Zitat von Jörn
(Beitrag 1266941)
Das kann ich Dir erläutern.
Die Natur kennt keinen "Sinn", wenn damit das Hinstreben zu einem zuvor definierten Ziel gemeint ist. Die Natur erfüllt also keinen vorgegebenen Plan. Deswegen ist das Wort "Sinn" eine Ablenkung. Es suggeriert, dass ein Leben sinnlos (zwecklos) wäre, wenn es nicht diesem vorgegebenen Sinn folgt. Es suggeriert, dass ein größerer Plan existiert.
Dafür fehlt jeder Beweis. Es bleibt bei der bloßen Behauptung. Genauso gut könnte ich behaupten, die Natur strebe eindeutig intelligentem Leben zu, was bedeutet, dass dumme Leute nicht dem Sinn der Natur entsprechen.
Das Argument mit dem "Sinn" ist sinnlos, weil es nicht bewiesen werden kann. Der Begriff wird auf eine Weise angewendet, der sinnlos ist. Etwa, wenn ich nach dem Sinn des Jupiters fragen würde.
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Wenn man dennoch auf einem "Sinn" besteht, und wenn man zudem darauf besteht, dass dieser Sinn allein in der Fortpflanzung besteht, dann stellt sich die Frage, was daraus folgt.
Folgt daraus, dass das komplette Leben einer kinderlosen Person wertlos ist? Dass diese Person rechtlos ist?
Nehmen wir an, wir würden uns tatsächlich darauf einigen, dass Personen in ihren Rechten eingeschränkt werden dürfen, weil sie sich nicht fortpflanzen. Wie verbindest Du das mit der Frage, ob sie heiraten? Beide Fragen haben nichts miteinander zu tun. Genauso gut könnte man festlegen, dass Personen, die sich nicht fortpflanzen, nicht ins Kino gehen dürfen.
Das ist erstens unsinnig, und zweitens widerspricht es einer Reihe von rechtlichen Grundwerten, etwa dem, dass eine Ungleichbehandlung aus der Sache heraus begründbar sein muss, und sich auch darauf beschränken muss. Deswegen dürfen Blinde keine Flugzeuge steuern, aber man kann ihnen nicht verwehren, modische Schuhe zu kaufen.
Dieser Grundsatz verhindert Willkür. Willkür bedeutet, dass eine willkürlich herausgepickte Gruppe mit Sanktionen belegt wird, die mit den Handlungen der Gruppe nicht zusammenhängen. Etwa wenn Juden nicht studieren und keine akademischen Berufe ergreifen dürfen. (Es ist ein Grundsatz, der nur in rechtsradikalen Kreisen abgelehnt wird. Daher ist es einfach, die Quelle für diese Ideen zu finden. Nur dort ist die Zugehörigkeit zu einer Gruppe bereits eine "Tat".)
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Wenn die Fortpflanzung tatsächlich der alleinige Sinn ist: Wie förderst Du diesen Sinn, indem Du Homosexuellen das Leben schwer machst? Überhaupt nicht. Es macht keinen Unterschied. Die Zahl der Nachkommen bleibt gleich, egal wie schlecht man Homosexuelle behandelt. Das beweist, dass kein Zusammenhang besteht.
Zum Schluss würde ich Dir gerne noch zu der Einsicht verhelfen, dass sich Homosexuelle durchaus fortpflanzen können. Ich sehe jedenfalls keinen Grund, der biologisch dagegen spräche. Die Frage ist, ob sie es wollen.
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