Zitat:
Zitat von dude
(Beitrag 915982)
Womit die simple Akzeptanz des Status Quo dann ja doch etwas Weichspuelerisches hat. Gesetze sind in der Vergangenheit gesetzt worden.
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Was mich betrifft gibt es keine simple Akzeptanz des Status Quo. Ich bin dafür, die Regeln so zu gestalten, dass Doping so weit wie möglich eingedämmt wird. Es ist zu prüfen, was im Rahmen der Gesetze möglich ist und was nicht. Ich bin jedoch strikt dagegen, uns diese Prüfung schlicht zu sparen und stattdessen auf Formen der Selbstjustiz zu setzen.
Eine Verschärfung der Sanktionen geht übrigens keineswegs mit weniger Doping einher. Es ist ein naiver Irrglaube, das anzunehmen. Erstens ist Doping derzeit so gut wie nicht nachweisbar. Aus den 12.000 Dopingproben der NADA des Jahres 2011 ergaben sich 86 Verfahren, das sind 0,7 Prozent. Es gibt jede Menge nicht nachweisbarer Substanzen und Methoden. Wenn ein rumänischer Ringer oder ein bettelarmer afrikanischer Läufer vor der Entscheidung steht, ob er Busfahrer oder Sportmillionär wird, wird ihn die Aussicht auf zwei Jahre Wettkampfsperre ebenso wenig abschrecken wie eine Erhöhung auf vier Jahre. Die Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden ist verglichen mit den handfesten finanziellen Vorteilen einfach viel zu gering. Wenn’s dumm läuft, wird er halt doch Busfahrer. Seine Preis- und Sponsorengelder kann er ja behalten.
Zweitens kann eine Verschärfung der Strafen dazu führen, dass sie schwerer durchsetzbar werden. Megalodon hat das oben bereits erwähnt. Beispiel Italien: Hier ist Doping eine Straftat. Das bedeutet, wer dopt hat nicht nur Doping-Kontrolleure, sondern die Polizei und den Staatsanwalt an der Backe. Zusätzlich zur sportrechtlichen Sperre droht eine Gefängnisstrafe. Allerdings konnte diese Strafe bisher noch nie, in keinem einzigen Fall, verhängt werden. Vor allem: Dopen italienische Radsportler jetzt weniger als deutsche?
Ich befürworte die Strafbarkeit von Doping im Profisport. Ich befürchte jedoch, dass sie dazu führen wird, dass mutmaßlich gedopte Sportler seltener als bisher verurteilt werden können. Denn vor einem ordentlichen Gericht gelten schärfere Regeln als im Sportrecht. Im Sportrecht genügt in aller Regel das Vorhandensein bestimmter Indizien. Findet man bei einem Sportler ein Rezept für eine verbotene Substanz, gilt er im Sinne des Sportrechts als gedopt, und die Strafe wird verhängt. In einem strafrechtlichen Prozess, bei dem es um lebenslanges Berufsverbot oder Gefängnis geht, reicht das nicht als Beweis – das Rezept könnte auf eine dritte Person ausgestellt sein. Während der Sportler nach den jetzigen Bestimmungen gesperrt werden würde, ist er nach erfolgter Strafbarkeit des Dopings jedoch freizusprechen, weil das Doping nicht
zweifelsfrei nachzuweisen war. Zieht sich der Prozess über 5 Jahre, gilt während dieser Zeit die Unschuldsvermutung.
Kurz: Je folgenreicher die Strafe, um so schwieriger ist sie auszusprechen.