Klugschnacker |
20.09.2016 13:12 |
Zitat:
Zitat von qbz
(Beitrag 1257107)
Du sprichst vom "Menschen", also dem Homo sapiens. Ich denke, dass diese Art inbezug auf Aggressivität, Kooperation, Empathie, Egoismus eine flexible, gleichbleibende, genetische Disposition besitzt und allein die jeweilige Produktion-/Reproduktionsweise der jeweiligen Gesellschaft den Ausschlag gibt, wie kriegerisch, friedlich, egoistisch das Zusammenleben erfolgt. Kulturen sterben deswegen aus, weil sie langfristig von welchen mit höherer Arbeitsproduktivät abgelöst werden (und nicht primär wegen zu niedriger / hoher Aggressivität).
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Die Aggressivität ist nur ein Beispiel für ganz viele Eigenschaften, die in der Interaktion mit anderen eine Rolle spielen. Diese Eigenschaften und die Balance dieser Eigenschaften untereinander bilden sich naturgesetzlich von selbst heraus. Es ist egal, ob es sich dabei um Menschen handelt oder Tiere. Diejenigen mit der erfolgreichsten Kombination dieser Eigenschaften überleben. Es vollzieht sich eine Evolution auf der Ebene der Gene, aber auch auf der Ebene der Kulturen.
Stelle Dir vor, Du wohnst auf einem Dorf und spielst abends in der Dorfkneipe immer ein Kartenspiel. Ihr habt Begriffe dafür, was ein riskantes Spiel sei, was ein dummes, welche Finten nah am Beschiss vorbei gehen und so weiter.
Jetzt kommt ein Fremder und spielt jeden Abend mit. Er hat eine andere Strategie und gewinnt damit die Mehrzahl der Spiele. In kurzer Zeit werden sich alle Mitspieler diese neue Strategie aneignen, oder genervt zu Hause bleiben. Kinder lernen von ihren Eltern künftig diese neue Strategie. Es werden sich wieder Begriffe etablieren, was ein gefährlicher, fieser, kluger oder dummer Spielzug sei. Diese moralischen Zuweisungen unterscheiden sich von den bisherigen. Damit will ich ausdrücken, dass der Erfolg (der Fortbestand) einer Strategie oder Verhaltensweise darüber entscheidet, ob die damit verknüpfte Moral überlebt. Oder ob sie ersetzt wird durch eine erfolgreichere.
Dabei spielt überhaupt keine Rolle, auf welche Weise der Fremde zu seiner erfolgreichen Strategie kam. War es scharfes Nachdenken, Zufall, ein glücklicher Irrtum oder sogar reine Blödheit, die ihm zu diesem Einfall verhalf? Es ist egal. Entscheidend ist der Erfolg und damit der Fortbestand seiner Strategie. Nur dadurch prägt sie später die Moralbegriffe.
Weil der Weg, der zu einer verbesserten Strategie führte, keine Rolle spielt, wirken diese Mechanismen auch nicht nur bei Menschen. Sie wirken überall, wo interagiert wird. Der Fortbestand des Erfolgreichen ist ein einigermaßen universelles Prinzip. Und nur erfolgreiche Verhaltensweisen haben die Chance, Normen zu bilden, aus denen später Moralbegriffe entwickelt werden.
Mit den Produktionsweisen menschlicher Kulturen bist Du bereits auf einer sehr fortgeschrittenen Ebene. Ich lese das mit großem Interesse, will mich aber in meiner eigenen Argumentation auf eine mehr grundsätzliche Ebene beschränken.
:Blumen:
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