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FinP 31.01.2012 12:03

Entweder es bringt was (ist also Doping) oder es verschleiert was (also auch Doping).

Meine persönliche Meinung:
Die panschen fröhlich mit ihrem Blut durch die Gegend und haben sich eine Tarnpraktik aufgebaut, die sie vorschieben können, wenn mal jemand nachguckt. Jetzt denken alle - "ach, diese Trottel denken, UV wäre nützlich". Und die "Täter" lachen sich ins Fäustchen, ob dieser Gutgläubigkeit.

Ist doch wie beim Wulff - da werden irgendwelche Geschichten aufgebaut, die Herrn Wulff wie einen Trottel darstellen lassen, damit man damit ablenken kann, dass der ganz bewusst abkassiert hat.

Klugschnacker 31.01.2012 12:32

Zitat:

Zitat von FinP (Beitrag 705764)
Entweder es bringt was (ist also Doping)

Nein, es gibt viele Dinge, die etwas bringen und kein Doping sind. Andere Dinge bringen nichts, sind aber Doping. So einfach ist es nicht.

Dass ich dieses Rein-und-Raus aus der Blutbahn nicht gut finde, dürfte klar sein.

Grüße,
Arne

Hafu 31.01.2012 12:42

Moralisch denke ich ist der Fall klar, für jeden, der ein bisschen über den Tellerrand schauen kann und in der Lage ist, die nationale Sichtweise ("Wir,=die guten, das Ausland= die bösen Doper") ab zu legen.
Juristisch wird es natürlich nicht ganz so einfach sein, da haben Lidlrace und Klugschnacker natürlich auch recht. Gerade Pechstein hat ja gute Übung mit juristischen Winkelzügen und dem Zünden von Nebelkerzen...

Die relevante Paragraphen im alten WADA-Code waren folgende:
Zitat:

M1. ENHANCEMENT OF OXYGEN TRANSFER
The following are prohibited:
1. Blood doping, including the use of autologous, homologous or heterologous blood or red blood cell products of any origin.
2. Artificially enhancing the uptake, transport or delivery of oxygen, including but not limited to perfluorochemicals, efaproxiral (RSR13) and modified
haemoglobin products (e.g. haemoglobin-based blood substitutes,
microencapsulated haemoglobin products), excluding supplemental oxygen.

M2. CHEMICAL AND PHYSICAL MANIPULATION
1. Tampering, or attempting to tamper, in order to alter the integrity and
validity of Samples collected during Doping Controls is prohibited. These
include but are not limited to catheterisation, urine substitution and/or
adulteration (e.g. proteases).
2. Intravenous infusions are prohibited except for those legitimately received in the course of hospital admissions or clinical investigations.
Dr. Franke beruft sich auf Paragraf M2.2., in dem steht, dass Infusionen (mit wenigen Ausnahmen) verboten sind. Aus diesem Verbot leitet er ab, dass Injektionen (also die intravenöse Zufuhr von kleineren Mengen als bei Infusionen) erlaubt sind. Das würde stimmen, wenn es sich z.B: um die Injektion von Kochsalzlösung oder Glucoselösung, also von Substanten, die nicht auf der Dopingliste stehen, handelnm würde. Es stimmt aber eindeutig nicht, wenn es sich um ein autologes Blutpräparat handelt!

Er vergisst dabei den Paragraf M1.1, in dem unabhängig vom o.g. Infusionspragraph eindeutig steht, dass die Zufuhr von ...autologen (autolog heißt <vom Körper des Sportlers selbst stammend>)... Präparaten, die rote Blutzellen enthalten...verboten ist!

Da im Pragraph 1.1 weder von Injektion (kleinere Mengen < 50ml) noch von Infusionen die Rede ist, müsste eigentlich klar sein, dass die Zufuhr solcher Präparate immer verboten ist, egal in welcher Menge!

dude 31.01.2012 13:01

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 705751)
Was wir nicht wissen, ist wieviel Blut es in jedem Einzelfall war, wie lange der Zeitraum zwischen Entnahme und Rückführung war und ob das entnommene Blut mit UV-Licht bestrahlt worden ist.

Nur darum geht es doch. Der Rest ist Volksverarsche.

FinP 31.01.2012 13:09

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 705775)
Nein, es gibt viele Dinge, die etwas bringen und kein Doping sind.

Ja, und dafür gibt es doch eine White-List.

LidlRacer 31.01.2012 13:18

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 705777)
Er vergisst dabei den Paragraf M1.1, in dem unabhängig vom o.g. Infusionspragraph eindeutig steht, dass die Zufuhr von ...autologen (autolog heißt <vom Körper des Sportlers selbst stammend>)... Präparaten, die rote Blutzellen enthalten...verboten ist!

Nein, wenn man spitzfindig ist, und das muss man natürlich in juristischen Fragen sein, steht das da nicht.

Da steht zunächst mal, dass Blut-Doping verboten ist. Und dann werden noch verschiedene Formen davon aufgezählt.

Ich weiß nicht, wo definiert ist, was Blut-Doping ist, aber offenbar zählen ja selbst (manche?) Anti-Doping-Experten dieses Verfahren nicht dazu. Hier Thieme im Originalton:
Dopingexperte Thieme: UV-Strahlen im Blut ist kein Blut-Doping

Jetzt hab ich aber mal ne Theorie zum Wirkmechanismus:
Dass die UV-Bestrahlung die Funktion der roten Blutkörperchen direkt verbessert, kann ich mir auch kaum vorstellen. Wie Hafu schon sagt, dürften diese wohl eher geschädigt werden.
Dann wäre für mich der Gedanke naheliegend, dass der Körper diese als geschädigt erkennt und zum Ersatz neue produziert. Und aus irgendwelchen Gründen produziert er mehr neue als geschädigt sind. Oder vielleicht sind sie auch nur scheinbar geschädigt, funktionieren aber trotzdem noch und es werden trotzdem zusätzliche produziert.

Das hab ich mir jetzt mal als Nicht-Mediziner aus den Fingern gesogen. Gelesen hab ich darüber bisher nix.

Wenn das so wäre, dann wäre es wohl tatsächlich Blut-Doping.

Naheliegend fände ich weiterhin, wenn Pechsteins komische Kugelzellen solche UV-geschädigten ehemals normale Zellen wären.

Klugschnacker 31.01.2012 13:21

Zitat:

Zitat von dude (Beitrag 705784)
Nur darum geht es doch. Der Rest ist Volksverarsche.

Volksverarsche ist es, wenn man die Beantwortung der obigen Fragen im Sinne eines Dopingvergehens voraussetzt. Hier ist aber Geduld und Sorgfalt gefragt. Fehlt letzteres, werden die Sportler leicht über ihre Anwälte rausgepaukt – und zwar zu recht. Denn wen man nicht glasklar überführen kann, muss man laufen lassen.

Grüße,
Arne

rookie2003 31.01.2012 13:22

Als medizinischer Laie, der gewissen Berichterstattungen (von beiden Seiten) auch mal kritisch hinterfragt), bleibt für mich unter Strich eins übrig:
Wer so etwas macht, wie die nun erwähnten 30 Sportler bzw. die darin verstrickten Ärzte, gerät leicht in Versuchung mal mehr zu machen (um es vorsichtig auszudrücken).

Wie bescheuert muss ich als Arzt und Sportler sein um in einer extrem sensibilisierten Zeit (nach 2006 Fuentes), derartige Behandlungen durchzuführen?
Da müsste eigentlich der gesunde Menschenverstand greifen und mir sagen, dass das (auch wenn es vielleicht damals erlaubt war) Mist ist und mir sehr wahrscheinlich irgendwann mal auf den Kopf fällt.

Motto: No risk, no fun/success - oder so ähnlich. :Nee:

FinP 31.01.2012 13:22

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 705799)
Volksverarsche ist es, wenn man die Beantwortung der obigen Fragen im Sinne eines Dopingvergehens voraussetzt. Hier ist aber Geduld und Sorgfalt gefragt. Fehlt letzteres, werden die Sportler leicht über ihre Anwälte rausgepaukt – und zwar zu recht. Denn wen man nicht glasklar überführen kann, muss man laufen lassen.

Grüße,
Arne

Da hast Du vollkommen recht - meine Meinung bleibt davon allerdings unberührt.

Pippo 31.01.2012 13:26

Gute Infos und gut zusammengefasst. Danke Hafu.

Fast eine Komödie, wenn es nicht so traurig wäre:
"Landessportbund-Präsident Gösel warnt vor schnellen Vorverurteilungen und fordert einen sensiblen Umgang mit dem Thema Doping."

Beim sensiblen Umgang hätte er sich ja gleich mal mit seinem Vize (Ausgerechnet auch noch "Vizepräsident Recht") beschäftigen können.

Und wir lästern über den Doping-Umgang im Ausland...

Klugschnacker 31.01.2012 13:31

Zitat:

Zitat von Pippo (Beitrag 705804)
Und wir lästern über den Doping-Umgang im Ausland...

Ja, und zwar zu recht. Ich kann mich aber nicht der Meinung anschließen, wir wären deshalb auf dem deutschen Auge blind. Ganz im Gegenteil. Die deutschen Dopingsünder fallen tiefer als alle anderen.

Grüße,
Arne

rookie2003 31.01.2012 13:40

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 705807)
Ja, und zwar zu recht. Ich kann mich aber nicht der Meinung anschließen, wir wären deshalb auf dem deutschen Auge blind. Ganz im Gegenteil. Die deutschen Dopingsünder fallen tiefer als alle anderen.

Grüße,
Arne

Das ist richtig, wenn ich mir zB den Werdegang der prominenten Dopingsünder (Leichtathletik, Wintersport, Rad) der letzten 20 Jahre in Österreich ansehe.
Man sollte sie zwar nicht lebenslang verdammen, aber so manche (auch politische Kehrtwende) und schnelle Rehabilitation ist schon sehr überraschend.

Wenn ich mir die Behandlung von Betrügern in allen Lagen der Wirtschaft so ansehe, dann kommen Sportbetrüger in der öffentlichen Beurteilung meist viel schlechter weg!

Pippo 31.01.2012 13:43

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 705807)
Die deutschen Dopingsünder fallen tiefer als alle anderen.

Ein sehr weicher Fall vom Trainer, der Mädchen Anabolika verabreicht, zum Vizepräsidenten eines Landessportbundes und praktizierendem Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei...

Nur weil Doper im Ausland teilweise weich bis gar nicht fallen, fallen sie in Deutschland nicht zu hart. Da fehlt mir jegliches Mitleid.

qbz 31.01.2012 13:55

Als Sportler und Mensch, der 2+2 zusammenzählen kann, bilde ich mir eine Meinung aufgrund der vorliegenden Infos und da ist es für mich sonnenklar, dass hier Blutdoping im grösseren Stil und systematisch betrieben wurde.

Richter müssen da andere Masstäbe anlegen, leider handeln die Sportverbände zu gerichtsmässig, obwohl sie es überhaupt nicht bräuchten, z.B. um Startsperren anzuordnen.

Ebenso klar ist mir leider, dass alle Vereinsverantwortlichen incl. NADA nach willkommenen Entschuldungsgründen suchen, traurigerweise.

-qbz

LidlRacer 31.01.2012 13:58

Ich sehe keinen Anhaltspunkt dafür, dass es hier eigentlich um klassisches Blutdoping gehen soll.
Die Ermittlungen beruhen doch auf einem abgehörten Telefonat, in dem es ausdrücklich um die UV-Sache ging:

Zitat:

Entlarvendes Telefonat

Nach Informationen dieser Zeitung wurden in der Arztpraxis verräterische Computerdateien beschlagnahmt. Sie dokumentieren zum Beispiel, dass ein Topathlet schon im Jahr 2005 den Blut-Service in Anspruch nahm. Auch ein aufgezeichnetes Telefonat, schon von den Münchnern zu den Akten gegeben, entlarvt angeblich diesen Sportler: In dem empfiehlt er die Spezialität des Erfurter Doktors einem anderen Athleten. Der äußert Bedenken, fragt, ob das nicht Doping sei. Antwort des Tippgebers: UV-Bestrahlung sei doch nicht nachweisbar. Eindeutiger kann ein Höchstleister kaum formulieren, dass er dopt und sich dessen bewusst ist.
http://www.fr-online.de/sport/doping...,11452004.html

Sport inside präzisiert, dass dieses Gespräch zwischen 2 Sportlerinnen stattfand, und dass Pechstein abgehört wurde. Nicht zwingend, aber naheliegend ist der Schluss, dass Pechstein dieses Gespräch über die UV-Behandlung geführt hat.

dude 31.01.2012 13:59

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 705799)
Volksverarsche ist es, wenn man die Beantwortung der obigen Fragen im Sinne eines Dopingvergehens voraussetzt. Hier ist aber Geduld und Sorgfalt gefragt. Fehlt letzteres, werden die Sportler leicht über ihre Anwälte rausgepaukt – und zwar zu recht. Denn wen man nicht glasklar überführen kann, muss man laufen lassen.

Und genau das wird hier passieren, weshalb es umso wichtiger ist, dass man sich zu den Methoden, die mit groesster Wahrscheinlichkeit stattgefunden haben, auch laut und deutlich aeussert.

Auch hier zeigt sich wieder, dass die Gesetze im Bereich Doping zu schwach sind. Wir brauchen eine staerkere Beweislastumkehr, die dann uU auch mal zu Lasten fahrlaessig handelnder Unschuldiger fuehrt. Ich bin zudem dafuer, dass Dopingsperren deutlich verlaengert werden, waehrend die Integration von Dopern in der Gesellschaft verbessert werden muss. Der Ehemann darf ungeschoren die Nachbarin poppen, aber Sportbetrug wird wie Kinderschaendung verachtet? DAS kann nicht sein. Ein Kittel darf dann nicht mehr Radfahren zum Geldverdienst, aber fuer alles andere verdient er eine zweite Chance.

meggele 31.01.2012 14:09

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 705807)
Ja, und zwar zu recht. Ich kann mich aber nicht der Meinung anschließen, wir wären deshalb auf dem deutschen Auge blind. Ganz im Gegenteil. Die deutschen Dopingsünder fallen tiefer als alle anderen.

Wobei man nicht wirklich sagen kann, dass sportpolitisch auch nur irgendwelche nennenswerten Anstrengungen unternommen würden, um das Verhältnis "Dopingsünder : überführte Dopingsünder" zu verbessern.

drullse 31.01.2012 14:09

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 705797)
Naheliegend fände ich weiterhin, wenn Pechsteins komische Kugelzellen solche UV-geschädigten ehemals normale Zellen wären.

Interessante These. Das wäre natürlich eine Erklärung (aber ob das wirklich so sein kann? Keine Ahnung...).

Zitat:

Zitat von dude (Beitrag 705820)
Ein Kittel darf dann nicht mehr Radfahren zum Geldverdienst, aber fuer alles andere verdient er eine zweite Chance.

Das sagen doch die Meisten hier schon lange.

qbz 31.01.2012 14:12

Die UV-Bestrahlung soll dem Ganzen doch nur den notwendigen (ziemlich obskuren ausserdem) Heilbehandlungsschein verleihen, meine Meinung, um Lücken in den Dopingregeln auszunutzen.

-qbz

Pippo 31.01.2012 14:15

Zitat:

Zitat von dude (Beitrag 705820)
Ein Kittel darf dann nicht mehr Radfahren zum Geldverdienst, aber fuer alles andere verdient er eine zweite Chance.

Genau das sollte aber auch für die Ärzte, Trainer und Funktionäre gelten. Die müssen sich dann auch was Neues suchen.

Klugschnacker 31.01.2012 14:15

Zitat:

Zitat von dude (Beitrag 705820)
Wir brauchen eine staerkere Beweislastumkehr, die dann uU auch mal zu Lasten fahrlaessig handelnder Unschuldiger fuehrt.

Da bin ich anderer Meinung. Keine Strafe ohne Schuld. Lieber lassen wir einen Schuldigen laufen, denn wir nicht glasklar überführen können, als dass ein Unschuldiger bestraft wird. Den Dopern sollten wir den Rechtsstaat nicht opfern.

Grüße!
Arne

LidlRacer 31.01.2012 14:19

Zitat:

Zitat von drullse (Beitrag 705823)
Interessante These. Das wäre natürlich eine Erklärung (aber ob das wirklich so sein kann? Keine Ahnung...).

Immerhin wird die These von einem Prof. gestützt:
Zitat:

"Die Bestrahlung von Blut mit UV-Licht ist allerdings eindeutig Doping", sagte Professor Perikles Simon, der Leiter der Sportmedizin in Mainz. Selbst wenn die leistungssteigernde Wirkung nicht nachgewiesen sei, so handle es sich doch in jedem Fall "um eine ethisch bedenkliche Methode, die eindeutig gegen die guten Sitten im Sport verstößt". Zudem, so Simon, könne die Manipulation von Blut die Gesundheit schädigen. "Der Sportler riskiert, sich eine Infektion einzuhandeln." Drittens könne die UV-Behandlung "auch Zellen zerstören. Dass dabei dann Blutbilder herauskommen wie bei einem Menschen mit einer pathologischen Bluterkrankung, ist nicht erstaunlich." Als mögliches Beispiel nannte Simon die Eisschnellläuferin Pechstein. Sie war bereits von 2009 bis 2011 wegen erhöhter Blutwerte gesperrt. "Möglicherweise hat sie keine vererbte Blutanomalie – sondern sich nur ihre Erythrozyten mit UV-Licht verbruzzelt."
http://www.badische-zeitung.de/sport...-55330967.html

Er scheint zwar auch nur wie ich ins Blaue hinein zu spekulieren, aber im Gegensatz zu mir mit passender Qualifikation.

dude 31.01.2012 14:20

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 705827)
Da bin ich anderer Meinung. Keine Strafe ohne Schuld. Lieber lassen wir einen Schuldigen laufen, denn wir nicht glasklar überführen können, als dass ein Unschuldiger bestraft wird.

Weiss ich. Ich sage: "Den Rechtsstaat sollten wir den Dopern nicht opfern."

Nicht die Verurteilung ist entscheidend, sondern das Strafmass und die Folgen. Die drastische Ausweitung der mildernden Umstaende ist ein Weg.

dude 31.01.2012 14:21

Zitat:

Zitat von drullse (Beitrag 705823)
Das sagen doch die Meisten hier schon lange.

Weil es aber noch immer nicht so ist, muessen wir es weiterhin sagen.

qbz 31.01.2012 14:23

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 705827)
Da bin ich anderer Meinung. Keine Strafe ohne Schuld. Lieber lassen wir einen Schuldigen laufen, denn wir nicht glasklar überführen können, als dass ein Unschuldiger bestraft wird. Den Dopern sollten wir den Rechtsstaat nicht opfern.

Grüße!
Arne

aber Sport- und Vereinsgerichtsbarkeit =! staatliche Gerichte.

Wenn die Sportverbände entschiedener vorgehen würden, würde der Rechtsstaat nicht verändert, es blieben den Gesperrten u.U. immer noch die ordentlichen Gerichte.

-qbz

captain hook 31.01.2012 14:27

Meiner Meinung nach sind die ausgefeiltesten Doper den Kontrolleuren immer einen Schritt voraus. Deshalb ist auch der Glaube daran, dass es irgendwann einen sauberen Sport geben wird unrealistisch! Im Zweifel malt man sich die Lage schön, weil man ein paar Leute aus der zweiten Reihe und ganz selten mal einen von der Spitze entlarven kann, weil irgendwas schief gegangen ist oder weil mal einer quatscht. Ist schonmal jemandem aufgefallen, dass in den Sportarten wo richtig Geld verdient wird auch nur ganz selten mal jemand positiv ist?!

In diesem speziellen Fall... Wenn schon Haarspalterei notwendig ist, um ein Verfahren eines im Hochleistungssport tätigen Arztes vielleicht nicht als Doping zu beschreiben läuft in meinen Augen wesentliches verkehrt. Wer im Hochleistungssport tätig ist, sollte sich bemühen jede Grauzone zu vermeiden. Eigentlich ist es schon schwierig sich an die ganzen speziellen Regelungen zu halten. Wenn man also keine leistungsfördernden Absichten hat: Warum begibt man sich freiwillig in diese Grauzone?! Für irgendwas, was nichts bringt wäre es ja noch bescheuerter als wenn es was bringt.

Hafu 31.01.2012 14:38

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 705797)
Nein, wenn man spitzfindig ist, und das muss man natürlich in juristischen Fragen sein, steht das da nicht.

Da steht zunächst mal, dass Blut-Doping verboten ist. Und dann werden noch verschiedene Formen davon aufgezählt.

...

Zitat:

"The following are prohibited:
1. Blood doping, including the use of autologous, homologous or heterologous
blood or red blood cell products of any origin."...

Nach meinem Sprachverständnis, dient der Nebensatz dazu, Blutdoping im juristischen Sinne zu definieren, nämlich als die Zufuhr von autologen, homologen oder heterologen Blut oder Rote-Blutzell-Produkte egal welchen Ursprungs.

Da die WADA keine Einschränkung macht, ab welcher Blutmenge man von Blutdoping spricht, ist auch die Zufuhr kleiner Mengen Blutes verboten.

(Natürlich werden manche Anwälte so ähnlich argumentieren, wie du, lidlracer, aber das hat Walther Mayer 2002 gegenüber dem IOC und später auch den anderen Distanzen ja auch schon versucht (Hauptargument UV-Bestrahlung ist kein Blutdoping und dient nur der Infektvorsorge) und ist trotzdem letztendlich damit nicht durchgedrungen und gesperrt worden.)

Spätestens seit 2002 aber hätte jeder Sportmediziner, der solche Behandlungen anbietet (und auch jeder Sportler, der gelegentlich mal einen Blick in die Zeitung wirft) sensibilisiert und vorgewarnt gewesen sein müssen, dass eine "Eigenbluttherapie" (zumindest vom IOC) als Doping angesehen und entsprechend bestraft wird.

Klugschnacker 31.01.2012 14:41

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 705833)
Wenn die Sportverbände entschiedener vorgehen würden, würde der Rechtsstaat nicht verändert, es blieben den Gesperrten u.U. immer noch die ordentlichen Gerichte.

Das ist nicht richtig. Die Vereine und Verbände handeln autonom. Die inhaltliche Überprüfung der Entscheidung von Verbandsgerichten durch ordentliche Gerichte ist unzulässig. Das Gericht überprüft nur die Einhaltung elementarer rechtsstaatlicher Normen.

Grüße,
Arne

qbz 31.01.2012 14:45

Zitat:

Zitat von captain hook (Beitrag 705835)
Ist schonmal jemandem aufgefallen, dass in den Sportarten wo richtig Geld verdient wird auch nur ganz selten mal jemand positiv ist?!

Deswegen spricht man dann ja von (Tennis)-Zirkus und (Fussball)-Show :-) :-) .

-qbz

LidlRacer 31.01.2012 14:55

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 705837)
Nach meinem Sprachverständnis, dient der Nebensatz dazu, Blutdoping im juristischen Sinne zu definieren, nämlich als die Zufuhr von autologen, homologen oder heterologen Blut oder Rote-Blutzell-Produkte egal welchen Ursprungs.

Vielleicht wird es deutlicher, wenn man die Überschrift mit betrachtet:
"M1. ENHANCEMENT OF OXYGEN TRANSFER
The following are prohibited:
1. Blood doping, including ..."

Wenn es nicht den Sauerstofftransport verbessert, ist es m.E. kein Blutdoping.

Allerdings vermute ich ja, dass es das doch tut. Hast Du eine Meinung zu meiner Wirkmechanismus-Theorie?

FinP 31.01.2012 14:58

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 705843)
Hast Du eine Meinung zu meiner Wirkmechanismus-Theorie?

Ich bin zwar nicht gefragt, aber meine Meinung:
Der Wirkmechanismus beruht einzig und allein darauf, dass man Unregelmäßigkeiten im Blutbild auf die UV-Methode schieben kann, damit andere Sachen unentdeckt bleiben.

LidlRacer 31.01.2012 15:03

Zitat:

Zitat von FinP (Beitrag 705845)
Ich bin zwar nicht gefragt, aber meine Meinung:
Der Wirkmechanismus beruht einzig und allein darauf, dass man Unregelmäßigkeiten im Blutbild auf die UV-Methode schieben kann, damit andere Sachen unentdeckt bleiben.

Genau das hat Pechstein aber doch wohl nicht getan. Ich wüsste nicht, dass sie die UV-Methode jemals erwähnt hätte, als es um ihr verkorkstes Blut ging.
Ich denke, sie hätte das auf jeden Fall erwähnen müssen, und die diversen Gutachter hätten dies untersuchen können.

Anscheinend wollte sie die UV-Behandlung aber verheimlichen...

FinP 31.01.2012 15:10

Sie hat sich die Strategie "Erbkrankheit" rausgesucht. Hätte ja auch klappen können.

phonofreund 31.01.2012 15:16

Zitat:

Zitat von FinP (Beitrag 705851)
Sie hat sich die Strategie "Erbkrankheit" rausgesucht. Hätte ja auch klappen können.

Das muß man doch Verständniss für haben. Mein Opa hat gedopt, mein Vater auch und ich habe einfach diese Krankheit in mir. Was soll ich denn tun?????

qbz 31.01.2012 15:41

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 705839)
Das ist nicht richtig. Die Vereine und Verbände handeln autonom. Die inhaltliche Überprüfung der Entscheidung von Verbandsgerichten durch ordentliche Gerichte ist unzulässig. Das Gericht überprüft nur die Einhaltung elementarer rechtsstaatlicher Normen.

Grüße,
Arne

klar, die staatlichen Gerichte können nur überprüfen, ob sich die Verbände im Einzelfall an die Statuten, Satzungen, internen Regeln halten und z.B. Willkür ausschliessen. Ich bleibe aber bei meiner Meinung, dass ein entschiedeneres Vorgehen in den Verbänden den Rechtsstaat nicht schmälern, opfern würde und die Sportgerichtsbarkeit (Sperren z.B.) nicht dieselben Massstäbe anlegen kann wie ein ordentliches Gericht. (es fehlen (zu Recht) ja auch die Möglichkeiten einer Ermittlungsbehörde).

-qbz

Hafu 31.01.2012 15:43

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 705843)
Vielleicht wird es deutlicher, wenn man die Überschrift mit betrachtet:
"M1. ENHANCEMENT OF OXYGEN TRANSFER
The following are prohibited:
1. Blood doping, including ..."

Wenn es nicht den Sauerstofftransport verbessert, ist es m.E. kein Blutdoping.

...[/url]?

Die Überschrift dient m.E. nur dazu, um eine thematische Gliederung ind die Liste zu bringen. Für eine dopingverurteilung ist es unwichtig, ob der Nachweis einer verbotenen Methode oder der Nachweis einer verbotenen Substanz auch tatsächlich die in der Überschrift des entsprechenden Abschnitts angegebene Dopingzweck erreicht hat.

Die Überschrift S6 lautet z.B. Stimulantien. Wenn man bei einem Athleten irgendeine der danach aufgelisteten verbotenen substanzen in einer noch so geringen dosierung findet, gilt er als positiv, egal ob er nun von der Substanz profitiert hat oder nicht.

Dieter Baumann hat ja eine Zeit lang bei seinem Prozess auch argumentiert, dass die sehr geringe Nandrolon-Menge, die bei ihm nachgewiesen wurde, keinen anabolen Effekt gehabt hätte, aber das ist letztlich völlig irrelevant.

Zu deiner zweiten Frage: UV-Strahlen haben ganz sicher eine wirkung auf lebende Zellen (und davon gibt es im blut ja bekanntlich genug), darum werden sie ja auch z.B. zur Entkeimung von Trinkwasser erfolgreich eingesetzt, indem sie die dort enthaltenen Bakterien abtöten. Das Ganze dürfte halt eine Frage der Dosis sein.

Von daher halte ich es auch für nicht ausgeschlossen, dass sie die roten blutkörperchen von Pechstein so geschädigt haben, dass sie ihre Form verändert haben und anschließend mehrere Gutachter in die Irre geführt wurden.

Flow 31.01.2012 15:45

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 705843)
Vielleicht wird es deutlicher, wenn man die Überschrift mit betrachtet:
"M1. ENHANCEMENT OF OXYGEN TRANSFER
The following are prohibited:
1. Blood doping, including ..."

Wenn es nicht den Sauerstofftransport verbessert, ist es m.E. kein Blutdoping.

Lese ich in der anderen Richtung ...
1. Definition Blutdoping mittels "including"
2. Alles Aufgezählte ist verboten ... "are prohibited"
3. Alles Aufgezählte verstehen wir als "Enhancement of ..."

Was wäre, wenn jemand EPO benutzt, und es bei ihm aus irgendwelchen Gründen keine Verbesserung bewirkt ... ist es dann kein Doping mehr und erlaubt ... ? ;)

LidlRacer 31.01.2012 16:14

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 705865)
Zu deiner zweiten Frage: UV-Strahlen haben ganz sicher eine wirkung auf lebende Zellen (und davon gibt es im blut ja bekanntlich genug), darum werden sie ja auch z.B. zur Entkeimung von Trinkwasser erfolgreich eingesetzt, indem sie die dort enthaltenen Bakterien abtöten. Das Ganze dürfte halt eine Frage der Dosis sein.

Von daher halte ich es auch für nicht ausgeschlossen, dass sie die roten blutkörperchen von Pechstein so geschädigt haben, dass sie ihre Form verändert haben und anschließend mehrere Gutachter in die Irre geführt wurden.

Das war ja nur meine Nebentheorie.

Haupttheorie ist:
Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 705797)
Jetzt hab ich aber mal ne Theorie zum Wirkmechanismus:
Dass die UV-Bestrahlung die Funktion der roten Blutkörperchen direkt verbessert, kann ich mir auch kaum vorstellen. Wie Hafu schon sagt, dürften diese wohl eher geschädigt werden.
Dann wäre für mich der Gedanke naheliegend, dass der Körper diese als geschädigt erkennt und zum Ersatz neue produziert. Und aus irgendwelchen Gründen produziert er mehr neue als geschädigt sind. Oder vielleicht sind sie auch nur scheinbar geschädigt, funktionieren aber trotzdem noch und es werden trotzdem zusätzliche produziert.

Das hab ich mir jetzt mal als Nicht-Mediziner aus den Fingern gesogen. Gelesen hab ich darüber bisher nix.

Wenn das so wäre, dann wäre es wohl tatsächlich Blut-Doping.

Klingt das plausibel?

HeinB 31.01.2012 21:59

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 705797)
Da steht zunächst mal, dass Blut-Doping verboten ist. Und dann werden noch verschiedene Formen davon aufgezählt.

Es gibt hier ja mindestens einen Juristen, der im englischen Sprachraum tätig ist/war. Wie übersetzt man denn hier..

Zitat:

The following are prohibited:
1. Blood doping, including the use of autologous, homologous or heterologous blood or red blood cell products of any origin.
2. ...
..das "including"? Wird das im deutschen Juristenslang dann ein "insbesondere" und bedeutet folglich so viel wie "jetzt folgt eine vollständige Aufzählung", sprich eine Definitionsliste?

HeinB 31.01.2012 22:05

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 705866)
Was wäre, wenn jemand EPO benutzt, und es bei ihm aus irgendwelchen Gründen keine Verbesserung bewirkt ... ist es dann kein Doping mehr und erlaubt ... ? ;)

Nein. Hier geht es um Methoden (deshalb M1), Epo ist eine verbotene Substanz (unter S2).


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