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Zarathustra 10.05.2019 01:21

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1450904)
... Klarstellung ...

Danke! So oder so ähnlich könnte eine differenziertere Betrachtung beginnen.

LidlRacer 10.05.2019 01:58

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1451186)
Ich habe kein Interesse daran hier einen Beweis für das Dasein Gottes zu vertreten ...

Ok, kannst Du auch nicht. Aber

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1451186)
Gott ist die Ursache der Welt (zu jedem Zeitpunkt ihres Bestehens).

Du scheinst ja doch von seiner Existenz sehr überzeugt zu sein.

Worauf gründet sich diese Überzeugung?

Ich wäre Dir dankbar, wenn Deine Antwort allgemeinverständlich und philosophiefrei ausfiele!

qbz 10.05.2019 07:41

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1451187)
Auch wenn ich das Wort 'Ding' verwendet habe, ging es ja weniger um die Dinghaftigkeit als um die Wirklichkeit. Es überrascht mich wiederum, daß gerade Du in diesem Zusammenhang eine Position zu verteidigen scheinst, die der des 'alten, anschauenden Materialismus' gleichkommt.

Ich dachte, es ginge um die physikalisch-messbare Wirklichkeit, also eben auch dingliche, im Unterschied zur fiktiven.

Im Zusammenhang mit neuzeitlicher Religionskritik habe ich bekanntlich regelmässig auf Ludwig Feuerbach verwiesen, weil er sich intensiv mit dem "Wesen des Christentums" beschäftigte. Marx bezeichnet Feuerbachs Auffassung in der Tat als "Anschauender Materialismus", die er mit seiner Auffassung von "praktisch-menschlicher Tätigkeit" überwindet, in der er die "materielle" Grundlage von Gesellschaften sieht. Der (undogmatisch verstandene, praktisch jeweils neu anzuwendende, zu entwickelnde) Geschichtsmaterialismus in Verbindung mit anderen Philosophen liegt mir insofern näher. Da analysiert man Staat und Religionen in ihrer Entwicklung als Teil des (ideellen) Überbaus von Gesellschaften und versteht die Produktivkräfte der Gesellschaft, die Einwirkung der Menschen auf die Natur mittels Arbeit, als "materielle" Verhältnisse, mit denen der Überbau in Wechselwirkung steht. Deswegen erwähnte ich das Beispiel, Geld als Mystifikation. Ich dachte, das würde vielleicht an die Ableitung des Geldes bei Marx als allgemeinste Form der abstrakten Arbeit erinnern.

"In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt." Karl Marx. (damit auch dasjenige der Religionen)

qbz 10.05.2019 08:01

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1451186)
Gott ist die Ursache der Welt (zu jedem Zeitpunkt ihres Bestehens). Genaueres über die Welt selbst erfahren wir aus dieser Lehre nicht; dazu können wir u.a. Physik betreiben.

Und wie ist der Begriff "Ursache" zu verstehen? Deterministisch. Alle Vorgänge auf der Welt sind durch Gott mittelbar verursacht und würden ohne ihn nicht geschehen? Mir fallen assoziativ dazu Teilhard de Chardin und darauf basierende Anschauungen ein?

Klugschnacker 10.05.2019 10:16

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1451184)
Man kann allerdings sehr wohl wissen, was der Glaubensinhalt einer bestimmten Religion ist und man kann über philosophische Hintergründe etwas herausfinden und nachdenken. Dabei hilft es mal das eine oder andere entsprechende Buch der Primärliteratur mit Verstand gelesen zu haben.

Wo könnte ich denn beispielsweise nachlesen, welches der Glaubensinhalt des Christentums ist? Soweit ich weiß, gibt es im Christentum zu praktisch jedem Detail unterschiedliche Auffassungen was der Inhalt des Glaubens sei. Welches Buch würde deiner Meinung nach den Inhalt des Christentums korrekt wiedergeben? Oder welche Bücher, falls mehrere nötig sind? Gehören die Bücher von Thomas von Aquin dazu? Ganz oder nur teilweise?

Jörn 10.05.2019 10:57

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1451184)
daß in einer solchen Diskussion die korrekte Bezeichnung (...) 'glauben' heißen muß (...) . Daher hilft keine Ausbildung zum Bescheidwissen und es gibt auch keinen Weg zu gesicherten Erkenntnissen.

Ergebnis: "Tja... man muss halt glauben".

Da sind wir genau am Kern der Sache. Die ganze angebliche Gelehrtheit und die komplizierten Formeln dienen nur dazu, die Leute einzuschüchtern und ihnen vorzugaukeln, sie wären einfach zu dumm, um die Götterwelt zu verstehen.

Aber sobald man etwas daran kratzt, stellt sich heraus, dass es sich es um nichts weiter handelt als eine kritiklose Konfirmanden-Gläubigkeit: Man muss halt glauben.

Jörn 10.05.2019 11:08

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1451186)
Ich habe kein Interesse daran hier einen Beweis für das Dasein Gottes zu vertreten; sondern ich beabsichtige bloß die Untauglichkeit aller vermeintlichen Beweise gegen sein Dasein aufzuzeigen.

Das ist ein Strohmann-Argument, denn niemand aus der atheistischen Abteilung hat je behauptet, er könne die Nicht-Existenz der Götter beweisen. Im Gegenteil: Es zählt zu den wichtigsten Argumenten der Wissenschaft und des Atheismus, dass ein "Beweis der Existenz oder Nicht-Existenz" logisch unsinnig ist bei Dingen, die nicht vorhanden sind. (Russels Teekane: Man kann nicht beweisen oder widerlegen, dass eine winzige Teekanne um den Mars herum fliegt.)

Niemand wollte je beweisen, dass Gott nicht existiert. Deswegen kannst Du auch nicht die Untauglichkeit dieser Beweise aufzeigen.

Zudem nimmst Du hier eine Haltung der Immunisierung ein: Du möchtest Deine Annahme über die Existenz von Göttern nicht weiter untersuchen; es reicht Dir aus, wenn die Zweifler ins Leere laufen. Du möchtest Deinen Glauben nicht kritisch hinterfragen, sondern lediglich die Kritiker unschädlich machen.

LidlRacer 10.05.2019 11:09

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1451228)
Aber sobald man etwas daran kratzt, stellt sich heraus, dass es sich es um nichts weiter handelt als eine kritiklose Konfirmanden-Gläubigkeit: Man muss halt glauben.

Nur kurz nebenbei:
Die Konfirmation hab ich zwar über mich ergehen lassen, geglaubt habe ich aber auch damals schon nix mehr. (Öffentlich kritisiert aber auch nicht.)

Jörn 10.05.2019 11:50

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1451186)
bei der Frage nach der Vereinbarkeit der Vielheit der göttlichen Attribute mit seiner Einfachheit. (...) bei wirklichem Interesse an einer Stelle bei Thomas von Aquin nachzulesen; bisher habe ich noch keine adäquate Stellungnahme dazu vernommen...

Warum? Warum soll ausgerechnet Thomas von Aquin eine zutreffende Einsicht in die göttlichen Eigenschaften haben? Solange das nicht überzeugend geklärt ist, ist völlig irrelevant, was er schreibt.

Wenn Du wirklich an einer Debatte interessiert wärest, dann würdest Du den betreffenden Kerngedanken zitieren und darauf Dein Argument aufbauen. Stattdessen nennst Du einfach ein ganzes Kapitel (!) in einem lateinischem (!) Buch und wehklagst anschließend, Du hättest bisher (Zitat) "noch keine adäquate Stellungnahme dazu vernommen".

----

Meine adäquate Stellungnahme zu Thomas von Aquin ist, dass seine Prämissen, auf die er seine Argumente aufbaut, falsch sind. Als Prämissen verwendet er erstens die felsenfeste Überzeugung, dass Gott in allen Attributen/Eigenschaften stets das Größte und Vollkommenste darstellt; dies ist sein Ankerpunkt. Zweitens kleidet er diese Überzeugung in formale Konstrukte/Argumentationsmuster der griechischen Philosophie und orientiert sich dabei vor allem an Aristoteles und dessen Idee von "unbewegten Beweger".

Seine Schlüsse sind Zirkelschlüsse, weil er das Ergebnis bereits in seine Prämissen packt. Er gibt lediglich vor, die verschiedenen großartigen Eigenschaften von Gott aufzudecken oder zu erklären; stattdessen setzt er die Großartigkeit bereits voraus und gelangt so zu seinen Eigenschaften.

Insofern missinterpretiert er auch die Idee von "unbewegten Beweger". Denn dass dies ausgerechnet Gott sein müsse, legt er einfach fest. Aber selbst wenn es einen ersten "unbewegten Beweger" gegeben hat, bestünde die Argumentationsleistung darin, herauszufinden, ob es sich dabei um Gott handelt. Dies "erklärt" er einfach anhand seiner Prämissen bzw. er macht es zu einer Definition:
Thomas von Aquin (Gottesbeweise):

1. Der unbewegte Beweger. Nichts bewegt sich, ohne dass es zuvor einen Beweger gibt. Das führt zu einer Regression (einem "Rückgriff"), und Gott ist der einzige Ausweg. Irgendetwas muss die erste Bewegung veranlasst haben, und dieses Etwas nennen wir Gott.

2. Die Ursache ohne Ursache. Nichts wird von sich selbst verursacht. Jede Wirkung hat eine vorausgehende Ursache, und wieder landen wir in der Regression. Diese muss durch eine erste Ursache beendet werden, die wir Gott nennen.

3. Das kosmologische Argument. Es muss eine Zeit gegeben haben, in der keine physikalischen Objekte existierten. Da heute aber physikalische Gegenstände vorhanden sind, muss irgendetwas Nichtphysikalisches sie ins Dasein gebracht haben, und dieses Etwas nennen wir Gott.
----

Thomas von Aquin war ein Mensch des Mittelalters, und er wusste nicht mehr als andere Menschen im Mittelalter. Er war abergläubisch und wundergläubig, vor allem war er jedoch fanatisch. Davon kann auch seine trockene und mathematisch wirkende Sprache nicht ablenken. Er hat sich völlig in hanebüchene Fehlschlüsse verheddert und deswegen vor allem viel Unsinn aufgeschrieben.

Das mag für die damalige Zeit ein adäquater (wenn auch falscher) Diskussionsbeitrag gewesen sein. Er bediente damit die Sehnsucht des Klerus, auch ein paar logische Argumente vorweisen zu können (und nicht nur den plumpen Volksglauben).

Für die heutige Zeit sind seine Thesen (und wie er dazu kam) völlig abstrus. Es hat in einer intellektuellen Debatte nichts verloren, außer vielleicht aus historischem Interesse. Aber wer sich seine Argumentation heute noch zu eigen macht, schadet sich in der Debatte nur selbst.

Ich habe in einem früheren Posting dargelegt, dass Thomas von Aquin sogar behauptet, er wisse, aus welchem Material die Engel bestehen, wie sie sich fortbewegen und in welcher Sprache sie kommunizieren. Auf diesen Unsinn bist Du nicht weiter eingegangen. Warum nicht? Es steht in genau jenem lateinischen Buch, dass Du besprochen haben wolltest.

Jörn 10.05.2019 12:10

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1451185)
[Theodizee, die Frage nach dem Leid:] Dazu hatte ich ja bereits etwas geschrieben. Statt darauf konkret einzugehen, hast Du wie üblich daran meilenweit vorbeifabuliert. Falls es Dir einmal gelingen sollte zu dem tatsächlich von mir Geschriebenen Stellung zu beziehen, wäre ich an logisch-sachlichen Argumenten interessiert.

Ich habe Dich so verstanden, dass Du vor allem daran interessiert warst, die "Allgüte" von Gott zu retten, indem Du orakelt hast, dass das Leid aus göttlicher Perspektive eventuell gar kein Leid wäre, oder dass man schließlich nicht sicher wüsste was "gut" im "göttlichen Kontext" überhaupt bedeutet.

Ich hatte auf den Zynismus hingewiesen, der in dieser Argumentation steckt.

Wir finden uns wieder in einer Welt, in der die meisten Tiere lebendig aufgefressen werden. Eine Welt, in der es den Menschen während 99% ihrer Geschichte äußerst mies ging. Eine Welt, in der eine angebliche Gottheit für ein paar Jahre als Mensch auftauchte und ein paar geschwollene Reden hielt, ohne die Menschen auf Bakterien, Karies oder drohende Naturkatastrophen hinzuweisen.

Ich halte das für zynisch; umso mehr, wenn dieses Leid den Leuten als "allgütig" untergejubelt und den Menschen (!) die Schuld dafür zugeschoben wird.

waden 10.05.2019 13:33

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1450904)
darf ich eine Klarstellung versuchen?

(a) "Patrick Lange ist Ironman-Weltmeister."

Wahr, und wahr aufgrund eines komplexen Zusammenspiels von geteilten Überzeugungen, Rechtfertigungen, Ereignissen, Intentionen, Regeln, Sprechakten - kurz das, was man so ein "soziale Tatsache" nennt. Keine Fiktion

(b) "Hamlet ist Prinz von Dänemark"

wahr (im Sinne von strikt fiktionaler Wahrheit), Fiktion, der Wahrmacher ist ein realer Theatertext.

Wenn es sinnvoll erscheint: dies dann mal rüberzuwälzen auf religiöse Tatsachenbehauptungen überlasse ich anderen :)
m.


Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1451188)
Danke! So oder so ähnlich könnte eine differenziertere Betrachtung beginnen.

Würdest Du Deinen Glauben an Gott (a) oder (b) zuordnen?



Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1451184)
Ich bestehe weiterhin darauf, daß in einer solchen Diskussion die korrekte Bezeichnung der epistemischen Haltung 'glauben' heißen muß, um Verwirrung zu vermeiden. Daher hilft keine Ausbildung zum Bescheidwissen und es gibt auch keinen Weg zu gesicherten Erkenntnissen.
.

Eine Anwort in dieser Richtung hatte ich erwartet. Dennoch hatte ich das Wort Erkenntnis gewählt, weil Du Dich über Gott und seine Eigenschaften recht detailliert äußerst. Du möchtest also eine solche Feststellung nicht als Erkenntnis, sondern als Glauben verstanden wissen:

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1450725)
Ja, anders als beim Menschen sind bei ihm allerdings Wille, Ausführung und Beurteilung identisch, sowie er selbst mit diesen.
.

Dann sind wir uns ja einig: dies ist Ausdruck eines Glaubens, der für Dich die gleiche Wirklichkeit beinhaltet wie für Ägypter seinerzeit Isis und Osiris.

-

und wenn ich Dich im weiteren richtig verstehe, kann die Basis Deines Glaubens nur ermessen, wer philosophische Texte früherer Zeiten mit Verstand gelesen hat

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1451184)
Man kann allerdings sehr wohl wissen, was der Glaubensinhalt einer bestimmten Religion ist und man kann über philosophische Hintergründe etwas herausfinden und nachdenken. Dabei hilft es mal das eine oder andere entsprechende Buch der Primärliteratur mit Verstand gelesen zu haben.

Wusste Thomas von Aquin mehr über Gott als Du? Oder ist das nicht lediglich eine historische Quelle des Nachdenkens über Gott aus Basis des damals verfügbaren Wissens?

Ich könnte mit dem gleichen Interesse und Aussicht auf zutreffende Aussagen über das Wesen der Welt über Schriften zu Isis und Osiris lesen, oder nicht?

qbz 11.05.2019 00:58

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1451252)
.....

Thomas von Aquin war ein Mensch des Mittelalters, und er wusste nicht mehr als andere Menschen im Mittelalter. Er war abergläubisch und wundergläubig, vor allem war er jedoch fanatisch. Davon kann auch seine trockene und mathematisch wirkende Sprache nicht ablenken. Er hat sich völlig in hanebüchene Fehlschlüsse verheddert und deswegen vor allem viel Unsinn aufgeschrieben.

Das mag für die damalige Zeit ein adäquater (wenn auch falscher) Diskussionsbeitrag gewesen sein. Er bediente damit die Sehnsucht des Klerus, auch ein paar logische Argumente vorweisen zu können (und nicht nur den plumpen Volksglauben).
........

Thomas von Aquin´s Schriften wurden das einheitliche ideologische Fundament der kath. Kirche, dessen Gültigkeit z.T. übrigens auf Konzilen bis heute bekräftigt wurde. Es sollte damals vor allem dazu beitragen, den weltlichen Herrschaftsanspruch des Papstes mit einer einheitlichen Lehre zu festigen, der im 13. Jahrhundert abweichende religiöse Bewegungen mithilfe der Dominikaner ideologisch und mit weltlichen Verbündeten blutig bekämpfen und die Abweichler hinrichten liess (wie die Katharer, Albigenser, die z.B. keinen Zehnten als Abgabe forderten, christlich-antiklerikal eingestellt waren und im Volk regional mehr Ansehen genossen wie die mächtige Römische Kirche und die Dominikaner.). Thomas von Aquin forderte für Häretiker die Exkommunikation und die Todesstrafe.

Erst 1965 korrigierte die kath. Kirche in einer Erklärung zur Würde des Menschen einen Absolutheitsanspruch Thomas von Aquin´s, indem sie die Gewissens- und Religionsfreiheit als Menschenrecht anerkannte.

Hier werden Bücher vom Heiligen Dominikus und von Albigensern ins Feuer geworfen, wobei die des ersteren das Feuer überstehen.

Jörn 11.05.2019 12:25

@Mirko

Es gibt Neuigkeiten von der "Deutschen Evangelischen Allianz". Der Kindergarten Deiner Tochter ist dort Mitglied und vertritt deren Ansichten und Werte.

Die "Allianz" wehrt sich gegen ein geplantes Gesetz, demzufolge die sog. "Homo-Heilung" verboten werden soll, also Angebote, die von sich behaupten, sie könnten Homosexuelle quasi "umpolen". Derzeit ist ein Gesetz in Vorbereitung, mit dem diese "Heilungen" verboten werden sollen, weil es Scharlatanerie ist.
Die "Allianz" besteht in einem offenen Brief an alle Bundestags-Abgeordneten darauf, weiterhin solche Konversions-Therapien zuzulassen.

Sie äußerten zudem die Sorge, dass die Angebote der "Allianz" in Zukunft das Ziel von Denunzierung werden könnten, wenn die Mitglieder der "Allianz" mit ihrer derzeitigen Beratung und Seelsorge fortführen. Man müsse befürchten, wegen bestimmter seelsorgerischer Tätigkeiten angezeigt zu werden. Das könne den vertraulichen Charakter der seelsorgerischen Gespräche gefährden. Man fordere daher, dass die Seelsorge von frei Beschränkungen bleiben müsse.

Zum Schluß des Briefs forderte die "Allianz", das Gesetz solle allein schon deswegen nicht verwirklicht werden, um nicht bestimmte religiöse Gruppen unter einen Generalverdacht zu stellen, weil bekannt sei, dass diese vermutlich nicht mit dem Gesetz konform gingen.
Bereits vor ein paar Jahren hatte der damalige Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, in einem Brief an die Kanzlerin mitgeteilt, Homosexualität wäre schädlich für das Land und würde das politische System gefährden.

Zum Vergleich: Der Weltärztebund hat zu dem Thema bereits 2013 Stellung bezogen. Dabei verwarf er die Notwendigkeit wie auch die Wirksamkeit dieser Therapien und folgerte, dass diese "die Menschenrechte verletzen und nicht zu rechtfertigen" seien.

----

Dies nur als aktuelles Update darüber, was in dem lustigen Kindergarten so vor sich geht.

Klugschnacker 13.05.2019 12:02

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1451186)
Gott ist die Ursache der Welt (zu jedem Zeitpunkt ihres Bestehens). Genaueres über die Welt selbst erfahren wir aus dieser Lehre nicht; dazu können wir u.a. Physik betreiben.

Du sagst, Gott sei die Ursache der Welt. Nicht nur am Anfang, sondern zu jedem Zeitpunkt ihres Bestehens. Ich verstehe Dich hier so, dass Gott nicht nur die Existenz, das Vorhandensein, der Welt verursachte, beispielsweise im Urknall. Sondern er verursacht über diesen einmaligen Schöpfungsakt hinaus sämtliche Vorgänge innerhalb der Welt zu jedem Zeitpunkt.

Anders gesagt, Gott verursacht permanent nicht nur das Vorhandensein der Welt, sondern auch alle Vorgänge in ihr. Dabei hält er sich an bestimmte Regeln, die wir in Form von Naturgesetzen erforschen können.

Ist das so korrekt wiedergegeben?

Jörn 13.05.2019 13:01


trithos 14.05.2019 01:48

Melde mich hier wieder einmal mit einer praxisnahen Geschichte, die ausgezeichnete Diskussionsmöglichkeiten bietet:

https://derstandard.at/2000103052814...Almosenmeister

Ich finde die Aktion trotz des zweifellos ernsten Hintergrunds recht witzig. Und sie bringt das wichtige Thema Armut in die öffentliche Diskussion.

Ich höre aber schon, wie die Kritiker in die Tasten hauen: lächerliche PR-Aktion werden sie sagen, die Kirche ist doch eh so reich, hat immer alle Menschen ausgeraubt und ihre hinterhältigen "Pfaffen" belügen und betrügen, usw...

Viel Spaß bei dieser Diskussion ;) :Huhu:

qbz 14.05.2019 08:01

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1451786)
Melde mich hier wieder einmal mit einer praxisnahen Geschichte, die ausgezeichnete Diskussionsmöglichkeiten bietet:

https://derstandard.at/2000103052814...Almosenmeister

Ich finde die Aktion trotz des zweifellos ernsten Hintergrunds recht witzig. Und sie bringt das wichtige Thema Armut in die öffentliche Diskussion.

Ich höre aber schon, wie die Kritiker in die Tasten hauen: lächerliche PR-Aktion werden sie sagen, die Kirche ist doch eh so reich, hat immer alle Menschen ausgeraubt und ihre hinterhältigen "Pfaffen" belügen und betrügen, usw...

Viel Spaß bei dieser Diskussion ;) :Huhu:

Na, dann mal einen literarischen Tip für´s Feuilleton: ;)

Bertholt Brecht befasste sich mit diesem Thema in einem ganzen Theaterstück, das er während der Weltwirtschaftskrise 1929 schrieb: Die heilige Johanna der Schlachthöfe, inspiriert von der Jeanne d´Arc und Schiller´s Jungfrau von Orleans.

anlot 14.05.2019 08:13

Stand heute morgen in der Zeitung. Unfassbar, das Gleichberechtigung für die RKK im 21. Jahrhundert immer noch nicht selbstverständlich ist. Gleichzeitig ein schöner Beleg dafür, das manche Menschen die Auswirkungen immer zu spüren bekommen. Manche hatten hier ja schon behauptet, dass mittlerweile keiner mehr Nachteile durch die Kirche hätte.

anlot 14.05.2019 08:20

Bild kommt gleich. Ist wieder zu groß

merz 14.05.2019 08:52

Kant würde Kardinal Krajewski streng tadeln.

:dresche

m.

anlot 14.05.2019 09:10

Zitat:

Zitat von anlot (Beitrag 1451806)
Bild kommt gleich. Ist wieder zu groß

Bild klappt nicht. Daher hier der Link:

https://www.schwaebische.de/landkrei...,11052616.html

Helmut S 14.05.2019 09:22

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1451811)
Kant würde Kardinal Krajewski streng tadeln.

Der war ja überhaupt recht spaßbefreit sagt man. :Cheese:

Im Ernst: Du meinst, weil er pflichtgemäß aber nicht aus Pflicht gehandelt hat? („Als Almosenmeister bin ich verpflichtet...“)

Edit fragt noch: Oder denkst du, würde er die Handlung gar als unmoralisch einstufen?
LG H.

merz 14.05.2019 10:09

das ist eine spannenden Frage, klar unmoralisch und verboten nach Kant, keine gute Tat.

Ich würde auf Bruch des Rechts und Verletzung des Eigentums entscheiden; ganz klar , geht nicht, - auch nicht aus "Menschenliebe"

m.

P.S.: Spannende deswegen, weil es m.E. nicht wirklich trivial ist, mal einen konkreten Fall mit dem kat. Imperativ durchzubuchstabieren und abzuleiten.

trithos 14.05.2019 13:55

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1451801)
Na, dann mal einen literarischen Tip für´s Feuilleton: ;)

Bertholt Brecht befasste sich mit diesem Thema in einem ganzen Theaterstück, das er während der Weltwirtschaftskrise 1929 schrieb: Die heilige Johanna der Schlachthöfe, inspiriert von der Jeanne d´Arc und Schiller´s Jungfrau von Orleans.

Ja, das ist eine spannende Geschichte - diese Johanna. Ich denke da vor allem über eine Frage nach:

Wie viele Menschenleben darf eine Revolution/ein Aufstand/ein Systemwandel ... kosten?

Und daraus abgeleitet die praktischen Fragen:
+) Wenn konkrete Hilfe das schlechte System stabilisiert - darf man dann überhaupt noch jemandem helfen?
+) müsste der Kardinal nicht ganz im Gegenteil schauen, dass die Situation für alle immer schlimmer wird, um das System zu destabilisieren?
+) darf er das auf Kosten derer machen, die dann halt in der Destabilisierungsphase drauf gehen?
+) oder müsste er vielleicht sogar differenzieren: Revolution mit den Kampfeswilligen aber denen helfen, die nur die aktuelle Ausformung der Krise überleben wollen?

Ich finde, dass genau das die wichtigen Fragen sind, und sie begegnen uns heutzutage auf Schritt und Tritt.

Zum Beispiel in der Frage der Seenot-Rettung im Mittelmeer. Da wird doch ganz ähnlich argumentiert: "Lassen wir die Menschen doch ersaufen, dann kommen weniger! Die Seenotretter arbeiten mit ihrer konkreten Hilfe den Schleppern in die Hand, liefern ihnen doch geradezu erst eine gute Geschäftsgrundlage, ... kurz: sie stabilisieren ein schlechtes ausbeuterisches System."

Aber wie viele Menschen darf ich auf dem Weg zu einem besseren System "opfern" für das große Ziel?

Ich kann und will als (selbsternannter ;) ) "gefestigter Nicht-Ideologe" (=Pragmatiker) diese Fragen nicht grundsätzlich beantworten. Wie sagte einst ein sehr kluger aber damals gerne unterschätzter österreichischer Bundeskanzler völlig richtig: "es ist alles sehr kompliziert!"

PS: dieses Zitat ist nicht ganz richtig, es lautet im Original: "es klingt alles sehr kompliziert". Aber ich habe die Variante genommen, die im kollektiven Gedächtnis Österreichs verankert ist und hier immer wieder gerne verwendet wird.

qbz 14.05.2019 17:16

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1451888)
........
Ich kann und will als (selbsternannter ;) ) "gefestigter Nicht-Ideologe" (=Pragmatiker) diese Fragen nicht grundsätzlich beantworten. Wie sagte einst ein sehr kluger aber damals gerne unterschätzter österreichischer Bundeskanzler völlig richtig: "es ist alles sehr kompliziert!"

PS: dieses Zitat ist nicht ganz richtig, es lautet im Original: "es klingt alles sehr kompliziert". Aber ich habe die Variante genommen, die im kollektiven Gedächtnis Österreichs verankert ist und hier immer wieder gerne verwendet wird.

ich hatte als studentischer Tutor schon im Personalrat und später in gewerkschaftlichen Betriebsgruppen jeweils mitgearbeitet, weil ich eher so denke: Wer keine aktuellen realistischen Nahziele für gemeinsame Interessen erstreiten kann, schafft es auch nicht, fernere Ziele zu erreichen. Dabei ist die Weltanschaung, Religion (mir) erstmal egal. Norbert Blüm als IG-Metaller und Katholik leistete als Minister mehr für den Erhalt des Renten- und Sozialsystems in Deutschland als alle nachfolgenden Arbeits-/Sozialminister.

Allerdings sollten man sich mit freiwilligen Almosen nicht zufrieden geben, sondern garantierte Rechte erstreiten. Wer hingegen in unseren Ländern obachlos oder arbeitslos lebt, hat kaum die Kraft und Möglichkeit für eine eigene organisierte wirkungsvolle Interessensvertretung, weswegen andere das übernehmen müssen (kirchliche und nichtkirchliche Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften).

Eine Einschätzung, dass es erst vielen Menschen ganz schlecht gehen muss, bis sie sich für eine gerechtere Gesellschaft einsetzen, würde ich persönlich nicht teilen. Ich sehe keine solche "Zwangsläufigkeit". Im Gegenteil: Aufgrund von Armut und Hunger entstehen Kriege, Diktaturen (die Arbeitslosigkeit war ein Faktor für den Hitlerfaschismus z.B.) und mehr Zulauf für Religionen, die auf ein besseres Jenseits vertrösten.

Zarathustra 15.05.2019 15:12

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1451189)
Ok, kannst Du auch nicht. Aber



Du scheinst ja doch von seiner Existenz sehr überzeugt zu sein.

Worauf gründet sich diese Überzeugung?

Ich wäre Dir dankbar, wenn Deine Antwort allgemeinverständlich und philosophiefrei ausfiele!

1. Wie kommt es, daß Du zu wissen meinst, welche Positionen ich vertreten kann und welche nicht?

2. Meine persönlichen Überzeugungen sind für die Sache irrelevant. Mir geht es um die allgemeine Argumentation und da auch nur darum die negative Seite, also die Mangelhaftigkeit der hier vorgetragenen Argumente gegen den christl. Glauben aufzuzeigen.

3, Philosophische Fragen können nicht „philosophiefrei“ beantwortet werden.

Zarathustra 15.05.2019 15:13

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1451194)
Ich dachte, es ginge um die physikalisch-messbare Wirklichkeit, also eben auch dingliche, im Unterschied zur fiktiven.
...

Mir ging es eher darum, ob zur Wirklichkeit ausschließlich das physikalisch Messbare zählt, wie Klugschnacker behauptete, oder ob die Wirklichkeit mehr umfaßt, z.B. wie bei Marx auch die "praktisch-menschliche Tätigkeit" oder das "gesellschaftliche Sein". Ansonsten danke für Deine ausführlichen Erläuterungen.


Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1451196)
Und wie ist der Begriff "Ursache" zu verstehen? Deterministisch. Alle Vorgänge auf der Welt sind durch Gott mittelbar verursacht und würden ohne ihn nicht geschehen? Mir fallen assoziativ dazu Teilhard de Chardin und darauf basierende Anschauungen ein?

Ursächlichkeit impliziert keinen Determinismus, denn Gott kann Ursache sowohl von Notwendigem als auch von Kontingentem sein.
Mit Teilhard de Chardin kenne ich mich nicht aus.

Zarathustra 15.05.2019 15:15

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1451216)
Wo könnte ich denn beispielsweise nachlesen, welches der Glaubensinhalt des Christentums ist? Soweit ich weiß, gibt es im Christentum zu praktisch jedem Detail unterschiedliche Auffassungen ...

Klar gibt es unterschiedliche Auffassungen zu Detailfragen, aber auch genügend Einigkeit in den Grundfragen. Sofern es sich um die kath. Lehre handelt sind die relevantesten Autoren: Augustinus, Anselm, Thomas. Welche Bücher, hängt von Deinem speziellen Interesse ab...


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1451656)
... er verursacht über diesen einmaligen Schöpfungsakt hinaus sämtliche Vorgänge innerhalb der Welt zu jedem Zeitpunkt.

Anders gesagt, Gott verursacht permanent nicht nur das Vorhandensein der Welt, sondern auch alle Vorgänge in ihr. Dabei hält er sich an bestimmte Regeln, die wir in Form von Naturgesetzen erforschen können.

Ist das so korrekt wiedergegeben?

Er verursacht das Vorhandensein der Welt, ihr Weiterbestehen und sowohl mittelbar als auch unmittelbar Vorgänge in ihr. Die Naturwissenschaften erforschen Vorgänge in der Welt, sofern in ihnen Gesetzmäßigkeiten zu entdecken sind.

Zarathustra 15.05.2019 15:16

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1451233)
... denn niemand aus der atheistischen Abteilung hat je behauptet, er könne die Nicht-Existenz der Götter beweisen. ...

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1450858)
... Denn der Widerspruch der Theodizee (warum gibt es Leid) bringt am Ende die konkrete christliche Gotteshypothese zu Fall...

Gehörst Du also nicht mehr zur „atheistischen Abteilung“?


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1451252)
... Thomas von Aquin... Auf diesen Unsinn bist Du nicht weiter eingegangen. Warum nicht?

Weil Du wie üblich nicht mehr beweist als Deine Unfähigkeit des genauen Lesens und der korrekten Wiedergabe von Gedankengängen anderer.

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1451256)
Ich habe Dich so verstanden...

Das habe ich nicht geschrieben. Oder anders gesagt: Mit Flamingo als Schläger und Igel als Ball spielt es sich schlecht Croquet.

Zarathustra 15.05.2019 15:18

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1451267)
Würdest Du Deinen Glauben an Gott (a) oder (b) zuordnen?
...

Weder noch.


Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1451267)
Dann sind wir uns ja einig: dies ist Ausdruck eines Glaubens, der für Dich die gleiche Wirklichkeit beinhaltet wie für Ägypter seinerzeit Isis und Osiris.
...

Was die subjektive Seite der Wirklichkeit betrifft vielleicht schon, absolut betrachtet aber nicht. Über Isis und Osiris weiß ich allerdings zu wenig.


Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1451267)
... Wusste Thomas von Aquin mehr über Gott als Du? Oder ist das nicht lediglich eine historische Quelle des Nachdenkens über Gott aus Basis des damals verfügbaren Wissens?

Nein, er glaubte mehr... Er wußte also mehr als ich über den Glaubensinhalt, u.a. da er tiefer darüber nachgedacht hat.


Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1451267)
Ich könnte mit dem gleichen Interesse und Aussicht auf zutreffende Aussagen über das Wesen der Welt über Schriften zu Isis und Osiris lesen, oder nicht?

Ich denke, man kann auch aus Schriften zu Isis und Osiris etwas über das Wesen der Welt lernen, schätze die Aussicht auf zutreffende Aussagen aber allgemein als geringer ein.

Jörn 15.05.2019 15:57

Hallo Zarathustra, mal ganz unverblümt gefragt mit der Bitte um eine ehrliche Antwort: Macht die Debatte mit Dir überhaupt einen Sinn?

In Deinen letzten paar Postings machst Du deutlich, dass Du Deine eigene Position nicht darlegen wirst (siehe Deine Antwort auf LidlRacer), sondern dass es Dir nur darum geht, die Argumente der anderen Teilnehmer zu neutralisieren. Rückfragen von mir beantwortest Du generell nicht, anderen weichst Du oft aus oder stellst Gegenfragen. Ist das nicht ein destruktiver Ansatz?

Die Neutralisation der Gegenargumente gelingt Dir jedoch nicht, und zwar unter anderem deshalb nicht, weil Deine paar Halbsätze bei weitem nicht clever genug sind, um die säkulare/wissenschaftliche Argumentation aus den Angeln zu heben. Ich finde, Du überschätzt Dich hier sehr deutlich.

Mein persönlicher Eindruck ist, dass Du mit exaktem Kalkül Deine eigene Position nicht nennen möchtest, weil Du die Erfahrung gemacht hast, dass Deine Glaubwürdigkeit dadurch vermindert würde. Grund: Deine Antwort an Klugschnacker, Gott würde zu jedem Zeitpunkt alle Vorgänge in der Welt verursachen, erinnert doch sehr stark an fanatische Positionen aus dem erzkatholischen Randbereich. Eigentlich hatte ich Dich ja als evangelikal vermutet, weil man radikale Positionen meist dort vorfindet, und weil ich manche Deiner Argumentationen in diesem Umfeld angetroffen habe.

Wenn Du Dich in Deinem Glauben tatsächlich auf Augustinus und Thomas von Aquin beziehen solltest, fände ich das sehr bemerkenswert bzw. erschreckend.

Ich habe in einem früheren Posting dargelegt, dass Thomas von Aquin sogar behauptet, er wisse, aus welchem Material die Engel bestehen, wie sie sich fortbewegen und in welcher Sprache sie kommunizieren. Auf diesen Unsinn bist Du nicht weiter eingegangen. Warum nicht?

Was ist mit der Auffassung von Thomas von Aquin, die Verfolgung und das Töten von Ungläubigen wäre statthaft?

Jörn 15.05.2019 16:00

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1452124)
aber auch genügend Einigkeit in den Grundfragen.

Also das ist nun wirklich blühender Unsinn. Sorry.

Wenn Du möchtest, kannst Du zwei oder drei solcher Grundfragen nennen und jene Position skizzieren, über die angeblich Einigkeit herrscht. Ich werde Dir dann namhafte Theologen oder Kirchenfunktionäre nennen, die dieser Position widersprechen.

Klugschnacker 15.05.2019 19:56

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1452124)
Er [Gott] verursacht das Vorhandensein der Welt, ihr Weiterbestehen und sowohl mittelbar als auch unmittelbar Vorgänge in ihr. Die Naturwissenschaften erforschen Vorgänge in der Welt, sofern in ihnen Gesetzmäßigkeiten zu entdecken sind.

Ich habe es noch nicht ganz verstanden. Hättest Du zwei Beispiele parat, jeweils für einen unmittelbar und mittelbar von Gott verursachten Vorgang?
:Blumen:

waden 15.05.2019 19:59

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1452129)
Nein, er glaubte mehr... Er wußte also mehr als ich über den Glaubensinhalt, u.a. da er tiefer darüber nachgedacht hat.
..

Ich denke, man kann auch aus Schriften zu Isis und Osiris etwas über das Wesen der Welt lernen, schätze die Aussicht auf zutreffende Aussagen aber allgemein als geringer ein.

Warum? Meinst Du, dass die die Ägypter nicht ausreichend tief über den Glaubensinhalt ihres Götterglaubens nachdachten?
Und weshalb sollte deren Glaubensinhalt weniger über die Welt aussagen können als der von Th.v.Aquin?
Weil es die falschen Götter sind?
Oder weil der Glaube noch älter ist und noch weniger zu dem seither gewonnenen Wissen über unsere Welt passt?

qbz 15.05.2019 20:11

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1452165)
Ich habe es noch nicht ganz verstanden. Hättest Du zwei Beispiele parat, jeweils für einen unmittelbar und mittelbar von Gott verursachten Vorgang?
:Blumen:

also, ich bin auch neugierig auf die Antwort.

Vorgänge für ein göttliches Wirken, die Zarathustra vielleicht meint, könnten z.B. die Ausstattung des Homo Sapiens mit Bewusstsein, die Menschwerdung vom Sohn Gottes, Jungfrauen Zeugung von Jesus, die Auferstehung von Jesus u.a. darstellen. Was davon "mittelbar" oder "unmittelbar" ist? Mittelbar: Evolution, Auferstehung: unmittelbar.

Jörn 15.05.2019 21:08

Mir wären Beispiele angenehm, die in der Gegenwart angesiedelt sind und nicht auf Hörensagen basieren.

Klugschnacker 15.05.2019 21:20

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1452122)
Mir ging es eher darum, ob zur Wirklichkeit ausschließlich das physikalisch Messbare zählt, wie Klugschnacker behauptete, oder ob die Wirklichkeit mehr umfaßt, z.B. wie bei Marx auch die "praktisch-menschliche Tätigkeit" oder das "gesellschaftliche Sein".

Hier verstehst Du mich vermutlich falsch. Einer praktisch-menschlichen Tätigkeit würde ich sehr wohl eine konkrete Existenz zusprechen, ebenso dem gesellschaftlichen Sein. Ich sehe da keinerlei Schwierigkeiten. Vielleicht müsstest Du, falls Du darauf eingehen möchtest, verdeutlichen, wo Dein Problem damit liegt.

Mir ging es eher um die Frage, ob Gott Auswirkungen auf die Welt hat, die wir feststellen können. Denn man will ja eine Welt, in der Gott existiert, unterscheiden können von einer Welt, in der er nicht existiert. Also frage ich nach den Auswirkungen seiner Existenz auf die Welt, die wir feststellen können. Das ist doch ein ganz vernünftiger Ansatz, wie mir scheint.

Ich finde den Standpunkt plausibel, dass eine Welt, die von einem vollkommenen Wesen erschaffen wurde, anders aussehen müsste als eine, die sich blind aus Zufall und Selektion entwickelt hat. Warum habe ich einen Blinddarm?
:Blumen:

Klugschnacker 15.05.2019 21:41

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1452172)
also, ich bin auch neugierig auf die Antwort.

Vorgänge für ein göttliches Wirken, die Zarathustra vielleicht meint, könnten z.B. die Ausstattung des Homo Sapiens mit Bewusstsein, die Menschwerdung vom Sohn Gottes, Jungfrauen Zeugung von Jesus, die Auferstehung von Jesus u.a. darstellen. Was davon "mittelbar" oder "unmittelbar" ist? Mittelbar: Evolution, Auferstehung: unmittelbar.

Mir ist vor allem die mittelbare Verursachung eines Vorgangs durch Gott nicht klar. Ich erläutere im nächsten Absatz meine Schwierigkeiten damit. Gott als unmittelbare Ursache ist für mich klarer: Wenn beispielsweise ein Tröpfchen Flüssiggas verdampft und Feuer fängt, dann wäre dies ein von Gott unmittelbar verursachter Vorgang, und zwar Atom für Atom. Naturgesetze beschreiben diesen Vorgang, sind aber nicht selbst die Ursache.

Wenn nun ein Mensch ein Feuerzeug in der Hand hält, und kraft seines Willens beschließt, ein Tröpfchen Flüssiggas zu entzünden: Dann ist dies ebenfalls von Gott verursacht, aber nur mittelbar. Das Mittel zur Umsetzung der göttlichen Ursache ist der Mensch. Der Mensch drückt die Taste des Feuerzeugs.

So verstehe ich den Unterschied zwischen mittelbar und unmittelbaren Wirkungen Gottes, bis es mir jemand besser erklärt.

Mein Problem ist dabei folgendes. Wenn ich ein Feuerzeug entzünde, wirkt Gott sowohl mittelbar als auch unmittelbar: Mittelbar wirkt er über meinen Willen, den er als allmächtiges Wesen jederzeit voraussah. Ich drücke die Taste des Feuerzeugs. Anschließend wirkt Gott unmittelbar, indem er auf jedes einzelne Gasatom ursächlich einwirkt, damit Feuer bewirkt wird. Diese nachgeschaltete unmittelbare Wirkung Gottes hat es in sich.

Beispielsweise, wenn man sich vorstellt, dass das Feuerzeug an einen Holzstapel gehalten wird, auf dem ein Mensch lebendig verbrannt werden soll. Oder in Auschwitz ein Ofen entzündet wird. Gott wirkt hier mittelbar, aber auch unmittelbar. Am Feuerzeug die Taste zu drücken, tut der Mensch; dass daraus Feuer entsteht, verursacht Gott. Ist das nicht eine schreckliche Vorstellung?

qbz 15.05.2019 22:44

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1452183)
.......
Beispielsweise, wenn man sich vorstellt, dass das Feuerzeug an einen Holzstapel gehalten wird, auf dem ein Mensch lebendig verbrannt werden soll. Oder in Auschwitz ein Ofen entzündet wird. Gott wirkt hier mittelbar, aber auch unmittelbar. Am Feuerzeug die Taste zu drücken, tut der Mensch; dass daraus Feuer entsteht, verursacht Gott. Ist das nicht eine schreckliche Vorstellung?

Ein ähnliches Menschenbild ergibt sich meines Erachtens schon aus der Erzählung von Adam und Eva und der Erbsünde für alle Menschen. Ich habe als Kind schon nie verstanden, weshalb Gott friedliche Menschen geschaffen haben soll, den Sündenfall nicht verhindert habe und aus den Menschen Mörder (Kain) werden liess. Als bösen Gegenspieler erdachte man sich in der Erzählung den Teufel, um den Sündenfall und die Erbsünde zu erklären. Die Religion trennt damit streng "gut" und "böse" auf, in Gott und den Teufel, eine dualistische Ethik.

Es gibt ja in der Theologie gerade bei der Prädestinationslehre (Erbsünde) von Anfang der Kirchengeschichte an schon unterschiedliche Auffassungen.

Jörn 15.05.2019 22:45

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1452183)
Am Feuerzeug die Taste zu drücken, tut der Mensch; dass daraus Feuer entsteht, verursacht Gott. Ist das nicht eine schreckliche Vorstellung?

Klingt nach "schachmatt".

Ähnliche Probleme werden in der Theologie schon länger debattiert (natürlich ohne Ergebnis). Und zwar geht es dabei meist um das "Herbeirufen" von Gott, Jesus oder dem Heiligen Geist.

Beispiel: Das Herbeirufen von Jesus während dem Verzehr von Wein und Oblate bei der Eucharistie-Feier ("Realpräsenz"). Das vom Menschen gemachte Ritual wäre das Feuerzeug, und die tatsächliche Präsenz von Gott wäre die Flamme.

Die Frage ist: Kann man Gottes Präsenz durch ein bestimmtes Ritual erzwingen? Dann würde man ihm seine Freiheit und Souveränität rauben. Der Mensch würde dann nicht mehr mittelbar (als "Rufer") agieren, sondern quasi-unmittelbar, weil Gott sich wie eine Handpuppe in der Hand des Priesters verhalten würde.

Ein weiteres Beispiel wäre die Taufe. Ist der Heilige Geist hier nur die Handpuppe in der Hand des Priesters? Oder kommt er, wann er will?

Oder das Vergeben von Sünden durch den Priester.

Für die Theologen ist unverzichtbar, dass Gott im letzten Schritt souverän bleibt. Gott allein entscheidet also über die Realpräsenz, über die Taufwirkung, und letztlich auch, ob das Feuerzeug zündet.


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