Zitat:
Zitat von trithos
(Beitrag 1278252)
... es gibt offenbar nicht nur eine Bereitschaft sondern geradezu ein menschliches Bedürfnis nach Transzendenz, das sich bei manchen/vielen in Religiosität ausdrückt.
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Darin würde ich Dir zustimmen, dass Menschen eine Bereitschaft oder
Befähigung zum fiktiven Denken besitzen. Wir können uns Dinge vorstellen, die nicht wirklich existieren. Zum Beispiel Geld, Nationen, Götter und so weiter.
Ein
Bedürfnis nach übersinnlichen Phänomenen scheint es mir jedoch nicht zu geben. Das meine ich daran zu erkennen, dass kaum jemand als Erwachsener religiös wird, der nicht bereits als Kind mit dem Glauben aufgewachsen ist. Er verspürt dann in der Regel kein Bedürfnis nach Engeln oder Göttern.
Menschen fragen gelegentlich nach den Ursachen oder dem Sinn ihrer Existenz. Die Antworten auf diese Fragen waren früher eine alleinige Sache der Religionen. Heute laufen ihnen die Wissenschaften und die Philosophie bei der Beantwortung existenzieller Fragen den Rang ab. Wer wir Menschen sind, welche Stellung wir auf unserem Planeten und im Universum haben – darauf geben heute vor allem die Philosophie und die Wissenschaften Auskunft.
Die Entdeckung der Evolution hatte eine bedeutende spirituelle Auswirkung auf unser Selbstverständnis, ebenso die Entdeckung unserer Stellung im Universum. Wir sind nicht der Mittelpunkt der Welt, das war über Jahrtausende bloße Einbildung. Wir sind auch nicht die Ebenbilder Gottes, sondern das vorläufige Ergebnis einer natürlichen Entwicklung, die über uns Menschen hinausgehen wird.
Die Erforschung der Welt hat eine spirituelle Dimension. Es war vor allem spirituell bedeutend, als Giordano Bruno erkannte, dass die Welt millionenmal größer ist, als wir dachten; dass alle Sterne am Firnament ebenfalls Sonnen sind (er wurde dafür lebendig verbrannt, was die spirituelle Dimension beweist). Und wer wollte die spirituelle Dimension der Erkenntnis der Astronomen leugnen, dass unsere Welt einen Anfang hatte?
Spirituelle oder existenzielle Fragen und ihre Antworten sind kein Privileg der Religionen mehr. Ganz im Gegenteil, manche halten heute den Glauben an nachweisbar falsche Dinge für wenig spirituell, man denke nur an die Astrologie (Horoskope). Die Wissenschaften sind längst an einem Punkt angelangt, an dem sie spirituelle Fragen stellen und teilweise auch beantworten.
:Blumen: