Anomalien liesse sich durch die Messung der erythrozytären transmembranösen Kationenpermeabilität (Transmembranöse Flussraten) erbringen. Diese Untersuchungen sind sehr aufwändig und werden derzeit unseres Wissens in keinem Labor routinemässig angeboten."

Es sollte weniger darum gehen, die Anomalie zu beweisen sondern mehr um die Ursache. Und da fordert Franken wohl nicht ohne Grund den Gentest.

Hafu 31.01.2015 16:30

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1110978)
Harald, Du unterstellst hypothetisch Blutmanipulationen per UV-Strahlung. Nehmen wir einmal an, das stimmt. Dann müssten im Blut die leistungssteigernden Effekte dieser Manipulation sichtbar werden, zum Beispiel beim Hämatokrit- oder Hämoglobinwert, kurz: eine erhöhte Anzahl von Sauerstoffträgern.

Ich unterstelle es nicht direkt, aber es ist ja eine Tatsache, dass Pechstein diese UV-Bestrahlung praktiziert hat und vor diesem Faktenhintergrund müsste man einfach mal systematisch untersuchen, was die UV-Bestrahlung mit den roten Blutkörperchen anrichtet. Und am besten nicht bei Pechstein oder sonstigen verdächtigen Sportlern, sondern möglichst bei normalen gesunden Kontrollpersonen, bei denen keinerlei Manipulationsverdacht besteht.

Insbesondere war die in Erfurt praktizierte Apparatur ja dazu geeignet, große Mengen von Blut zu bestrahlen, denn es wurde ja nicht nur einfach eine Spritze Blut abgenommen, bestrahlt und wieder zugeführt, sondern dem Sportler wurden zwei intravenöse Zugänge gelegt: aus dem einen Wurde Blut abgeleitet, durch eine Apparatur zur UV-Bestrahlung geführt und anschließend durch den zweiten Zugang wieder zugeführt.

Wieviel Blut dann tatsächlich bestrahlt wurde hing alleine davon ab, wie lange der Sportler neben dieser Apparatur saß.

Angeblich sollen es zwar nur 50ml blut gewesen sein, aber das habe ich schon damals in dem entsprechenden Thread stark angezweifelt. die 50ml waren eine reine Schutzbeahuptung des betroffenen Arztes, der weiß, dass 50ml gerade noch als Injektion darstellbar waren, während größere Mengen als Infusion klassifiziert werden müssen und Infusionen ins blut egal mit welcher Substanz sind auch schon vor 2010 (spätestens seit der HAES-Affäre von Stephane Franke zweifellos verboten.

Im Zusammenhang mit der Erfurter Affäre wurde ja diskutiert, ob die UV-Betrahlung des Blutes tatsächlich leistungssteigernd wirkt und manche wenn nicht die meisten Experten verneinten dies und erklärten sie zu Humbug.
Allerdings ist die UV-Bestrahlung Erfahrungsmedizin, wurde in der DDR seit den 60er Jahren regelmäßig praktiziert und bei Methoden, die sich so lange in der Praxis halten, ist es schon nicht unwahrscheinlich, dass sie auch tatsächlich leistungssteigernde Effekte (über den Placebo-Effekt hinaus) haben,
Immerhin scheint es sich ja auch unter Sportlern außerhalb Erfurt herumgesprochen zu haben, die dann zu dem Dr. Franke aus Erfurt pilgerten.
UV-Licht schädigt zweifellos die Ery und verkürzt deren Haltbarkeit, weil es dies mit allen Zellen ekanntlich macht. Von daher ist ein Anstieg der Retikulozyten wahrscheinlich und eine VEränderung der Membranpermeabilität wahtscheinlich.
Zu einem Anstieg der Gesamtzahl der Erythrozyten kann es eigentlich nicht kommen, denn diese wird ja über das körpereigene Epo reguliert.
Ein positiver leistungssteigernder Effekt könnte aber über die Verbesserung der Fleißeigenschaften des Blutes (mehr junge, kleine Erthrozyten), die besser durch die Kapillaren, die eigentlichen Orte der Sauerstaffabgabe vom Blut in die Muskulatur, passen.
Diese Kapillaren sind ohnehin derartig klein, dass normale Erythrozyten nur nacheinander hindurch passen.

Bei der Methode des Xenon-Dopings hat man auch einige Zeit gerätselt, wieso man nach regelmäßigem Einatmen von Xenon leistungsfähiger ist. Die Hb-Konzentration wird durch Xenon genaus wie die Menge der Erythrozyten nicht direkt beeinflusst, aber es scheint trotzdem leistungssteigernd zu wirken wie die frappierenden Erfolge der Russen über 50km in Sootschi (Rang1, 2, und 3) belegen zu scheinen.

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1110978)
...
Allein die hier zusammengetragenen Argumente sollten nach meiner Überzeugung ausreichen, Pechsteins Fall im Licht dieser zum Teil neuen Erkenntnisse neu aufzurollen. Mehr wird ja nicht verlangt.

Grüße,
Arne

Dass angesichts der insgesamt unklaren Lage und mancher neu aufgetretenen Aspekte (sowohl die Ergebnisse aus Zürich mit der Ektazytometrie als auch die (angebliche) Betroffenheit von Pechsteins Vater , aber eben auch die mehrfach stattgehabte UV-Bestrahlung von pechsteins Blut waren bei den Urteilsbegrundenden Gutachten der ISU noch nicht bekannt) es gute Gründe gibt, den Prozess nochmal neu aufzurollen, stelle ich mittlerweile auch nicht in Abrede.

Allerdings wäre es zu wünschen, dass man an neue Untersuchungen /Gutachten ergebnisoffen, vorurteilsfrei und mit einer gesunden Skepsis gegenüber dem, zu was manche Sportler fähig sind zu tun rangeht.

Sämtliche Mitglieder der Kommission, die der DOSB gebildet hat (Ehninger, Gassmann, Weinmann, Eber), haben sich längst klar positioniert und haben im Rahmen eines neuen Prozesses gegen oder für Pechstein als Gutachter nichts verloren.

So wie ich bei der interpretation der Fakten dazu neige immer das Haar in der Suppe zu suchen und noch offene Fragen im Zweifelsfall gegen Pechstein interpretiere (Selbst wenn ich Hämatologe wäre, würde ich mich in diesem Fall auch nicht als Gutachter eignen;) , ist es bei den o.g. Personen umgekehrt.
Sie haben ihre wissenschaftliche Reputation öffentlich eng mit dem Fall Pechstein verknüpft, würden unfassbar an Ansehen verlieren, wenn sich die Anomalie-Hypothese nicht bestätigen sollte und können damit zu einer kritischen Aufbereitung aller Fakten nichts mehr beitragen.

Hafu 31.01.2015 17:02

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1110976)
Ich kann mich nicht erinnern, gelesen zu haben, dass ein solcher Gentest versucht worden wäre. Hab ich da was verpasst, oder gibt es vielleicht gute Gründe, den Test nicht zu machen bzw. die Ergebnisse geheim zu halten ...?

Ich habe mir jetzt gerade die Leitlinie für die Hereditäre Sphärozytose von der AWMF (=Netzwerk der wissenschaftlich medizinischen Fachgesellschaften) runtergeladen. Dort sind auch die Diagnosekriterien nochmal spezifiziert und es steht folgendes zur Genanalyse drin:

Zitat:

Gen - Analyse
Die molekulargenetische Diagnostik identifiziert den Patienten- bzw. familienspezifischen genetischen Defekt. Sie bleibt aufgrund der zahlreichen Zielgene mit der Heterogenität möglicher Mutationen sowie den daraus resultierenden erheblichen Kosten Spezialfällen vorbehalten (19).
Aus meiner Sicht ist der Fall Pechstein ganz klar ein Spezialfall und die erwähnten erheblichen Kosten dürften immer noch weitaus niedriger sein, als der im Raume stehende Schadenersatz und man sollte um Restzweifel auszuräumen, bei ihr und ihrem Vater eine molekulargenetische Diagnostik anstreben.

Natürlich gibt es selbst beim Beweis einer milden asymptomatischen Form der Sphärozytose noch die "Läuse- und Flöhe-Hypothese" =man kann das eine und das andere haben), d.h. auch wenn eine asymptomatische Krankheit nachgewiesen ist, kann der Betroffene selbstverständlich trotzdem gedopt habe, aber da Sperre und Urteil ja maßgeblich durch die Retikulozytenzahl definiert waren, wäre in diesem Fall ein nachträglicher Freispruch selbstverständlich angezeigt.

Hafu 31.01.2015 17:37

Weiß nicht genau, ob das hier schonmal verlinkt war, aber der nachfolgende Link passt auf jeden Fall zu den Fragen die wir hier uns auch stellen.

Interessanteste Passage:

Zitat:

Die dritte Arbeit schließlich, publiziert 1986 von der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften, hält ebenfalls Interessantes fest: UV-Licht schädigt die Membranen der roten Blutkörperchen.
Anomalie der Membranen, verrückt spielende Retis – auf den ersten Blick verblüffende Parallelen zu Pechsteins Blutbild.

Die o.g. Arbeit bezieht sich zwar auf eine Ganzkörperbestrahlung mit UV-Licht und nicht auf eine direkte Bestrahlung des Blutes außerhalb des Körpers, aber bei der Ganzkörperbestrahlung wirken ja sämtliche Schutzmechanismen der Haut,so dass nur ein kleiner Teil des UV-Lichtes überhaupt die Erys erreichen kann.
Bei einer direkten Bestrahlung des Blutes wären also deutlich stärkere Effekte des UV-Lichtes auf die Ery zu erwarten (abhängig von der Menge des bestrahlten Blutes und der gewählten UV-Dosis).


(und wer viel Zeit hat, kann sich auch noch die aufschlussreiche Diskussion nach dem Artikel durchlesen, in der auch Herr Gassmann, einer der Pechstein-Gutachter sich mit unglaublichem Einsatz, aus dem hervorgeht, wie ungeheuer wichtig ihm der Einzelfall ist, aber auch wie festgefasst seine Meinung zu dem Thema mittlerweile ist.)

Klugschnacker 31.01.2015 18:02

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1110987)
Es sollte weniger darum gehen, die Anomalie zu beweisen sondern mehr um die Ursache. Und da fordert Franken wohl nicht ohne Grund den Gentest.

Diesen Standpunkt kann ich nicht ganz nachvollziehen. Falls die Anomalie nachweislich vorhanden ist, wird Claudia Pechstein dadurch entlastet. Unabhängig von der konkreten Ursache der Anomalie, sofern sie keine verbotene Methode darstellt..

Nehmen wir an, die Ursache der Anomalie wäre nicht erblich, wie alle beteiligten Experten versichern, sondern die Folge einer Bestrahlung des Blutes mit UV-Licht. Dann würde die dadurch entstandene Anomalie sie trotzdem vom Vorwurf des Epo-, Blut- oder Sonstwas-Dopings entlasten.

Vorwerfen könnte man ihr dann nur noch die UV-Behandlung selbst. Diese war aber im fraglichen Zeitraum nicht verboten. Das müssen wir unabhängig von unserer persönlichen Einstellung erstmal akzeptieren. Die UV-Behandlung hat keine Relevanz für diesen Fall.

(Nachtrag: Ich persönlich hätte wohl als CAS Richter die UV-Behandlung von Blut als versuchtes Doping eingestuft.)

LidlRacer 31.01.2015 18:24

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1111028)
Diesen Standpunkt kann ich nicht ganz nachvollziehen. Falls die Anomalie nachweislich vorhanden ist, wird Claudia Pechstein dadurch entlastet. Unabhängig von der konkreten Ursache der Anomalie, sofern sie keine verbotene Methode darstellt..

Nehmen wir an, die Ursache der Anomalie wäre nicht erblich, wie alle beteiligten Experten versichern, sondern die Folge einer Bestrahlung des Blutes mit UV-Licht. Dann würde die dadurch entstandene Anomalie sie trotzdem vom Vorwurf des Epo-, Blut- oder Sonstwas-Dopings entlasten.

Vorwerfen könnte man ihr dann nur noch die UV-Behandlung selbst. Diese war aber im fraglichen Zeitraum nicht verboten. Das müssen wir unabhängig von unserer persönlichen Einstellung erstmal akzeptieren. Die UV-Behandlung hat keine Relevanz für diesen Fall.

(Nachtrag: Ich persönlich hätte wohl als CAS Richter die UV-Behandlung von Blut als versuchtes Doping eingestuft.)

Ich gehe stark davon aus, dass die UV-Methode schon immer als verboten angesehen worden wäre, wenn sie nachweislich leistungssteigernd wirken sollte.

Pechstein ist übrigens extrem sparsam mit Informationen über ihre eigene Behandlung. Meines Wissens hat sie öffentlich dazu überhaupt nichts gesagt. Und es wurden wohl Aufzeichnungen beim Doc darüber vernichtet/gelöscht.
Tut man das, wenn das alles harmlos ist?


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