triathlon-szene.de |  Europas aktivstes Triathlon  Forum

triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum (https://www.triathlon-szene.de/forum/index.php)
-   Politik, Religion & Gesellschaft (https://www.triathlon-szene.de/forum/forumdisplay.php?f=30)
-   -   Klimawandel: Und alle schauen zu dabei (https://www.triathlon-szene.de/forum/showthread.php?t=45284)

Adept 03.08.2024 08:17

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753244)
Hierzu würde mich die Meinung von Genussläufer und auch von Adept interessieren. Sie scheinen nach meiner Wahrnehmung die Position zu vertreten, dass der freie Markt das Klima retten wird – nicht aber Verbote.

Arne, dazu habe ich nichts geschrieben. :Blumen:
Oder ist das schon so lange her, dass ich es vergessen habe?

Ich wäre übrigens sehr für einen extra Wetter-Thread, in dem man sich über das derzeit unstabile Wetter beschweren kann. :)

Klugschnacker 03.08.2024 08:59

Zitat:

Zitat von Adept (Beitrag 1753246)
Arne, dazu habe ich nichts geschrieben. :Blumen:
Oder ist das schon so lange her, dass ich es vergessen habe?

Du sagtest, das Klima sei für Dich ein wichtiges Thema, aber Du seist gegen Verbote. War das nicht Dein Standpunkt bei der Mobilität, bei fossilen Gebäudeheizungen, beim Fleischkonsum?
:Blumen:

Adept 03.08.2024 09:23

Ja, das stimmt. Ich bezog es auf die Regelung durch den freien Markt.

Aber vielleicht geht es in der Tat nicht ganz ohne Verbote. :o
Pauschal lässt sich Verbote ja/nein nicht sagen, denke ich.

Andag007 03.08.2024 11:31

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753244)
.

Wir werden sehen, ob die Politik unserer Demokratien die Kraft hat, dagegen etwas auszurichten. Denn auch die Politik agiert in wesentlichen Teilen kurzfristig wie die Wirtschaft. Was zählt, ist nicht die Umwelt der Zukunft, sondern die nächste Wahl.

Arne, ich habe manchmal den Eindruck dass Du Dir eine andere Gesellschaftsform als unsere Demokratie wünschen würdest. Kann das sein?

tandem65 03.08.2024 17:51

China: Photovoltaik- und Windkraftkapazitäten überholen die Kohle.
Das Analyseunternehmen Rystad Energy prognostiziert sogar, dass die Photovoltaik bis 2026 Chinas wichtigste Energiequelle sein wird.

StefanW. 03.08.2024 19:30

Zitat:

Zitat von Andag007 (Beitrag 1753254)
Arne, ich habe manchmal den Eindruck dass Du Dir eine andere Gesellschaftsform als unsere Demokratie wünschen würdest. Kann das sein?

Ist das nicht eine bösartige Unterstellung, welche Du nicht belegen kannst?

Klugschnacker 03.08.2024 20:24

Zitat:

Zitat von Andag007 (Beitrag 1753254)
Arne, ich habe manchmal den Eindruck dass Du Dir eine andere Gesellschaftsform als unsere Demokratie wünschen würdest. Kann das sein?

Wenn ich mir einfach etwas wünschen dürfte, käme dabei eine demokratische Gesellschaft heraus. Diese Gesellschaft wäre demokratisch auch in Bereichen, wo unsere deutsche Demokratie nicht demokratisch ist.

Die Wirtschaft und die Eliten entziehen sich dem demokratischen Gemeinwohl. Das führt zu einer teilweise absurden und obszönen Ungleichheit in den Eigentumsverhältnissen und auch in der Macht. In einer gerechten und demokratischen Gesellschaft gibt es keine Milliardäre bei gleichzeitiger Kinderarmut. Aber das nur am Rande, wir sind ja im Klimathread.

Ich bin für die Demokratie als Gesellschaftsform, aber sie muss sich weiterentwickeln. In der jetzigen Form hat sie möglicherweise nicht die Kraft, den Aufgaben des Klimawandels gerecht zu werden. Und dem massenhaften Artensterben. Und der Vermüllung und Versauerung der Meere. Und dem unwiederbringlichen Verlust von Regenwäldern. Und der Plünderung von Ressourcen und Bodenschätzen.

Politikerinnen und Politiker, die alle vier Jahre zur Wahl stehen, können kaum Maßnahmen durchsetzen, welche die Wählerinnen und Wähler heute einschränken, aber künftigen Generationen zugute kommen. Hier ist ein Fehler im System.

Ein zweiter zeigt sich darin, dass die Politik kaum in der Lage ist, lenkend auf die Wirtschaft einzuwirken. Firmen wandern einfach ins Ausland ab, wenn sie dort die Umwelt billiger belasten dürfen als hierzulande. Noch beweglicher als Fabriken sind die Investitionen auf den globalen Finanzmärkten: Wenn Umweltverschmutzung kurzfristig Profite bringt, geht das Geld dorthin.

Beides schränkt die politische Macht erheblich ein. Ob die verbleibende Macht reicht, um die globalen Herausforderungen zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen zu stemmen, ist für mich fraglich. Deswegen wäre ich dafür offen, unsere Demokratie weiterzuentwickeln, damit sie die vor ihr legenden Aufgaben bewältigen kann.

keko# 03.08.2024 20:55

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753281)
Wenn ich mir einfach etwas wünschen dürfte, käme dabei eine demokratische Gesellschaft heraus. Diese Gesellschaft wäre demokratisch auch in Bereichen, wo unsere deutsche Demokratie nicht demokratisch ist.

....

Ein gutes Posting! (falls mir dieses Urteil zusteht).
Über 35 Jahre habe ich die Grünen gewählt, in der festen und überzeugten Hoffnung, dass dies letztendlich irgenwie reicht. Ich wurde längst ent-täuscht. Aber Ent-Täuschungen haben irgendwo auch etwas Gewinnbringendes.

(um Forenmissverständnisse vorzubeugen: das soll keinesfalls ein Grünen-Bashing sein :Blumen: )

Schwarzfahrer 03.08.2024 21:29

Zitat:

Zitat von Mo77:
Gibt aber auch sowas:
VW mit neuer Strategie: 60 Milliarden Euro für die Entwicklung von Verbrennern
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753244)
Hierzu würde mich die Meinung von Genussläufer und auch von Adept interessieren. Sie scheinen nach meiner Wahrnehmung die Position zu vertreten, dass der freie Markt das Klima retten wird – nicht aber Verbote.

Ich sehe da keinen Widerspruch. Elektroautos zu produzieren ist aktuell noch kein profitables Geschäft (Ford z.B. zahlt auf jedes verkaufte Elektroauto 30.000 € drauf). Um diese bauen zu können, um deren Verbreitung zu fördern (was ja VW weiterhin vorhat), muß man irgendwoher Gewinne generieren, die man hier investieren kann. Wenn aktuell noch mit Verbrennern Gewinne gemacht werden können, dann ist das doch ein Weg. Und neue Entwicklungen bei Verbrennern führen ja auch zu effizienteren Maschinen, die weniger verbrauchen und damit weniger CO2 ausstoßen - ein kleiner Beitrag ist besser als keiner.
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753244)
Nach meiner Überzeugung nimmt der Markt überhaupt keine Rücksicht auf die zukünftige Umwelt, denn sie taucht in keiner Bilanz auf. Relevant ist die Umwelt nur in Form der heutigen Preise als Ressource. Der Kohle- und Ölpreis haben Einfluss auf den Markt, nicht aber die dadurch verursachten Umweltschäden in der Zukunft. Gegen eine wirksame Einpreisung dieser Schäden wehrt sich die Wirtschaft mit Zähnen und Klauen, etwa durch die Drohung, in andere Länder abzuwandern.

Heutige Preise von Rohstoffen und heute bezahlten Preise für das Produkt lassen sich genau be- und verrechnen. Zukünftige Kosten und Einnahmen sind bestenfalls gute Schätzungen oder Annahmen, aber keine Basis für wirtschaftliche Kalkulation, um ein Betrieb profitabel zu betreiben - und profitable Betriebe können dauerhaft funktionieren.
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753244)
Wir werden sehen, ob die Politik unserer Demokratien die Kraft hat, dagegen etwas auszurichten. Denn auch die Politik agiert in wesentlichen Teilen kurzfristig wie die Wirtschaft. Was zählt, ist nicht die Umwelt der Zukunft, sondern die nächste Wahl.

Es ist nicht die Frage der Kraft, sondern der ARgumente: wie überzeugend ist der Gedanke, um eine Mehrheit zu bekommen.
Wenn der Begriff der Demokratie im Vordergrund steht, sollte der jeweilige Wählerwille die größte Rolle spielen. Wenn die Politik meint, etwas tun zu müssen, was dem Willen der Mehrheit nicht entspricht, muß sie entweder die Mehrheit überzeugen, oder sie wird nicht gewählt - oder sie muß sich von der Grundidee der Demokratie distanzieren.

Klugschnacker 03.08.2024 22:20

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1753284)
Es ist nicht die Frage der Kraft, sondern der ARgumente: wie überzeugend ist der Gedanke, um eine Mehrheit zu bekommen. Wenn der Begriff der Demokratie im Vordergrund steht, sollte der jeweilige Wählerwille die größte Rolle spielen. Wenn die Politik meint, etwas tun zu müssen, was dem Willen der Mehrheit nicht entspricht, muß sie entweder die Mehrheit überzeugen, oder sie wird nicht gewählt - oder sie muß sich von der Grundidee der Demokratie distanzieren.

Die politischen Beschlüsse sind ja da: Das Pariser Abkommen, das europäische und das deutsche Klimaschutzgesetz. Alles durch demokratisch gewählte Volksvertreter aufgesetzt, die den Volkswillen repräsentieren. Es sind demokratische Beschlüsse, die gelten.

Schwierig für unsere Demokratie ist die Umsetzung dieser Beschlüsse. Eine Demokratie macht nur dann Sinn, wenn demokratisch gefasste Beschlüsse auch umgesetzt werden können.

Die Wirtschaft ebenso wie der einzelne Bürger oder die einzelne Bürgerin kann sich jedoch den demokratisch gefassten Beschlüssen entgegenstellen: Gegen jedes einzelne Windrad kann jahrelang geklagt werden, auch wenn wir demokratisch beschlossen haben, im Zuge der Energiewende viele davon aufzustellen. Noch weit größer sind die Möglichkeiten der Wirtschaft, demokratische Beschlüsse zu unterwandern.

Schwarzfahrer 03.08.2024 22:46

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753286)
Die politischen Beschlüsse sind ja da: Das Pariser Abkommen, das europäische und das deutsche Klimaschutzgesetz. Alles durch demokratisch gewählte Volksvertreter aufgesetzt, die den Volkswillen repräsentieren. Es sind demokratische Beschlüsse, die gelten.

Sie gelten aktuell, soweit richtig. In einer repräsentativen Demokratie kann es aber immer passieren, daß die Beschlüsse der demokratisch gewählten Vertreter dem "Volkswillen" nicht gefallen. Daher ist der Schluß nicht zwingend richtig, daß die Beschlüsse demokratisch gewählter Poltiker den Volkswillen repräsentieren. (wie hat es Müntefering mal gesagt: es sei unfair, eine Partei in der Regierung an seinen Wahlversprechen zu messen - ich finde es nicht unfair, aber naiv).
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753286)
Schwierig für unsere Demokratie ist die Umsetzung dieser Beschlüsse. Eine Demokratie macht nur dann Sinn, wenn demokratisch gefasste Beschlüsse auch umgesetzt werden können.

Daß die Politik Beschlüsse auch gegen den Willen von vielen Menschen durchsetzen kann, zeigt sich immer wieder, seien es Steuererhöhungen oder sonstige unbeliebte Maßnahmen. Eine repräsentative Demokratie macht aber nur Sinn, wenn die Repräsentanten auch den "Volkswillen" treffen, oder sich zumindest nicht zu weit davon entfernen, egal wie gut sie es meinen. Die Beschlüsse müssen sich immer an ihrer Akzeptanz messen lassen, nicht allein an ihrer guten Absicht; es gibt keinen objektiven Maßstab für die Güte oder Richtigkeit von politischen Beschlüssen.
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753286)
Die Wirtschaft ebenso wie der einzelne Bürger oder die einzelne Bürgerin kann sich jedoch den demokratisch gefassten Beschlüssen entgegenstellen: Gegen jedes einzelne Windrad kann jahrelang geklagt werden, auch wenn wir demokratisch beschlossen haben, im Zuge der Energiewende viele davon aufzustellen. Noch weit größer sind die Möglichkeiten der Wirtschaft, demokratische Beschlüsse zu unterwandern.

"Unterwandern" klingt so tendenziös negativ. In einer Demokratie hat m.M.n. jeder das Recht, sich gegen Mehrheitsbeschlüsse zu äußern, und für seine Position zu werben. Und auf der Liste der möglichen Abwehrmaßnahmen hast Du die Möglichkeit vergessen, bei der nächsten Wahl eine andere Vertretung zu wählen.

Klugschnacker 04.08.2024 06:52

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1753289)
Sie [die Klimaschutzgesetze] gelten aktuell, soweit richtig.

Gut, dass wir uns da einig sind. Sie gelten seit 2015 (Paris) bzw. 2019 (Deutschland) und wurden 2021 vom Bundesverfassungsgericht ihn ihrer weitreichenden Gültigkeit bestätigt. Sie werden in Deutschland von allen Parteien außer der AfD anerkannt und unterstützt.

Das Problem bleibt die Umsetzung.

Genussläufer 04.08.2024 22:24

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753244)
Hierzu würde mich die Meinung von Genussläufer und auch von Adept interessieren. Sie scheinen nach meiner Wahrnehmung die Position zu vertreten, dass der freie Markt das Klima retten wird – nicht aber Verbote.

Hier liegt ein Missverständnis vor. Ich glaube nicht, dass der freie Markt das Klima retten wird. Ich glaube aber, dass ein Ignorieren des freien Marktes unsere Anstrengungen neutralisiert. Wir vergessen immer, was Bodenschätze in der Erde sind. Es sind Werte. Wer diese im eigenen Boden hat, wird diese irgendwann monetarisieren. Bei allen fossilen Energieträgeren, für die es einen weltweiten Markt gibt, gilt dies. Ein Förderer wird das Zeug also heute aus der Erde holen oder eben später, wenn er der Meinung ist, dass dann die Rendite größer ist. Die Extraktionskosten sind überschaubar. Du siehst das doch auch in Europa. Norwegen ist ein tolles Beispiel dafür. Wir feiern die, weil sie so sauber sind. Aber lassen sie das Öl oder das Gas unter dem Meeresboden? Nein.

Wir sehen seit Jahrzehnten eine sehr konstante Förderung der fossilen Energieträger. Das ist empirisch nachweisbar. Wenn wir nun vorangehen, schaffen wir nichts für das Klima. Es gibt andere Abnehmer. Mich amüsiert ein wenig die Argumentation, dass unser Beitrag so gering ausfiele, weil wir nur für 2% des globalen CO2 Ausstoßes verantwortlich sind. Unser Beitrag ist aber in der Realität Null. Das Zeug wird von anderen Nutzern gekauft.

Wir gewinnen nur etwas, wenn wir dafür sorgen würden, dass das Zeug im Boden bleibt. Dafür müssten wir entweder die Förderländer entschädigen und/oder ein globales Einkaufskartell errichten. Genau diese Gespräche führen wir aber nicht. Wir priorisieren andere Themen höher und vermeiden diese Gespräche auf Augenhöhe. Das ist eben genau das Gegenteil von grüner Politik.

Es ist völlig egal, ob wir mit einem Marktansatz oder mit Verboten scheitern. Fakt ist, dass wir so scheitern. Und dafür setzen wir eine Menge Wettbewerbsvorteil in den Sand.

Zitat:

Nach meiner Überzeugung nimmt der Markt überhaupt keine Rücksicht auf die zukünftige Umwelt, denn sie taucht in keiner Bilanz auf. Relevant ist die Umwelt nur in Form der heutigen Preise als Ressource. Der Kohle- und Ölpreis haben Einfluss auf den Markt, nicht aber die dadurch verursachten Umweltschäden in der Zukunft. Gegen eine wirksame Einpreisung dieser Schäden wehrt sich die Wirtschaft mit Zähnen und Klauen, etwa durch die Drohung, in andere Länder abzuwandern.
Es wird auch keine Möglichkeit geben, dass dies geschieht, wenn wir weiter in unserer unilateralen "Wir sind so fortschrittlich und geil" Blase schwimmen. Das wird nicht funktionieren.

Zitat:

Wir werden sehen, ob die Politik unserer Demokratien die Kraft hat, dagegen etwas auszurichten. Denn auch die Politik agiert in wesentlichen Teilen kurzfristig wie die Wirtschaft. Was zählt, ist nicht die Umwelt der Zukunft, sondern die nächste Wahl.
Hat sie nicht. Und hoffentlich geht der aktuellen Regierung schnell der Atem aus, dass man das Thema Klimaschutz mal ernsthaft priorisiert und damit aufhört in der Bubble den Weltmarkt zu ignorieren.

Ich stimme Dir in der Definition des Problems weitgehend zu. Dem von Dir - zumindest nehme ich das so wahr - präferierten unilateralen Lösungweg messe ich aber keinerlei Erfolgschancen bei :Blumen:

Andag007 04.08.2024 23:14

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753281)
Wenn ich mir einfach etwas wünschen dürfte, käme dabei eine demokratische Gesellschaft heraus. Diese Gesellschaft wäre demokratisch auch in Bereichen, wo unsere deutsche Demokratie nicht demokratisch ist.

Die Wirtschaft und die Eliten entziehen sich dem demokratischen Gemeinwohl. Das führt zu einer teilweise absurden und obszönen Ungleichheit in den Eigentumsverhältnissen und auch in der Macht. In einer gerechten und demokratischen Gesellschaft gibt es keine Milliardäre bei gleichzeitiger Kinderarmut. Aber das nur am Rande, wir sind ja im Klimathread.

Ich bin für die Demokratie als Gesellschaftsform, aber sie muss sich weiterentwickeln. In der jetzigen Form hat sie möglicherweise nicht die Kraft, den Aufgaben des Klimawandels gerecht zu werden. Und dem massenhaften Artensterben. Und der Vermüllung und Versauerung der Meere. Und dem unwiederbringlichen Verlust von Regenwäldern. Und der Plünderung von Ressourcen und Bodenschätzen.

Politikerinnen und Politiker, die alle vier Jahre zur Wahl stehen, können kaum Maßnahmen durchsetzen, welche die Wählerinnen und Wähler heute einschränken, aber künftigen Generationen zugute kommen. Hier ist ein Fehler im System.

Ein zweiter zeigt sich darin, dass die Politik kaum in der Lage ist, lenkend auf die Wirtschaft einzuwirken. Firmen wandern einfach ins Ausland ab, wenn sie dort die Umwelt billiger belasten dürfen als hierzulande. Noch beweglicher als Fabriken sind die Investitionen auf den globalen Finanzmärkten: Wenn Umweltverschmutzung kurzfristig Profite bringt, geht das Geld dorthin.

Beides schränkt die politische Macht erheblich ein. Ob die verbleibende Macht reicht, um die globalen Herausforderungen zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen zu stemmen, ist für mich fraglich. Deswegen wäre ich dafür offen, unsere Demokratie weiterzuentwickeln, damit sie die vor ihr legenden Aufgaben bewältigen kann.


Danke für Deine Erläuterung. Es freut mich, dass Du meine Frage so ernst genommen hast, wie sie auch gemeint war. Ich verstehe viele Deiner Punkte, nur gehört nicht eine freie Gesellschaft mit daraus resultierenden Entscheidungen, die eben nicht einem übergeordneten Ziel folgen, genau zu den Errungenschaften die eine Demokratie ausmacht? Vielleicht fehlt mir ja die Phantasie, aber ich wüsste kein Modell innerhalb einer Demokratie, welches es zulassen würde, dass selbstständige Unternehmer vorgeben wird, wo sie was produzieren bzw. wann sie wie auch immer ihren Standort oder Geschäftsmodell ändern dürfen. Gleiches gilt für Investoren, zumal wir da ja auch noch erschwerend über teils ausländisch Ansässige sprechen.

Und last but not least, wer entscheidet denn was das übergeordnete (nenne es gerne anders) „Ziel“ ist, welches diese Eingriffe zu lässt. Darf die Bevölkerung noch per Wahlen darüber abstimmen? Und was ist, wenn das Ergebnis genau das Gegenteil ergeben würde??

Sorry für OT, aber ich finde diesen Punkt schon sehr wichtig, damit wir nicht im „wünsch dir was“ enden. :Blumen:

Klugschnacker 05.08.2024 09:01

Zitat:

Zitat von Andag007 (Beitrag 1753348)
Ich verstehe viele Deiner Punkte, nur gehört nicht eine freie Gesellschaft mit daraus resultierenden Entscheidungen, die eben nicht einem übergeordneten Ziel folgen, genau zu den Errungenschaften die eine Demokratie ausmacht?

Nein. Die meisten Demokratien verfolgen durchaus übergeordnete Ziele. Darum geben sie sich eine Verfassung.

Im Unterschied zu normalen Gesetzen und Verordnungen sind die Artikel einer Verfassung weit schwerer durch eine demokratische Wahl zu ändern, etwa durch Zwei-Drittel-Mehrheiten. Ein Gesetz in die Verfassung zu schreiben bedeutet, sie dem Wählerwillen ein Stück weit zu entziehen.

Daneben gibt es noch weitere Schutzmechanismen, die die unmittelbare Macht der Wählerinnen und Wähler beschränken. Beispielsweise wählen wir Parlamente. Der Bundestag teilt sich wiederum die Macht mit dem Bundesrat.


Zitat:

Zitat von Andag007 (Beitrag 1753348)
Vielleicht fehlt mir ja die Phantasie, aber ich wüsste kein Modell innerhalb einer Demokratie, welches es zulassen würde, dass selbstständige Unternehmer vorgeben wird, wo sie was produzieren bzw. wann sie wie auch immer ihren Standort oder Geschäftsmodell ändern dürfen. Gleiches gilt für Investoren, zumal wir da ja auch noch erschwerend über teils ausländisch Ansässige sprechen.

Doch, solche Modelle kennst Du. Wir haben beispielsweise ein Lieferkettengesetz und Zölle. Die USA sind eine Demokratie und sagen den Autofirmen wie VW oder BMW klipp und klar, wo sie zu produzieren und wo sie einzukaufen haben, wenn sie auf dem amerikanischen Markt Fahrzeuge verkaufen wollen.

Ein viel stärkeres Beispiel sind jedoch die Zentralbanken wie die Europäische Zentralbank oder die Bundesbank. Dort wird der Leitzins festgelegt, was die weitreichendste wirtschaftspolitische Maßnahme überhaupt darstellt. Der Leitzins bestimmt, zu welchem Preis Firmen Kredite bekommen können.

Jetzt kommt’s: Die Zentralbanken unterliegen keinerlei politischer oder demokratischer Kontrolle. Niemand dort wird gewählt, und selbst der Kanzler hat dort überhaupt nichts zu melden. Die Stabilität unserer Währungen wird ganz bewusst dem Einfluss der Wähler und der Politik entzogen. Trotzdem sind wir eine Demokratie.

Die Stabilität der Währung stellt also ein der Demokratie übergeordnetes Ziel dar. Wenn wir wollten, könnten wir dieses Instrument klimapolitisch weiterentwickeln. Etwa, indem Kredite für klimafreundliche Investitionen günstiger, und solche für fossile Investitionen teurer werden. Trotzdem blieben wir eine Demokratie und wären keine Diktatur. – Das ist nur ein Beispiel für viele Dinge, die wir tun könnten.

Zitat:

Zitat von Andag007 (Beitrag 1753348)
Und last but not least, wer entscheidet denn was das übergeordnete (nenne es gerne anders) „Ziel“ ist, welches diese Eingriffe zu lässt.

Die Verfassung.

Zitat:

Zitat von Andag007 (Beitrag 1753348)
Darf die Bevölkerung noch per Wahlen darüber abstimmen? Und was ist, wenn das Ergebnis genau das Gegenteil ergeben würde??

Ja, das darf sie. Aber Verfassungsziele sind gegenüber Wahlen recht robust. Sonst könnten wir einfach per Wahl die Demokratie abschaffen. In ähnlicher Weise könnten wir nicht nur die Demokratie schützen, sonder auch unsere Lebensgrundlagen.

Ich wäre dafür offen, das Wahlrecht zu überdenken. Wir sind eine überalterte Gesellschaft mit sehr vielen älteren Menschen. Wir müssen aber heute über Entscheidungen abstimmen, die sich erst in 30 Jahren auswirken. Etwa die Abgase unserer Heizungen oder die teure Modernisierung der Bahn.

Wir sehen bereits heute, dass die Altersgruppe 18-30 deutlich mehr Klimaschutz wählt als die Altersgruppe 60-80. Die Alten sind bei uns aber in der Mehrheit. Das war früher nicht so. Die heute notwendige Weichenstellung für eine Zukunft, die mehrere Jahrzehnte entfernt liegt, ist eine neue Herausforderung für unsere Demokratie. Sie kann sich weiterentwickeln, indem sie dieser Situation Rechnung trägt. Beispielsweise könnte man Wählerstimmen gewichten: Junge Menschen haben 1.5 Stimmen, alte wie bisher 1 Stimme.

Das ist nur ein Beispiel. Ich bin Kompetent als Triathloncoach, aber nicht als Volkswirt oder Staatskundler. Auf welche Weise man unsere Demokratie weiterentwickelt, müssen schlauere Leute entwerfen. Ich sehe lediglich die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung.

Ich bin dagegen, unsere Demokratie und unser Wirtschaftssystem in ihrer heutigen Ausprägung per Dogma unverändert zu lassen, bis beide im Klimawandel den Heldentot sterben. Wir müssen uns gegen die fortschreitende Umweltzerstörung wehren. Das tun wir ja auch bei den inneren Feinden der Demokratie, Stichwort "wehrhafte Demokratie", indem wir Freiheitsrechte für die Feinde der Demokratie begrenzen. Das ist nicht undemokratisch, sondern notwendig. Beim Umweltschutz muss es genauso sein. Die Demokratie muss in die Lage versetzt werden, etwas gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen zu unternehmen.

Andag007 05.08.2024 09:42

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1753347)
Hier liegt ein Missverständnis vor. Ich glaube nicht, dass der freie Markt das Klima retten wird. Ich glaube aber, dass ein Ignorieren des freien Marktes unsere Anstrengungen neutralisiert. Wir vergessen immer, was Bodenschätze in der Erde sind. Es sind Werte. Wer diese im eigenen Boden hat, wird diese irgendwann monetarisieren. Bei allen fossilen Energieträgeren, für die es einen weltweiten Markt gibt, gilt dies. Ein Förderer wird das Zeug also heute aus der Erde holen oder eben später, wenn er der Meinung ist, dass dann die Rendite größer ist. Die Extraktionskosten sind überschaubar. Du siehst das doch auch in Europa. Norwegen ist ein tolles Beispiel dafür. Wir feiern die, weil sie so sauber sind. Aber lassen sie das Öl oder das Gas unter dem Meeresboden? Nein.

Wir sehen seit Jahrzehnten eine sehr konstante Förderung der fossilen Energieträger. Das ist empirisch nachweisbar. Wenn wir nun vorangehen, schaffen wir nichts für das Klima. Es gibt andere Abnehmer. Mich amüsiert ein wenig die Argumentation, dass unser Beitrag so gering ausfiele, weil wir nur für 2% des globalen CO2 Ausstoßes verantwortlich sind. Unser Beitrag ist aber in der Realität Null. Das Zeug wird von anderen Nutzern gekauft.

Wir gewinnen nur etwas, wenn wir dafür sorgen würden, dass das Zeug im Boden bleibt. Dafür müssten wir entweder die Förderländer entschädigen und/oder ein globales Einkaufskartell errichten. Genau diese Gespräche führen wir aber nicht. Wir priorisieren andere Themen höher und vermeiden diese Gespräche auf Augenhöhe. Das ist eben genau das Gegenteil von grüner Politik.

Es ist völlig egal, ob wir mit einem Marktansatz oder mit Verboten scheitern. Fakt ist, dass wir so scheitern. Und dafür setzen wir eine Menge Wettbewerbsvorteil in den Sand.



Es wird auch keine Möglichkeit geben, dass dies geschieht, wenn wir weiter in unserer unilateralen "Wir sind so fortschrittlich und geil" Blase schwimmen. Das wird nicht funktionieren.



Hat sie nicht. Und hoffentlich geht der aktuellen Regierung schnell der Atem aus, dass man das Thema Klimaschutz mal ernsthaft priorisiert und damit aufhört in der Bubble den Weltmarkt zu ignorieren.

Ich stimme Dir in der Definition des Problems weitgehend zu. Dem von Dir - zumindest nehme ich das so wahr - präferierten unilateralen Lösungweg messe ich aber keinerlei Erfolgschancen bei :Blumen:

Super erläutert. 👏👏 Es gibt in einem globalen Handel eben nicht „die Wirtschaft“ die wir als einzelnes Land global steuern können

qbz 05.08.2024 09:51

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753364)
Im Unterschied zu normalen Gesetzen und Verordnungen sind die Artikel einer Verfassung weit schwerer durch eine demokratische Wahl zu ändern, etwa durch Zwei-Drittel-Mehrheiten. Ein Gesetz in die Verfassung zu schreiben bedeutet, sie dem Wählerwillen ein Stück weit zu entziehen.

Daneben gibt es noch weitere Schutzmechanismen, die die unmittelbare Macht der Wählerinnen und Wähler beschränken. Beispielsweise wählen wir Parlamente. Der Bundestag teilt sich wiederum die Macht mit dem Bundesrat.

Ich möchte nur ergänzen, was nichts an den von Dir vertretenen übergeordneten Zielen der Verfassung ändert, dass Deine Ausführung speziell die deutsche Demokratie beschreibt. Die CH kennt die direkte Demokratie und Konkordanzdemokratie - da können Wähler Verfassungsinitiativen für Verfassungsabstimmungen ergreifen z.B., - im Unterschied zur repräsentativen wie DE oder die einer Präsidialdemokratie. Desweiteren scheint mir die Spanne zwischen Föderalismus (CH - 4 Amtssprachen z.B.) und Zentralismus (FR) sehr breit im Vergleich unter den demokratischen Ländern.

Was die Ausgangsfrage betrifft, die Begrenzung der Macht und Freiheit der Unternehmen durch übergeordnete Verfassungsziele, hat man in der Nachkriegszeit in DE noch etwas anders gedacht (wegen der Mitbeteiligung grosser Konzerne am Faschismus) wie heute im Neoliberalismus und im GG deswegen 1949 ganz weit vorne generell festgelegt:

Art. 14: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
oder in der Bayrischen Verfassung Art. 151: (1) Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl, insbesonders der Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle und der allmählichen Erhöhung der Lebenshaltung aller Volksschichten. (2) Innerhalb dieser Zwecke gilt Vertragsfreiheit nach Maßgabe der Gesetze.

Klugschnacker 05.08.2024 10:06

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1753347)
Wir gewinnen nur etwas, wenn wir dafür sorgen würden, dass das Zeug [fossile Brennstoffe] im Boden bleibt.

Das können wir erst, wenn wir keine fossilen Brennstoffe mehr benötigen, mit anderen Worten: Wenn die Energiewende geschafft ist.

Um das zu erreichen, müssen wir zuvor sehr viele Windräder und Solaranlagen in Betrieb nehmen und unserer Energieverbrauch deutlich senken. Außerdem muss die Wirtschaft und der Verkehr elektrifiziert werden. Erst danach können wir auf Kohle, Öl und Gas verzichten. Für andere Länder gilt dasselbe. Du sprichst von Schritt zwei, wir sind aber noch kaum bei Schritt eins.

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1753347)
Und hoffentlich geht der aktuellen Regierung schnell der Atem aus, dass man das Thema Klimaschutz mal ernsthaft priorisiert...

Eine Koalition unter Kanzler Merz würde demnach in höherem Tempo die Energiewende durchsetzen?

Und sein Finanzminister würde den Ölstaaten am Golf, außerdem Russland, China und den USA ihre gesamten Kohle-, Öl- und Gasvorkommen abkaufen, gemeinsam finanziert von einer Weltgemeinschaft?

Um die 600 Millionen Afrikaner, die noch nicht an ein Stromnetz angeschlossen sind, würde sich die CDU-Entwicklungshilfeministerin kümmern, weil deren fossile Brennstoffe ja weg sind?

Mir scheint, Du machst hier eine sehr unwahrscheinliche Utopie zur Voraussetzung für weiteren Klimaschutz. An der Spitze dieser Utopie wäre für Deutschland der siebzigjährige Privatflieger Friedrich Merz. Das wird eine zähe Kiste.

Genussläufer 05.08.2024 10:08

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1753382)
Art. 14: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
oder in der Bayrischen Verfassung Art. 151: (1) Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl, insbesonders der Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle und der allmählichen Erhöhung der Lebenshaltung aller Volksschichten. (2) Innerhalb dieser Zwecke gilt Vertragsfreiheit nach Maßgabe der Gesetze.

Nun ist aber jedes Unternehmen, dass Güter produziert oder Dienstleistungen erbringt in diesem Kreis inkludiert. Würden diese Güter nicht die Bedürfnisse der Käufer erfüllen, würden diese auch nicht gekauft werden. Und letztendlich kann ein Unternehmen nicht die ganze Gemeinschaft glücklich machen. Es muss Nischen definieren und diese bedienen. Damit dienen diese Unternehmen auch dem Allgemeinwohl.

Abgrenzen müsste man hier solche Geschichten wie Rentiers Dasein. Wobei auch hier das Geld in der Regel dem Kapitalmarkt zur Verfügung gestellt wird. Ein ganz deutliches Beispiel für fehlendes Allgemeininteresse wären Grundstückspekulationen, wo baufähige Grundstücke dem Markt künstlich entzogen werden.

In der Regel verdienen aber Unternehmen ihr Geld mit der Befriedigung von Bedürfnissen, die der von Dir eingebrachten Forderung des GG voll erfüllen.

qbz 05.08.2024 10:19

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1753386)
........
In der Regel verdienen aber Unternehmen ihr Geld mit der Befriedigung von Bedürfnissen, die der von Dir eingebrachten Forderung des GG voll erfüllen.

Da würden Dir wahrscheinlich sehr viele Mieter Argumente liefern, wo die Nutzung nicht dem Allgemeinwohl diente, wie auch das Ergebnis der Volksabstimmung in Berlin zur Vergesellschaftung der grossen Wohnungskonzerne zeigt oder der desöfteren angewandte absichtliche Verfall von Wohnungseigentum, der gesetzlich gestoppt worden ist. Nicht ohne Grund gibt es gerade in diesem Bereich sehr viele gesetzliche Regelungen, sowohl für die Vermieter wie die Mieter, weil eben ein nicht gesetzlich geregelter, komplett liberalisierter Markt nicht automatisch das Gemeinwohl berücksichtigt. Oder nimm die Arbeitsschutzbestimmungen.

Ähnlich gilt IMHO für den landwirtschaftlichen und forstlichen Bodenbesitz oder die Herstellung und den Verkauf von Waffen, Gefahrgütern, den Umweltschutz (hast Du den Abgasskandal schon vergessen?) etc.

Die Einteilung der Flächen in verschiedene Zonen und die jeweiligen Baubestimmungen z.B. begrenzen sehr, sehr stark die individuellen Eigentumsrechte.

Fazit: Sowohl die individuellen Bedürfnisse, welche die Unternehmen in Deinem Modell bedienen, stehen oft auch im Widerspruch zum Allgemeinwohl, wie auch das Streben nach Maximalprofit (Allmende-Dilemma), wo der Staat per Verfassung oder Gesetze regulieren muss.

Genussläufer 05.08.2024 10:20

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753385)
Das können wir erst, wenn wir keine fossilen Brennstoffe mehr benötigen, mit anderen Worten: Wenn die Energiewende geschafft ist.

Um das zu erreichen, müssen wir zuvor sehr viele Windräder und Solaranlagen in Betrieb nehmen und unserer Energieverbrauch deutlich senken. Außerdem muss die Wirtschaft und der Verkehr elektrifiziert werden. Erst danach können wir auf Kohle, Öl und Gas verzichten. Für andere Länder gilt dasselbe. Du sprichst von Schritt zwei, wir sind aber noch kaum bei Schritt eins.

Wir können aber diesen Weg mit den anderen Ländern im Gleichschritt gehen. Mehr verlange ich doch gar nicht.

Zitat:

Eine Koalition unter Kanzler Merz würde demnach in höherem Tempo die Energiewende durchsetzen?

Und sein Finanzminister würde den Ölstaaten am Golf, außerdem Russland, China und den USA ihre gesamten Kohle-, Öl- und Gasvorkommen abkaufen, gemeinsam finanziert von einer Weltgemeinschaft?
Wie Punkt eins gilt, dass wir kooperieren müssen. Klar ist das eine zähe Kiste. Aber ohne dem spielen wir Don Quijote. Wir zahlen viel und erreichen nix.

Zitat:

Um die 600 Millionen Afrikaner, die noch nicht an ein Stromnetz angeschlossen sind, würde sich die CDU-Entwicklungshilfeministerin kümmern, weil deren fossile Brennstoffe ja weg sind?
Die nutzen doch das wenigste davon. Allerdings könnten sie mehr davon nutzen, wenn wir es nicht mehr abnehmen. Und genau das werden sie tun.

Zitat:

Mir scheint, Du machst hier eine sehr unwahrscheinliche Utopie zur Voraussetzung für weiteren Klimaschutz.
Diese Utopie ist unwahrscheinlich. Ich würde ihr aber mehr Umsetzungswahrscheinlichkeit beimessen als die Idee vom autarken Europa auf Basis von Sonnen- und Windenergie.

Zitat:

An der Spitze dieser Utopie wäre für Deutschland der siebzigjährige Privatflieger Friedrich Merz. Das wird eine zähe Kiste.
Lassen wir mal den polemischen Verweis aufs Alter und auf die Vielfliegerei raus. Annalenchen scheint ja auch ganz gern zu fliegen ;)

Hier hast Du einen Punkt, den ich nicht abräumen kann. Ich sehe aktuell niemanden, der das Thema Klimaschutz wirklich massiv priorisiert und nicht anderen Themen unterordnet. Das ist bei der aktuellen Regierung auch der Fall. Nur kommt hier noch handwerkliches Unvermögen dazu. Das macht es doppelt ärgerlich.

Genussläufer 05.08.2024 10:24

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1753388)
Da würden Dir wahrscheinlich sehr viele Mieter Argumente liefern, wo die Nutzung nicht dem Allgemeinwohl diente, wie auch die Volksabstimmung in Berlin zur Vergesellschaftung der grossen Wohnungskonzerne zeigt oder der absichtliche Verfall von Wohnungen.

Hier sprichst Du ein echtes Problem an. Wobei ich hier die Politik als Grund und die Wohnungsunternehmen als Katalysator sehe. Die Politik verknappt durch ihre massiven Eingriffe in den Markt das Wohnungsangebot. Die Unternehmen geben das aus, was sie ausgeben können (ich gebe zu teilweise auch wollen). Sie können das, weil die Politik ihre Angebotsmacht künstlich verbessert. Das ist letztendlich nichts anderes als ein Ignorieren des Marktes.

Das Problem hätte sich irgendwann von allein gelöst, wenn der Anreiz zum Neubau dagewesen wäre. Die Übergangszeit ist natürlich schwierig. Aber dann ausgerechnet auf Instrumente zu greifen, die das Angebot langfristig weiter verschlechtert, macht wenig Sinn.

Andag007 05.08.2024 11:16

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753364)
Nein. Die meisten Demokratien verfolgen durchaus übergeordnete Ziele. Darum geben sie sich eine Verfassung.

Im Unterschied zu normalen Gesetzen und Verordnungen sind die Artikel einer Verfassung weit schwerer durch eine demokratische Wahl zu ändern, etwa durch Zwei-Drittel-Mehrheiten. Ein Gesetz in die Verfassung zu schreiben bedeutet, sie dem Wählerwillen ein Stück weit zu entziehen.

Daneben gibt es noch weitere Schutzmechanismen, die die unmittelbare Macht der Wählerinnen und Wähler beschränken. Beispielsweise wählen wir Parlamente. Der Bundestag teilt sich wiederum die Macht mit dem Bundesrat.




Doch, solche Modelle kennst Du. Wir haben beispielsweise ein Lieferkettengesetz und Zölle. Die USA sind eine Demokratie und sagen den Autofirmen wie VW oder BMW klipp und klar, wo sie zu produzieren und wo sie einzukaufen haben, wenn sie auf dem amerikanischen Markt Fahrzeuge verkaufen wollen.

Ein viel stärkeres Beispiel sind jedoch die Zentralbanken wie die Europäische Zentralbank oder die Bundesbank. Dort wird der Leitzins festgelegt, was die weitreichendste wirtschaftspolitische Maßnahme überhaupt darstellt. Der Leitzins bestimmt, zu welchem Preis Firmen Kredite bekommen können.

Jetzt kommt’s: Die Zentralbanken unterliegen keinerlei politischer oder demokratischer Kontrolle. Niemand dort wird gewählt, und selbst der Kanzler hat dort überhaupt nichts zu melden. Die Stabilität unserer Währungen wird ganz bewusst dem Einfluss der Wähler und der Politik entzogen. Trotzdem sind wir eine Demokratie.

Die Stabilität der Währung stellt also ein der Demokratie übergeordnetes Ziel dar. Wenn wir wollten, könnten wir dieses Instrument klimapolitisch weiterentwickeln. Etwa, indem Kredite für klimafreundliche Investitionen günstiger, und solche für fossile Investitionen teurer werden. Trotzdem blieben wir eine Demokratie und wären keine Diktatur. – Das ist nur ein Beispiel für viele Dinge, die wir tun könnten.



Die Verfassung.



Ja, das darf sie. Aber Verfassungsziele sind gegenüber Wahlen recht robust. Sonst könnten wir einfach per Wahl die Demokratie abschaffen. In ähnlicher Weise könnten wir nicht nur die Demokratie schützen, sonder auch unsere Lebensgrundlagen.

Ich wäre dafür offen, das Wahlrecht zu überdenken. Wir sind eine überalterte Gesellschaft mit sehr vielen älteren Menschen. Wir müssen aber heute über Entscheidungen abstimmen, die sich erst in 30 Jahren auswirken. Etwa die Abgase unserer Heizungen oder die teure Modernisierung der Bahn.

Wir sehen bereits heute, dass die Altersgruppe 18-30 deutlich mehr Klimaschutz wählt als die Altersgruppe 60-80. Die Alten sind bei uns aber in der Mehrheit. Das war früher nicht so. Die heute notwendige Weichenstellung für eine Zukunft, die mehrere Jahrzehnte entfernt liegt, ist eine neue Herausforderung für unsere Demokratie. Sie kann sich weiterentwickeln, indem sie dieser Situation Rechnung trägt. Beispielsweise könnte man Wählerstimmen gewichten: Junge Menschen haben 1.5 Stimmen, alte wie bisher 1 Stimme.

Das ist nur ein Beispiel. Ich bin Kompetent als Triathloncoach, aber nicht als Volkswirt oder Staatskundler. Auf welche Weise man unsere Demokratie weiterentwickelt, müssen schlauere Leute entwerfen. Ich sehe lediglich die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung.

Ich bin dagegen, unsere Demokratie und unser Wirtschaftssystem in ihrer heutigen Ausprägung per Dogma unverändert zu lassen, bis beide im Klimawandel den Heldentot sterben. Wir müssen uns gegen die fortschreitende Umweltzerstörung wehren. Das tun wir ja auch bei den inneren Feinden der Demokratie, Stichwort "wehrhafte Demokratie", indem wir Freiheitsrechte für die Feinde der Demokratie begrenzen. Das ist nicht undemokratisch, sondern notwendig. Beim Umweltschutz muss es genauso sein. Die Demokratie muss in die Lage versetzt werden, etwas gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen zu unternehmen.


Das ist leider in Teilen falsch. Eine Verfassung gibt den Rahmen und Spielregeln vor, aber keine Ziele. Kann sie auch gar nicht, da sich diese ja zum Teil relativ kurzfristig ergeben.

Ähnliches gilt für die Zinspolitik. Sie kann allenfalls lenken, aber ganz sicher nicht auf alle Handlungsweisen freier Unternehmen einwirken. Den Standort dann ggf. in die USA zu verlegen, liegt noch immer bei den Firmen selbst.

Und dass Du ausgerechnet die junge Wählerschaft als Argument heran ziehst wundert mich. Haben wir nicht vor kurzem bei der Europawahl gesehen, dass die Mehrheit derer genau das Gegenteil gewählt haben?!

TriVet 05.08.2024 11:25

Es wäre der Leserlichkeit sehr förderlich und außerdem viel höflicher, auf vollzitate zu verzichten, war mal Teil der netiquette…
Danke.

Klugschnacker 05.08.2024 11:55

Zitat:

Zitat von Andag007 (Beitrag 1753400)
Das ist leider in Teilen falsch. Eine Verfassung gibt den Rahmen und Spielregeln vor, aber keine Ziele. Kann sie auch gar nicht, da sich diese ja zum Teil relativ kurzfristig ergeben.

Informiere Dich bitte über Staatsziele. Sie stehen in der Verfassung. In Deutschland sind das unter anderem Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Sozialstaatlichkeit, Umweltschutz.

Klugschnacker 05.08.2024 12:58

Zitat:

Zitat von Andag007 (Beitrag 1753400)
Ähnliches gilt für die Zinspolitik. Sie kann allenfalls lenken, aber ganz sicher nicht auf alle Handlungsweisen freier Unternehmen einwirken.

Die Zentralbanken sind ein Beispiel für eine Machtstruktur innerhalb einer Demokratie.

Sie wachen über ein übergeordnetes Ziel (die Wertstabilität des Geldes) und sind genau aus diesem Grund dem Zugriff der Politik entzogen.

Ich brachte dieses Beispiel, weil Du der Ansicht warst oder bist, es sei eine Errungenschaft der Demokratie, dass sie keinen übergeordneten Zielen folge. Das ist aber falsch. Demokratien geben sich selbstverständlich übergeordnete Ziele.

Genussläufer 05.08.2024 13:15

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1753414)
Die Zentralbanken sind ein Beispiel für eine Machtstruktur innerhalb einer Demokratie.

Sie wachen über ein übergeordnetes Ziel (die Wertstabilität des Geldes) und sind genau aus diesem Grund dem Zugriff der Politik entzogen.

Jetzt wirst Du größenwahnsinnig ;) Das Ziel der EZB ist zumindest auf dem Papier tatsächlich die Aufrechterhaltung der Preissatibliltät. BOE oder vor alle die FED haben doch ein deutlich anderes Spektrum.

Aber auch bei der EZB muss man das in Frage stellen und Theorie und Praxis vergleichen. Mir scheint es, als würde man sich auch daran messen lassen, die Risikoaufschläge der einzelnen Länder durch gezielten Aufkauf von Anleihen zu manipulieren. Das deckt sich genau nicht mit der Unabhängigkeit der Notenbank.

Hinzu kommt eine erstaunliche Durchlässigkeit. Da kommt ein - zugegeben exzellenter - Goldman Sachs Manager und übernimmt die Führung der EZB. Kurze Zeit nach der Amtszeit wird er Premierminister in Italien.

Definierst Du so Unabhängigkeit?

qbz 05.08.2024 13:18

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1753392)
Das Problem hätte sich irgendwann von allein gelöst, wenn der Anreiz zum Neubau dagewesen wäre. ....


Innerhalb der städtischen Flächen kann nicht einfach beliebig Wohnraum gebaut werden und aus sozialpolitischen Erwägungen sollen auch niedrig Verdiener unter der städtischen Bevölkerung Wohnraum innerhalb akzeptabler Arbeitswege finden (sozial gemischte Strukturen in den Städten), weshalb der Staat da regulierend tätig sein muss.

Genussläufer 05.08.2024 13:34

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1753419)
Innerhalb der städtischen Flächen kann nicht einfach beliebig Wohnraum gebaut werden und aus sozialpolitischen Erwägungen sollen auch niedrig Verdiener unter der städtischen Bevölkerung Wohnraum innerhalb akzeptabler Arbeitswege finden (sozial gemischte Strukturen in den Städten), weshalb der Staat da regulierend tätig sein muss.

Da sind wir beieinander. Nur hat man mit der Mietpreisbremse das Angebot nochmals künstlich verknappt. Man kann zwar nicht beliebig bauen, aber Raum ist vorhanden. Man könnte auf die Spekulationsobjekte zurückgreifen, man könnte Flächen umwidmen, etc.

Das Spektrum an Möglichkeiten wäre größer und zielgenauer möglich gewesen, ohne die Anreize zum Investieren gen Süden zu schicken :Blumen:

qbz 05.08.2024 13:46

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1753421)
Da sind wir beieinander. Nur hat man mit der Mietpreisbremse das Angebot nochmals künstlich verknappt. Man kann zwar nicht beliebig bauen, aber Raum ist vorhanden. Man könnte auf die Spekulationsobjekte zurückgreifen, man könnte Flächen umwidmen, etc.

Das Spektrum an Möglichkeiten wäre größer und zielgenauer möglich gewesen, ohne die Anreize zum Investieren gen Süden zu schicken :Blumen:

Ohne Mietpreisbremse oder eine vergleichbare Mietregulation bei einem komplett freien Mietenmarkt könnten niedrig Verdiener, Studenten, Rentner, Arbeitslose die Wohnungen nicht mehr bezahlen und der Staat müsste über wachsende Zuschüsse die steigenden Renditen der Eigentümer mitfinanzieren.

Genussläufer 05.08.2024 13:49

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1753424)
Ohne Mietpreisbremse oder eine vergleichbare Mietregulation bei einem komplett freien Mietenmarkt könnten niedrig Verdiener, Studenten, Rentner, Arbeitslose die Wohnungen nicht mehr bezahlen und der Staat müsste über wachsende Zuschüsse die steigenden Renditen der Eigentümer mitfinanzieren.

Die Zuschüsse wären temporär gewesen. Jetzt reitet man sich deutlich tiefer in die Sch...
Es macht fast nie Sinn, den Preis zu manipulieren. Wenn muss man die Nachfrageseite stärken. Dann wird auch investiert. Und ein steigendes Angebot wirkt sich auch auf die Preise aus. So zementiert man das Problem. Das ergibt für mich wenig Sinn.

qbz 05.08.2024 14:00

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1753426)
.......
Es macht fast nie Sinn, den Preis zu manipulieren. Wenn muss man die Nachfrageseite stärken. Dann wird auch investiert. Und ein steigendes Angebot wirkt sich auch auf die Preise aus. So zementiert man das Problem. Das ergibt für mich wenig Sinn.

Wir drehen uns im Kreis.... Die Nachfrage übersteigt deutlich das Angebot, aber das Angebot wird in Städten nur selten die Nachfrage befriedigen, weil es sich um knappe Güter handelt, wie eingangs der Diskussion als Prämisse formuliert. Überlässt man jetzt die Regulation allein den Nachfrage-Angebot Mechanismen werden Wohnungen zu Luxusgüter für Reiche, obwohl sie existenznotwendige Güter sind.

Kein Mieter (und auch nicht die meisten Parteien) glauben, dass die staatlichen Zuschüsse nur temporär blieben, weil mit neuen Wohnungen die Mieten sinken sollen nach Deinem (FDP) Modell. In 50 Jahren Berlin (West) habe ich das in der Stadt noch nie erlebt. ;-) .

Genussläufer 05.08.2024 14:16

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1753427)
Kein Mieter glaubt, dass die staatlichen Zuschüsse nur temporär wären, weil mit neuen Wohnungen die Mieten sinken sollen nach Deinem (FDP) Modell. In 50 Jahren Berlin (West) habe ich das noch nie erlebt. ;-) .

Berlin West hatte das Problem, dass man territorial begrenzt war. In Summe gibt es in Berlin einiges, was nicht genutzt wird. Was ist mit dem Tempelhofer Feld? Man muss das nur entscheiden.

Es ist aber richtig, dass viele Metropolen ein nicht unbegrenzt wachsen können. Wie willst Du dann knappe Güter zuteilen, wenn der Preis nicht als Kriterium arbeiten darf? Parteibuch? Geschlecht? Rasse? Du weisst, worauf ich hinaus will. Der Preis hat Nachteile. Aber alle andere Zuteilungsmechanismen sind weitaus schlechter und haben sich in der Vergangenheit nicht bewährt. Mit dem Mietpreismodell sind die Schweden schon gescheitert.

Ich verstehe Deine Forderung nach bezahlbarem Wohnraum. Das funktioniert aber nicht, wenn die Kosten und die Anforderungen an den Bau so drastisch steigen. Wer soll da investieren?

Ich fand eine Quote an Sozialwohnungen bis dato immer noch die vernünftigste Lösung. Dann kann der Investor, dass an anderer Stelle überkompensierten. Das wäre in meiner Denke die zweitbeste Möglichkeit.

Dir ist sehr wohl bewusst, dass Du den Wohnungsbau mit Deinem Vorschlag abwürgst. Damit implizierst Du - bewusst? - eine Verstaatlichung des Wohnungsbaus. Und das Konzept ist einfach zu häufig schiefgegangen :Blumen:

keko# 05.08.2024 14:37

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1753432)
....
Es ist aber richtig, dass viele Metropolen ein nicht unbegrenzt wachsen können. Wie willst Du dann knappe Güter zuteilen, wenn der Preis nicht als Kriterium arbeiten darf? Parteibuch? Geschlecht? Rasse? ...

Naja, wir sind hier im Klimathread.

Aus dessen Sicht wäre eine Durchmischung der Städte erstrebenswert. Wer verkauft den Wohlhabenden ihre Nahrungsmittel? Wer säubert ihre Straßen? Wer pflegt die Bedürftigen und wo? usw usf.
Hast du Städte der Wohlabenden, produzierst du Pendelverkehr, oft von weit draussen. Oder kommt dann die Empfehlung an die Nichtbesitzenden, einen modernen Stromer zu kaufen oder stundenlang zu pendeln in Öffis?

:Blumen:

qbz 05.08.2024 14:43

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1753432)
Berlin West hatte das Problem, dass man territorial begrenzt war. In Summe gibt es in Berlin einiges, was nicht genutzt wird. Was ist mit dem Tempelhofer Feld? Man muss das nur entscheiden......

Meine Prämissen ("knappes Gut", "kein Nachfrage-Angebot-Mechanismus wie bei anderen Konsumgütern") gelten für die meisten Städte. Ich hätte auch Zürich nehmen, wählen können, wo ich aufgewachsen bin. Meine Schwester mit Mann wohnt(e) dort zum Glück in einer städtischen Wohnung. An der grundlegenden Situation (städtischer Wohnraum=knappes Gut) ändert auch ein Tempelhofer Feld (bebaut oder unbebaut) wenig.

Auch in Berlin (West) haben lange Zeit die städtischen Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften preisbildenden Einfluss ausgeübt, weil ihre Mieten in den Mietspiegel eingehen. Die Privatisierungswelle nach der Wende hat dem den Garaus gemacht und der Spekulation Tür und Tor geöffnet.

Wohnen in der Stadt darf kein Luxusgut werden. Deshalb wäre notwendig: Ein hoher Anteil an städtischem Wohnraum, Genossenschaften, sozialer Wohnungsbau in Verbindung mit verpflichtendem Mietenspiegel sorgen für angemessene Mieten. Städtische Kreditvergaben / Absicherungen sowie günstige Grundstücke für genossenschaftliche Neubauten mit Sozialanteil sorgen für preiswerte Wohnungen. (z.B. verweigerten die privaten Banken bei einem sehr grossen ökologischen Genossenschaftsprojekt (Möckernkiez) mit mehreren Wohnblöcken, wo sich ein Freund engagierte, weitere Kredite zum Weiterbau, solange die Mieten nicht höher angesetzt sind! Das wiederum wirkt sich negativ auf den Mietspiegel aus)

Genussläufer 05.08.2024 14:43

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1753434)
Naja, wir sind hier im Klimathread.

Aus dessen Sicht wäre eine Durchmischung der Städte erstrebenswert. Wer verkauft den Wohlhabenden ihre Nahrungsmittel? Wer säubert ihre Straßen? Wer pflegt die Bedürftigen und wo? usw usf.
Hast du Städte der Wohlabenden, produzierst du Pendelverkehr, oft von weit draussen. Oder kommt dann die Empfehlung an die Nichtbesitzenden, einen modernen Stromer zu kaufen oder stundenlang zu pendeln in Öffis?

:Blumen:

Und damit werden Dienstleistungen wieder teurer und die Attraktivität der Stadt nimmt ab. Du kommst auch hier nicht am Gleichgewicht von Angebot und Nachrage vorbei. Zumindest solltest Du Dir dessen bewusst sein.

Genussläufer 05.08.2024 14:48

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1753435)
Städtische Kreditvergaben / Absicherungen sowie günstige Grundstücke für genossenschaftliche Neubauten mit Sozialanteil sorgen für preiswerte Wohnungen. (z.B. verweigerten die privaten Banken bei einem sehr grossen Genossenschaftsprojekt (Möckernkiez), wo sich ein Freund engagierte, weitere Kredite zum Weiterbau, solange die Mieten nicht höher angesetzt sind! Das wiederum wirkt sich negativ auf den Mietspiegel aus)

Das ist doch aber klar, dass die Bank das fordert. Ich habe keine Upside und volle Downside. Damit verschlechtert sich das Risiko der Investition und muss sich entsprechend in der Kreditbewertung niederschlagen. Da treffen dann Wahrheit und Romantik aufeinander :Lachen2:

Zitat:

Auch in Berlin (West) haben lange Zeit die städtischen Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften preisbildenden Einfluss ausgeübt, weil ihre Mieten in den Mietspiegel eingehen.
Das sind alles bessere Modelle als die Mietpreisbremse. Du kennst die Berliner Szene besser. Denen müssen doch die Auswirkungen bei der Entscheidung bewusst gewesen sein. Warum hat man das trotzdem gemacht?

Ich hatte hierzu letztlich ein interessantes Gespräch mit einem mittelgroßen Investor in Berlin. Der meinte nur, dass es einige (Investorenseite) wirklich völlig überzogen haben. Dass nun aber "das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird" könne er nicht nachvollziehen.

Klugschnacker 05.08.2024 14:58

Ich verstehe den Zusammenhang zum Klima nicht.

qbz 05.08.2024 15:05

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1753438)
das sind alles bessere Modelle als die Mietpreisbremse. Du kennst die Berliner Szene besser. Denen müssen doch die Auswirkungen bei der Entscheidung bewusst gewesen sein. Warum hat man das trotzdem gemacht?

Die Investmentbanken haben sich im Rathaus die Klinke in die Hand gegeben und wollten alles kaufen / verkaufen, was der Stadt oder ihren Gesellschaften gehörte und schwarze Zahlen schrieb. Und die Politiker gehörten zu diesem Filz, egal ob SPD / CDU, mit eigenen Firmen, Posten usf.

keko# 05.08.2024 15:07

Zitat:

Zitat von Genussläufer (Beitrag 1753436)
Und damit werden Dienstleistungen wieder teurer und die Attraktivität der Stadt nimmt ab. Du kommst auch hier nicht am Gleichgewicht von Angebot und Nachrage vorbei. Zumindest solltest Du Dir dessen bewusst sein.

Würden wir das Klima ("die Natur" finde ich eigentlich einen besseren Begriff) in den Mittelpunkt stellen, müssten wir ganz anders agieren. So lange es das Geld ist, wird es nicht funktionieren.

Davon abgesehen: die Idee der lebenwerten Städte hat in den letzten Jahren deutliche Risse bekommen. Wohlhabende wollen den Bioladen ums Eck und das China-Restaurant und nicht die Döner-Bude und den Friseursalon. Steigende Preise führt zu letzterem und zu nicht lebenswerten Städten, sprich: Pendelei.


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 10:53 Uhr.

Powered by vBulletin Version 3.6.1 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2025, Jelsoft Enterprises Ltd.