Zitat:
Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1257212)
Wie konnte sich das fiktive Aggressionsverhalten von 80/20 auf diesen Wert einpendeln? Es handelt sich um das Verhältnis zwischen Risiko und Nutzen einer Aggression in sehr frühen Kulturen. Ein aggressiveres Verhalten von 70/30 führt zu einem höheren Verletzungsrisiko und zu einer geringeren Zeit für Aufzucht und Nahrungssuche. Ein friedlicheres Verhalten führt zu geringem sozialen Status und Nachteilen bei der Eroberung eines Weibchens. Selbstverständlich sind das rein fiktive Beispiele.
Eine fiktive frühe Religion oder Ethik könnte versucht haben, das natürliche Aggressionsverhalten von 80/20 auf einen friedlicheren Wert zu drücken, zum Beispiel 95/5, aber diese Gesellschaft wurde durch aggressivere Individuen leicht unterwandert und konnte sich nicht durchsetzen. Man nahm ihnen einfach Stück für Stück ihren Besitz weg, weil man wusste, dass sie sich ohnehin kaum wehren.
Das bedeutet, dass das Aggressionsverhalten von 80/20 keiner menschlichen Absicht entsprungen ist, und von einer bestehenden Absicht auch kaum verändert werden kann, da es schlicht die evolutionär erfolgreichste Strategie darstellt. Zwar kann ein System von Sanktionen diesen Wert verändern, allerdings nur innerhalb dieser Gruppe. Konkurrierende Gesellschaften ohne diese Sanktionen werden sie möglicherweise überfallen, und mit den ganzen "Pazifisten" leichtes Spiel haben. Kurz: Es ist schwer, den sich natürlich ergebenden Wert von 80/20 zu beeinflussen.
Das stellt eine gewisse Parallele her zu fiktiven Gesellschaften, die überhaupt nicht daran denken, das Aggressionsverhalten, welches sich auf natürliche Weise als optimal herausgestellt hat, zu ändern. Auch bei ihnen werden wir zwangsläufig denjenigen evolutionär stabilen Wert für ihr Aggressionsverhalten finden, der sich durch natürliche Prozesse ergeben hat. Wir sitzen alle im selben Boot.
Das ist natürlich alles noch keine Moral in einem Sinn des modernen Menschen der Neuzeit. Aber die Grundlagen sind durch die Natur gegeben und die Spielräume sind relativ gering. Die Natur setzt Normen und damit das, was wir als "normales" Verhalten ansehen. Deswegen ähnelt sich die Geschichte aller Epochen immer wieder auf’s Neue. Wir verstehen auf Anhieb die grundsätzlichen Konflikte von Kulturen, die vor tausenden von Jahren existiert haben.
:Blumen:
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Deine Argumentation halte ich für in sich schlüssig. Gleichwohl wirft dieser (fiktive, aber feste) Quotient natürlich viele Fragen auf (ich sitz im Büro und habe nicht die Zeit um ständig zu schreiben).
Schlüssig insofern, als dass du dich natürlich ausschliesslich auf dein naturwissenschaftliches Weltbild beziehst und alles darauf runterbrichst oder hinzerrst. Das ist ja auch legitm.
Dass dem alles so ist, kannst du natürlich auch nicht beweisen, dafür ist die Sache einfach unheimlich komplex. Es bleibt also auch wieder nur eine Theorie, ein Model.
Persönlich gesehen schrecken mich Weltbilder, die rein auf naturwissenschaftlichen Ketten beruhen, ab. Es ist nicht so, dass sie mich nicht interessieren oder ich dem nicht folgen kann, aber wohin kommen wir, wenn wir jeden Pups nüchtern naturwissenschaftlich, rein rational betrachten? In meinen Augen eine armselige Welt und die schlechtere Wahl. Religion und Glaube hat einen gewissen Zauber inne, den ich für wichtig halte.
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