Zitat:
Zitat von Jimmi
(Beitrag 1794320)
Das ist doch eine zutiefst moralische und philosophische Diskussion.
Eine Freundin von mir war/ist Expertin für "rare diseases" wie Morbus Waldenström. Obwohl es nur eine Hand voll Patienten in Deutschland gibt, liegt eine Medikation im Interesse von Pharmagruppen, weil die Behandlungskosten pro Jahr im sechsstelligen Bereich liegen. Die Frage, warum man Leute nicht einfach sterben lässt, wurde von Ihr nicht beantwortet, sondern als Affront aufgefasst und war ein weiterer Sargnagel unserer Beziehung.
Ein gesellschaftlicher Konsens ist kaum möglich und wird auch von den entsprechenden Interessengruppen unterminiert.
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Ich finde es mehr als unglücklich, eine solche Diskussion einzelner Krankenbehandlungen an die Spitze der Diskussion über Reformen im Gesundheitswesen zu setzen wie Streeck das z.B. getan hat statt über strukturelle Reformen zu sprechen. Seine Thesen sind für mich das beste Beispiel, wie man Patienten bzw. versicherte Einzahler gegeneinander ausspielt.
Ich bin 78 und kann aus eigenen Erfahrungen als Patient vergewissern (kenne seit diesem Jahr die onkologischen und nuklearmedizinischen Behandlungen und Stationen, palliative und curative), die Frage nach dem Sinn der Anwendung der Leitlinien Standard Medizin wird nach meinen Erfahrungen im Klinikalltag durchaus immer auch individuell nach dem Alter, im besten Fall dem biologischen, abgewogen und mit den Patienten besprochen.
Ginge es nach Streeck wäre ich mit hoher Wahrscheinlichkeit verstorben statt jetzt Wanderungen zu machen, zu schwimmen oder radzufahren. Ob die curative Radiochemobehandlung plus OP mein Leben um mehr als 5 Jahre verlängern oder um 1, weiss individuell kein Fachmann / Gutachten zu beantworten (statistisch: 50 %). Im Prinzip möchte ich doch selbst entscheiden, wann ich eine Sterbehilfeorganisation und wann noch eine curative Behandlung auf mich nehme, solange diese den fachlich-medizinischen Leitlinien entspricht.
Meiner Ansicht nach ist das Wesen von Sozial-Versicherungen, dass alle Personen nach Einkommen proportional einzahlen, damit dann weniger Personen gegen sonst für sie nicht bezahlbare Leistungen eben versichert sind.
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