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Schwarzfahrer 02.11.2020 22:23

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1562594)
Diejenigen, die sowieso seit Monaten die AHA-Regeln beachten, für die wird sich im Lockdown ohnehin kaum was ändern.

Das mag für viele stimmen. Für meinen behinderten Sohn ist es allerdings die totale Kappung jeglicher sozialen Kontakte außerhalb der Familie, da alle Veranstaltungen der Lebenshilfe, die eh erst im August-September so langsam wieder und selten stattfanden, abgesagt sind, und auch sonstige Freizeitgestaltung wegfällt (Kino, Schwimmbad, Konzert, Vereinsfeste, Sportverein). Ich finde es grausam, daß nicht mal ein gemeinsamer Sonntagsspaziergang möglich ist, und er, gerade in einem Alter, in dem man sich gerne von den Eltern emanzipieren möchte, mehr an uns gekettet ist, als je zuvor.
Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1562594)
...waren glaube ich drei oder vier mal in einem Lokal essen

Wir waren in dieser Zeit öfter auswärts essen, als je zuvor; Kantine gibt es im Home office nicht, zum Kochen reicht manchmal die Zeit nicht, und so konnten wir den gebeutelten Restaurants zumindest ein wenig helfen. Im Sommer meist draussen, seit es kälter wird, auch gerne drinnen.
Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1562594)
Die Frage (auf die ich auch nicht auf Anhieb eine Antwort weiß): ist der erneute Lockdown in der jetzigen Ausgestaltung als "Lockdown light" überhaupt zielführend oder ist es nur eine "Aliquid-fiat-Maßnahme"?

("Aliquid fiat" ist so ein Medizinjargon-Ausdruck, wenn man eine Maßnahme anordnet, die eigentlich nicht viel oder gar nichts bringt, aber die vor allem den Patienten beruhigen soll, der sieht, dass etwas passiert)

Ich tippe auf letzteres, wobei es zumindest auf mich eher gegenteilig wirkt, statt beruhigend. Aber egal wie es in vier Wochen aussieht, man wird Argumente für die Fortsetzung finden: wenn die Zahlen weiter steigen, muß es noch strenger werden, wenn sie sinken, dann weil man Erfolg hatte, also kann man den Lockdown immer als wirksam einschätzen.

LidlRacer 02.11.2020 22:27

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1562619)
Ich finde es grausam, daß nicht mal ein gemeinsamer Sonntagsspaziergang möglich ist

Natürlich ist "ein gemeinsamer Sonntagsspaziergang möglich", nur mit weniger Leuten.
Und das ist auch beides gut so.

deralexxx 02.11.2020 22:32

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1562619)
Aber egal wie es in vier Wochen aussieht, man wird Argumente für die Fortsetzung finden: wenn die Zahlen weiter steigen, muß es noch strenger werden, wenn sie sinken, dann weil man Erfolg hatte, also kann man den Lockdown immer als wirksam einschätzen.

Ich verstehe was du sagen willst, aber hat das Frühjahr nicht gezeigt, dass Einschränkungen sehr wohl (auch gerne) von der Politik wieder gelockert werden? Oder was bringt dich zu dieser Schlussfolgerung?

Die Einrichtungen haben doch recht deutlich gesagt, wo die Zahlen ca. sein müssen, damit wieder Fälle nachvollzogen werden können. Die grundlegende Strategie (Zahlen niedrig halten solange nachvollziehbar, wenn zu hoch dann andere Maßnahmen) ist doch nun schon Monate gleichbleibend.

LRG-Mitglied 02.11.2020 22:35

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1562592)
Wir haben November 2020. Von einer staatlichen Überwachung, die epochal im Jahr 2020 begonnen hätte, ist weit und breit nichts zu sehen.

Außerdem wird hier irreführend mit dem Begriff der Überwachung gespielt. Eine sinnvolle Erfassung bestimmter Daten anstelle einer Zettelwirtschaft ist keine Überwachung. Der Staat weiß bereits jetzt, wo Du wohnst, ob Du ein Auto fährst und was Du versteuern musst. Deine Bank kennt jeden Ort, an dem Du mit Karte bezahlt hast. facebooks Algorithmen kennen über den Dienst WhatsApp praktisch die gesamten privaten Mitteilungen Deiner Familie und Deiner Freunde und werden sie demnächst kommerziell auswerten. Es ist in meinen Augen etwas schräg, wenn Harari ausgerechnet die sinnvolle Erfassung von Bewegungsdaten, die nur und ausschließlich auf Deinem Handy gespeichert sind, als den Beginn der Überwachung identifiziert

So etwas auf Deutschland anzuwenden gehört für mich in den Bereich der Verschwörungstheorien.

Volle Zustimmung!

Übrigens: Auch im „normalen“ Leben brauchen wir Regeln, weil sonst die Gesellschaft nicht funktioniert. Wir müssen bei Rot anhalten und Steuern zahlen. Wir könnten diese Regeln auch abschaffen und alles auf freiwillige Basis umstellen. Würde nicht klappen. Genauso läuft es bei der Pandemiebekämpfung.

Schlafschaf 02.11.2020 22:37

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1562578)
Ich empfehle, sich die sehr gute Erklärung von Viola Priesemann, warum wir nicht nur wegen der Überlastung des Gesundheitssystems mit den Infektionszahlen runter müssen, mal anzuschauen:
https://www.ardmediathek.de/ard/vide...Dg3OGRhYTNiYTA (ab 14:23 Min.)

Coole Diskussion, danke fürs Teilen!

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1562592)
Wir haben November 2020. Von einer staatlichen Überwachung, die epochal im Jahr 2020 begonnen hätte, ist weit und breit nichts zu sehen.

Danke Arne, gut erklärt! Das sehe ich genauso!

Hafu 02.11.2020 22:47

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1562619)
Das mag für viele stimmen. Für meinen behinderten Sohn ist es allerdings die totale Kappung jeglicher sozialen Kontakte außerhalb der Familie, da alle Veranstaltungen der Lebenshilfe, die eh erst im August-September so langsam wieder und selten stattfanden, abgesagt sind, und auch sonstige Freizeitgestaltung wegfällt (Kino, Schwimmbad, Konzert, Vereinsfeste, Sportverein). Ich finde es grausam, daß nicht mal ein gemeinsamer Sonntagsspaziergang möglich ist, und er, gerade in einem Alter, in dem man sich gerne von den Eltern emanzipieren möchte, mehr an uns gekettet ist, als je zuvor.

Was ich von Schwimmbadschließungen halte, aber auch von Schließungen von Kulturveranstaltungen mit wissenschaftlich abgesichertem Hygienekonzept halte, habe ich ja schon in den vergangenen Tagen angedeutet. Für Theater und konzerte gab es bewährte Konzepte, die auch von Studien begleitet wurden. Solche Dinge zu verbieten ist Aktionismus,

Beschränkungen bei Festen und Feiern, Schließungen von Bars und Clubs machen aber andererseits angesichts der Zahlen und der Erfahrungen der vergangenen Wochen nichtsdestoweniger sinn, zumal man hier reihenweise Verstöße gegen geltende Hygienevorschriften in den vergangenen Wochen beobachtet hat und die dort hinterlassenen Daten im Falle von Konataktnachverfolgungen positiv getesteter personen in einem erschreckenden Ausmaß aus Fake-Adressen bestanden.

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1562619)
...Ich tippe auf letzteres, wobei es zumindest auf mich eher gegenteilig wirkt, statt beruhigend. Aber egal wie es in vier Wochen aussieht, man wird Argumente für die Fortsetzung finden: wenn die Zahlen weiter steigen, muß es noch strenger werden, wenn sie sinken, dann weil man Erfolg hatte, also kann man den Lockdown immer als wirksam einschätzen.

Die Zahlen werden auf jedem Fall sinken. Der Aufwärtstrend ist ja jetzt schon stark gebremst, wenn man die prozentualen Steigerungen der letzten 4-5 Tage hernimmt. Aber es wäre positiver (und für die Bevölkerung in einer liberalen Gesellschaft weitaus lehrreicher) wenn die Trendumkehr ohne solch massive Maßnahmen gelungen wäre.
Die Menschen müssen letztlich lernen, auf Dauer mit dem Sch...Virus zu leben und in einer Ausnahmesituation in der alles mögliche von Staats wegen verboten ist, lernt man nicht allzu viel.

Das ist wie wenn man als Übergewichtiger massiv abnehmen will und einem der Kühlschrankt zugesperrt wird und man plötzlich mehrere Wochen von außen kontrolliert keinerlei Zugang zu Süßigkeiten, Chips und ähnlicherm hat: man wird dabei ziemlich sicher messbar Gewicht verlieren, aber wenn anschließend der Zugang zum Kühlschrank und zu Snacks wieder freigegeben wird, ist es unwahrscheinlich, dass die Gewichtsreduktion von Dauer ist.

Klugschnacker 02.11.2020 23:06

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1562619)
Das mag für viele stimmen. Für meinen behinderten Sohn ist es allerdings die totale Kappung jeglicher sozialen Kontakte außerhalb der Familie, da alle Veranstaltungen der Lebenshilfe, die eh erst im August-September so langsam wieder und selten stattfanden, abgesagt sind, und auch sonstige Freizeitgestaltung wegfällt (Kino, Schwimmbad, Konzert, Vereinsfeste, Sportverein).

Das kann ich verstehen.

Vielleicht lassen sich bald, wenn sich alles etwas eingeregelt hat, epidemiologisch vertretbare Lösungen für behinderte Menschen finden, um solche Härten zu vermeiden oder abzumildern.

Ein schwacher Trost ist vielleicht der Umstand, dass der Lockdown um so kürzer zu werden scheint, je früher man ihn einsetzt. Vielleicht können wir mit dieser Erkenntnis das nächste mal früher und entsprechend kürzer gegensteuern.
:Blumen:

Klugschnacker 02.11.2020 23:25

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1562619)
Ich tippe auf letzteres, wobei es zumindest auf mich eher gegenteilig wirkt, statt beruhigend. Aber egal wie es in vier Wochen aussieht, man wird Argumente für die Fortsetzung finden: wenn die Zahlen weiter steigen, muß es noch strenger werden, wenn sie sinken, dann weil man Erfolg hatte, also kann man den Lockdown immer als wirksam einschätzen.

Wir haben halt nicht viel in der Hand gegen dieses Virus. Alles was wir tun können, ist, die Kontakte zu beschränken oder zuzulassen. Zwischen diesen beiden Polen wird sich alles abspielen, da hast Du sicher Recht.

Ich sehe in unseren Nachbarländern keine alternativen Konzepte, die auch bei uns funktionieren und tatsächlich einen Unterschied bei den leider notwendigen Kontaktbeschränkungen bedeuten würden.

Eine kleine, politisch aber vermutlich nicht diskussionsfähige Möglichkeit wäre eine digital besser unterstützte Nachverfolgung von Kontakten mit ansteckenden Personen. Für mich wäre das ein Fortschritt. Gegen einen exponentiellen Anstieg der infizierten Menschen ist aber auch das ein stumpfes Schwert. Es hilft wohl nur bei niedrigen Inzidenzen.

Adept 03.11.2020 00:23

Apropos Nachbarländer abschauen: Ich finde immer noch, dass man einiges von den asiatischen Ländern hätte abschauen/lernen können. Die besitzen reichlich Erfahrung durch ihre früheren Pademien und haben Corona ganz gut unter Kontrolle bekommen.

Dazu hätte man aber die Voraussetzungen schaffen müssen, zB. sich europaweit abstimmen, die Testkapazitäten erweitern, Personal aufstocken, usw. Genug Zeit wäre ja im Sommer gewesen.

Stattdessen gehen wir die ganzen Learnings selbst durch. Der Preis dafür ist ganz schön hoch. Naja, vielleicht kommen wir noch auf diese total verrückte Idee. ;)

Trimichi 03.11.2020 04:56

Zitat:

Zitat von tandem65 (Beitrag 1562610)
Oh ja, völlig flasche Diagnose.:Huhu:

1. meintest du falsche Diagnose? ;)
2. falls ja, ja, richtig, falsche Diagnose.:)


Das werden auch die Törrichten hier im Faden noch kapieren, eei unbesorgt. Ich will dann aber kein Gejammere hören. Von wegen "wenn wir das gewusst hätten" oder "warum hat uns niemand auf das Problem x oder das Problem y hingewiesen" usw.


Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1562576)
[Offtopic. Bitte bleibe beim Thema]

OK. :Blumen:

ThomasG 03.11.2020 06:42

Ich habe mir noch zweimal den Teil des Vortrages* angehört, in dem Prof. Drosten auf die Behauptung eingeht, der R-Wert wäre bereits vor dem ersten Lockdown abgeflacht.
Seinen Ausführungen konnte ich in Gänze nicht völlig folgen.
Das liegt auch daran, dass man die Grafiken, die er verwendete, als Zuschauer nur unzureichend betrachten kann.
Er sprach von Artefakten also scheinbaren Zusammenhängen.
Außerdem brachte er die zeitliche Veränderung der Testkapazität zur Sprache.
Für mich wirkt das so, als habe er auch das Argument verwendet, dass man über die Testzahl pro Zeiteinheit Einfluß nehmen kann darauf wie andere Werte sich verändern z.B. wie in der Betrachtung im Vortrag der R-Wert.
Drosten meinte sinngemäß etwa, es handle sich um einen "brachialen Fehler" der Leute, die eben argumentierten der R-Wert wäre bereits vor dem ersten Lockdown abgefallen.
Wenn ich das richtig intepretiert habe, kommt er aber doch eben genau zu dem selben Schluß nur nennt er das anders - nämlich Artefakt.
Ich habe den Part wie gesagt nur so umschrieben, wie ich ihn jetzt für mich inerpretiere.
Wer ihn anders bzw. vollständiger verstanden hat oder der Ansicht ist meine Interpretation ist ganz oder teilweise falsch, dem bin ich dankbar, wenn er was dazu schreibt.
Ich gaube nämlich nicht, dass ich mich so von mir aus nicht noch öfter mit den Passagen beschäftigen werde.
Den Appell an das Gewissen der Menschen (so habe ich da aufgefasst zumindest) fand ich beeindruckend und es ist sehr ehrenhaft das zu tun, wenn man sich entsprechende Sorgen macht.
Nicht so gut fand ich, dass er sein Urteil über Leute nach außen getragen hat, die er nicht mag, was ich absolut verstehen kann.
Ich hätte ganz starke Hemmungen Leute wie Drosten oder Wieler anzugehen und zu versuchen "über sie" beispielsweise eine Sammelklage anzuleiern.
Falls es aber so sein sollte, dass man einen anderen Weg einfach nicht sieht mit Ausicht auf Erfolg gezielt schlimme Missstände anzugehen, dann kann ich das nachvollziehen und in gewissem Rahmen auch sozusagen tolerieren.

*https://www.youtube.com/watch?v=q9EwA8w-jP8&t=1400s

FinP 03.11.2020 07:01

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1562639)
Nicht so gut fand ich, dass er sein Urteil über Leute nach außen getragen hat, die er nicht mag, was ich absolut verstehen kann.

Stell Dir folgende Situation vor:
Ein gewisser Herr Klugschnacker betreibt ein Triathlon-Forum. Da funktioniert alles prima.

Auf einmal steht der wichtigste Wettkampf auf Hawaii vor der Tür. Frodo, Kienle, Lang - selbst FreFu und die Raelert-Brüder in Bestform.
Arne wird in Talkshows eingeladen, berichtet immer wieder über diese tolle Sportart - erklärt, worauf es ankommt.

Auf einmal betreten nacheinander Waldemar Hartmann und Marcel Reif die Bühne und wundern sich öffentlich: Was, das kann doch kein Triathlon sein, die Athleten haben gar kein Gewehr dabei!

Arne erklärt geduldig: Hey, Du verwechselst das mit einer anderen Sportart.
Hartmann und Reif hören nicht zu, gestehen keinen Fehler ein und fangen dann an zu schwadronieren, dass Triathlon eine Erfindung von Arne sei, immerhin gäbe es kein Bier und keinen Schnee auf Hawaii.

Was meinst Du, was Arne von der Triathlon- (nicht Fußball-)Kompetenz von Reif & Co. hielte?

Edit: Sorry, Arne. Mir fiel keine andere Koryphäe für Triathlon-Berichterstattung ein.

Hafu 03.11.2020 07:24

Zitat:

Zitat von Adept (Beitrag 1562635)
... Ich finde immer noch, dass man einiges von den asiatischen Ländern hätte abschauen/lernen können. Die besitzen reichlich Erfahrung durch ihre früheren Pademien und haben Corona ganz gut unter Kontrolle bekommen.
...

Den Ansatz mag ich auch gerne, aber wenn man im Detail analysiert, dann ist es eben v.a. die Bevölkerung, die in den asiatischen Ländern (im Durchschnitt) anders agiert, als in Europa. Und das liegt sicher auch an der Erfahrung mit früheren Pandemien.

Das Tragen von Masken war in vielen asiatischen Ländern auch schon vor SARS-CoV-2 weit verbreitet, während es in Europa als unschick gilt, Mund und Nase zu bedecken und social distancing (dass man sich nicht die Hand gibt, Freunde und Bekannte nicht abbusselt) gehört dort auch zum normalen Verhalten.

Die starke Ausweitung der Tests hat Deutschland ja durchaus von Korea versucht zu kopieren. Und auch die Menge an Gesundheitsämtern sowie die personelle Ausstattung des RKI ist in Deutschland nicht so gut wie in vielen asiatischen Ländern, aber auf jeden Fall erheblich besser als in allen anderen europäischen Ländern und das ist vermutlich auch ein wichtiger Grund, warum wir im innereuropäischen Vergleich so gut dastehen.

Was wir nicht kopiert haben (und worüber man mit Recht streiten kann) ist die Nutzung von Tracking-Apps zur Pandemiebekämpfung und auch zur Überprüfung von angeordneten Quarantänemaßnahmen.

Wir schreiben den Datenschutz enorm groß und nehmen dafür in Kauf, dass tausende berufliche Existenzen vor die Hunde gehen, weil wir eben selbst 8 Monate nach Ausbruch der Pandemie bei ansteigenden infektzahlen uns nicht anders zu helfen wissen, als mit fast denselben Instrumenten (Lockdown) wie zu Beginn der Pandemie.

Schwarzfahrer 03.11.2020 07:54

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1562639)
Ich habe mir noch zweimal den Teil des Vortrages* angehört, in dem Prof. Drosten auf die Behauptung eingeht, der R-Wert wäre bereits vor dem ersten Lockdown abgeflacht....

Ich habe mir auch den ganzen Vortrag (aber nicht mehr die ganze Fragerunde danach) angeschaut. Entgegen einiger begeisterten Reaktionen hier war ich eher enttäuscht; so mancher Podcast-Text von Drosten war schlüssiger und nachvollziehbarer, auch wenn viel Richtiges und Vernünftiges hier dabei war. Thomas' Verständnisproblem bei der Erläuterung der Artefakte hatte ich auch; gelungene Erklärung für Laien ist anders; und ich verstehe schon einiges über Datenauswertung (ich will mal nicht unterstellen, daß es nur Nebelkerzen waren, auch wenn es ein wenig danach klang). Er hat auch die Chance vertan, die Diagramme zum Wellenbrechen soweit zu erklären, daß die Idee und die Auswirkungsmechanismen über ein Schlagwort hinaus klar werden. Als Eigentor werte ich die Begründung für den Lockdown (so ab Min. 20), mit dem Vergleich von Kurven für DE und Argentinien. Er zeigt, daß Argentinien bei steigenden Zahlen harte Maßnahmen traf - und die Zahlen trotzdem stiegen, und er begründet dies mit dem Winter dort - völlig nachvollziehbar. Der Schwenk dann, daß wir deswegen den Lockdown brauchen, weil jetzt Winter ist, finde ich aber komisch: wenn es in Argentinien die Zunahme nicht gebremst hat, warum sollte es hier mehr bringen?
Schließlich fand ich seine mehrfache weinerliche Medien-Schelte (klingt wie die "Lügenpresse") kindisch, wenn auch nach seiner Erfahrung verständlich, und sein Wunsch nach Übergehen von Datenschutz per Verordnung inhaltlich verständlich, im Stil aber befremdlich. Auch seine Ablehnung der angelsächsischen Bewertung über verlorene Lebensjahre teile ich keineswegs.

Fazit: dies ist für mich nicht der Vortrag von Drosten, der "Zweifler" überzeugen kann. Da hat er deutlich besseres schon produziert. Ich hatte auch den Eindruck, daß er müde wirkte, so wie er auch immer wieder in seinem Notizbuch den Faden suchte. [/quote]

craven 03.11.2020 07:55

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1562639)
Drosten meinte sinngemäß etwa, es handle sich um einen "brachialen Fehler" der Leute, die eben argumentierten der R-Wert wäre bereits vor dem ersten Lockdown abgefallen.
Wenn ich das richtig intepretiert habe, kommt er aber doch eben genau zu dem selben Schluß nur nennt er das anders - nämlich Artefakt.

Hi Thomas,
was Drosten mit den Artefakten beim R-Faktor meint, war in etwa das, was mit den Infektionszahlen am Wochenende passiert. Wenn man die täglich interpretiert, so kommt man zum Schluss, dass das Virus So und Mo immer eine Pause einlegt, dafür am Dienstag voll durchstartet. Der Grund liegt nicht am Virus, sondern am Messverfahren - auch Ämter und Labore wollen mal Wochenende machen. Dadurch entstehen Artefakte, die bspw durch eine 7-Tage-Glättung der Kurve entfernt werden können.

Ebensolches ist beim R-Faktor vorm Lockdown passiert. Durch den massiven Anstieg der Tests zuvor, welcher aber nicht aus dem R-Faktor herausgerechnet wurde, gab es eine Oszillation (ich glaube er hat es mit dem immensen Anstieg an Erkrankungen grafisch dargestellt). Es waren nicht spontan viel mehr Menschen erkrankt, sondern man hat sie eben erst durch die Testausweitung als krank identifiziert - wie bei uns am einem Dienstag, wenn plötzlich Kranke vom Wochenende "nachgemeldet" werden.


Wenn man sich nun die Mühe macht und diese Effekte, ausgelöst durch Veränderung der Testanzahl, herausrechnet, so sieht man, dass der R-Faktor eben NICHT vor, sondern DURCH den Lockdown gesenkt wurde.

Ich hoffe, das war halbwegs verständlich geschrieben - falls nicht liegts am fehlenden Kaffee ;) Dann muss ein anderer hier einspringen :Blumen:

Schwarzfahrer 03.11.2020 08:05

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1562624)
Natürlich ist "ein gemeinsamer Sonntagsspaziergang möglich", nur mit weniger Leuten.
Und das ist auch beides gut so.

"Nur zwei Hausstände": das ist mit behinderten Jugendlichen schon nicht erfüllbar, wenn sich nur zwei treffen wollen, da auch Betreuungspersonen dabei sein müssen. Eine Gruppe von Freunden schon gar nicht. Und diese Jugendlichen können oft weder schreiben, auch nur begrenzt sprechen - ihre persönlichen Kontakte sind digital nicht ersetzbar.
Zitat:

Zitat von deralexxx (Beitrag 1562626)
Ich verstehe was du sagen willst, aber hat das Frühjahr nicht gezeigt, dass Einschränkungen sehr wohl (auch gerne) von der Politik wieder gelockert werden? Oder was bringt dich zu dieser Schlussfolgerung?

Gerne? wie war es mit "Öffnungsdiskussionsorgien" von Merkel?
Zitat:

Zitat von deralexxx (Beitrag 1562626)
Die grundlegende Strategie (Zahlen niedrig halten solange nachvollziehbar, wenn zu hoch dann andere Maßnahmen) ist doch nun schon Monate gleichbleibend.

Stimmt, daß ich eins der größten Probleme: an einer Strategie festhalten, das eigentlich nicht so recht Erfolg hat. Wenn man ein Vorgehen, daß nur kurzfristige Effekte vorsieht, überhaupt als Strategie bezeichnen kann.
Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1562629)
Was ich von Schwimmbadschließungen halte, aber auch von Schließungen von Kulturveranstaltungen mit wissenschaftlich abgesichertem Hygienekonzept halte, habe ich ja schon in den vergangenen Tagen angedeutet. Für Theater und konzerte gab es bewährte Konzepte, die auch von Studien begleitet wurden. Solche Dinge zu verbieten ist Aktionismus,

Völlig einverstanden. Auch die Lebenshilfe hatte im September Veranstaltungen (Wald-Wanderungen, u.ä.), die weiterhin mit minimalem Risiko möglich sein müssten.
Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1562629)
Die Zahlen werden auf jedem Fall sinken. Der Aufwärtstrend ist ja jetzt schon stark gebremst, wenn man die prozentualen Steigerungen der letzten 4-5 Tage hernimmt. Aber es wäre positiver (und für die Bevölkerung in einer liberalen Gesellschaft weitaus lehrreicher) wenn die Trendumkehr ohne solch massive Maßnahmen gelungen wäre.

und es wird keiner mehr nachweisen können, daß es möglicherweise auch ohne Lockdown nicht ebenso passiert wäre...
Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1562629)
Die Menschen müssen letztlich lernen, auf Dauer mit dem Sch...Virus zu leben und in einer Ausnahmesituation in der alles mögliche von Staats wegen verboten ist, lernt man nicht allzu viel.

Sehr richtig.
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1562631)
Vielleicht lassen sich bald, wenn sich alles etwas eingeregelt hat, epidemiologisch vertretbare Lösungen für behinderte Menschen finden, um solche Härten zu vermeiden oder abzumildern.

Die Lösungen gibt es, man müsste sie nur zulassen. Immerhin darf er noch arbeiten gehen, bin gespannt, wann das auch verboten wird, weil ja für Politiker behindert wohl grundsätzlich Risikoperson bedeutet :(.

ThomasG 03.11.2020 08:13

Zitat:

Zitat von craven (Beitrag 1562651)
Hi Thomas,
was Drosten mit den Artefakten beim R-Faktor meint, war in etwa das, was mit den Infektionszahlen am Wochenende passiert. Wenn man die täglich interpretiert, so kommt man zum Schluss, dass das Virus So und Mo immer eine Pause einlegt, dafür am Dienstag voll durchstartet. Der Grund liegt nicht am Virus, sondern am Messverfahren - auch Ämter und Labore wollen mal Wochenende machen. Dadurch entstehen Artefakte, die bspw durch eine 7-Tage-Glättung der Kurve entfernt werden können.

Ebensolches ist beim R-Faktor vorm Lockdown passiert. Durch den massiven Anstieg der Tests zuvor, welcher aber nicht aus dem R-Faktor herausgerechnet wurde, gab es eine Oszillation (ich glaube er hat es mit dem immensen Anstieg an Erkrankungen grafisch dargestellt). Es waren nicht spontan viel mehr Menschen erkrankt, sondern man hat sie eben erst durch die Testausweitung als krank identifiziert - wie bei uns am einem Dienstag, wenn plötzlich Kranke vom Wochenende "nachgemeldet" werden.


Wenn man sich nun die Mühe macht und diese Effekte, ausgelöst durch Veränderung der Testanzahl, herausrechnet, so sieht man, dass der R-Faktor eben NICHT vor, sondern DURCH den Lockdown gesenkt wurde.

Ich hoffe, das war halbwegs verständlich geschrieben - falls nicht liegts am fehlenden Kaffee ;) Dann muss ein anderer hier einspringen :Blumen:

Das dürfte sehr gelungen sein :-)!
Vielen Dank :-)!
Beim ersten Lesen meine ich das meiste erfasst zu haben.
Heute Abend beschäftige ich mich länger mit Deinen Worten.

Danke :-)!

qbz 03.11.2020 09:22

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1562653)
"Nur zwei Hausstände": das ist mit behinderten Jugendlichen schon nicht erfüllbar, wenn sich nur zwei treffen wollen, da auch Betreuungspersonen dabei sein müssen. Eine Gruppe von Freunden schon gar nicht. Und diese Jugendlichen können oft weder schreiben, auch nur begrenzt sprechen - ihre persönlichen Kontakte sind digital nicht ersetzbar.
.......

Soweit ich das sehe, auf der Seite der Lebenshilfe Berlin, stellte diese die Angebote von sich aus ein, mit der Begründung:
"Viele Menschen mit Behinderung und Beeinträchtigung gehören zu den Risikogruppen, bei denen die Corona-Virus-Erkrankung kritisch verlaufen kann. Aus diesem Grund haben wir vorsorglich entschieden, folgende ausgewählte Angebote und Veranstaltungen eingeschränkt bzw. nicht stattfinden zu lassen."

Darunter fallen dann leider offenbar alle familienentlastenden Dienste, Freizeitangebote und Veranstaltungen wie Disco.

Meine Gedanken dazu wären für private Kontakte: Da Begleitpersonen dabei sein müssen, würde ich eventuell versuchen, offiziell mit dem Gesundheitsamt eine Ausnahme von der Haushalt-Kontaktobergrenze im Freien für private Kontakte zu besprechen. Oder einfach zu 4 mit MNS für die Begleitung privat losziehen, wäre das einfachste und würde ich tun. Sofern Ordnungsamt oder Polizei ermahnen, einfach auf die Notwendigkeit der Begleitperson verweisen. Das winken die allermeisten durch, denke ich mal.

Wären die Freizeitangebote in der Schule integriert, könnten sie ja stattfinden. Z.B. Schulschwimmen und Schulsport darf abgehalten werden, Vereinsschwimmkurse nicht. Könnte jetzt nicht die Schule in dieser Richtung etwas tun, evtl. in Kooperation mit Beschäftigten der Lebenshilfe, z.B. auch falls es erneut oder längerfristig pauschale Freizeiteinschränkungen gäbe.

Alle Gruppenangebote, die eine heilpadagogisch-therapeutische Zielsetzung haben und professionell betreut und über das SGB finanziert sind, dürfen meiner Ansicht nach weiterlaufen. Eine ähnliche Regelung sollte die Lebenshilfe bei Kindern und Jugendlichen für die sozialpädagogischen Kinder- Jugendlichen Freizeit-Angebote und den FED-Bereich für Jugendliche anstreben.

Eine engagierte Journalistin der Lokalpresse für das Problem interessieren, die darüber berichtet und bei Widerstand der Behörden (oder Lebenshilfe?) bei den Entscheidungsträgern nachhakt. Vor allem auch längerfristig, da ja niemand sagen kann, wie es mit den Einschränkungen und Verordnungen weitergeht.

Aber Du kennst Dich mit den Strukturen X-Mal besser aus als ich..... Vielleicht finden sich vor allem bei längerfristigen Einschränkungen Wege für euren Sohn, wofür ich Euch die Daumen drücke.

Ps.
In Berlin z.B. wurden Kinder bis 12 Jahre von jeder Kontaktobergrenze in der Freizeit ausgenommen, in Abweichung von den Bundesvorschlägen. D.h. die Bundesländer und sogar Landkreise können durchaus auch eigene Regeln und Ausnahmen beschliessen.

Schwarzfahrer 03.11.2020 09:47

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1562675)
Soweit ich das sehe, auf der Seite der Lebenshilfe Berlin, stellte diese die Angebote von sich aus ein, mit der Begründung:
"Viele Menschen mit Behinderung und Beeinträchtigung gehören zu den Risikogruppen, bei denen die Corona-Virus-Erkrankung kritisch verlaufen kann. Aus diesem Grund haben wir vorsorglich entschieden, folgende ausgewählte Angebote und Veranstaltungen eingeschränkt bzw. nicht stattfinden zu lassen."
Darunter fallen dann leider offenbar alle familienentlastenden Dienste, Freizeit. und Veranstaltungen wie Disco.

Genau: "vorsorglich entschieden" ist das Problem. Da in unserer Gesellschaft die Haftungsfrage immer weniger der Einzelperson zugetraut wird (Stichwort Eigenverantwortung), gehen solche Organisationen davon aus, daß ihnen die Eltern ggf. nicht sagen, daß ihr Kind ein Risiko hat, und dann fürchten sie Konsequenzen, wenn etwas passiert, darum machen sie lieber gar nichts. Wer nichts macht, macht keine Fehler :(. Dabei könnte m.M.n. man weiterhin Angebote machen, mit dem Vermerk: wer sein Kind als Risikoperson sieht, soll eben nicht kommen.
Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1562675)
Meine Gedanken dazu wären für private Kontakte: Da Begleitpersonen dabei sein müssen, würde ich versuchen, offiziell mit dem Gesundheitsamt eine Ausnahme von der Haushalt-Kontaktobergrenze im Freien für private Kontakte zu besprechen.

Wäre ich bei der Lebenshilfe, würde ich das tun. Aber für die Lebenshilfe kann ich es nicht, und die Verantwortlichen dort trauen sich sowas bei der aktuellen Angst-Lage nicht.
Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1562675)
Oder einfach zu 4 mit MNS privat losziehen, wäre das einfachste und würde ich tun.

Das tun wir schon. Aber auch für 25-jährige geistig behinderte Jugendliche ist nun mal etwas ohne die Eltern unternehmen zu können etwas ganz anderes. Hättest Du als 18-jähriger es toll gefunden, dich mit Deinen Freunden immer in Begleitung der Eltern zu treffen?
War vielleicht nicht klar: es sind unsere Kinder, aber keine Kinder mehr, auch wenn sie den Betreuungsaufwand eines Erstklässlers beanspruchen.
Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1562675)
Eine ähnliche Regelung sollte die Lebenshilfe bei Kindern und Jugendlichen für die sozialpädagogischen Kinder- Jugendlichen Freizeit-Angebote anstreben. Sie muss das mit dem Gesundheitsamt vereinbaren, dann wäre einiges möglich, nach meiner Ansicht und Erfahrung.

Sowas wird kaum versucht, da herrscht zu viel Angst um die Verantwortlichkeit. Im Sommer hat die Lebenshilfe bis August gebraucht, um erste Angebote zu machen.
Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1562675)
Eine engagierte Journalistin der Lokalpresse für das Problem interessieren, die darüber berichtet und bei Widerstand der Behörden (oder Lebenshilfe?) bei den Entscheidungsträgern nachhakt. Vor allem auch längerfristig, da ja niemand sagen kann, wie es mit den Einschränkungen und Verordnungen weitergeht.

Das wird sicher der nötige Weg sein, sollte sich meine Befürchtung bewahrheiten, daß sich der Staat auf eine Dauerpanik einrichtet. Ich möchte aber noch optimist sein, daß es demnächst doch immer mehr Menschen einleuchtet, daß es sinnlos ist, in dauernder Angst zu leben.

Adept 03.11.2020 10:00

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1562644)
Den Ansatz mag ich auch gerne, aber wenn man im Detail analysiert, dann ist es eben v.a. die Bevölkerung, die in den asiatischen Ländern (im Durchschnitt) anders agiert, als in Europa. Und das liegt sicher auch an der Erfahrung mit früheren Pandemien.

Das Tragen von Masken war in vielen asiatischen Ländern auch schon vor SARS-CoV-2 weit verbreitet, während es in Europa als unschick gilt, Mund und Nase zu bedecken und social distancing (dass man sich nicht die Hand gibt, Freunde und Bekannte nicht abbusselt) gehört dort auch zum normalen Verhalten.

Die starke Ausweitung der Tests hat Deutschland ja durchaus von Korea versucht zu kopieren. Und auch die Menge an Gesundheitsämtern sowie die personelle Ausstattung des RKI ist in Deutschland nicht so gut wie in vielen asiatischen Ländern, aber auf jeden Fall erheblich besser als in allen anderen europäischen Ländern und das ist vermutlich auch ein wichtiger Grund, warum wir im innereuropäischen Vergleich so gut dastehen.

Was wir nicht kopiert haben (und worüber man mit Recht streiten kann) ist die Nutzung von Tracking-Apps zur Pandemiebekämpfung und auch zur Überprüfung von angeordneten Quarantänemaßnahmen.

Wir schreiben den Datenschutz enorm groß und nehmen dafür in Kauf, dass tausende berufliche Existenzen vor die Hunde gehen, weil wir eben selbst 8 Monate nach Ausbruch der Pandemie bei ansteigenden infektzahlen uns nicht anders zu helfen wissen, als mit fast denselben Instrumenten (Lockdown) wie zu Beginn der Pandemie.

Ja, vielleicht ist das der Preis, den wir als freiheitsliebende, individuumzentrierte und datenschutzsensitive (westliche) Gesellschaft zahlen müssen, nämlich eine solche Pandemie nicht unter Kontrolle zu bekommen und damit "einfach" dauerhaft leben.

Wir werden sehen...

Stefan 03.11.2020 10:06

Zitat:

Zitat von Adept (Beitrag 1562697)
.....datenschutzsensitive (westliche) Gesellschaft ....

Ich erlebe (fast) nur Bürger, welche dem Staat gegenüber datenschutzsensitiv sind. Bezüglich Apple, Google, Amazon, Facebook..... sehe ich eher eine Sorglosigkeit. Diese Diskrepanz verstehe ich nicht.

Schwarzfahrer 03.11.2020 10:30

Zitat:

Zitat von Stefan (Beitrag 1562700)
Ich erlebe (fast) nur Bürger, welche dem Staat gegenüber datenschutzsensitiv sind. Bezüglich Apple, Google, Amazon, Facebook..... sehe ich eher eine Sorglosigkeit. Diese Diskrepanz verstehe ich nicht.

Da bin ich bei Dir. ich schätze, es liegt u.a. am diffusen, für viele wenig greifbarem Mißbrauchspotential, was diese Internetplattformen haben, gegenüber einer (eingebildeten) konkreten staatlichen Nutzung der Daten. Wobei mir das Mißtrauen dem Staat gegenüber hierzulande viele Jahre paranoid vorkam, da ich aus einem Land kam, wo dieses Mißtrauen viel besser begründet war. Allerdings haben die letzten Jahre auch bei mir zu langsam wachsenden Mißtrauen dem Staat gegenüber geführt.
Ansonsten fand ich die Idee gut, daß ein Lehrer mal alles, was über ein paar Schüler im Internet zu finden war, ausgedruckt ans schwarze Brett der Schule gehängt haben soll - da gingen alle auf die Barrikaden, daß sowas doch nicht geht. Eine solche Aktion kann die Augen des einen oder anderen öffnen.

Bei Corona fände ich eine App mit möglichst viel direkter Nachverfolgung oder die von Noam vorgeschlagene Lösung über den Personalausweis deutlich effektiver und damit sinnvoller, als die jetzige übervorsichtige, und damit wenig hilfreiche App.

aequitas 03.11.2020 10:44

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1562715)
Da bin ich bei Dir. ich schätze, es liegt u.a. am diffusen, für viele wenig greifbarem Mißbrauchspotential, was diese Internetplattformen haben, gegenüber einer (eingebildeten) konkreten staatlichen Nutzung der Daten. Wobei mir das Mißtrauen dem Staat gegenüber hierzulande viele Jahre paranoid vorkam, da ich aus einem Land kam, wo dieses Mißtrauen viel besser begründet war.

[...]

Bei Corona fände ich eine App mit möglichst viel direkter Nachverfolgung oder die von Noam vorgeschlagene Lösung über den Personalausweis deutlich effektiver und damit sinnvoller, als die jetzige übervorsichtige, und damit wenig hilfreiche App.

Etwa zu dem Thema habe ich vor einigen Seiten einen Kommentar aus der Zeit gepostet:

Allerdings hat das, was Corona uns als Gesellschaft aufgezwungen hat, gefährliche Unterströmungen, deren Auswirkungen wir jetzt noch gar nicht sehen können. Eine davon ist eben dieser Gewöhnungseffekt. Jetzt rettet er wahrscheinlich Menschenleben, aber wenn wir nicht aufpassen, könnte es sein, dass das Aussetzen von Grundrechten künftig einfacher wird. Die große Gefahr ist, dass wir beginnen, Grundrechtseinschränkungen wie Kontaktsperren und Ausgangsverbote, aber auch die offene Erwartung von Verhaltenskonformität zum grundsätzlich denkbaren Spektrum der Möglichkeiten zu zählen, mit denen auf akute Gefahrenlagen auch außerhalb von Pandemien reagiert werden kann.

Und genau diese beschriebenen Probleme sehe ich bereits jetzt: Misstrauen gegenüber anderen und Denunziantentum werden derzeit wieder gesellschaftsfähiger. Es ist plötzlich wieder akzeptiert, über bestimmte "Überwachungstechniken" nachzudenken. Dabei stellt sich die Frage, was passiert bei der nächsten Pandemie o.ä.? Was passiert, wenn die AfD Entscheidungsbefugnisse erhält?

Deshalb ist es umso wichtiger, dass das Infektionsschutzgesetz konkretisiert wird, da es offensichtlich nicht ausreichend/konkret genug für eine Pandemie wie Corona ist.

Adept 03.11.2020 10:48

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1562715)
Da bin ich bei Dir. ich schätze, es liegt u.a. am diffusen, für viele wenig greifbarem Mißbrauchspotential, was diese Internetplattformen haben, gegenüber einer (eingebildeten) konkreten staatlichen Nutzung der Daten. Wobei mir das Mißtrauen dem Staat gegenüber hierzulande viele Jahre paranoid vorkam, da ich aus einem Land kam, wo dieses Mißtrauen viel besser begründet war. Allerdings haben die letzten Jahre auch bei mir zu langsam wachsenden Mißtrauen dem Staat gegenüber geführt.
Ansonsten fand ich die Idee gut, daß ein Lehrer mal alles, was über ein paar Schüler im Internet zu finden war, ausgedruckt ans schwarze Brett der Schule gehängt haben soll - da gingen alle auf die Barrikaden, daß sowas doch nicht geht. Eine solche Aktion kann die Augen des einen oder anderen öffnen.

Bei Corona fände ich eine App mit möglichst viel direkter Nachverfolgung oder die von Noam vorgeschlagene Lösung über den Personalausweis deutlich effektiver und damit sinnvoller, als die jetzige übervorsichtige, und damit wenig hilfreiche App.

Die Datensensitivität bei Corona könnte dadurch begründet sein, dass es hier um sensible Gesundheitsdaten geht. Eine Corona-Infektion könnte als Stigma aufgefasst werden und das wollen die Leute nicht.

Lucy89 03.11.2020 10:53

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1562653)
"Nur zwei Hausstände": das ist mit behinderten Jugendlichen schon nicht erfüllbar, wenn sich nur zwei treffen wollen, da auch Betreuungspersonen dabei sein müssen. Eine Gruppe von Freunden schon gar nicht. Und diese Jugendlichen können oft weder schreiben, auch nur begrenzt sprechen - ihre persönlichen Kontakte sind digital nicht ersetzbar.

Sowas zu lesen tut mir sehr leid. Ich hoffe, dein Sohn hat zumindest in der Schule noch Kontakte. Wir wohnen in einem Wohngebiet neben einer Behinderten-Schule und ich finde es gerade tröstlich, dass die Kinder dort wie immer morgens ankommen, mittags draußen auf dem Spielfeld toben (klar, mit Maske) und letzte Woche wurde auch ganz viel Fahrradfahrtraining durch unser Wohngebiet gemacht.
Mir geht das Leid von Kindern und alten Menschen momentan leider zu nah, daher freue mich mich über alles, was irgendwie (fast) ist wie immer.

deralexxx 03.11.2020 10:53

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1562715)
Bei Corona fände ich eine App mit möglichst viel direkter Nachverfolgung oder die von Noam vorgeschlagene Lösung über den Personalausweis deutlich effektiver und damit sinnvoller, als die jetzige übervorsichtige, und damit wenig hilfreiche App.

100 %. Mit entsprechender Verbreitung der App könnte man so viele Einschränkungen lockern.

Aber auch in dieser Diskussion werden Bedenken (die teils sehr valide sind) aufgebracht, dass eine solche App und die erhobenen Daten natürlich Missbrauchspotential haben und auch in folgenden Jahren nach einer Pandemie ein Goldschatz sind.

Am Ende liegt der Ball wieder bei der Politik, die von uns gewählt ist, diese Abwägung der Risiken zu machen und im Sinne der Mehrheit und oder im Sinne der Verfassung und Gesetze zu entscheiden.

Bockwuchst 03.11.2020 11:10

Letzte Woche war es oft so, dass die offiziellen Zahlen vom RKI noch über den Worldometer Zahlen liegen. Heute ist es umgekehrt. RKI 15352, worldomerter 16240. Sieht mir nach Meldeverzug aus.
Trotzdem scheint es, als würde sich die Verbreitung nicht mehr ganz so beschleunigen. Ist aber wphl noch zu früh um das abschließend zu bewerten. Könnte schon langsam die Trendwende sein, wenn sich die Maßnahmen, die noch vor dem Lockdown getroffen wurden bemerkbar machen. Könnte aber genausogut an überlasteten Gesundheitsämtern liegen, die mit dem Melden nicht nachkommen. Oder an sich in Laboren stauenden Tests, weil die mit der Verarbeitung nicht nachkommen und zunehmend Materialenpässe haben. Kann man gerade nur spekulieren.

Schwarzfahrer 03.11.2020 11:22

Zitat:

Zitat von Adept (Beitrag 1562721)
Die Datensensitivität bei Corona könnte dadurch begründet sein, dass es hier um sensible Gesundheitsdaten geht. Eine Corona-Infektion könnte als Stigma aufgefasst werden und das wollen die Leute nicht.

Die Stigmatisierung ist unabhängig von den Daten bereits erfolgt, weil so viel über "Schuldigen" und "Verantwortungslosen" gesprochen wird, und "jeder hat es selbst in der Hand", u.s.w.; in den Köpfen bleibt offenbar nur, daß "wer sich infiziert hat, ist irgendwie selber schuld" und "der bringt uns die Pest an den Hals". Ich kenne Berichte von Leuten, die als erster Corona-Fall in der Gemeinde über Facebook an den Pranger gestellt wurden, und die dann damit leben mussten, daß sie von vielen gemieden werden. Wer möchte das schon? Normal erfahren Kranke eher Mitgefühl - hier passiert gerade das Gegenteil: man hat viel Mitgefühl mit den anonymen Kranken auf der Intensivstation, hackt aber auf den Infizierten rum, die man konkret kennt.
Und Gesundheitsdaten will ich auch nicht preisgeben; bei der App geht es aber primär um Zeit- und Standortdaten, die helfen können, und die man evtl. auch missbrauchen kann (aber diese Daten hat oft Google und Co sowieso).

Adept 03.11.2020 11:38

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1562731)
Die Stigmatisierung ist unabhängig von den Daten bereits erfolgt, weil so viel über "Schuldigen" und "Verantwortungslosen" gesprochen wird, und "jeder hat es selbst in der Hand", u.s.w.; in den Köpfen bleibt offenbar nur, daß "wer sich infiziert hat, ist irgendwie selber schuld" und "der bringt uns die Pest an den Hals". Ich kenne Berichte von Leuten, die als erster Corona-Fall in der Gemeinde über Facebook an den Pranger gestellt wurden, und die dann damit leben mussten, daß sie von vielen gemieden werden. Wer möchte das schon? Normal erfahren Kranke eher Mitgefühl - hier passiert gerade das Gegenteil: man hat viel Mitgefühl mit den anonymen Kranken auf der Intensivstation, hackt aber auf den Infizierten rum, die man konkret kennt.
Und Gesundheitsdaten will ich auch nicht preisgeben; bei der App geht es aber primär um Zeit- und Standortdaten, die helfen können, und die man evtl. auch missbrauchen kann (aber diese Daten hat oft Google und Co sowieso).

Wenn aber keiner seinen positiven Test in der App "veröffentlicht", bringt die App wiederum nichts. Da hätten wir wieder das Dilemma...

Passt eigentlich eher in den neuen Corona-App-Thread.

qbz 03.11.2020 11:42

Zitat:

Zitat von Adept (Beitrag 1562721)
Die Datensensitivität bei Corona könnte dadurch begründet sein, dass es hier um sensible Gesundheitsdaten geht. Eine Corona-Infektion könnte als Stigma aufgefasst werden und das wollen die Leute nicht.

Neben dem Aspekt der sensiblen Gesundheitsdaten sehe ich noch einen anderen:

Auf so einem Server liegen alle Kontakt- und alle Bewegungsdaten aller Bürger. Für alle Behörden, welche Straftaten aufklären wollen, ein Wunschtraum. Sie würden sich mit allen Mitteln intensivst bemühen, Gesetze zu bekommen, welche ihnen durch Richter abgesicherte Zugriffe.erlauben. Ebenfalls alle Geheimdienste (BND, Verfassungschutz) wollen natürlich darauf zugreifen. Wir sehen ja jetzt schon, dass Meldeadressen aus Polizeicomputern für rechtsextreme Droh- und Erpressermails benützt werden.

Dann könnte es passieren, dass z.B. ein unbeschultener Bürger, der in der Türkei Urlaub macht, dort verhört wird, weil er hier öfter in einem Dönerladen isst, der einem PKK-Mitglied gehört, wovon er nichts weiss. Oder jemand erhält keine Visa für die USA wegen der gespeicherten Kontaktliste. Das sind noch harmlose Varianten, schlimmer würde es im Falle einer autoritären.Regierungsmehrheit bzw. -koalition.

Hafu 03.11.2020 11:43



Dietmar Woidke (das ist der Typ in der Mitte) wurde heute positiv auf das Corona-Virus getestet. Sofern Andi Scheuer und Michael Müller die Warn-App installiert haben und Woidke sich entschließen sollte, sein Ergebnis in die App einzugeben, erhalten die Teilnehmer der BER-Eröffnung vor drei Tagen jetzt eine fette Warnmeldung hinsichtlich einer Risikobegegnung auf ihr Smartphone.

Und warum man mitten in einer Pandemie im Trump-Style auf die Maskennutzung pfeift (vermutlich weil es auf dem Erinnerungsfoto einfach soviel besser aussieht) und Sicherheitsabstände ignoriert ist natürlich auch ein Frage, die man -sofern man superkritisch sein will- stellen könnte...

gaehnforscher 03.11.2020 11:43

Zitat:

Zitat von aequitas (Beitrag 1562719)
Etwa zu dem Thema habe ich vor einigen Seiten einen Kommentar aus der Zeit gepostet:

Allerdings hat das, was Corona uns als Gesellschaft aufgezwungen hat, gefährliche Unterströmungen, deren Auswirkungen wir jetzt noch gar nicht sehen können. Eine davon ist eben dieser Gewöhnungseffekt. Jetzt rettet er wahrscheinlich Menschenleben, aber wenn wir nicht aufpassen, könnte es sein, dass das Aussetzen von Grundrechten künftig einfacher wird. Die große Gefahr ist, dass wir beginnen, Grundrechtseinschränkungen wie Kontaktsperren und Ausgangsverbote, aber auch die offene Erwartung von Verhaltenskonformität zum grundsätzlich denkbaren Spektrum der Möglichkeiten zu zählen, mit denen auf akute Gefahrenlagen auch außerhalb von Pandemien reagiert werden kann.

Und genau diese beschriebenen Probleme sehe ich bereits jetzt: Misstrauen gegenüber anderen und Denunziantentum werden derzeit wieder gesellschaftsfähiger. Es ist plötzlich wieder akzeptiert, über bestimmte "Überwachungstechniken" nachzudenken. Dabei stellt sich die Frage, was passiert bei der nächsten Pandemie o.ä.? Was passiert, wenn die AfD Entscheidungsbefugnisse erhält?

Deshalb ist es umso wichtiger, dass das Infektionsschutzgesetz konkretisiert wird, da es offensichtlich nicht ausreichend/konkret genug für eine Pandemie wie Corona ist.

Ist vllt. eine Henne-Ei Problem, mein Eindruck ist aber, dass das zum Teil vllt auch in folgendem Begründet ist:

Zitat:

Individualismus, verstanden als Unangepasstheit und Eigentümlichkeit, ist gut, faszinierend, interessant. Aber nicht, wenn er zu einem verengten Geisteszustand wird, der die Konsensfindung verunmöglicht. Der Individualismus hat den Horror kollektivistischer Ideologien überwunden. Dafür hat er uns in den Albtraum einer zersplitterten Gesellschaft geführt. Der blinde Drang nach unbedingter Selbstbestimmung kann auch in die Knechtschaft führen: in die Knechtschaft des Egos, in der man nur selbst Gesetz ist.
Ich halte Schwimmbadschließungen genauso wie das Aussetzen vieler anderer Sportangebote in der Theorie auch nicht für notwendig, wenn die entsprechenden Konzepte vernünftig umgesetzt werden. In der Praxis hat sich der Großteil hier trotz in den letzten Wochen verpflichtender Maskennutzung in den Umkleiden (bzw. bis zur Sportfläche) nicht einmal daran gehalten, weil man zu eitel ist sich an die eigene Nase zu fassen.

Wir waren eine der wenigen Gruppen, die beim Warten am Beckenrand, wo es zwangsläufig recht eng ist und man recht lang aufeinander hockt, trotzdem noch eine Maske genutzt haben. Klar hängt man im Becken tlw. auch mal kurz aufeinander, trotzdem reduzierts ja den "Kontakt" aufs "notwendigste".

Nach uns kam eine recht große Seniorengruppe, welche komplette 6 Bahnen nutzt mit entsprechend vielen Teilnehmern (20+). Die saßen schon 15 Minuten vor Trainingsbeginn fröhlich schnatternd ganz normal am Beckenrand (je nach Auslegung ja Teil der Sportfläche) beieinander, von 2-3 Teilnehmern abgesehen. "Wird ja eh bald alles wieder zugemacht". Ende letzter Woche konnte man dann belauschen, dass das doch ne Frechheit ist, dass Ihnen jetzt der Sport weggenommen wird, wo es doch Hygienekonzepte gibt und alles so super läuft. Ähnliches auch bei anderen jüngeren Trainingsgruppen bzw. wie ich gehört hab auch in anderen Sportarten/ Vereinen in meinem Bekanntenkreis.

So sehr wie mich das selber betrifft, habe ich mich deshalb sogar aktiv dagegen entschieden diese lustige Petition für den Amateursport zu unterzeichnen, die gerade rumgeht. Letztlich hat mans ja das letzte halbe Jahr schon probiert und im Schnitt hat es halt zu viele Leute nicht interessiert.

Eigenverantwortung ist eine tolle Sache, funktioniert aber halt auch nur, wenn alle ihren Teil beitragen und auch hier und da mal bereit sind sich selbst zurück zu nehmen und diese Verantwortung nicht nur auf sich selbst beziehen. Wir leben hier halt alle gemeinsam.

Die Frage ist also, was kommt zuerst: übertriebener Egoismus auf Kosten anderer oder die Personen, die sich daran stören? Extreme gibt es sicher in beide Richtungen.


Der Vollständigkeit die Originalquelle von obigem Zitat:
https://www.nzz.ch/feuilleton/indivi...b-global-de-DE

gaehnforscher 03.11.2020 11:51

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1562744)


Dietmar Woidke (das ist der Typ in der Mitte wurde heute positiv auf das Corona-Virus getestet). Sofern Andi Scheuer und Michael Müller die Warn-App installiert haben und Woidke sich entschließen sollte, sein Ergebnis in die App einzugeben, erhalten die Teilnehmer der BER-Eröffnung vor drei Tagen jetzt eine fette Warnmeldung hinsichtlich einer Risikobegegnung auf ihr Smartphone.

Und warum man mitten in einer Pandemie im Trump-Style auf die Maskennutzung pfeift (vermutlich weil es auf dem Erinnerungsfoto einfach soviel besser aussieht) und Sicherheitsabstände ignoriert ist natürlich auch ein Frage, die man -sofern man superkritisch sein will- stellen könnte...

Ich fand schon den Probebetrieb mit 4000 Personen vor 1-2 Wochen in der aktuellen Situation fragwürdig, wenn man bedenkt, dass alle anderen größeren Veranstaltungen untersagt sind und man versucht soweit möglich Kontakte zu reduzieren.

Es mag Zwecks Eröffnung wirtschaftliche und/oder rechtliche Gründe dafür geben und nach Eröffnung ist der durchlauf vermutlich wesentlich höher. Makaber war die Meldung trotzdem.

keko# 03.11.2020 11:51

Zitat:

Zitat von Stefan (Beitrag 1562700)
Ich erlebe (fast) nur Bürger, welche dem Staat gegenüber datenschutzsensitiv sind. Bezüglich Apple, Google, Amazon, Facebook..... sehe ich eher eine Sorglosigkeit. Diese Diskrepanz verstehe ich nicht.

Mir persönlich geht es um die Freiwilligkeit, unabhängig wer Hersteller einer App ist. Bei Apple, Google, Amazon, Facebook ist dies gegeben, ebenso bei der Corona-App. Von daher sehe ich das entspannt. Müsste ich Facebook mit mir rumtragen, wäre ich zunächst genauso skeptisch, wie wenn ich die Corona-App ständig am Laufen haben müsste. D.h. nicht, dass ich das grundsätzlich ablehne. Meinen Personalausweis muss ich ja auch bei mir tragen oder beim Fahren den Führerschein und während der Arbeitszeit mein Geschäftshandy.
:Blumen:

aequitas 03.11.2020 11:57

Zitat:

Zitat von gaehnforscher (Beitrag 1562746)
Die Frage ist also, was kommt zuerst: übertriebener Egoismus auf Kosten anderer oder die Personen, die sich daran stören? Extreme gibt es sicher in beide Richtungen.

Da erkenne ich tatsächlich keinen Zusammenhang, bezogen auf meinen von dir zitieren Ausgangspost. Mit dem Verweis auf den Kommentar wollte ich nur bei aller Lockdown-Euphorie darauf hinweisen, dass es sich dabei keinesfalls um leichtfertige Maßnahmen handelt und tiefergreifende Maßnahmen damit nicht plötzlich weniger eingreifend sind. Wir haben es aktuell mit schweren Eingriffen in die Grundrechte zu tun. Dies geschieht vor dem Hintergrund der laufenden Pandemie und können damit ggf. legitimiert werden (das entscheiden letztlich die Gerichte). Allerdings sollte man das nicht aus den Augen verlieren und möglicherweise langfristige Folgen diskutieren. Deshalb sollte u.a. das Infektionsschutzgesetz überarbeitet werden, da es offensichtlich nicht für eine Pandemie wie Corona geeignet war. In NRW wurde bspw. beschlossen, dass die pandemische Lage jeweils für zwei Monate beschlossen werden kann und daraufhin wieder neu im Parlament beschlossen werden muss. Ein derzeit langanhaltender Zustand von Grundrechtseinschränkungen war nie vorgesehen.

Wenn wir jetzt darüber diskutieren, dass die BRD ähnlich wie China Daten erheben soll, um selektiv Zugänge zu bestimmten Orten zu ermöglichen, dann finde ich eine Diskussion darüber durchaus angebracht. Käme nämlich eine andere Partei in Regierungsverantwortung, dann würde mein Vertrauen in die Politik sehr anders aussehen.

Hafu 03.11.2020 12:05

Zitat:

Zitat von gaehnforscher (Beitrag 1562746)
...
Nach uns kam eine recht große Seniorengruppe, welche komplette 6 Bahnen nutzt mit entsprechend vielen Teilnehmern (20+). Die saßen schon 15 Minuten vor Trainingsbeginn fröhlich schnatternd ganz normal am Beckenrand (je nach Auslegung ja Teil der Sportfläche) beieinander, von 2-3 Teilnehmern abgesehen. "Wird ja eh bald alles wieder zugemacht". Ende letzter Woche konnte man dann belauschen, dass das doch ne Frechheit ist, dass Ihnen jetzt der Sport weggenommen wird, wo es doch Hygienekonzepte gibt und alles so super läuft. Ähnliches auch bei anderen jüngeren Trainingsgruppen bzw. wie ich gehört hab auch in anderen Sportarten/ Vereinen in meinem Bekanntenkreis.
...

Ich glaube dir sofort, dass sich die Anekdote so zugetragen hat. Aber was lernt jetzt deine Seniorengruppe aus der vierwöchigen Schwimmbadschließung?

Glaubst, du dass sie mit ihrem Unverständnis, dass ihnen ihr Schwimmbad befristet weggenommen wird, nach dem "Mini-Lockdown" die Abstände und AHA-Regeln besser einhalten?

Ich glaube, so wie sich die Zahlen aktuell entwickeln, dass wir die befürchtete Überlastung des Gesundheitswesens wieder sehr gut vermeiden können (auch wenn die Zahl der Intensivpatienten sich gegenüber dem heutigen Stand zweifellos nochmal verdoppeln wird, denn die Leute die heute stationär aufgenommen werden, wurden in der Regel ja vor einer Woche positiv getestet.
Im Dezember haben sich die Zahlen dann soweit beruhigt, dass die Gesundheitsämter wie erhofft wieder Zugriff auf die Infektketten haben. Die Politiker werden sich auf die Schulter klopfen. Dann normalisiert sich das öffentliche Leben wieder ein Stück weit, Weihnachten und Silvester kommen, endlich wieder soziale Kontakte , die Skilifte öffnen wieder, der Weihnachtsurlaub wird 2020 so wichtig wie noch nie, weil ja der Herbsturlaub ausfallen musste... man kann das Gedankenexperiment immer weiter denken.

Ob diejenigen, die die Politik mit dem aktuellen Mini-Lockdown mit einer 75%igen Reduzierung ihrer sozialen Kontakte bestrafen wollte, in 4 Wochen wirklich etwas dazu gelernt haben, bezweifle ich.

Mikala 03.11.2020 12:15

Ich glaube nicht, dass der Mini-Lockdown die Infektionszahlen drückt.
In Frankfurt und Offenbach durften sich die letzten Wochen nur 5 (FFM) und 3 (OF) Menschentreffen, aber die Infektionen sind weiter gestiegen.
Viele Menschen halten sich einfach nicht daran. Fertig.

Helmut S 03.11.2020 12:23

Zitat:

Zitat von Mikala (Beitrag 1562755)
Viele Menschen halten sich einfach nicht daran. Fertig.

Richtig. Und sie tun das vor allem im private Bereich bei Freunden oder Familien nicht. Sie tun es in den Supermärkten oder in der S-Bahn - kurz in der Öffentlichkeit. Und: Die 60% oder 80% Zustimmung zu den Maßnahmen ist halt eine politische Zustimmung. Und wie der Spruch so schön geht: Gehört ist nicht gleich zugehört. Zugehört ist nicht gleich verstanden. Verstanden ist nicht gleich einverstanden. Einverstanden ist nicht gleich umgesetzt. Und dann die Hoffnung: "Ah ja ... dieses eine mal. Wird schon nix sein."

Fraglich ist halt, wieviel Prozent an non-compliance der Maßnahmenkatalog verträgt um trotzdem noch - wenigstens einigermaßen - wirksam zu sein. Was ist quasi der Wirksamkeits-break-even der Maßnahmen? Wenn sich mind. 80% daran halten? 60%? 50%? :Blumen:

Christian.like 03.11.2020 13:12

Bin heute eine kurze Ausfahrt an nem Fluss lang gefahren, etwa 10km in eine Richtung und da kam mir heut auch eine Rennradgruppe von 6 Leuten entgegen.

Das waren definitiv nicht zwei Haushalte gewesen.

Stefan 03.11.2020 13:21

Zitat:

Zitat von Christian.like (Beitrag 1562777)
...Das waren definitiv nicht zwei Haushalte gewesen.

Ne, die waren alle aus einem Haushalt. Waren nämlich 6 aus der 7er Radfahrer-WG. Hoffentlich hast Du gleich die Polizei gerufen.


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