Klugschnacker |
25.07.2022 19:42 |
Zitat:
Zitat von Harm
(Beitrag 1672475)
Unschuldsvermutung?!:Huhu:
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Die Unschuldsvermutung ist vor Gericht wichtig. In dieser Debatte wird sie aber als Totschlagargument eingesetzt.
Ich möchte Dir das an einem Beispiel verdeutlichen. Es ist ein drastisches Beispiel, das man als Parallele sicher nicht überstrapazieren darf. Ich hoffe, Du kannst Dich darauf einlassen und verstehst das Argument, das ich damit verknüpfen möchte.
Stelle Dir vor, in Deiner Nachbarschaft hörst Du regelmäßig ein Ehepaar lautstark streiten. Die Frau begegnet Dir häufig mit einem blauen Auge, oder mit einem Arm im Gips. Nach eigener Aussage sei sie die Kellertreppe hinuntergefallen oder habe sich beim Sport gestoßen. Die Kinder wirken verstört, haben blaue Flecke und schlagen in der Schule andere Kinder. Du hast den starken Verdacht, dass es in dieser Familie häusliche Gewalt gibt, deren Opfer die Frau und die Kinder sind.
Du sprichst mit einem Nachbarn darüber. Der herrscht Dich an, Du hättest keine Beweise, zudem gälte die Unschuldsvermutung, schließlich seien wir ein Rechtsstaat. Da hat er recht. Du hast keine Beweise und es gilt die Unschuldsvermutung. Du lässt die Sache auf sich beruhen und drehst den Fernseher lauter, wenn Du drüben die Frau oder die Kinder schreien hörst.
Manchmal hat man eben keine Beweise. Sondern nur Indizien oder einen Verdacht. Trotzdem kann man auf eine Sache aufmerksam werden und über sie sprechen. Freilich nicht so, wie man über eine erwiesene Tatsache sprechen kann (im Sinne einer Tatsachenbehauptung). Dann würde man die Schwelle zur üblen Nachrede überschreiten, was nicht richtig ist. Aber einfach die "Klappe zu halten", wie phonofreund charmanterweise fordert, ist nach meinem Verständnis nicht genug. Etwas Courage darf schon sein, schließlich gibt es ja auch Opfer.
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