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FinP 02.06.2016 22:31

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1226834)
Das Verständnis dafür fällt uns vielleicht schwer, weil wir das Verbot der Handlung (wegen der Gleichberechtigung) und das Strafmass nicht nachvollziehen können.

Das Verständnis fällt insbesondere schwer, weil der Schutzzweck unklar ist.

Ich vermute ja wie bereits oben beschrieben, dass die zukünftigen Nachkommen des Bruders besonders geschützt werden sollen. Das passt dann auch inhaltlich zur Schwagerehe

qbz 02.06.2016 22:54

Zitat:

Zitat von FinP (Beitrag 1226837)
Das Verständnis fällt insbesondere schwer, weil der Schutzzweck unklar ist.

Ich vermute ja wie bereits oben beschrieben, dass die zukünftigen Nachkommen des Bruders besonders geschützt werden sollen. Das passt dann auch inhaltlich zur Schwagerehe

Würde dieser Schutzzweck im Vordergrund stehen, müsste ein solches Verbot auch für sich raufende Männer aufgestellt werden. Es geht eher darum, dass die sich einmischende Ehefrau eine bestimmte körperliche Intimschranke auch im Streitfall nicht überschreiten darf.

trithos 02.06.2016 23:18

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1226772)
Du sagst, dass niemand solche Aussagen wörtlich nimmt. Wie entscheidest Du, oder wie entscheidet man, welche Stellen der heiligen Schriften wörtlich aufzufassen sind, und welche nicht?

Genau genommen hab ich gesagt, dass ich niemanden kenne, der solche Aussagen wörtlich nimmt. Und da ich ja bei weitem nicht alle Menschen kenne ...

Ich entscheide das ganz pragmatisch wie auch sonst im wirklichen Leben: wenn jemand etwas sagt, das ich nicht einordnen kann, frage ich: wie hast Du das gemeint? Und ich frage: was willst Du mir damit sagen? Wenn ich diese Fragen an einen historischen Text stelle, hab ich natürlich das Problem, dass der Text nicht so einfach antwortet. Mit ein wenig gutem Willen kommt man da aber trotzdem recht weit.

Gerade mit der Interpretation der Bibel beschäftigen sich ja auch zahlreiche Experten. Da dürfte es also wirklich großen Interpretationsbedarf geben. So gesehen wäre es vielleicht zielführend, einmal mit einem Bibelwissenschaftler zu plaudern, und nicht nur mit Triathleten wie ich es einer bin. Ich kann hier schließlich auch nur meine recht wenig fundierte Privatmeinung abgeben ;)

Und zudem müssen wir uns wohl in der Beurteilung vieler Texte tatsächlich eingestehen, dass es keine allgemein gültige Interpretation gibt. Selbst vergleichsweise moderne und von echten Experten geschriebene Texte wie unsere Gesetze bedürfen einer Interpretation - sonst bräuchten wir ja keine Anwälte oder Richter.

Edit: Vielleicht habt ihr eh schon alle entsprechendes Grundwissen, wie die katholische Kirche offiziell das alte Testament sieht - nämlich durchaus aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Ich hatte es nicht, und finde daher den folgenden Text dazu sehr interessant: https://www.dioezese-linz.at/dl/tqqo...t_veraltet.pdf
Eine konkrete Erklärung für die aufgeworfene Bibelstelle ist da aber natürlich auch nicht zu finden.

LidlRacer 02.06.2016 23:22

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1226725)
Ist Medizin Unsinn, weil vor irgendwieviel hunderten Jahren irgendwelche Menschen irgendeinen Unsinn aufgeschrieben haben und daran geglaubt haben?

Ist Physik Unsinn, weil vor irgendwieviel hunderten Jahren irgendwelche Menschen irgendeinen Unsinn aufgeschrieben haben und daran geglaubt haben?

Ist Astronomie Unsinn, ... usw.

Es ist doch unbestritten, dass man historische Schriften auch historisch betrachten muss. Und unsere Nachfahren werden sich über unseren "Wissensstand" in vielen Dingen wundern. Und vielleicht findet sich dann auch der ein- oder andere, der sich über uns heute lebende "dumme" Menschen lustig macht? Ich halte das für sehr wahrscheinlich. Für sehr nett halte ich es aber nicht...

Es gehört ja gerade zum Wesen der Wissenschaften, dass sie durch Forschung vom Nichtswissen zu immer umfassenderem Wissen fortschreiten, wobei es gelegentlich auch Irrwege gibt, die ggfls. durch neuere Erkenntnisse wieder korrigiert werden.

Mit der Religion scheint mir das nicht vergleichbar. Da gibt es ja eigentlich keine neuen Erkenntnisse oder gab es irgendwelche göttliche Äußerungen in jüngster Zeit, die an mir vorbeigegangen sind?

Zum konkreten Zitat habe ich aber keine Ahnung, in wie weit dass überhaupt auf göttliche Anweisungen o.ä. zurückzuführen sein soll, oder wer diese merkwürdigen Regeln aufgestellt hat.

trithos 02.06.2016 23:48

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1226851)
Es gehört ja gerade zum Wesen der Wissenschaften, dass sie durch Forschung vom Nichtswissen zu immer umfassenderem Wissen fortschreiten, wobei es gelegentlich auch Irrwege gibt, die ggfls. durch neuere Erkenntnisse wieder korrigiert werden.

Mit der Religion scheint mir das nicht vergleichbar. Da gibt es ja eigentlich keine neuen Erkenntnisse oder gab es irgendwelche göttliche Äußerungen in jüngster Zeit, die an mir vorbeigegangen sind?

Da verwendest Du einer sehr engen Wissenschaftsbegriff, wobei mir natürlich klar ist, dass ich in meinen Beispielen auch im Bereich der Naturwissenschaften geblieben bin und Dich dadurch sozusagen auf diese Fährte gelockt habe. Es gibt aber zahlreiche andere und durchaus anerkannte Wissenschaften, bei denen es nicht um naturwissenschaftliche Erkenntnisse geht, sondern eben um Interpretationen. Und selbstverständlich spielt in allen Schriften dieser Wissenschaften der historische Kontext ebenso eine Rolle wie in der Interpretation von religiösen Schriften.

Wir leben eben heute nicht mehr in der Welt von Moses. Und viele praktische Regeln, die in der Welt von Moses wichtig waren (und daher auch den Verfassern der Schriften), spielen für uns überhaupt keine Rolle mehr. Das könnte man jetzt zum Beispiel als "neue Erkenntnisse" bezeichnen.

Klugschnacker 03.06.2016 01:51

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1226725)
Ich möchte aber trotzdem darauf hinweisen, dass ich solche Diskussionen für sinnlos halte. Denn Deine Kritik richtet sich ja einerseits an die, die das aufgeschrieben haben. Die sind aber schon lange tot. Oder an die, die solche Texte heute noch wortwörtlich nehmen. Und da kenn ich genau niemanden, der das tut, obwohl ich durchaus Kontakt zu religiösen Menschen habe.

Was soll das also bringen? Oder was soll uns heutigen Menschen das sagen?

Ist Medizin Unsinn, weil vor irgendwieviel hunderten Jahren irgendwelche Menschen irgendeinen Unsinn aufgeschrieben haben und daran geglaubt haben?

Ist Physik Unsinn, weil vor irgendwieviel hunderten Jahren irgendwelche Menschen irgendeinen Unsinn aufgeschrieben haben und daran geglaubt haben?

Ist Astronomie Unsinn, ... usw.

Ich gebe Dir recht, vieles vermeintliche naturwissenschaftliche Wissen aus der Bronzezeit erwies sich nachträglich als totaler Bullshit. Vor allem deshalb, weil man die wissenschaftliche Methode zur Gewinnung von Erkenntnissen noch nicht beherrschte. Es bleibt trotzdem Bullshit. Vieles von dem, was zum Beispiel Aristoteles verzapfte, war blühender Unsinn. Er verfügte nicht über die Methode, das herauszufinden.

Du vergleichst das mit den religiösen Überzeugungen aus dieser Zeit. Ich verstehe nicht, was Du damit ausdrücken willst. Sind sie aus Deiner Sicht ebenfalls Bullshit? Eine Weiterentwicklung in den religiösen Quellen hat es ja nicht gegeben, denn ein heiliges Buch kann sich nicht an den Fortschritt der Erkenntnis anpassen.

In den Wissenschaften gibt es kein heiliges Buch. Sondern eine Hypothese ist in dem Augenblick vom Tisch, in dem ein Gegenbeweis auftaucht. Das macht die Überzeugungskraft einer wissenschaftlichen Aussage so viel stärker als die einer religiösen. Kein Mensch opfert mehr seine beste Ziege, damit es bald regnen möge.

Zu Deinen Fragen: Nein, die Astronomie/Medizin/Physik ist nicht Unsinn, nur weil sich eine ihrer Hypothesen als falsch erwies. In gleicher Weise ist auch die Religion, also eine Weltanschauung mit einem Jenseitsbezug nicht Unsinn, weil sich eine oder mehrere ihrer Aussagen als falsch erweisen. Ich habe keinen Grund anzunehmen, dass die Wirklichkeit der Welt dort endet, wo unsere Erkenntnisfähigkeit endet. Die Frage, ob es ein Jenseits bezogen auf unsere Erkenntnisfähigkeit gibt, muss ich natürlich bejahen, genauso wie für jede andre Spezies: Was weiß ein Schaf schon von den Sternen oder von Mozart? Uns Menschen geht es nicht anders.

Ich will demnach gar nicht alle Religion (Transzendenz) in Abrede stellen. Mit konkreten Glaubensinhalten ist es jedoch anders. Ob bestimmte Wunder geschahen, Maria nach Jesu Geburt ein unversehrtes Jungfernhäutchen hatte, ob ein Gott das Universum schuf – das sind für mich rein wissenschaftliche Fragen. Was sollten sie auch sonst sein? Es sind Fragen, sie sich mit Ja oder Nein beantworten lassen. Lassen sich jedoch in einer bestimmten Religion, zum Beispiel dem Christentum, viele Glaubensinhalte widerlegen, dann hat das natürlich Einfluss auf die Glaubwürdigkeit dieser bestimmten Religion. Es bestreitet aber noch nicht das Vorhandensein jeglicher Transzendenz.

Ich weiß nicht, wer das Universum geschaffen hat, oder die Struktur, die das Universum hervorbrachte. Vielleicht wurde es durch einen Gott verursacht, vielleicht haben wir aber auch nur naive Vorstellungen von "Ursachen". Dass der Schöpfer der Welt das mitleidlose Abhacken der Hand einer Ehefrau fordert, die in einer Schlägerei dem Gegner ihres Mannes an das Skrotum fasst, halte ich jedoch für sehr unglaubwürdig. Es führt mich zu dem Verdacht, dass auch der Rest der Bibel, wo sie ein Wissen über Gott zu haben vorgibt, als ein Mythos zu betrachten ist. Die Suche geht weiter.

Grüße,
Arne

zappa 03.06.2016 08:17

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1226857)
Eine Weiterentwicklung in den religiösen Quellen hat es ja nicht gegeben, denn ein heiliges Buch kann sich nicht an den Fortschritt der Erkenntnis anpassen.

Natürlich nicht. Aber es dürfte wohl kaum ein Gebiet geben, in dem so viele, differenzierte und auch unterschiedliche Sekundärquellen auf der Ursprungserzählung aufbauen, wie hier. Und das für mich Interessante ist, dass es damit bis hier in diesem Triathlon (!) Forum immer weiter geht ...

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1226857)
Kein Mensch opfert mehr seine beste Ziege, damit es bald regnen möge.

Da übersiehst Du aber ein paar, aus unserer Perspektive, noch nicht so entwickelte Kulturen ... Doch, doch das gibt es noch. Und auch hier, in unseren entwickelten Kulturen gibt es Menschen die zwar keine Ziege opfern, aber dennoch an - wissenschaftlich sinnlosen - Ritualen festhalten Oder gewinnt ein Fußballspieler das Spiel mit seiner Mannschaft deshalb, weil er immer mit demselben Fuß zuerst das Fußballfeld betritt?

In dem Zusammenhang gibt es ein sehr kluges Buch von dem Soziologen Stefan Kühl, "Das Regenmacher-Phänomen". Hier zeigt er, dass schon recht früh gar nicht mehr an den tatsächlichen Effekt des Regentanzes geglaubt wurde, der Tanz aber trotzdem als Ritual weitergeführt wurde, weil er eben gesellschaftliche Zusammengehörigkeit und "Dampf ablassen" und weiteres gefördert hat.

Übertragen auf unsere heutige Welt, haben wir viele ähnliche, vom Primäreffekt sinnlose Rituale wie den Regentanz: Glaubst Du z.B. dass die vielen Meetings in Unternehmen tatsächlich dazu dienen ein Gesprächsergebnis herzustellen?

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1226857)
Es sind Fragen, sie sich mit Ja oder Nein beantworten lassen.

Diese Fragen können gar nicht mehr in dem konkreten Fall beantwortet werden. Aber die offenbar religiöse Frage ist doch, ob und warum wir daran glauben (oder eben nicht), dass und warum es so oder so ähnlich gewesen sein könnte und was uns das - in nicht-wörtlicher Abstraktion - heute für Gedankenanregungen geben kann.

Klugschnacker 03.06.2016 11:48

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1226857)
Eine Weiterentwicklung in den religiösen Quellen hat es ja nicht gegeben, denn ein heiliges Buch kann sich nicht an den Fortschritt der Erkenntnis anpassen.

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1226871)
Natürlich nicht. Aber es dürfte wohl kaum ein Gebiet geben, in dem so viele, differenzierte und auch unterschiedliche Sekundärquellen auf der Ursprungserzählung aufbauen, wie hier.

Ich verstehe nicht, wofür das ein Argument sein soll. :Blumen:

Die Ursprungserzählung kann falsch sein. Und ihre spätere Auslegung ebenfalls, oder kann sogar noch weiter von der Wahrheit entfernt sein. Manch harmlose Bibelzeile wurde durch ausufernde Interpretationen dermaßen aufgebläht, dass einem aufgeklärten Leser der Kiefer runterklappt.
Beispiel: "Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen" (Moses). Diese Ursprungserzählung als angebliches Wort Gottes ist bereits fragwürdig. Wesentlich grotesker sind jedoch die späteren Auslegungen: Es gab Nachschlagewerke, Rechtsvorschriften, Lehrstühle und Doktorarbeiten, Erkennungs-, Schutz- und Austreibungsrituale und so weiter. Was es nicht gab, waren Hexen.
Ein weiteres Beispiel wäre die Vorstellung eines Teufels als Ursprungserzählung, und Luthers spätere Überzeugung, dass eine Frau, die ein behindertes Kind auf die Welt bringt, mit dem Teufel Sex hatte (Teufelsbuhlschaft). Während der Teufel zunächst nur eine Verbildlichung des Bösen war, entsteht daraus durch Auslegung eine bösartige und grausame Theorie, die trotz aller Gelehrsamkeit vor Unwissenheit nur so strotzt.

Die Auslegung einer (möglicherweise falschen) Ursprungsquelle ist daher nicht automatisch ein Schritt in Richtung der Wahrheit. Eher trifft das Gegenteil zu. Erst wenn sich die Auslegung an der Wirklichkeit orientiert, indem sie das aufnimmt, was Menschen als nachweisbar wahr erkannt haben, kann die Auslegung die Ursprungserzählung im Sinne der Wahrheit korrigieren.

Nur: Wozu brauchen wir die Bibel, wenn wir sie stets an dem orientieren (müssen), was die Wissenschaft als wahr erkennt? Was ist so schlimm daran, wenn wir erkennen, dass Jesus, Aristoteles, Luther, Gandhi und Hämatokrit* redlich waren, sich jedoch irrten?

*Ich will nur testen, ob noch jemand mitliest.

oko_wolf 03.06.2016 11:53

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1226943)
...

*Ich will nur testen, ob noch jemand mitliest.

Auch wenn ich nicht viel beitragen kann, mitgelesen wird dennoch ;)

Megalodon 03.06.2016 12:00

Zitat:

Zitat von oko_wolf (Beitrag 1226946)
Auch wenn ich nicht viel beitragen kann, mitgelesen wird dennoch ;)

Jo.

Aber mit Leuten diskutieren, die die Bibel lesen? Das führt in der Regel zu nichts ... :Cheese:

sybenwurz 03.06.2016 12:03

Zitat:

Zitat von oko_wolf (Beitrag 1226946)
Auch wenn ich nicht viel beitragen kann, mitgelesen wird dennoch ;)

jupp, +1

schnodo 03.06.2016 12:07

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1226943)
*Ich will nur testen, ob noch jemand mitliest.

Weiß doch jeder, dass in Wirklichkeit nur Hermaphroditus gemeint sein kann. ;)

trithos 03.06.2016 12:42

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1226943)
Nur: Wozu brauchen wir die Bibel, wenn wir sie stets an dem orientieren (müssen), was die Wissenschaft als wahr erkennt? Was ist so schlimm daran, wenn wir erkennen, dass Jesus, Aristoteles, Luther, Gandhi und Hämatokrit* redlich waren, sich jedoch irrten?

*Ich will nur testen, ob noch jemand mitliest.

Brauchen tun wir sie eh nicht, die Bibel. Aber es gibt sie halt und sie spielt im Leben mancher eine Rolle. Einer findet darin "Lebenshilfe" in welcher Form auch immer, der andere findet das kindisch und dumm. Und dem dritten ist die Bibel komplett wurscht. So lange alle mit ihrer Ansicht glücklich sind und niemandem weh tun ... lassen wir sie doch!

Es ist doch wie bei allen Glaubensfragen.

Und da passt der "Hämatokrit" doch perfekt in diesen Thread.;) Während der eine glaubt, man muss den Hämatokrit möglichst nahe an die erlaubte Obergrenze bringen, um gute Leistungen zu bringen, glaubt der andere, dass 40 Prozent völlig ausreichen. Und der dritte betreibt Sport, ohne den Hämatokritwert überhaupt zu kennen. Passt doch für alle :) .

schoppenhauer 03.06.2016 12:49

+ 1

Verstehe auch nicht, warum Arne sich da so festbeisst.

@ Arne: Das Ganze zielt jetzt nicht darauf ab, die in letzter Zeit überhand nehmende Islam-Kritik zu relativieren, oder?

sybenwurz 03.06.2016 12:55

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1226958)
So lange alle mit ihrer Ansicht glücklich sind und niemandem weh tun ...

Tja, wenns nur halt auch so wär.

Mina Ahadi hat in ihrer Absage zur Einladung Petrys imho was recht Passendes geschrieben:

Zitat:

Religion ist Privatsache. Das gilt für den Islam, ebenso wie für das Christentum und alle anderen Religionen, die seit jeher Feinde des kulturellen Fortschritts waren. Denn die Geschichte lehrt uns: Sobald die gesellschaftlichen Verhältnisse nach den Vorstellungen einer Religion tanzten, kam es zu Unterdrückung, Verfolgung und Freiheitsberaubung.

Vicky 03.06.2016 12:56

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1226958)
Brauchen tun wir sie eh nicht, die Bibel. Aber es gibt sie halt und sie spielt im Leben mancher eine Rolle. Einer findet darin "Lebenshilfe" in welcher Form auch immer, der andere findet das kindisch und dumm. Und dem dritten ist die Bibel komplett wurscht. So lange alle mit ihrer Ansicht glücklich sind und niemandem weh tun ... lassen wir sie doch!

Es ist doch wie bei allen Glaubensfragen.

Und da passt der "Hämatokrit" doch perfekt in diesen Thread.;) Während der eine glaubt, man muss den Hämatokrit möglichst nahe an die erlaubte Obergrenze bringen, um gute Leistungen zu bringen, glaubt der andere, dass 40 Prozent völlig ausreichen. Und der dritte betreibt Sport, ohne den Hämatokritwert überhaupt zu kennen. Passt doch für alle :) .


Naja... der Hämatokritwert hat sicher nicht zu Kriegen und Toten geführt, wie es der Glaube an eine "fiktive höhere" Macht in der Geschichte der Menschheit tat. :Blumen:

trithos 03.06.2016 13:04

Zitat:

Zitat von Vicky (Beitrag 1226966)
Naja... der Hämatokritwert hat sicher nicht zu Kriegen und Toten geführt, wie es der Glaube an eine "fiktive höhere" Macht in der Geschichte der Menschheit tat. :Blumen:

Stimmt!:Blumen: Das Beispiel war ja nicht ganz ernst gemeint.

Und deshalb hab ich ja geschrieben: "So lange alle mit ihrer Ansicht glücklich sind und niemandem weh tun."

flaix 03.06.2016 13:28

und was wäre wenn wir einfach anerkennen das die Bibel und auch andere Religionen einfach nur dazu gut sind, damit sich Menschen irgendwo zugehörig fühlen?

Und daraus folgend eben das Buch dazu herhalten muss damit man einen Glaubensbekenntnis an irgendetwas materialisieren kann.

Und bitte auch anerkennen das neben dem ganzem Schrott der drin steht aber eben auch die Botschaft des Mitgefühls und der sozialen Verantwortung in die Welt getragen wurde

Sagt der Atheist

waden 03.06.2016 13:28

Zitat:

Zitat von schoppenhauer (Beitrag 1226964)
+ 1

Verstehe auch nicht, warum Arne sich da so festbeisst.

@ Arne: Das Ganze zielt jetzt nicht darauf ab, die in letzter Zeit überhand nehmende Islam-Kritik zu relativieren, oder?


Ich finde nicht, dass Arne sich festbeißt. Ich finde, dass er Recht hat.
Wenn die Religionsausübung so tolerant wäre, die anderen zu lassen, wäre es ja wirklich kein Problem. Tatsächlich ist der Anspruch des "Auserwähltseins" aber leider eine Kernüberzeugung des Judentums, des Islam und des Christentums. Das führt auch heute zu einer Abgrenzung von den Falschgläubigen oder Nichtgläubigen. Dadurch wurde und wird die in diesen Religionen auch zu den Kernthemen zählende Liebe bzw. Nächstenliebe de facto ad absurdum geführt.

Aufklärung und Naturwissenschaften haben für die Verwirklichung der Menschenrechte und für die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen ungleich mehr getan als alle Religionen zusammen. Es ist kein Zufall, dass bis heute der Vatikan einer der wenigen Staaten ist, die die Menschenrechtscharta der UNO bis heute ablehnen.

Klugschnacker 03.06.2016 13:36

Zitat:

Zitat von flaix (Beitrag 1226974)
und was wäre wenn wir einfach anerkennen das die Bibel und auch andere Religionen einfach nur dazu gut sind, damit sich Menschen irgendwo zugehörig fühlen? Und daraus folgend eben das Buch dazu herhalten muss damit man einen Glaubensbekenntnis an irgendetwas materialisieren kann.

Und bitte auch anerkennen das neben dem ganzem Schrott der drin steht aber eben auch die Botschaft des Mitgefühls und der sozialen Verantwortung in die Welt getragen wurde

Sagt der Atheist

Mir geht es nicht darum, ob die Religionen ein Zugehörigkeitsgefühl erzeugen, oder, was ebenso der Fall zu sein scheint, ob sie die Menschen voneinander trennen. Mir geht es auch nicht darum, ob sie eine Botschaft des Mitgefühls in die Welt tragen, oder ob die Kreuzigung von Unschuldigen, sowie ewige Höllenqualen aufgrund von Lappalien eher für das Gegenteil sprechen.

Ich interessiere mich nur dafür, was wahr ist. Es ist ein persönliches Interesse, dass niemand teilen muss.
:Blumen:

flaix 03.06.2016 13:54

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1226981)
Ich interessiere mich nur dafür, was wahr ist. Es ist ein persönliches Interesse, dass niemand teilen muss.
:Blumen:

ich ganz persönlich denke das die Suche nach "der Wahrheit" nicht erfolgreich sein kann wenn Du Dich mit Textanalyse im Buch beschäftigst.

Wer wem die Nudel rubbelt im Streit oder anderweitig wird uns nicht zu Gott führen oder seine Abwesenheit beweisen

Vicky 03.06.2016 14:19

Zitat:

Zitat von flaix (Beitrag 1226987)
ich ganz persönlich denke das die Suche nach "der Wahrheit" nicht erfolgreich sein kann wenn Du Dich mit Textanalyse im Buch beschäftigst.

Wer wem die Nudel rubbelt im Streit oder anderweitig wird uns nicht zu Gott führen oder seine Abwesenheit beweisen


Die eine Wahrheit gibt es ja möglicherweise gar nicht. 1+1 ist in unserem Verständnis nur deshalb 2, weil irgendjemand irgendwann ein System erschaffen hat, um dieses messbar und begreifbar zu machen.

Die Bibel ist seit langer Zeit ein Anhaltspunkt für das Zusammenleben in einigen Regionen der Erde. Es war ein Regelwerk. Aus verschiedenen Regelwerken der Welt sind Wertesysteme entstanden. Möglicherweise führt das Lesen der Bibel nicht zu der einen Wahrheit. Aber es führt dazu, die eigenen Werte zu überprüfen, zu hinterfragen und zu diskutieren. Ist das mit den eigenen Ansichten vereinbar? Wie wurden diese Regeln ausgelegt? Ist das überhaupt zeitgemäß? Warum führt der Glaube an etwas oder jemanden zu bestimmten Reaktionen (die nicht nur negativ sein müssen. Hollywood hat uns ja auch großartige Filme zum Thema geliefert und erfüllt die Sehnsüchte der Menschen.)...

zappa 03.06.2016 14:27

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1226981)
Ich interessiere mich nur dafür, was wahr ist. Es ist ein persönliches Interesse, dass niemand teilen muss.
:Blumen:

Interessante Leidenschaft!

Um nochmal zu Deinem Ausgangspunkt zurückzukommen: Wir haben in der Diskussion gesehen, dass es ziemlich unwahrscheinlich ist, dass die Geschichte von den beiden Männern und der Frau sich genau so zugetragen hat und insofern "wahr" ist. Und selbst wenn es so, oder auch nur so ähnlich gewesen wäre, ist die (wörtliche) Übertragbarkeit oder Ableitung - nicht nur aus heutiger Sicht - ziemlich unsinnig. Und trotzdem erzeugen diese Geschichten auch heute noch offenbar funktionale und dysfunktionale Ergebnisse. Das muss ich nicht mögen. Ist aber so.

Wenn es um Wahrheit geht, folge ich weitgehend den Aussagen des (radikalen) Konstruktivismus: Es gibt sie nicht.

waden 03.06.2016 14:30

Die Suche nach der Wahrheit ist nicht primär die Suche nach Gott bzw. seiner An- oder Abwesenheit. Fraglich ist ist, ob man nach der Wahrheit suchen kann, während man die Worte der Bibel ernst nimmt.
Der Grundsatz der Wissenschaft, eine Theorie als falsch zu bewerten, sobald man einen besseren Erklärungsansatz bzw. eine bessere Theorie gefunden hat, ist in der Religion nicht erlaubt. Das erschwert die Suche nach der Wahrheit erheblich.
Auch in ethischen Fragestellungen kommt man ohne Religionen besser zum Ziel: Gleichberechtigung der Geschlechter, Umgang mit Homosexuellen, universale Gültigkeit der Menschenrechte sind keine Errungenschaften der Religion.
Um ethisch zu denken und zu handeln, benötigt man keine Religion.

Klugschnacker 03.06.2016 14:48

Zitat:

Zitat von Vicky (Beitrag 1226995)
Die Bibel ist seit langer Zeit ein Anhaltspunkt für das Zusammenleben in einigen Regionen der Erde. Es war ein Regelwerk. Aus verschiedenen Regelwerken der Welt sind Wertesysteme entstanden.

War es vielleicht nicht eher umgekehrt: Aus den Wertesystemen einer Epoche sind anschließend die religiösen Regeln entstanden? Die Menschheit hat 99,9% der Zeit auf diesem Planeten ohne Christentum gelebt, aber nicht ohne Werte im Sinne von: Regeln des Zusammenlebens.

Diese Regeln entwickeln sich auch ohne göttlichen Eingriff ganz von selbst. Menschen sind wie alle Primaten soziale Wesen, die miteinander auskommen müssen.

Zitat:

Zitat von Vicky (Beitrag 1226995)
Die eine Wahrheit gibt es ja möglicherweise gar nicht. 1+1 ist in unserem Verständnis nur deshalb 2, weil irgendjemand irgendwann ein System erschaffen hat, um dieses messbar und begreifbar zu machen.

Dem würde ich aus meiner Laiensicht zustimmen. Wir können nicht erkennen was wahr ist, sondern nur, was falsch ist. Kommen beispielsweise zwei völlig unterschiedliche Erklärungen zum selben korrekten Ergebnis, können wir nicht entscheiden, welche der beiden Erklärungen die Wahrheit abbildet. Ist jedoch eine Hypothese falsch, können wir das herausfinden.

Alle wissenschaftlichen Erklärungen sind daher stets vorläufig, bis wir sie beim Falschsein erwischt haben. Die Gleichungen von Isaac Newton galten als richtig und bewährten sich prächtig, bis wir beobachtet haben, dass der Planet Merkur hartnäckig an einer falschen Position steht. Einstein korrigierte mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie diese Gleichungen. Sie gelten nun vorläufig als "wahr", bis wir Fehler an ihr finden.

Dieses Bewusstsein der Vorläufigkeit und die fortwährende Infragestellung des vorläufigen Wissens ist der Kern aller Wissenschaft. Dieses bescheidene Selbstverständnis hat die Menschen weit gebracht. Wir können Krankheiten heilen, Unwetter vorhersagen, durch die Luft fliegen, mit Amerika telefonieren und unsere eigene Existenz verstehen. Es hat sich jedoch auch gezeigt, dass wir von der "Wahrheit" auf komplizierte Weise getrennt sind.
:Blumen:

Klugschnacker 03.06.2016 14:56

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1227002)
Wir haben in der Diskussion gesehen, dass es ziemlich unwahrscheinlich ist, dass die Geschichte von den beiden Männern und der Frau sich genau so zugetragen hat und insofern "wahr" ist. (...) Und trotzdem erzeugen diese Geschichten auch heute noch offenbar funktionale und dysfunktionale Ergebnisse.

Willst Du damit folgendes ausdrücken: Unabhängig von der Existenz eines Gottes ist es eine Tatsache, dass Religionen existieren. Diese Religionen haben Auswirkungen auf die Welt.

Ist es das? :Blumen:

trithos 03.06.2016 15:06

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1226975)
Es ist kein Zufall, dass bis heute der Vatikan einer der wenigen Staaten ist, die die Menschenrechtscharta der UNO bis heute ablehnen.

Diesen Satz halte ich für irreführend. Er stimmt nämlich nur zum Teil, suggeriert aber, dass der Vatikan das Hauptproblem in der Frage "Religion und Menschenrechte" sei. Und das darf aus gutem Grund bezweifelt werden.

Ich weiß, dass ich jetzt gefährlichen Boden betrete, möchte aber trotzdem darauf hinweisen, dass sich zum Beispiel Islamische Staaten überhaupt die Menschenrechte selbst definieren, wie es ihnen oder ihrer Religion passt.

"Im Jahr 1990 beschloss die Organisation der Islamischen Konferenz die Kairoer Erklärung der Menschenrechte, die inhaltlich erheblich von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte abweicht, obwohl sie im Wortlaut ähnlich gehalten ist. Sie garantiert z. B. keine Gleichberechtigung von Männern und Frauen und kein Recht auf freie Wahl der Religion oder des Ehepartners. Weiter stellt sie alle dargestellten Rechte unter den Vorbehalt der islamischen Schari’a." (Wikipedia).

Der Vatikan hat zwar ein grundlegendes theologisches Problem mit der Menschenrechtserklärung, die praktischen Auswirkungen sind aber überschaubar bis nicht vorhanden. Das ist jedenfalls nicht vergleichbar mit der Menschenrechts-Situation in sehr vielen anderen Staaten.

trithos 03.06.2016 15:08

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1227003)
Um ethisch zu denken und zu handeln, benötigt man keine Religion.

Diesem Satz stimme ich voll und ganz zu, möchte ihn aber ergänzen: Auch um unethisch zu denken und zu handeln, benötigt man keine Religion.

Klugschnacker 03.06.2016 15:16

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1227018)
Diesem Satz stimme ich voll und ganz zu, möchte ihn aber ergänzen: Auch um unethisch zu denken und zu handeln, benötigt man keine Religion.

Nobelpreisträger Steven Weinberg sagte dazu: "Mit oder ohne Religion würden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen Böses tun, bedarf es der Religion."

Ich denke, diese Aussage ist unvollständig, da auch viele andere Ideologien oder Weltanschauungen hier zu nennen wären. Aber man versteht IMO durchaus, was Weinberg meinte. Wenn ein Vater wegen einer Lappalie seine eigene Tochter steinigt, denke ich an diesen Satz.

Vicky 03.06.2016 15:17

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1227009)
War es vielleicht nicht eher umgekehrt: Aus den Wertesystemen einer Epoche sind anschließend die religiösen Regeln entstanden? Die Menschheit hat 99,9% der Zeit auf diesem Planeten ohne Christentum gelebt, aber nicht ohne Werte im Sinne von: Regeln des Zusammenlebens.

Diese Regeln entwickeln sich auch ohne göttlichen Eingriff ganz von selbst. Menschen sind wie alle Primaten soziale Wesen, die miteinander auskommen müssen.


:Blumen:

Da hast Du natürlich ganz recht. :Blumen:
Ich denke, dass sich die Werteentwicklung erst in den letzten Jahrhunderten vermischt hat mit neuen und alten Vorstellungen und Interpretationsweisen des Zusammenlebens. :Blumen:

zappa 03.06.2016 15:50

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1227012)
Willst Du damit folgendes ausdrücken: Unabhängig von der Existenz eines Gottes ist es eine Tatsache, dass Religionen existieren. Diese Religionen haben Auswirkungen auf die Welt.

Ist es das? :Blumen:

Ja, ziemlich triviale Feststellung, nicht? Und nicht nur die Religion beeinflusst die Welt, sondern auch umgekehrt. Wie bei allen Systemen mit ihren Subsystemen.

Und auch die einzelne Geschichte (z.B. Deine Ausgangsgeschichte) im Rahmen der großen Erzählungen (z.B. Christentum) erzeugt Funktionales und Dysfunktionales. Es reicht wenn der- oder diejenige daran glaubt. Und das ist wieder wie bei allen anderen Überzeugungen auch. Woran ich glaube, wovon ich überzeugt bin, wird mein Handeln maßgeblich beeinflussen - ob die Ausgangsstory, das, woran ich meine Überzeugung festmache, nun "wahr" ist, oder nicht.

Megalodon 03.06.2016 16:14

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1227020)
Nobelpreisträger Steven Weinberg sagte dazu: "Mit oder ohne Religion würden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen Böses tun, bedarf es der Religion."

Ich denke, diese Aussage ist unvollständig, da auch viele andere Ideologien oder Weltanschauungen hier zu nennen wären. Aber man versteht IMO durchaus, was Weinberg meinte. Wenn ein Vater wegen einer Lappalie seine eigene Tochter steinigt, denke ich an diesen Satz.

Ich befürchte, dass der Mann nichts Böses tut. Innerhalb der für ihn maßgeblichen Gruppe, seiner Glaubensgemeinschaft, wird er wohl ein guter Mann sein, weil er seine und die Ehre der Familie dadurch aufrecht erhält, dass er seine Tochter, die z.B. vorehelichen Geschlechtsverkehr hatte, steinigt.

Gut und Böse existieren nicht absolut. Es exisiteren frei definierbare Maßstäbe. Und ob jemand gut oder böse ist, hängt von seinem Verhalten in Bezug auf diese Maßstäbe ab. Das Handeln des Vaters zeigt doch genau das.

Klugschnacker 03.06.2016 16:36

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1227029)
Ja, ziemlich triviale Feststellung, nicht? Und nicht nur die Religion beeinflusst die Welt, sondern auch umgekehrt. Wie bei allen Systemen mit ihren Subsystemen.

Bis hierher verstehe ich Dich, auch wenn ich noch nicht ganz begriffen habe, wofür das ein Argument sein soll. :Blumen:

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1227029)
Und auch die einzelne Geschichte (z.B. Deine Ausgangsgeschichte) im Rahmen der großen Erzählungen (z.B. Christentum) erzeugt Funktionales und Dysfunktionales.

Hier verstehe ich Deinen Punkt nicht mehr. Was meinst Du mit funktional und dysfunktional? Dysfunktional für wen?

Religionen unterliegen einer Evolution, genauso wie jedes andere geistige Kulturgut auch, z.B. Menschenrechte, politische Systeme, Gesellschaftsformen etc. Die Evolution dieser Systeme zielt darauf ab, sie zu verbreiten: Eine bestimmte Vorstellung z.B. von den Menschenrechten, die größeren Erfolg darin hat, sich zu verbreiten als eine andere Vorstellung von den Menschenrechten, wird sich durchsetzen.

Der evolutionäre Erfolg eines geistigen Kulturguts besteht also darin, sich selbst zu verbreiten. Er besteht nicht darin, das Wohl der Menschen zu vergrößern. In analoger Weise ist die Evolution der Löwen gut für Löwen, nicht aber für Antilopen. Die Evolution der Religionen ist gut für Religionen, aber nicht unbedingt für Menschen.

Beispielsweise haben sich Elemente wie Hölle und Himmel als gut für den Verbreitungserfolg von Religionen erwiesen, ferner der im Christentum zentrale Begriff der Sünde. Für die Menschen selbst hat das mitunter Nachteile, denn die Angst vor dem ewigen Höllenfeuer lässt sich leicht missbrauchen.

Was ist jetzt mit funktional und dysfunktional gemeint? Vorstellungen, die sich für den Ausbreitungserfolg einer Religion als günstig ("funktional") erwiesen haben, können gleichzeitig für das Wohlergehen der Menschen ungünstig ("dysfunktional") sein. Man denke nur an einen Menschen, der sich stundenlang vor einer Mauer verneigt. Oder an die Verfolgung völlig harmloser gleichgeschlechtlich liebender Menschen bis in unsere Generation hinein.
:Blumen:

Klugschnacker 03.06.2016 16:46

Zitat:

Zitat von Megalodon (Beitrag 1227033)
Gut und Böse existieren nicht absolut. Es exisiteren frei definierbare Maßstäbe.

Ich stimme Dir grundsätzlich zu. Doch gänzlich frei sind diese Maßstäbe nicht. Das Leid von Menschen (oder Tieren) ist eine feste Bezugsgröße. Sobald man sich darin einig ist, dass eine sinnvolle Ethik zum Ziel haben muss, Leid zu verringern, hat man einen ethischen Kompass.

Rechtfertigt der Diebstahl einer Schokolade einen amputierten Arm? Nein, denn das Leid des Besitzers steht in keinem Verhältnis zum Leid des Amputierten. Entsteht jemandem ein Leid, wenn erwachsene Menschen einvernehmlichen Sex haben, in welcher Form auch immer? Nein, also soll das gar nicht bestraft werden.

An dieser Richtschnur kann man sich langsam voranhangeln. Ethik bleibt aber Verhandlungssache, da bin ich ganz bei Dir.

trithos 03.06.2016 16:55

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1227020)
Nobelpreisträger Steven Weinberg sagte dazu: "Mit oder ohne Religion würden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen Böses tun, bedarf es der Religion."

Ich denke, diese Aussage ist unvollständig, da auch viele andere Ideologien oder Weltanschauungen hier zu nennen wären. Aber man versteht IMO durchaus, was Weinberg meinte. Wenn ein Vater wegen einer Lappalie seine eigene Tochter steinigt, denke ich an diesen Satz.

Das ist ein schönes Zitat.

Es lässt sich aber auch gut umkehren: Manchmal bedarf es auch der Religion, damit böse Menschen Gutes tun.

Allerdings ist das Zitat ohnehin ein rhetorischer Trick: die Definition von einem gutem Menschen ist doch, dass er Gutes tut. Tut er Böses, ist er kein guter Mensch (etwa der Vater in Deinem Beispiel). Das Grundproblem ist, dass man sich zunächst überhaupt einigen müsste, was gut und was böse ist. Solange man das nicht kann (in dem Fall, weil der Vater wohl glaubt, er tue etwas Gutes), bleibt es Wortgeklingel oder auch ein sogenannter Zirkelschluss, weil eben die Prämisse, aus der eine Schlussfolgerung abgeleitet wird, ebenso in Frage gestellt werden kann, wie die Schlussfolgerung selbst.

Klugschnacker 03.06.2016 17:03

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1227046)
Das ist ein schönes Zitat.

Es lässt sich aber auch gut umkehren: Manchmal bedarf es auch der Religion, damit böse Menschen Gutes tun.

...

;) Hast schon recht, ich will mir das Zitat auch nicht zu eigen machen. Ich verstehe aber, was Steven Weinberg meinte. Ich denke da beispielsweise an Muhammad Atta und seine Crew, die in das World Trade Center rauschten und über 3000 Menschen tötete.

Waren diese Täter böse? Nein, ganz im Gegenteil, die glaubten so fest an das Gute ihrer Tat, dass sie dafür ihr Leben zu opfern bereit waren.

Waren die Täter dumm oder verrückt? Nein sie waren sogar sehr intelligent.

Sie waren idealistisch, klug, mutig und engagiert – und sehr gläubig. Wir dürfen annehmen, dass letzteres sie zu der Wahnsinnstat veranlasste.

waden 03.06.2016 17:04

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1227016)
Diesen Satz halte ich für irreführend. Er stimmt nämlich nur zum Teil, suggeriert aber, dass der Vatikan das Hauptproblem in der Frage "Religion und Menschenrechte" sei. Und das darf aus gutem Grund bezweifelt werden.


Der Vatikan hat zwar ein grundlegendes theologisches Problem mit der Menschenrechtserklärung, die praktischen Auswirkungen sind aber überschaubar bis nicht vorhanden. Das ist jedenfalls nicht vergleichbar mit der Menschenrechts-Situation in sehr vielen anderen Staaten.


Ich habe auch nicht geschrieben, dass der Vatikan das Hauptproblem in der Frage "Religion und Menschenrechte" sei. Aber bei der Formulierung und Entwicklung der Menschenrechte hat die katholische Kirche blockiert und nicht geholfen. Die praktischen Auswirkungen sind für den Einzelnen durchaus vorhanden (nur ein Beispiel ist die Diskriminierung der Frau, z.B. wenn die Kirche der Kindergartenleiterin kündigt, weil sie sich von ihrem Mann getrennt und mit einem neuen Partner zusammen lebt.)

Dass die Kirche ein "grundsätzliches theologisches Problem" mit den Menschenrechten hat, hat ihre Ursache darin, dass eine Menschenrechtserklärung das päpstliche Primat infrage stellt bzw. negiert. Das ist nur eine Machtfrage.

zappa 03.06.2016 17:07

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1227041)
Bis hierher verstehe ich Dich, auch wenn ich noch nicht ganz begriffen habe, wofür das ein Argument sein soll. :Blumen:


Hier verstehe ich Deinen Punkt nicht mehr. Was meinst Du mit funktional und dysfunktional? Dysfunktional für wen?

Religionen unterliegen einer Evolution, genauso wie jedes andere geistige Kulturgut auch, z.B. Menschenrechte, politische Systeme, Gesellschaftsformen etc. Die Evolution dieser Systeme zielt darauf ab, sie zu verbreiten: Eine bestimmte Vorstellung z.B. von den Menschenrechten, die größeren Erfolg darin hat, sich zu verbreiten als eine andere Vorstellung von den Menschenrechten, wird sich durchsetzen.

Der evolutionäre Erfolg eines geistigen Kulturguts besteht also darin, sich selbst zu verbreiten. Er besteht nicht darin, das Wohl der Menschen zu vergrößern. In analoger Weise ist die Evolution der Löwen gut für Löwen, nicht aber für Antilopen. Die Evolution der Religionen ist gut für Religionen, aber nicht unbedingt für Menschen.

Beispielsweise haben sich Elemente wie Hölle und Himmel als gut für den Verbreitungserfolg von Religionen erwiesen, ferner der im Christentum zentrale Begriff der Sünde. Für die Menschen selbst hat das mitunter Nachteile, denn die Angst vor dem ewigen Höllenfeuer lässt sich leicht missbrauchen.

Was ist jetzt mit funktional und dysfunktional gemeint? Vorstellungen, die sich für den Ausbreitungserfolg einer Religion als günstig ("funktional") erwiesen haben, können gleichzeitig für das Wohlergehen der Menschen ungünstig ("dysfunktional") sein. Man denke nur an einen Menschen, der sich stundenlang vor einer Mauer verneigt. Oder an die Verfolgung völlig harmloser gleichgeschlechtlich liebender Menschen bis in unsere Generation hinein.
:Blumen:

Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, ob noch jemand mitliest und es jemanden interessiert ...

Funktional und dysfunktional für die direkt und indirekt Betroffenen der Handlungen, die aus den religiösen Motiven entstehen. Ich denke wir können uns einig sein, dass z.B. "Mitgefühl" durch das Christentum mindestens verstärkt wurde und insofern größtenteils funktional für "die Welt" war/ist. Und ich denke wir können uns auch einig sein, dass z.B. die von Dir angesprochene Stigmatisierung gleichgeschlechtlicher Liebe größtenteils dysfunktional für "die Welt" war/ist.

Klugschnacker 03.06.2016 17:17

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1227054)
Ich denke wir können uns einig sein, dass z.B. "Mitgefühl" durch das Christentum mindestens verstärkt wurde und insofern größtenteils funktional für "die Welt" war/ist.

Nein, da bin ich ganz anderer Meinung. Weder trifft das auf den einzelnen zu, noch auf die Weltbevölkerung als ganzes. Es gibt keinerlei positiven Zusammenhang zwischen der christlichen Gläubigkeit einer Gesellschaft und ihrem Mitgefühl.

Im Gegenteil gibt es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Gläubigkeit und der Zustimmung zur Todesstrafe.

waden 03.06.2016 17:34

Zustimmung! Mitgefühl nur für den Clan, der Rest wird ausgegrenzt


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