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Vor ein paar Tagen liefen wir abends durch die Altstadt Marseille. Es war brütend heiß und so bogen wir in eine der kleinen, schattigen Straßen ab, durch die kein Auto mehr passt. An deren Ende öffnetet sich wie aus dem Nichts ein weitläufiger Platz mit einer riesigen Leinwand und unbesetzten Stühlen davor. Frauen aus Nordafrika hatten Stände aufgebaut, wo sie ihre traditionellen Speisen zum Verkauf anboten. Ausser ein paar Jungs, die vermutlich zu deren Familien gehörten, war niemand weit und breit. Wir kamen mit einer offensichtlich muslimischen Frau an ihrem Stand ins Gespräch und fragten, was hier sei. Sie jammerte, dass es dieses Straßenfest seit 26 Jahre gäbe und nun aufgrund Sicherheitsauflagen erstmals kurzfristig abgesagt worden wäre (sprich: Filmvorführung nicht erlaubt). Sie sagte, die Franzosen würden nun auf sie herhab schauen und fragte, wie es in Deutschland mit der Religion sei. Sie schimpfte auf die religiösen Fanatiker und das sie alles kaputt machen würden. Mittlerweile hatte ich allerhand leckere Speisen ausprobiert und holte aus so einem typischen Kellerladen nebenan eine Flasche Wein. Die Gespräche wurden lustiger und es trauten sich auch "normale" Franzosen heran. So stand ich da, in der einen Hand ein Glas Wein, in der anderen irgendeine leckere nordafrikanischen Speise und redete und lachte mit dieser muslimischen Familie ein wenig über Politik und Religion. In den Straßen, die vor 70 Jahren unsere Großväter platt machen versuchten. Das ist für mich 2016. Mittelalter war mal, auch wenn uns viele wieder dahin bringen wollen. |
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Die Realität sieht leider anders aus. Deshalb war der Platz um Dich herum menschenleer. Die Realität ist, dass wir zahlreiche religiöse Konflikte haben. Sie umfassen die Sphäre einzelner Menschen, die von Paaren und Familien, und sogar die ganzer Völker, die drauf und dran sind, sich gegenseitig umzubringen. Jeweils im Namen ihrer Religion. Sicher kann man das Mittelalter, das immerhin 1000 Jahre lang gedauert hat, mit seinen Irrwegen ausblenden und für nicht relevant erklären. Das wäre in meinen Augen jedoch so, als würde man den Holocaust zu einer alleinigen Sache des Nationalsozialismus oder Hitlers erklären, die auch bereits Vergangenheit sind. Das tun wir jedoch aus gutem Grund nicht. Zwar waren es die Nazis, die diese Verbrechen verübt haben, aber verantwortlich auf einer allgemeineren Ebene ist der Rassismus, Nationalismus und der Totalitarismus. Dies erkannt zu haben, ist in meinen Augen sehr wichtig. Ein gleicher Weise müssen wir uns meiner Meinung nach mit den möglichen negativen Folgen von Religion auseinandersetzen. Nicht speziell mit den Katholiken oder Protestanten, den Muslimen, den Hindus und so weiter, sondern mit der Religion auf einer allgemeineren Ebene: Die unbedingte und durch nichts zu erschütternde Überzeugung, die eigenen Vorstellungen vom Himmel und unseren Aufgaben auf Erden seien richtig. Und zwar alleine richtig, während alle anderen falsch sind. Das ist meine Antwort auf Deine Frage, was uns ein Blick ins 16. Jahrhundert bringen soll. :Blumen: |
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Wir werden täglich mit Schockvideos bombardiert, wo schutzlose Tiere verstümmelt und gequält werden für ein paar Minuten Aufmerksamkeit auf youtube. Für mich sind solche Videos kaum zu ertragen. Ich kann so viel Grausamkeit nicht begreifen. Egal ob an Mensch oder Tier. Jugendliche lachen über solche vermeintlich lustigen Videos, wachsen damit heutzutage auf. Wir hören Meldungen, wo ein Rettungshelfer angegriffen wird, weil er aus einem Auto eine eingeklemmte Person befreien will. Der Fahrer rastet total aus, weil sein Auto beschädigt wird... Ich habe das Gefühl, dass die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung dieser Tage deutlich abnimmt. Es sind die vielen kleinen Meldungen, die genau das zeigen. Lehrer, die angegriffen werden, Leute die aus Spaß verprügelt werden... Was ich damit sagen will... hat hier nicht eine Religion, die von sich behauptet, ethische Werte zu vermitteln, versagt? Oder vermittel eine Religion etwa diese Werte der Missachtung und Respektlosigkeit gegenüber anderen? Was will die Kirche denn damit erreichen, wenn sie diese drei Käfige "als Touristenattraktion" zur Schau stellt? Aufmerksamkeit. Das ist ekelhaft und grausam. Hmmmh... Zum Glück gib es da noch Hollywood... die mit dem einen oder anderen Filmchen mit Knallbumm ein paar Themen anreißen kann bis zum nächsten großen Filmknall. PS.: Meine Tastatur klemmt. Sorry, falls hier und da mal ein paar Buchstaben fehlen... |
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Gestern saßen wir in einem Restaurant als beim Bezahlen der Restaurantbesitzer (ein ziemlich alter Mann) zu uns kam und sich erkundigte, ob alles i.O. war. Ich wurde gleich als Deutscher identifiziert und er sagte mir lachend, dass er nur "Achtung, Achtung!" kenne. War natürlich eine Anspielung auf die Nazis in Marseille, aber ich wußte beschheid und konnte darauf kurz eingehen. Muß ich dann den 2. Weltkrieg ausführen? Blöd wäre es, wenn ich seine Anspielung nicht hätte einordnen können. Ich blende religiöse Konflikte oder die Vergangenheit ja nicht aus, aber ich möchte sich auch nicht ständig mit mir rumtragen. |
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Du sagst, Extremismus können wir nur überwinden, wenn wir aufeinander zugehen. Diese Sichtweise würde ich unterstützen, allerdings mit zwei Anmerkungen: Erstens können wir auf Dauer nur aufeinander zugehen und beieinander bleiben, wenn unsere Weltbilder auf der Vernunft basieren und friedlicher Natur sind. Sobald sich eine Gruppe aufgrund irrationaler Überzeugungen (Nationalismus, Rassenlehre, Kastenwesen, absoluter Wahrheitsanspruch aller möglichen Religionen etc.) von diesem Grundsatz entfernt, wird ein Zusammenleben schwierig. Zweitens entwickeln sich religiöse Extremisten stets auf dem Nährboden religiöser Gesellschaften, deren große Mehrheit sich als "gemäßigt" religiös empfindet. Würden ansonsten völlig rechtschaffene Eltern ihren Kindern nicht von Klein auf Geschichten von Himmel und Hölle, von Gläubigen und Ungläubigen, vom ewigen Leben, von Sünde und immerwährenden Strafen, von religiösen Geboten und der Notwendigkeit unbedingten Glaubensgehorsams eintrichtern, gäbe es auch keine Extremisten, die das alles wörtlich nehmen. Damit möchte ich ausdrücken, dass auch die gemäßigte Alltagsfrömmigkeit ihren Teil an der Verantwortung für religiösen Fanatismus trägt. Bei Deinem Posting hatte ich den Eindruck, als trügen nichtreligiöse Menschen wie ich eine Mitschuld daran, dass die Fronten zwischen den Religionen sich nicht aufweichen. :Blumen: |
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Wie immer: nicht böse oder persönlich gemeint sondern nur zum Meinungsaustausch ;) |
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Mir scheint es stark überwiegend umgekehrt zu sein: Dass sich Gläubige gegen Gläubige richten, und Gläubige gegen Andersdenkende. Im Namen des jeweiligen Glaubens wurden unzählige Kriege geführt. Griff jemals eine Armee im Namen des Humanismus zu den Waffen? |
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