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Jörn 18.11.2019 22:32

Zitat:

Zitat von BananeToWin (Beitrag 1493916)
Dass er trotz dieser Allwissenheit ein Geschöpf erschafft, dass später "böse" handelt, liegt aus meiner Sicht wieder an der beschränkten "Allmacht". Es ist dem Schöpfer nicht möglich, ein Gegenüber zu erschaffen und ihm gleichzeitig Freiheit zu schenken, ohne dass dieses (temporär) von dieser Freiheit Gebrauch macht und sich gegen Gott und seiner Eigenschaft der unendlichen Liebe entscheidet.

Ist das nicht eine Ablenkung vom eigentlichen Problem? Das Problem besteht ja nicht darin, ob der Mensch frei oder böse ist, und ob es gar nicht anders möglich wäre. Sondern das Problem besteht darin, ob Gott die Macht hat, Krankheit und Hunger zu beseitigen, es jedoch nicht tut.

Wessen Freiheit wäre beschnitten, wenn Gott z.B. in seiner unendlichen Liebe den Kinderkrebs komplett beseitigen würde? Ich sehe hier überhaupt keinen Zusammenhang mit Begriffen wie "Freiheit" oder "Wille". Kleine Kinder haben Kinderkrebs ja nicht, weil jemand einen freien Willen in Anspruch nimmt.

Jörn 18.11.2019 22:42

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1493922)
Unsere kognitiven Vermögen sind begrenzt. Für eine logisch-rationale Bewertung und Analyse Gottes reichen sie sicher nicht aus.

Nehmen wir der Einfachheit halber an, ich hätte fast keine kognitiven Fähigkeiten, d.h. ich wäre sehr dumm, jedenfalls dümmer als Gott. Gleichzeitig leide ich an einer schlimmen Krankheit oder wurde gerade bei einem Erdbeben verschüttet.

Das bedeutet, dass ich einerseits völlig unsicher bin über die Eigenschaften von Gott (weil ich so dumm bin), andererseits bin ich aber völlig sicher, dass ich Leid empfinde. Folglich kann ich absolut sicher und ohne Irrtum daraus schließen, dass Gott mein Leid nicht verhindert hat. Denn sonst würde ich es nicht spüren.

Daran kann man sehen, dass es zur Beurteilung von Gottes Allgüte nicht nötig ist, schlauer zu sein als Gott. Ich muss nur wissen, ob ich leide. Gottes Intelligenz spielt in dieser Rechnung überhaupt keine Rolle. Eine Rolle spielt allein die Frage, ob ich leide.

Die Christen suggerieren, dies wäre eine der schwierigsten Fragen überhaupt. In Wahrheit ist es eine der einfachsten. Schwierig ist lediglich, das offensichtliche Leid der Welt zu verkaufen als "unendliche Liebe".

qbz 18.11.2019 22:43

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1493922)
Drehen wir es mal anders herum, das ist vll über all die Jahre hier noch nicht ausreichend besprochen worden, ich versuches mal:
Unsere kognitiven Vermögen sind begrenzt.
Für eine logisch-rationale Bewertung und Analyse Gottes reichen sie sicher nicht aus.
(Das sehen wir auch oft, ich nehm nur die Themen von diesem Tag: wenn wir Christologie denken wollen, Trinität, Theodizee und die Vereinbarkeit von möglichen Eigenschaften Gottes.)
.....

Über gesetzmässige Zusammenhänge, die jeneits unserer kognitiven, neurologischen, technischen, sozialen Fähigkeiten liegen, können wir natürlich keine Erkenntnisse gewinnen, egal jetzt ob durch rationale Wissenschaft oder subjektive Introspektion oder Mystik.

LidlRacer 18.11.2019 22:46

Zitat:

Zitat von BananeToWin (Beitrag 1493921)
Findest du das wirklich? Wie gesagt, ich gestehe gerne logische Schwächen ein. Aber komplette Unlogik? Warum?

Wenn ich im Voraus weiß, was meine Geschöpfe tun werden, können sie keine Freiheit haben, zu tun, was sie wollen. Dann ist es auch ziemlich sinnlos, ihnen zu drohen oder Versprechungen zu machen.

Wenn ich ihnen Freiheit gebe, kann ich ziemlich wenig im Voraus wissen.

Gut, vielleicht würden sich die Widersprüche auflösen, wenn ich dies verstünde:
Zitat:

Zitat von BananeToWin (Beitrag 1493916)
Da Gott außerhalb der uns bekannten Zeit existiert, gibt es für ihn keine Vergangenheit und Zukunft, in gewisser ist alles jetzt. Soll heißen alle in unserer Welt mit der Zeit sich verändernde Dinge existieren sozusagen bei Gott parallel. Insofern hat er Kenntnis der Zukunft.

Aber das scheint mir undenkbar (nicht nur, dass ich es verstehe, sondern auch, dass es so ist).

merz 18.11.2019 22:52

mit der Freiheit und der Allwissenheit bin ich mir nicht sicher:

Nehmen wir an freie Wesen treffen eben frei Entscheidungen, ein allwissendes Wesen, kann doch in der Zeit vorspulen und kennt schon das Ergebnis? Tut das der Freiheit einen Abbruch?

Ich halte es sonst für einen schweren Fehler Freiheit und Zufall zu verbinden, aber hier weiss ich es nicht besser:

Nehme wir eine zufälligen Prozess, der berühmte ideale Würfel, wenn ein allwissendes Wesen, daß Ergebnis des Wurfs eines solchen Würfels "schon" kennt, ist er dann nicht mehr zufällig?
Nein, denn bekannt ist nur das Resultat eines zufälligen Prozesses.

Irgendwie so?

m.

Jörn 18.11.2019 22:58

Wieso hat Gott/Jesus eine ganze Litanei an Heilungen durchgeführt und extra von diversen Heiligen aufschreiben lassen, wenn er am Ende aus "logischen Gründen" überhaupt nicht eingreifen kann? Sind diese Bibelwunder etwa gelogen?

Warum leisten wir uns eine größere Armee von Geistlichen, die ihr Leben nach eigener Auskunft mit Beten zubringen, wenn Gott aus "logischen Gründen" sowieso nichts verändern kann?

Warum hat Jesus dann gesagt: "Bittet, und Euch wird gegeben"? Nun hören wir jedoch, dass es logisch gar nicht geht.

merz 18.11.2019 23:03

ja, Moment, ich habe es etwas kleiner aufzusetzen versucht:

Ein Problem mit der Theodizee ist, daß wir die drei Eigenschaften nicht logisch stimmig im Innenverhältnis zusammen bekommt. Schliesst sich Allwissenheit und Allmacht nicht aus? Wie kann es mit Allwissenheit eine Welt mit Freiheit geben? All diese Fragen, die bis in die scholastischen Spitzfindigkeiten diskutiert wurden.

Ein anderes Problem ist, daß wir dieses perfekte Schöpferwesen nun überhaupt nicht mit der Eigenschaften der Welt zusammenbekommen.
Anwort: Logisch garnicht. Die rationale Position ist: Dann stimmt was nicht am ganzen Ansatz, verwerfen wir die Sache mit dem perfekte Schöpferwesen.

Der Weg den ich mal versuche will ist: Es mag dafür schon eine Lösung geben, aber sie ist uns, nun ja, nicht gegeben.


m.

LidlRacer 18.11.2019 23:10

Ich klinke mich mal aus.

Wir haben nicht mal stichhaltige Indizien dafür, dass ein Gott existiert.

Ist es da nicht völlig sinnlos, seine Eigenschaften zu diskutieren (außer, um unauflösbare Widersprüche angeblicher Eigenschaften aufzuzeigen)?

Genauso gut könnten wir über die Bösartigkeit unsichtbarer Einhörner auf dem Mars diskutieren.

merz 18.11.2019 23:14

ich finde es nicht so sinnlos, denn wenn man mal rein begrifflich und hypothetisch die Idee Gottes (in christlicher Tradition, s.u.) betrachtet, ergeben sich die diese problematischen drei Eigenschaften schon fast trivial, die passen aber erstmal nicht mit der Welt zusammen.

Unter mehreren Optionen mal drei:
- Na, dann passt das nicht, also verwerfen wir die Idee mit dem perfekten Wesen (oder fassen das mal ganz anders auf, das scheint mir in anderen Religionen durchaus gegeben zu sein, aber das Christentum ist ja hier Thema)

- passt doch, ziel hat weiter oben eine interessante Skizze abgeliefert

und schlussendlich:
- Es liegt an uns, daß wir das nicht zusammenbekommen, dumm erschaffen und es nicht besser geworden. (Fragt sich warum wir so dumm geschaffen wurden :))

m.

Jörn 18.11.2019 23:20

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1493929)
Der Weg den ich mal versuche will ist: Es mag dafür schon eine Lösung geben, aber sie ist uns, nun ja, nicht gegeben.

Einverstanden. Nehmen wir an, wir würden die Lösung nicht finden.

Aber dann kann ich doch trotzdem zu Gott beten? Ich muss dafür ja überhaupt nicht wissen, ob/wie/warum es funktioniert.

Das Ergebnis wiederum kann ich einwandfrei beurteilen. Entweder beseitigt das Gebet mein Leiden oder nicht.

Dadurch erhalte ich eine absolut treffsichere Prüfmöglichkeit, sogar dann, wenn ich überhaupt nichts von der dahinter stehenden Logik verstehe. Es wäre dann unerheblich, ob wir klug genug wären, die Lösung zu verstehen. Wir wüssten dennoch das Ergebnis.

Das wiederum bedeutet: Solange jemand Leid empfinden kann, durchschaut er zumindest das Ergebnis von Gottes Handeln (nicht jedoch seine Gründe) komplett. Selbst ein Gott, der zehnmal so schlau wäre wie Jahwe, könnte eine leidende Kreatur nicht über eben diese Tatsache hinwegtäuschen. In dieser Hinsicht ist eine Katze auf Augenhöhe mit Gott. Die Katze weiß, ob sie leidet oder nicht. Gott weiß das nicht besser als die Katze.

qbz 18.11.2019 23:39

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1493931)
....
und schlussendlich:
- Es liegt an uns, daß wir das nicht zusammenbekommen, dumm erschaffen und es nicht besser geworden. (Fragt sich warum wir so dumm geschaffen wurden :))

m.

Oder es ist sehr klug, sich jemanden als Gott auszudenken, der (widersprechende) Eigenschaften hat, die nicht mit unseren Lebenswirklichkeiten zusammenpassen, höchstens mit unseren Sehnsüchten, Hoffnungen an einen idealen Vater? :)

merz 18.11.2019 23:39

@Jörn, mh, das ist mir zu einfach, wahrscheinlich, weil ich zu wenig über die Funktion von Beten in der christlichen Tradition weiss.

Ich versuch mal dennoch zu antworten: Man kann Gott zwar wirklich & wahrhaftig bitten für irgendetwas zu sorgen, dann sind die Gebete erhört, sagt man wohl.
Es kann einem aber auch versagt werden.
Über die Gründe für oder wider wird man aber nichts sagen können, nur das man eben erhört wurde oder eben nicht.

Resultat klar (oder vielleicht doch nicht, es gibt ja diese Tradition, Leid als Prüfung aufzufassen), Weg dahin nicht klar.

(Den geschmacklosen Witz, daß mit Entscheidungen der weltliche Finanzämter zu vergleichen, spare ich mir :))


m.

Jörn 18.11.2019 23:41

Eben. Dann weiß man nichts über die Gründe. Aber man kennt das Ergebnis. Und zwar exakt. Auch dann, wenn man dumm ist. Man muss lediglich beurteilen können, ob man (weiterhin) leidet. Der Verstand einer Katze würde dafür schon genügen.

Richtig?

Jörn 18.11.2019 23:45

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1493935)
Leid als Prüfung

Dann wäre allerdings die Allwissenheit vom Tisch. Wer allwissend ist, muss den Ausgang einer Prüfung nicht abwarten.

Man muss also entweder die Prüfung oder die Allwissenheit aus der Liste der Annahmen streichen.

Das bedeutet, dass sogar die Katze, die nichts von den Hintergründen versteht, sofort die Allwissenheit ausschließen könnte, sofern sie sicher wäre, dass sie geprüft wird. Auch dann, wenn sie die Gründe für die Prüfung nicht kennt.

merz 18.11.2019 23:55

obgleich ja Katzen im Internet immer gehen :), erlaube ich mir davon kurz wegzuführen:

Es ist ein steinaltes Argument, daß Allwissenheit für Gott selbst ein Problem sein kann: Wenn ich schon immer im voraus weiss, wie ich mich entscheide, wie frei bin ich dann? (diese halbausgoren Fragen hatte ich weiter oben schon mal in anderem Gewand; ich wiederholen mich, sorry).

Davon mal zurück zur Thesen: Was wäre davon zu halten, wenn man sagen würde:
Wir haben genau genug Verstand das Problem (mit der Theodizee, mit der Allwissenheit) - wie unbeholfen auch immer- zu formulieren, aber wir werden es nicht lösen- Klappt eben nicht.

Katzen können auch die Fläche eines Kreises nicht berechnen, aber es gibt pi ... etwa so...

m.

Jörn 18.11.2019 23:55

Auch die Moral wäre vom Tisch.

Wer für eine läppische Prüfung, deren Ergebnis niemanden sonderlich interessiert, andere Lebewesen leiden lässt, handelt moralisch verwerflich.

Es fehlt zudem eine plausible (und moralisch akzeptable) Begründung, warum Gott überhaupt das Recht haben sollte, irgendwen zu prüfen. Schon gar, wenn diese Prüfung mit vermeidbarem (also bewusst zugefügtem) Leid verbunden ist. Hier wird einfach vorausgesetzt, dass die Menschen nichts als Sklaven für den Herrschergott sind. Ich verlange jedoch eine Begründung, warum ein Schöpfergott das Recht haben sollte, seine Schöpfung zu prüfen und ihr Leid zuzufügen.

Jörn 19.11.2019 00:01

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1493940)
Was wäre davon zu halten, wenn man sagen würde:
Wir haben genau genug Verstand das Problem (mit der Theodizee, mit der Allwissenheit) - wie unbeholfen auch immer- zu formulieren, aber wir werden es nicht lösen- Klappt eben nicht.

Katzen können auch die Fläche eines Kreises nicht berechnen, aber es gibt pi ... etwa so...

Warum ist es erforderlich, dass wir "das Problem" lösen, d.h. die Gründe dafür vollständig erfassen?

Läuft die Frage nach den Gründen nicht auf einen unendlichen Regress hinaus (was sind die Gründe für die Gründe für die Gründe)? Wäre es damit nicht eine rhetorische Scheinfrage?

Letztlich profitieren die Vertreter der Religionen davon, solche unlösbaren Scheinfragen zu benutzen, um Kritik ins Leere laufen zu lassen und ihren feudalen Lebensstil nicht zu gefährden.

Jörn 19.11.2019 00:12

Und noch eins: Ist nicht unsere Unkenntnis der Gründe zugleich der Beweis dafür, dass das Leid unmoralisch sein muss?

Bei einer "Prüfung" wäre dem Prüfling ja immerhin bekannt, warum er das Leid ertragen muss. Aber wenn wir zugeben, dass wir die Gründe für das Leid gar nicht kennen, dann kann dieses Leid unmöglich moralisch gerechtfertigt sein.

Auch hierzu wäre es nicht erforderlich, Gottes unfassbare Intelligenz zu erfassen, sondern es würde allein ausreichen, dass eine bestimmte Person leidet und die Gründe nicht kennt. Eine Katze, die leidet und nicht weiß warum, widerlegt Gottes Moral.

Unsere Unkenntnis ist daher nicht die Frage, sondern die Antwort.

Außerdem: Warum empfinden Katzen überhaupt Leid? Werden auch Katzen von Gott geprüft?

Klugschnacker 19.11.2019 08:10

Zitat:

Zitat von BananeToWin (Beitrag 1493916)
... Da Gott außerhalb der uns bekannten Zeit existiert, gibt es für ihn keine Vergangenheit und Zukunft, in gewisser ist alles jetzt. Soll heißen alle in unserer Welt mit der Zeit sich verändernde Dinge existieren sozusagen bei Gott parallel. Insofern hat er Kenntnis der Zukunft.

[…] Dass das nicht in jeder Hinsicht logisch wasserdicht ist, das ist mir klar. Aber das ist für meine eine (rudimentäre) Erklärung und Vorstellung davon, wie es sein könnte.

Und nochmal, es geht mir nicht darum, dass ich ein durch und durch logisches Weltbild aufbaue. Dazu bin ich als Mensch sowieso unfähig. Für einen philosophierenden Gläubigen geht es wohl eher darum, das Herz und den Verstand zu versöhnen: Ja, das was mein Herz fühlt, kann auch nach rationalen Gründen grundsätzlich möglich sein.

Ich sehe da offen gesagt nur Herz und keine rationalen Begründungen. :Blumen:

Um die Allwissenheit Gottes plausibel zu machen, führst Du eine Annahme ein, nämlich dass Gott außerhalb der Zeit stünde und Gott deshalb die Zukunft in allen Details sehen könne.

Für diese Annahme hast Du nicht den kleinsten Beleg. Selbst eine Prüfung der inneren Logik erklärst Du als irrelevant. Außerdem bleibt unklar, was das überhaupt bedeuten soll, ein Wesen existiere außerhalb der Zeit? Wie kann es dann handeln? Eine Handlung Gottes würde seine Existenz in ein Vorher und Nachher einteilen. Mithin wäre er nicht außerhalb "der" Zeit.

Deine Darstellung ist keine rationale Argumentation, die an das Wissen unserer Zeit anknüpfen würde. Sie ist auch keine Spekulation, die logisch sauber von Annahmen zu Schlüssen führen würde. Aus meiner Sicht ist das reines Wunschdenken mit ein paar rational klingenden Floskeln, die jedoch bei näherem Hinsehen keinerlei Inhalt haben.

Das ist aber aus meiner Sicht nicht schlimm! Die Menschen haben zahlreiche Mythen und Geschichten, die ihnen etwas bedeuten. Beispielsweise die Menschenrechte, die auf der Gleichheit aller Menschen aufbauen. In Wirklichkeit sind alle Menschen äußerst verschieden. Dennoch sind wir im Zweifel bereit, die Menschenrechte mit Waffengewalt zu verteidigen. Wir fühlen sie als etwas Konkretes und elementar Wichtiges, obwohl es sich um eine Fiktion der Menschen handelt.

Ein anderes Beispiel wäre Goethes Faust, der viele kluge Dinge über die Menschen sagt. Er ist ebenfalls eine Fiktion. Er existiert als literarische Wirklichkeit, nicht als faktische Wirklichkeit. Jeder wäre zum Scheitern verurteilt, wenn er Dr. Faustus als historische Tatsache verteidigen wollte.

Auch unsere Götter sind fiktive Wirklichkeiten. Sie existieren im gleichen fiktiven Sinne, wie Geld existiert: Nur im Glauben der Menschen. Nicht als faktische Realität.

Die Religionen laufen in die Irre, wenn sie behaupten, bei ihren fiktiven Göttern handele es sich um Fakten statt Fiktionen. Wo immer sich die Diskussion um die faktische Realität ihrer Götter dreht, wird sie zwangsläufig absurd. Man schadet damit der Sache, die man zu verteidigen sucht.

Von daher finde ich es okay, wenn Du aus dem Herzen heraus argumentierst. Man sollte aus meiner Sicht jedoch Fiktionen nicht für Fakten halten.
:Blumen:

merz 19.11.2019 09:06

Zu meinen seitenlangen argumentativen Stottereien und kognitiven Wortfindungsstörungen, sorry dafür, versuche ich mal die Scherben zusammen zu kehren:

Ausgangspunkt:
Gottes Eigenschaften fügen sich (für uns,/ für viele von uns) schon einmal nur aufeinander bezogen nicht zu einem widerspruchslosen Bild, im Bezug auf die Welt schon gar nicht. Sein Tun und Unterlassen wirkt für uns/viele von uns (komplett) rätselhaft.

Option A: Rationalisten, wie man sagen könnte, gehen hier von Bord.
"Nach grundsätzlicher anfänglicher Prüfung verworfen -klappt einfach nicht, kann nicht sein".

Option B: (Namen dazu habe ich nicht parat) sagt dazu;
"Liebe Rationalisten, how dare you - allein die Vorstellung dass sich für uns Gottes Eigenschaften zu einem widerspruchslosen kohärenten Bild, einschließlich aller seine Handlungen, fügen muss und uns klar ist - ist, na ja, komplette Selbstüberschätzung. Früher hätte man vermutlich Ketzerei dazu gesagt."

Warum stochere ich da so rum, was ich eigentlich nicht tun sollte?
Für mich hat die Theodizee einen unglaubliche Explosivwirkung, das scheint sich aber historisch irgendwie nie entfaltet zu haben. Das raffe ich nicht.

Danke für die ganzen geduldigen Antworten, Widerreden und Beispiele.

m.

Trimichi 19.11.2019 09:18

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1493951)
Man sollte aus meiner Sicht jedoch Fiktionen nicht für Fakten halten.
:Blumen:

Das funktioniert solange (ganz gut) bis die Warum-Frage gestellt wird. Selbst Physiker geben zu, dass die Frage nach dem Warum des Urknalls außerhalb des Gegenstandbereichs von Wissenschaft liegt. Wie z.B. gestern auf CNN von Professor James Gates JR (theoretischer Physiker) eingeräumt.
Gedächtnisprotokoll:
CNN-Moderator: "Just answer as simple question? Why is the universe?"
Prof. Gates: *lacht* "We cannot answer, it is outside of the realm of science".

Transcript:

ISAACSON: And why?

GATES: You call that a simple -- well, first of all, the why question is outside the realm of science. So I can't answer that one at all.

But how it began, we think Albert Einstein gave us a very valuable clue. It's this thing we call the Big Bang.

Now, math -- math -- what's really weird about the Big Bang is, it's a piece of mathematics, actually. The Big Bang -- the first idea for the Big

Bang actually starts with a piece of mathematics.

It was, by the way, not introduced by Albert Einstein, but by an Augustine priest of the name -- by the name of Lemaitre. So that's where the Big Bang idea actually starts.


Ganzes interview als Protokoll: http://edition.cnn.com/TRANSCRIPTS/1911/18/ampr.01.html

Folge, die Frage nach dem Warum existiert, wird aber von der Wissenschaft nicht beantwortet. Auf Grund dessen die Religion abzutun halte ich für falsch. Nur weil die Wissenschaft versagt ist das kein Grund für eine Delegitimation der Religion.

Schönen Tag auch! :Blumen:

Jörn 19.11.2019 09:20

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1493972)
Option A: Rationalisten, wie man sagen könnte, gehen hier von Bord.
"Nach grundsätzlicher anfänglicher Prüfung verworfen -klappt einfach nicht, kann nicht sein".

Option B: (Namen dazu habe ich nicht parat) sagt dazu;
"Liebe Rationalisten, how dare you - allein die Vorstellung dass sich für uns Gottes Eigenschaften zu einem widerspruchslosen kohärenten Bild, einschließlich aller seine Handlungen, fügen muss und uns klar ist - ist, na ja, komplette Selbstüberschätzung. Früher hätte man vermutlich Ketzerei dazu gesagt."

Option A ist eine Schlussfolgerung, also das Ergebnis einer Prüfung.

Option B ist eine weitere Behauptung. Eine Prüfung fand nicht statt, also kann es keine Schlussfolgerung sein.

LidlRacer 19.11.2019 09:20

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1493972)
Ausgangspunkt:
Gottes Eigenschaften fügen sich (für uns,/ für viele von uns) schon einmal nur aufeinander bezogen nicht zu einem widerspruchslosen Bild, im Bezug auf die Welt schon gar nicht. Sein Tun und Unterlassen wirkt für uns/viele von uns (komplett) rätselhaft.

Ich habe noch kein Tun von Gott oder einen Beleg für sein Tun gesehen.

Die einfachste Erklärung dafür:
Er existiert nicht.

Folglich ist auch sein Unterlassen nicht rätselhaft.

Klugschnacker 19.11.2019 09:22

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1493975)
Das funktioniert solange (ganz gut) bis die Warum-Frage gestellt wird.

Wie lautet denn die Antwort der christlichen Religion auf die Warum-Frage? Warum existiert der Schwarzwald?

Jörn 19.11.2019 09:32

Warum existiert Gott?

Trimichi 19.11.2019 09:33

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1493979)
Wie lautet den die Antwort der christlichen Religion auf die Warum-Frage? Warum existiert der Schwarzwald?

Keine Ahnung, kann nicht für Gott sprechen.

Allerdings glaube ich, dass der Schwarzwald schön und gut ist und daher Gott gefallen könnte, vor allem im Winter, wenn die Tannen und Wiesen mit Schnee überzogen sind. Skitour mit Langlaufskiern, Einkehr bei Bauernhöfen auf einen Jagertee und im Stall übernachten und weiter gehts.

Warum der Schwarzwald existiert hängt mit dem Urknall zusammen. Warum der Urknall war, weiß kein einziger Wissenschaftler. Somit müsste man wieder beim Urknall ansetzten. Siehe oben.


Wenn wir nicht wissen warum der Urknall war, wie können wir dann ausschließen, dass Gott nicht ist? Atheismus ist also nichts anderes als Verdrängung. Das Problem wird gelöst, in dem es als nicht existent erklärt wird.:Nee:

Jörn 19.11.2019 09:34

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1493981)
Atheismus ist also nichts anderes als Verdrängung. Das Problem wird gelöst, in dem es als nicht existent erklärt wird.

Warum existierte Hitler? Dessen Existenz wird vom Atheismus nicht verdrängt.

Trimichi 19.11.2019 09:35

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1493982)
Warum existierte Hitler?

Warum existierst Du? Siehe post #15301. Ich sprach vom Urknall. Klugschnacker vom Schwarzwald und Du von Hitler. Bleiben wir doch mal beim Urknall, einer religiösen Idee.

Jörn 19.11.2019 09:39

Der Urknall ist keine religiöse Idee.

Trimichi 19.11.2019 09:42

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1493985)
Der Urknall ist keine religiöse Idee.

Doch. Siehe Interview auf CNN unter Post #15301. Dieses ist auch allgemein so bekannt.

Oder nach Kant: " Die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis richten. " ( allg. als die kopernikanische Wende Kants bekannt).

Also ist der Mond auch vorhanden, wenn wir nicht hingucken? Helmut S hatte dazu ein schönes Video verlinkt, indem theoretische Physiker und Forscher zu Wort kommen und sich sehr vorsichtig äußern.

Jörn 19.11.2019 09:49

Und warum existier(t)en der Urknall, Hitler und Gott?

Es wurde die Behauptung aufgestellt, Religion könnte die Warum-Fragen beantworten. Sobald man jedoch um eine dieser Antworten bittet, hört man nur Ausflüchte.

Klugschnacker 19.11.2019 11:14

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1493975)
Folge, die Frage nach dem Warum existiert, wird aber von der Wissenschaft nicht beantwortet. Auf Grund dessen die Religion abzutun halte ich für falsch. Nur weil die Wissenschaft versagt ist das kein Grund für eine Delegitimation der Religion.

Schönen Tag auch! :Blumen:

Es ist umgekehrt: Die Wissenschaft wird von der Religion abgetan, weil die Wissenschaft zur Warum-Frage nichts sagen könne. Das sei ein Privileg der Religion.

Die Wissenschaft fordert von der Religion keine Beantwortung der Warum-Frage, weil es darauf keine Antwort geben kann. Denn diese Frage zielt auf den Sinn der Existenz einer Sache. Die Naturwissenschaft beschäftigt sich jedoch mit den Ursachen von Existenz, nicht aber mit dem Sinn.

Die Frage, "Was ist die Ursache der Zugspitze, wodurch wurde sie verursacht?" ist eine sinnvolle wissenschaftliche Frage. Hingegen ist die Frage nach ihrem Sinn offensichtlicher Nonsense, da es keine allgemein gültige Definition für "Sinn" gibt.

Und weil es im nichtreligiösen Denken allgemein bekannt ist, dass solche Sinnfragen nicht beantwortbar sind, freuen wir Atheisten uns ein wenig, Dir diese Fragen zu stellen, wohl wissend, dass Du Dir daran die Zähne ausbeißt.
:Blumen: :bussi:

Klugschnacker 19.11.2019 11:25

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1493975)
Selbst Physiker geben zu, dass die Frage nach dem Warum des Urknalls außerhalb des Gegenstandbereichs von Wissenschaft liegt.

Ja, die Frage nach dem Sinn des Universums kann die Wissenschaft nicht beantworten, ebensowenig wie die Religion. Das gilt jedoch nicht nur für das Universum, sondern für alle Dinge. Die Frage ist Nonsense.

Fragt man hingegen nach den Ursachen des Universums, sieht es besser aus. Es gibt bereits eine vielversprechende Hypothese, die erklären kann, wie Universen entstehen. Sie steht noch am Anfang, aber sie passt immerhin zur bestens bewährten Quantenphysik und zu Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Es geht dabei um einen Mechanismus, der Universen entstehen lässt.

Aus dieser Theorie, der kosmischen Inflation, können Vorhersagen abgeleitet werden. Das bedeutet, falls sie zutrifft, müssten wir diese und jene Phänomene in unserem Universum beobachten können. Die Untersuchung solcher Phänomene in der kosmischen Hintergrundstrahlung, die noch vom Urknall stammt, ist heute einer der Hauptzweige der Kosmologie.
:Blumen:

qbz 19.11.2019 12:46

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1493972)
......
Option B: (Namen dazu habe ich nicht parat) sagt dazu;
"Liebe Rationalisten, how dare you - allein die Vorstellung dass sich für uns Gottes Eigenschaften zu einem widerspruchslosen kohärenten Bild, einschließlich aller seine Handlungen, fügen muss und uns klar ist - ist, na ja, komplette Selbstüberschätzung. Früher hätte man vermutlich Ketzerei dazu gesagt."

Warum stochere ich da so rum, was ich eigentlich nicht tun sollte?
Für mich hat die Theodizee einen unglaubliche Explosivwirkung, das scheint sich aber historisch irgendwie nie entfaltet zu haben. Das raffe ich nicht.

Danke für die ganzen geduldigen Antworten, Widerreden und Beispiele.

m.

Im Prinzip wurden alle mögliche gedanklichen Varianten zum Theodizee Problem schon durchgespielt. Man kann sich quasi die in´s jeweilige erwünschte Glaubensbild passenden Antworten aus zahlreichen Optionen frei aussuchen. ;)

Der kirchenkritische, katholische Theologe Hans Küng argumentiert offenbar wie Dein Vorschlag in B:
"Hans Küng spricht von der „Anmaßung, als neutraler und angeblich unschuldiger Zensor über Gott und die Welt das Urteil sprechen zu wollen“, da es dem Menschen nicht zustehe, die Theodizee-Frage zu stellen, sondern darum, sich ein Urteil über einen Glauben zu bilden: ein Urteil darüber, ob der Glaube an einen allmächtigen und gütigen Gott trotz Theodizee-Problem gerechtfertigt ist."
https://de.wikipedia.org/wiki/Theodi...3%BCckgewiesen

Was meinst Du damit, die Explosivwirkung des Theodizee-Problems hätte sich historisch nie entfaltet?

Jörn 19.11.2019 12:50

Es ist eine Anmaßung des geprügelten Sklaven, wenn er die Rechtmäßigkeit seiner Prügel hinterfragt. Schon die Idee wäre eine Anmaßung. Der Sklave könnte das überhaupt nicht beurteilen.

(Frei nach Hans Küng.)

MatthiasR 19.11.2019 13:45

Zitat:

Zitat von BananeToWin (Beitrag 1493874)
Und das ist auch der Grund, warum es für Leute, die (aktuell) dazu keinen Zugang dazu haben, völlig absurd erscheint, wie jemand ein paar alte und unplausible Geschichte zum Fundament des eigenen Lebens machen mag.

In der Tat...

Zitat:

Zitat von BananeToWin (Beitrag 1493874)
...Und das hat Jesus gemacht. Millionen von Menschen haben ihr Herz geöffnet und ein von Gott verändertes Leben geschenkt bekommen.

Das haben aber z.B. Mohammed, Siddhartha Gautama (Buddha) und Laozi (Laotse) auch gemacht - behaupten zumindest ihre Anhänger. Und nun? Wer hat denn nun recht?

Gruß Matthias

Klugschnacker 19.11.2019 13:51

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1494037)
Hans Küng spricht von der „Anmaßung, als neutraler und angeblich unschuldiger Zensor über Gott und die Welt das Urteil sprechen zu wollen“, da es dem Menschen nicht zustehe, die Theodizee-Frage zu stellen...

Außerhalb der Religion stellt sich die Frage nach der Herkunft des Leids tatsächlich nicht, da wir es ohne Mühe verstehen. Wir wissen, warum es Raubtiere gibt, und warum auch guten Menschen schlimme Dinge geschehen. Das hat nichts Rätselhaftes.

Die Frage stellt sich erst mit der behaupteten Allmacht und Allgüte Gottes.

Wenn wir nicht nach den Ursachen des Leids fragen dürfen, gilt das natürlich auch für alle anderen religiösen Fragen. Es wäre beispielsweise ebenso anmaßend, nach der Notwendigkeit einer jungfräulichen Empfängnis Jesu, oder nach dem Sinn seiner Kreuzigung zu fragen.

Denkt man das weiter, wären wir letztlich für sämtliche Warum-Fragen zu niedrig und unqualifiziert. Jedoch sind das genau die Fragen, für deren Beantwortung es angeblich die Religion braucht.

Und das nach 3000 Jahren Theologie. :Lachen2:

BananeToWin 19.11.2019 19:15

Ich bin zugegebenermaßen sehr verwundert, dass die von mir beschriebene Theorie, Gott stünde außerhalb der (Raum-)Zeit, als so absurd betrachtet wird. Ich bin schließlich nicht Vater des Gedanken und er ist in vielen spirituellen und reliogiösen Strömungen verbreitet.

Da ich von diesem Konzept schon länger als seit gestern überzeugt bin, habe ich vielleicht auch einen anderen Blick darauf und empfinde es nicht als derart weltfremd. Würde man jemandem aus dem 19. Jahrhundert die allgemeine Relativitätstheorie oder den Welle-Teilchen-Dualismus als Wahrheit verkaufen wollen, dann wäre seine Reaktion vielleicht eine ähnliche.

Beweise für meine "Vorstellung" gibt es im wissenschaftlichen Sinne natürlich nicht. Experiment -> Messergebnis -> Wiederholbarkeit -> Schlussfolgerung. Warum sollte Erkenntnis nur auf diese Weise möglich sein?

Wenn Menschen eine Begegnung mit Gott haben (im Rahmen einer Nahtoderfahrung z.b.), dann berichten sich of genau das. Es gibt dort keine Zeit. Somit erklärt sich auch der Begriff der Ewigkeit (eben nicht im Sinne einer unendlichen Zeit). Jetzt werdet ihr (aus eurer Sicht) zurecht einwenden, dass diese Zeugnisse von Gottesbegegnungen in Wirklichkeit wohl nichts als Wahnvostellungen und Fantasierereien sind. Sollte jemand allerdings ernsthaftes Interesse daran haben, dem mal auf den Grund zu gehen, dann könnten sich durchaus andere Schlüsse aufdrängen.

Für mich ist dieses Konzept also nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern ein Konzept, über das ich an vielfacher Stelle gelesen habe und sich mit dem spirituellen Erfahrungsschatz von Menschen deckt. Über die wissenschaftliche "Verwertbarkeit" in eurem Sinne bin ich mir im Klaren.



https://de.wikipedia.org/wiki/Blockuniversum

daraus: "In den Traditionen von Judentum, Christentum und Islam entspricht der Idee eines Blockuniversums die Vorstellung, dass Gott außerhalb der Zeit stehe. "

Jörn 19.11.2019 21:00

Zitat:

Zitat von BananeToWin (Beitrag 1494117)
Ich bin zugegebenermaßen sehr verwundert, dass die von mir beschriebene Theorie, Gott stünde außerhalb der (Raum-)Zeit, als so absurd betrachtet wird. Ich bin schließlich nicht Vater des Gedanken und er ist in vielen spirituellen und reliogiösen Strömungen verbreitet.

Und nur dort. Weil die "Kundschaft" solcher Esoterik-Thesen sehr empfänglich dafür ist und es tunlichst vermeidet, sie zu überprüfen. Wo jedoch eine Prüfung stattfindet, ist die These schnell vom Tisch.

Zitat:

Zitat von BananeToWin (Beitrag 1494117)
Würde man jemandem aus dem 19. Jahrhundert die allgemeine Relativitätstheorie oder den Welle-Teilchen-Dualismus als Wahrheit verkaufen wollen, dann wäre seine Reaktion vielleicht eine ähnliche.

Zuerst schon. Aber nach der anfänglichen Verblüffung käme er durch Nachrechnen oder Nachmessen zu exakt dem gleichen Ergebnis, und er wüsste auch, warum. Das Ergebnis wäre außerdem überall auf dem Planeten exakt identisch.

Hingegen kommen die Verfechter religiöser Thesen überall zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Das zeigt, wie zuverlässig die wissenschaftliche Methode ist, und wie unbrauchbar Esoterik und Aberglaube sind.

Zitat:

Zitat von BananeToWin (Beitrag 1494117)
Beweise für meine "Vorstellung" gibt es im wissenschaftlichen Sinne natürlich nicht. Experiment -> Messergebnis -> Wiederholbarkeit -> Schlussfolgerung. Warum sollte Erkenntnis nur auf diese Weise möglich sein?

Dafür bin ich offen. Die Sache hat jedoch zwei Haken: Erstens, wie verhinderst Du Willkür oder Lügen? Zweitens, müssten dann nicht alle, die nach dieser Methode vorgehen, zu den gleichen Ergebnissen gelangen? Das tun sie aber nicht.

Andere Methoden geben nichts her, deswegen wurden sie verworfen. Darin stimmen übrigens auch religiöse Menschen überein. Ansonsten würden ja alle Christen sofort zum Islam konvertieren, weil es dort eine geheimnisvolle Offenbarung an Mohammed gab. Stattdessen sagen die Christen: "Behaupten kann man viel". Ähnliches sagen die Juden über die Christen, und die Moslems über die Juden.

Zitat:

Zitat von BananeToWin (Beitrag 1494117)
Wenn Menschen eine Begegnung mit Gott haben (im Rahmen einer Nahtoderfahrung z.b.), dann berichten sich of genau das.

Sie haben keine Begegnung mit Gott.

Das ist ein Zirkelschluss. Du nutzt zur Stütze Deiner These das, was eigentlich auf dem Prüfstand steht. Du setzt es voraus. Die Leute haben aber keine Begegnung mit Gott, und falls doch, muss es zunächst bewiesen werden. Wenn Du auf diesen Beweis verzichtest, dann kannst Du Dir auch den Rest der Argumentation sparen. Denn dann ist es reines Wunschdenken. Sorry, wenn das harsch klingt, aber in diesem Punkt muss man sorgfältig sein.

Zitat:

Zitat von BananeToWin (Beitrag 1494117)
Für mich ist dieses Konzept also nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern ein Konzept, über das ich an vielfacher Stelle gelesen habe und sich mit dem spirituellen Erfahrungsschatz von Menschen deckt.

Du blendest aber absichtlich jene Berichte aus, die vom Gegenteil berichten und wo sich überhaupt nichts deckt. Du suchst mit spitzem Finger jene Berichte aus, die Deiner Vorstellung entsprechen. Dies ist ein Merkmal praktisch aller religiöser/abergläubischer Menschen, bis sie irgendwann merken, dass dies ein Fehler ist (der sog. "Bestätigungsfehler").

Klugschnacker 19.11.2019 21:37

Zitat:

Zitat von BananeToWin (Beitrag 1494117)
Da ich von diesem Konzept schon länger als seit gestern überzeugt bin, habe ich vielleicht auch einen anderen Blick darauf und empfinde es nicht als derart weltfremd.

Ich verstehe nicht, worauf Du damit hinauswillst:

Angenommen, das Universum sei so, wie von Dir beschrieben ("Blockuniversum"). Alle Zeiten existieren gleichzeitig nebeneinander. Dann wäre es zwangsläufig deterministisch, denn die Zukunft stünde bereits fest. Das wäre unvereinbar mit dem freien Willen der Menschen, auf den Du bisher großen Wert gelegt hast, denn der freie Wille ist Dein Ausweg aus dem Theodizee-Problem. Aber vielleicht findet sich dafür eine Lösung. Lassen wir den Determinismus also beiseite.

Doch was Du eigentlich beweisen musst, ist etwas ganz anderes.

Nämlich, dass der außerhalb der Zeit stehende Schöpfer des Universums vor zweitausend Jahren in Gestalt eines Arabers auf einem Esel durch die Wüste Palästinas geritten ist, um das Böse zu bekämpfen. Dass er Gebete erhört, Sünden bestraft, Rechtgläubigen das ewige Leben schenkt.

Selbst wenn Deine kosmologischen Spekulationen alle zutreffen würden, kämest Du damit den eigentlichen Behauptungen des Christentums keinen Zentimeter näher.

Sogar wenn Dir der spektakuläre Nachweis gelänge, dass Jesus aus Nazareth etwas mit der Entstehung des Weltalls zu tun hatte, bedeutet das noch lange nicht, dass seine moralischen Vorstellungen und Forderungen für uns Menschen richtig und verbindlich sind. Diese erfordern eine eigenständige Begründung. Die göttliche Herkunft allein reicht nicht aus.

Angesichts dieser Überlegungen verstehe ich nicht, welche Bedeutung die zeitliche Struktur des Universums für Dich als gläubigen Christ haben kann. Verstehst Du, was ich meine?

:Blumen:


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