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Klugschnacker 29.12.2018 19:23

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1427752)
Jetzt bin ich ziemlich abgeschwiffen, aber das erklärt vielleicht, warum mir Tugenden, die ich als christlich empfinde, einfach richtig gut finde.

Für uns war selbstverständlich, dass man andere kein Leid zufügt. Es war auch selbstverständlich sich gegenseitig zu helfen und beizustehen. Gab es Streit untereinander, ging es nicht darum den Schuldigen auszumachen, sondern darum wieder den Frieden herzustellen und einander besser zu verstehen, damit das nicht so schnell wieder vorkommt. Dahinter stehen für mich christliche Werte.

Ich sehe da eigentlich keinen engeren Bezug zu Göttern, Engeln, Teufeln, heiligen Geistern, Erbsünde oder ewigem Leben im Jenseits.

Menschen gibt es seit 200.000 Jahren. 99% davon haben sie ohne das Christentum verbracht. Dennoch haben sie in Gemeinschaften gelebt, haben miteinander kooperiert und Regeln des friedlichen Zusammenlebens geschaffen. Es handelt sich um zivilisatorische Errungenschaften, die wir überall finden, bei den Chinesen genauso wie bei den Indianern Nordamerikas. Mit dem Christentum hat das in meinen Augen wenig zu tun.

Wie schaut es mit christlichen Werten aus, die wir heute als negativ empfinden? Zum Beispiel der fortwährende Völkermord im Alten Testament. Die Steinigung unfolgsamer Kinder. Das Konzept von Gedankensünden und ewiger Strafen im Jenseits. Die gesellschaftliche Stellung von Frauen oder Sklaven. Das und vieles Mehr gehört auch mit ins Bild.

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1427752)
… ich denke Humanismus und christliche Wertvorstellungen passen schon ganz gut zusammen.

Ich sehe eher die Unterschiede. Im Humanismus geht es, einfach ausgedrückt, um die Verminderung von Leid durch die Anwendung von Vernunft. Im Christentum um den Gehorsam gegenüber göttlichen Geboten.

So testet Gott den Gehorsam von Abraham. Letzterem wird aufgetragen, seinen einzigen Sohn zum Zeichen seines (Abrahams) Gehorsams umzubringen. Dieser Befehl schallt aus einer sprechenden Wolke. Abraham macht sich sogleich ans Werk, seinen Sohn Isaac zu töten. Erst im letzten Moment wird er aufgehalten.

In jeder psychisch gesunden Gesellschaft gälte Abraham als gefährlicher Psychopath. Doch diese Legende steht für den unbedingten Glaubensgehorsam, der die höchste christliche, jüdische oder islamische Tugend darstellt. Ganz gleich, welches Leid damit verbunden ist. Das ist aus meiner Sicht ein tief sitzender Unterschied zum Humanismus.

Gemäß den Werten, die Dir als christliche Werte vorschweben, hätte Abraham die Ermordung seines eigenen unschuldigen Sohnes IN JEDEM FALL ablehnen müssen.
:Blumen:

ThomasG 29.12.2018 20:24

Gut Arne ich gebe gerne zu, dass ich meine eigene Definition von christlichen Verhaltensweisen oder Tugenden verwende.
Da es eine offizielle Lehre gibt im Christentum, die höchstwahrscheinlich zumindest in einigen Punkten von mir nicht als gut erachtet wird, ist es problematisch, wenn es darum geht mit anderen über das Christentum zu diskutieren.
Mir kommt es so vor, als würdest Du Dich schon arg mit dem Alten Testament auseinandersetzen und dort findet man meiner Vermutung nach den größten Teil der Verlautbarungen, die man kaum als gut einordnen kann, wenn man wert auf eine "Welt" legt, in der möglichst wenig Leid herrscht.
Die Menschen, die meine Mutter mag (und auch meine Schwester und ich mögen) und gerne zu Freunden hat oder hätte, das sind auf keinen Fall Leute, die grausame Bestrafungen wollen und blinde Unterwerfung.
Ich habe durchaus in meinem Leben einige Menschen erlebt und kennengelernt, die ziemlich religiös sind und in deren Leben die Kirche bzw. der Glaube eine sehr wichtige Stelle einnimmt.
Das sind Leute, die sich an so schönen Gleichnissen, wie die vom verlorenen Sohn (https://de.wikipedia.org/wiki/Verlorener_Sohn), dem verlorenen Schaf (https://de.wikipedia.org/wiki/Verlorenes_Schaf) und dem verlorenen Groschen (https://de.wikipedia.org/wiki/Verlorener_Groschen) orientieren.
Diese stammen, so hoffe ich doch sehr, von Jesus und diesen Jesus finde ich großartig.

"Im Gleichnis erzählt Jesus von einem Hirten, der hundert Schafe hat und eines davon verliert. Er lässt die 99 anderen Schafe zurück und macht sich auf die Suche nach dem einen verlorenen. Als er es gefunden hat, lädt er seine Freunde und Nachbarn ein, sich mit ihm zu freuen.

Der Schlusssatz, der die Lehre oder Konsequenz des Textes zum Ausdruck bringen soll und wohl ein redaktioneller Zusatz der jeweiligen Verfasser der Evangelien ist, fällt in den beiden kanonisch überlieferten Fassungen unterschiedlich aus: Während Lukas die Freude über die Umkehr des Sünders betont, die größer sei als jene über neunundneunzig Gerechte, die nicht umzukehren brauchen, erklärt Matthäus das Gleichnis als Ausdruck für den Willen des himmlischen Vaters, dass kein einziger der „Kleinen“ verloren gehe."

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Verlorenes_Schaf

"Das Gleichnis bildet den Abschluss und Höhepunkt einer Reihe von drei Gleichnissen „vom Verlorenen“, die der Evangelist Lukas zusammengestellt hat.[1] Die beiden anderen Gleichnisse vom verlorenen Schaf (Lk 15,3–7 EU) und vom verlorenen Geldstück (Lk 15,8–10 EU) vergleichen das Reich Gottes ebenfalls mit einer Person, die große Freude über das Wiederfinden eines zuvor verlorenen wertvollen Gutes empfindet. Die entsprechende Rolle nimmt hier der „Vater“ ein, der seinen Sohn zurückgewinnt. Die Reihe soll den Vorwurf der Pharisäer und Schriftgelehrten gegen Jesus entkräften, er verkehre unerlaubterweise mit „Sündern und Zöllnern“ (Lk 15,1–3 EU). Diese werden hier durch den verlorenen Sohn repräsentiert, während die Kritiker Jesu sich in der Rolle des beim Vater verbliebenen „älteren Sohns“ wiederfinden.[2] Ziel der Darstellung ist die Betonung der besonderen Hinwendung Gottes sowie Jesu selbst zu den „Verlorenen“. Mit diesem Thema „Verlorengehen“ und „Wiedergefundenwerden“ als Metapher für das Verhältnis zwischen Gott und Israel nehmen die drei Gleichnisse ein wesentliches Motiv des Lukasevangeliums auf. Die Einheit mit Gott als dem Vater wird als das eigentliche Lebensziel beider Söhne dargestellt. "

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Verlorener_Sohn

"Im Fokus steht die unermüdliche Suche der Hauptfigur und ihre anschließende Freude über den Fund des verlorenen Geldstücks. Genauso wird sich Gott über einen Sünder freuen, der seinen falschen Weg verlässt und zu ihm zurückkehrt. Obwohl hier die Frau die einzige handelnde Figur ist, wird das Gleichnis ähnlich wie die anderen beiden Gleichnisse vom Verlorenen oft als Aufruf zur Umkehr gedeutet, auch weil der Text diese Deutung ausdrücklich nahelegt. Doch wird in diesem Gleichnis stärker als in den Parallelgleichnissen deutlich, dass das Wiederfinden allein von Gott ausgeht: Die Münze ist völlig passiv und kann nichts zu ihrem Gefundenwerden beitragen, sie verdankt es nur dem geduldigen und ausdauernden Suchen der Eigentümerin.[1]

Die Betonung der beharrlichen Suche der Frau nach der verlorenen Münze hat manche Kommentatoren bewogen, für die Bezeichnung „Gleichnis von der suchenden Frau“ zu plädieren.[2] Sie zeigt Gott als jemanden, der sich intensiv um den verlorenen Menschen bemüht und ihn mit allen Mitteln zurückgewinnen will. Da Jesus durch dieses Gleichnis sein eigenes Handeln gegenüber sozial ausgegrenzten „Verlorenen“ seiner Gesellschaft erläutert, hebt er damit auch den Wert hervor, den er diesen Menschen beimisst und den jeder Mensch für Gott besitzt.[3]

Aus dem Kontext ergibt sich, dass Jesus alle drei Gleichnisse den Pharisäern und Schriftgelehrten erzählt, nachdem diese daran Anstoß genommen haben, dass er mit Sündern Gemeinschaft hatte (15,1-3 EU). Wie in den anderen lukanischen Gleichnisversionen tauchen auch hier Dritte auf, die sich mit der Frau über das Wiedergefundene mitfreuen. Die Frage ist also auch, ob dritte Beobachter sich über die Rückkehr des Verlorenen freuen und damit Teil des Himmelreichs werden, von dem das Gleichnis spricht, oder ob sie sich dieser Freude gegenüber verschließen und dadurch vom Gottesreich ausschließen.[4]

Auffällig ist schließlich auch die Tatsache, dass in diesem Gleichnis eine weibliche Protagonistin problemlos für Gott stehen kann.[5]"

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Verlorener_Groschen

Klugschnacker 29.12.2018 21:43

Ja, die Geschichte von einem Elternteil, das sich über die Heimkehr eines Kindes freut, kann vermutlich jeder nachvollziehen. Eltern lieben in aller Regel ihre Kinder. Es ist keine Besonderheit des Christentums.

Die eigentliche Message kommt für mein Gefühl im Subtext daher: Zurück zur Herde laufen ist gut, seinen eigenen Weg zu suchen ist schlecht. Es sei eine Verfehlung, eine Form des Scheiterns. Etwas, das der Läuterung und Vergebung bedürfe. Es gäbe nur einen rechtschaffenen und Glück verheißenden Weg, und der führe über den Gott der Christen.

Erst durch diese Bedeutung wird das Gleichnis religiös. Ohne sie handelt es sich um eine banale Erzählung eines Menschen, der sein eigenes Leben, seine eigenen Wege gefunden hat (oder auch nicht), und nun seine Eltern besucht.

Subtil wird einem untergeschoben, was gut und was böse sei. Oft ist das aber nicht so klar und einfach. Das geht schon bei der Vertreibung aus dem Paradies los. Offenbar hat Eva da einen schweren Fehler gemacht, als sie in den Apfel biss. Jedoch: Ohne sie säßen wir immer noch in diesem gräßlichen Paradies fest.
:Blumen:

Klugschnacker 29.12.2018 22:01

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1427760)
Wie schaut es mit christlichen Werten aus, die wir heute als negativ empfinden? Zum Beispiel der fortwährende Völkermord im Alten Testament. Die Steinigung unfolgsamer Kinder. Das Konzept von Gedankensünden und ewiger Strafen im Jenseits. Die gesellschaftliche Stellung von Frauen oder Sklaven. Das und vieles Mehr gehört auch mit ins Bild.

Bitte entschuldigt, dass ich mich selbst zitiere. Ich möchte noch kurz auf das Gebot oder die Anweisung eingehen, das eigene oder ein fremdes Kind zu steinigen. Wie muss man sich das im Detail vorstellen?

Das Kind oder der Jugendliche wird dabei gefesselt und bis zur Hüfte (bei Mädchen: bis zum Hals) eingegraben. Danach wird das Kind gemeinschaftlich mit schweren Steinen beworfen. Das Kind wird dabei fortwährend um Hilfe schreien und um Gnade flehen.

Die ersten Treffer der Steine werden das Kind in aller Regel nicht töten. Stattdessen wird es verletzt und weiter der eigenen Hinrichtung beiwohnen. Vielleicht mit einem eingeschlagenen Gesicht oder großen Wunden am Hinterkopf. Es wird vor Angst und auch vor Schmerzen schreien. Die Erwachsenen machen jedoch weiter, bis es sich nicht mehr bewegt und keinen Ton mehr von sich gibt.

Es handelt sich nicht um eine schnelle Form der Tötung, sondern absichtlich um eine langsame, qualvolle und strafende Form der Hinrichtung. Es geht neben dem Töten um Vergeltung.

Ich weiß, dass solche Beschreibungen makaber sind. Da sie aus der Bibel stammen und damit aus der angeblichen Quelle unserer Ethik und Moral, darf ich sie hier gewiss ausführen. Meine Absicht ist, dass wir uns bezüglich der Menschen, welche die Bibel verfasst haben, keine romantischen Illusionen machen sollten. Beides: Gutes und verblendete Barbarei gehören zur Bibel und ihren Autoren. Sie werden zurecht geschätzt und kritisiert.

ThomasG 29.12.2018 23:04

Arne ich glaube ich verabscheue nichts so sehr und habe vor nichts anderem mehr Angst als vor Qualen.
Wenn Menschen aus Zorn oder Angst sich gegenseitig den Schädel einschlagen ist das ein Drama, aber für mich ist noch viel schlimmer, wenn es einem Freude bereitet oder in irgendeiner Weise Befriedigung verschafft anderen Qualen zu bereiten ohne, dass man darunter enorm leidet so zu sein.
Wäre ich so, dann würde ich nicht mehr leben wollen.
Wenn man solche zutiefst abscheulichen Bestrafungen wie Menschen zu Tode zu steinigen haben möchte oder rechtfertigen will, dann fehlen mir die Worte.
Das ist für mich teuflisch und ich glaube nicht, dass es einen Teufel gibt.
Von der Bibel habe ich so gut wie keine Ahnung,
Das dürfte jedem klar sein, der die letzten Beiträge hier verfolgt hat.
Manches habe ich natürlich schon gehört und mir trotzdem ein Bild von der Bibel gemacht.
Nicht absichtlich, sondern weil das einfach so geschieht in mir, ob ich mich jetzt intensiv genug damit beschäftigt habe oder nicht.
Ich kann es nicht verhindern.
Da ich weder besonders religiös bin, noch das Bedürfnis in mir trage die Menschheit vor dem Christentum oder der Bibel zu warnen, wird sich das wahrscheinlich so schnell nicht ändern bzw. wahrscheinlich sogar gar nicht mehr in meinem Leben.
Es sei denn meine Persönlichkeit ändert sich relativ stark bzw. meine Interessen.
So ausgeschlossen ist das aber auch wieder nicht, wenn ich so recht überlege, denn es gab selbst in meinem Leben eine Phase, da spielte der Sport oder Ausdauersport eine weit untergeordnete Rolle.
Manchmal wird man auf eine Straße geführt und bleibt sehr lange auf ihr, dass eine grundsätzliche Abkehr von diesem "Pfad" immer unwahrscheinlicher wird.
Es gibt Schlüsselereignisse, die einen Lebensweg bahnen.

Die Gleichnisse würde ich von mir aus anders interpretieren wie Du es getan hast.
Was Du in Ihnen als subtile Botschaft siehst, das sehe ich so nicht.
Die Botschaft ist für mich, dass man Menschen, die Fehler begangen haben immer, aber auch wirklich immer die Chance belassen sollte diese Fehler zu bereuen und nach Möglichkeit wenigstens teilweise eine Art Wiedergutmachung zu leisten.
Jeder, der aus tiefstem Herzen bereut und sich entspechend wandeln will, dem soll man die Hände reichen und nach Kräften unterstützen und wenn er zuvor noch so viel Unrecht begangen hat bzw. für noch so viel Leid gesorgt hat.

qbz 29.12.2018 23:46

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1427789)
......
Die Gleichnisse würde ich von mir aus anders interpretieren wie Du es getan hast.
Was Du in Ihnen als subtile Botschaft siehst, das sehe ich so nicht.
Die Botschaft ist für mich, dass man Menschen, die Fehler begangen haben immer, aber auch wirklich immer die Chance belassen sollte diese Fehler zu bereuen und nach Möglichkeit wenigstens teilweise eine Art Wiedergutmachung zu leisten.
Jeder, der aus tiefstem Herzen bereut und sich entspechend wandeln will, dem soll man die Hände reichen und nach Kräften unterstützen und wenn er zuvor noch so viel Unrecht begangen hat bzw. für noch so viel fLeid gesorgt hat.

Hat es für Dich eine Bedeutung, ob diese Gleichnisse erfundene Erzählungen sind oder Augenzeugenberichte von Jesus Worten?

Jörn 30.12.2018 00:18

Ich finde, die Geschichte vom verlorenen Sohn kann man unterschiedlich interpretieren. Eigentlich soll sie die Beziehung zwischen Gott und den Menschen illustrieren, denn es ist ja nicht nur eine Geschichte, sondern ein Gleichnis. Aber ich vermute, die meisten Leute interpretieren sie einfach als ein Lehrstück, wie Eltern und Kinder miteinander umgehen sollten. Gott spielt dabei keine Rolle.

Wenn man es auf diese Weise interpretiert, überwiegen für mich die weisen Aspekte. Nämlich, dass die Vater-Sohn-Beziehung und die Versöhnung Vorrang haben sollten vor allem anderen. Es ist manchmal schwer, wieder zueinander zu finden, wenn man auseinander ging. Die Geschichte könnte man so interpretieren, dass sie einen dazu ermutigt, über den eigenen Schatten zu springen und das Wesentliche zu finden.

Jedoch kommt diese Interpretation ohne Götter aus. Es ist folglich einfach eine Geschichte, die so in irgendeinem Roman vorkommen könnte. Und genau so sehe ich sie auch.

------

Die Frage ist auch, warum uns die Geschichte verständlich ist. Das liegt daran, dass die Weisheit bereits in uns liegt. Nicht die Bibel bringt sie zu uns, sondern wir bringen sie zur Bibel. Wir lesen die Weisheit nicht heraus, sondern wir lesen sie hinein.

Wenn die Bibel die Weisheit zu uns bringen würde, dann würden wir die Weisheit zuerst nicht verstehen; erst nach weiteren christlichen Erläuterungen würden wir sie verstehen. Gottes Erläuterungen wären notwendig. Aber Erläuterungen sind bei dieser Geschichte nicht notwendig; wir verstehen sie ohne weiteres. Insofern drückt die Geschichte etwas aus, was wir ohnehin für wahr halten. Der theologische Inhalt (oder Ursprung) ist eine Illusion.

Obwohl ich der Geschichte etwas abgewinnen kann, wenn ich den Götter-Kram ignoriere, wiegt das nicht die vielen, vielen Abscheulichkeiten der Bibel auf. Warum anständige Leute, nachdem sie die Geschichte von der Opferung Isaaks durch Abraham gelesen haben, die Bibel nicht in den Ofen werfen, erschließt sich mir nicht. Ich finde das erklärungsbedürftig, und diese Erklärung sollte besser sehr plausibel sein. Mein Eindruck war bislang, dass die vorgebrachten Erklärungen immer mit einem Verlust von Redlichkeit erkauft werden mussten.

Bücher mit weisen Geschichten gibt's jede Menge. Warum sollte man da ausgerechnet die Bibel verwenden, mit all dem Fanatismus, den Arne oben beschrieben hat?

ThomasG 30.12.2018 00:24

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1427792)
Hat es für Dich eine Bedeutung, ob diese Gleichnisse erfundene Erzählungen sind oder Augenzeugenberichte von Jesus Worten?

Schon.
In deiden Fällen hätten sie weiterhin eine Bedeutung für mich.
Allerdings finde ich es alles andere als gut angelogen zu werden.
Für den Fall, dass ich herausfinde, dass mich jemand belogen hat, vertraue ich ihm viel weniger bis gar nicht mehr je nachdem, wie er sich äußert, wenn ich ihn frage warum er mich angelogen hat.
Prinzipiell halte ich es durchaus für denkbar, dass es mal einen Menschen gab, der sich für den Sohn Gottes ausgab, ohne es tatsächlich gewesen zu sein.
Es käme dann für mich auch darauf an, wieso er gelogen hat.
Das könnte beispielsweise als Folge einer psychischen Erkrankung geschehen sein.
Da wäre meine Bereitschaft es zu verzeien relativ groß glaube ich.
Wäre es aber so, dass es der Person darum ging möglichst viel Macht auf seine Mitmenschen auszuüben und sie deshalb log, dann könnte ich das sehr viel schwerer verzeien denke ich mal.

Solche Fragen können Menschen durchaus ganz schön in ihren Bann ziehen, auch wenn ich jetzt gerade recht "locker" meine spontanen Gedanken versuche in Worte zu fassen ohne mich ganz arg dabei anzustrengen.
Ich bin jetzt auch ziemlich müde.
Morgen ist auch wieder ein Tag, übermorgen auch einer und überübermorgen kommt wieder ein neuer Tag :-).
Wir haben noch viel Zeit uns hier wesentlich intensiver auszutauschen, als wir es im normalen Leben von Angesicht zu Angesicht tun.
Natürlich nicht alle von uns, aber sicher ziemlich viele.

Gute Nacht :-)!

Nachtrag:

Ich bin mal wieder wach geworden und gehe gleich noch einmal zurück in mein Bett.
Heute werde ich hier wahrscheinlich nicht mehr so arg lange sein, weil ich vor habe zu trainieren und dann zusammen mit meiner Schwester, meinen Cousin und meinem Opa etwas unternehmen möchte.
Wer hat das initiiiert?
Genau - meine Schwester :-).
Da bleibt nicht mehr so viel Zeit.
Heute Abend bin ich dann bestimmt wieder hier.
Oben bin ich nicht darauf eingegangen, wie es für mich wäre, wenn die Menschen, auf die die Bibeltexte zurückgehen, die Gleichnisse erfunden hätten.
Ich habe mich der Frage zugewendet, wie es für mich wäre, wenn Jesus gelogen hätte. Evt. widme ich mich der anderen Frage auch noch.
Ganz bestimmt werde ich mir noch einen Vortrag von Eugen Drewermann zu Ende anschauen.
Vielleicht zieht es den einen oder anderen, der hier seine Zeit verbringt, auch in die entsprechende Richtung.
"Eugen Drewermann: Wie der Kapitalismus uns ruiniert & die jesuanische Alternative | Vortrag | VAKUUM" (Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=G7iWrf7FGGM&t)

Schönen Sonntag und bis dann!

ThomasG 30.12.2018 07:27

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1427793)
Ich finde, die Geschichte vom verlorenen Sohn kann man unterschiedlich interpretieren. Eigentlich soll sie die Beziehung zwischen Gott und den Menschen illustrieren, denn es ist ja nicht nur eine Geschichte, sondern ein Gleichnis. Aber ich vermute, die meisten Leute interpretieren sie einfach als ein Lehrstück, wie Eltern und Kinder miteinander umgehen sollten. Gott spielt dabei keine Rolle.

Wenn man es auf diese Weise interpretiert, überwiegen für mich die weisen Aspekte. Nämlich, dass die Vater-Sohn-Beziehung und die Versöhnung Vorrang haben sollten vor allem anderen. Es ist manchmal schwer, wieder zueinander zu finden, wenn man auseinander ging. Die Geschichte könnte man so interpretieren, dass sie einen dazu ermutigt, über den eigenen Schatten zu springen und das Wesentliche zu finden.

Jedoch kommt diese Interpretation ohne Götter aus. Es ist folglich einfach eine Geschichte, die so in irgendeinem Roman vorkommen könnte. Und genau so sehe ich sie auch.

------

Die Frage ist auch, warum uns die Geschichte verständlich ist. Das liegt daran, dass die Weisheit bereits in uns liegt. Nicht die Bibel bringt sie zu uns, sondern wir bringen sie zur Bibel. Wir lesen die Weisheit nicht heraus, sondern wir lesen sie hinein.

Wenn die Bibel die Weisheit zu uns bringen würde, dann würden wir die Weisheit zuerst nicht verstehen; erst nach weiteren christlichen Erläuterungen würden wir sie verstehen. Gottes Erläuterungen wären notwendig. Aber Erläuterungen sind bei dieser Geschichte nicht notwendig; wir verstehen sie ohne weiteres. Insofern drückt die Geschichte etwas aus, was wir ohnehin für wahr halten. Der theologische Inhalt (oder Ursprung) ist eine Illusion.

Obwohl ich der Geschichte etwas abgewinnen kann, wenn ich den Götter-Kram ignoriere, wiegt das nicht die vielen, vielen Abscheulichkeiten der Bibel auf. Warum anständige Leute, nachdem sie die Geschichte von der Opferung Isaaks durch Abraham gelesen haben, die Bibel nicht in den Ofen werfen, erschließt sich mir nicht. Ich finde das erklärungsbedürftig, und diese Erklärung sollte besser sehr plausibel sein. Mein Eindruck war bislang, dass die vorgebrachten Erklärungen immer mit einem Verlust von Redlichkeit erkauft werden mussten.

Bücher mit weisen Geschichten gibt's jede Menge. Warum sollte man da ausgerechnet die Bibel verwenden, mit all dem Fanatismus, den Arne oben beschrieben hat?

Ich habe mir Deinen Text eben noch einmal deutlich langsamer und aufmerksamer als ich sonst die meisten Beiträge in diesem Forum zu lesen pflege, zu Gemüte geführt.
Das sind in meinen Augen sehr nachvollziehbare und kluge Gedankengänge, die ich sehr gut nachvollziehen kann.
Mir fällt es nur schwer Dir zuzustimmen, weil ich mich mit der Bibel in meinem Leben bisher kaum beschäftigt habe und auch nicht damit wie Menschen, die sie als ein ganz wichtiges und bedeutendes Buch betrachten oder "verkaufen", mit den Textabschnitten umgehen, erklären und evt. rechtfertigen, wo sozusagen Grausamkeiten gepredigt werden.
Weicht man da bevorzugt aus, oder sucht man tatsächlich nach möglichen Gründen?
Sucht man eher nach möglichen Ausflüchten zur Rechfertigung der Bedeutung der Bibel mit dem Hauptziel ihren Einfluß bzw. ihre "Macht" zu stärken zu erhalten und ist es einem egal, ob es der Wahrheit entspricht oder zumindest nahe kommt, was man aufführt?
...

qbz 30.12.2018 10:23

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1427794)
......
Ich habe mich der Frage zugewendet, wie es für mich wäre, wenn Jesus gelogen hätte. Evt. widme ich mich der anderen Frage auch noch.
.........
Schönen Sonntag und bis dann!

Ich unterscheide gerne zwischen der Selbst- und Fremdwahrnehmung von Menschen. Die Gleichnisse von Jesus, einem Wanderprediger, verfasste ca. 30-50 Jahre später mit Lukas ein Grieche, der einen Mann (Paulus) gekannt haben soll, der wiederum von Jesus als Missionar erzählte. Ich würde deshalb die Gleichnisse eher als fiktive Erzählungen auffassen, zumal Lukas keine historische Chronik erstellen wollte.

Der historische Wahrheitsgehalt spielt aber für die kulturelle Wirkung sowieso kaum eine grosse Rolle. Millionen von Kindern lernten moralische Vorstellungen von Gut-Böse bei den Grimmschen Märchen als Teil ihrer bürgerlich-humanistischen Erziehung kennen. Das Aschenbrödel gehört heute noch zu einem der beliebtesten Märchenfilme.

Insofern können Gläubige in Diskussionen gut darauf hinweisen, dass die christlichen Märchenerzähler heutzutage eher humanistische Anteile aus der Bibel herauslesen. Mich beeindruckte allerdings eher eine Uta Ranke-Heinemann, wie sie jeweils empört die rethorische Frage stellt, ob eine Religion denn humanistisch sein könne, in der das Kreuz und die Kreuzigung das wichtigste Symbol darstellt und die zentral und essentiell auf einem so grausamen Ereignis beruht, wo der Vater seinen eigenen Sohn am Kreuz opfert. Die Kirchgänger wissen, dass die Kreuzigung bzw. der Opfertod der Mittelpunkt jeder Messe darstellt.
Vortrag von Uta Ranke-Heinemann zum christlichen Glaubensbekenntnis, 9min
Dir auch einen schönen Sonntag!

Jörn 30.12.2018 14:16

Momang. Ohne den Thread durch Spitzfindigkeiten aufhalten zu wollen, würde ich doch gerne darstellen, welches sichere Wissen wir aus der Bibel über Jesus als historische Person erhalten können. Dies als Erweiterung dessen, was qbz gerade schrieb.

Das Neue Testament besteht aus (grob) drei Bereichen:

- Paulus,
- die ersten drei Evangelien (Markus, Matthäus, Lukas),
- und das vierte Evangelium (Johannes).


Paulus

Paulus hat Jesus nicht gekannt. Seine Schriften verfasste er ab ca. 20 Jahre nach dem vermuteten Tod von Jesus. Paulus war also kein Augenzeuge. Er gibt in seinen Schriften zu, dass seine Ideen nur Eingebungen sind. Dies kann man sich vorstellen wie Träume, Visionen oder Halluzinationen (oder Wichtigtuerei). Das Christentum gründet sich also auf den Träumen/Visionen eines einzelnen Mannes, der zugibt, nie mit Jesus gesprochen zu haben.

Paulus gibt weiterhin zu, dass er sich viele seiner Ideen aus dem Alten (!) Testament geholt hat. Er hat dort Prophezeiungen gefunden und daraus seine Geschichten so gesponnen, dass diese Prophezeiungen erfüllt wurden. Er schreibt das hier:
Paulus: "Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift..." (1. Korinther-Brief, 15)
Die Formulierung "nach der Schrift" bedeutet, dass er hier auf das Alte Testament verweist. Er sagt nicht, dass die Ereignisse sich wirklich zugetragen haben, sondern, dass sie sich laut des Alten Testaments eigentlich so hätten entwickeln müssen.

Die Auferstehung von Jesus, die uns in den Evangelien immer wundersamer berichtet wird, basiert also nur darauf, dass Paulus meinte, dies würde sich aus dem Alten Testament ergeben. Auch die Vergebung der Sünden und die ganze Idee der "gewollten Kreuzigung" spinnt Paulus aus dem Alten Testament.

Paulus hat am "historischen" Jesus (so, wie dieser vielleicht gelebt haben könnte) keinerlei Interesse. Wir erfahren von Paulus keine Silbe davon, was Jesus gesagt oder getan hat. Paulus spricht von einem Geist-Jesus in den Wolken, nicht von einem irdischen Jesus.

Die christliche Lehre (Erbsünde, Vergebung durch die Kreuzigung) stammt von Paulus. Er schuf das Christentum. Nicht Jesus schuf das Christentum, sondern Paulus.


Die ersten drei Evangelien

Weitere 20 bis 25 Jahre später (ca. 40 bis 45 Jahre nach der angeblichen Kreuzigung) entstand das erste Evangelium von Markus. Eine Augenzeugenschaft ist ausgeschlossen. Der Autor stammte zudem nicht aus Palästina, dies beweist eine Reihe von Fehlern über die dortigen Verhältnisse oder Gebräuche. Welche Quellen von Markus verwendet wurden, schreibt er nicht. Es ist also kein historischer Bericht, sondern eine Erzählung.

Die zwei weiteren Evangelien, Matthäus und Lukas, nehmen die Texte von Markus als Vorlage und wandeln sie für ihre eigenen Zwecke ab. Über die Hälfte ihrer Texte schreiben sie wörtlich aus dem Markus-Evangelium ab. Die berühmte Bergpredigt, die meist als "Regierungserklärung" von Jesus verstanden wird, ist eine Erfindung von Matthäus. Jesus hat diese Worte nie gesprochen.

Über Lukas wird behauptet, dieser hätte Paulus gekannt. Das ist jedoch eine christliche Legende. Beweise dafür gibt es nicht. Wenn beide zusammen auf Pilgerreise gewesen wären, hätten sie die gleichen Erlebnisse gehabt, und folglich müsste man diese Übereinstimmungen in ihren Texten finden. Das ist aber nicht der Fall.


Johannes-Evangelium

Das Johannes-Evangelium ist zu 100% Fiktion, also erfunden. Über die tatsächlichen Ereignisse und die tatsächlichen Worte von Jesus kann es uns nichts sagen.


Alte Quellen

Jesus hat keine Schriften hinterlassen. Die oben genannten Autoren liegen uns nicht im Original vor, sondern in griechischen Übersetzungen. Diese enthalten jedoch viele Fehler und Zweideutigkeiten, die sich prinzipiell nicht mehr auflösen lassen. Beispielsweise weiß niemand, was "Jesus von Nazareth" bedeuten soll, ganz sicher bezeichnet es nicht die Herkunft aus einer Stadt namens Nazareth. Dieses Beispiel soll illustrieren, dass viele Dinge, die wir als bekannt annehmen, nicht bekannt sind. Es betrifft keine Nebensächlichkeiten, sondern den Kern: Wer war Jesus, wo kam er her, was tat er, was sagte er? Nichts davon ist zuverlässig bekannt und belegbar.

Weite Teile des Neuen Testaments sind schlicht eine Neufassung des Alten Testaments. Moses wandert 40 Jahre durch die Wüste, Jesus wandert 40 Tage durch die Wüste. Die ganze Passionsgeschichte (Jesus kommt nach Jerusalem und wird gekreuzigt) stammt aus Versen des Alten Testaments, vorwiegend aus Sacharja, Jesaja, Maleachi und den Psalmen. Es sind keine Berichte, sondern Schätzungen: "So müsste es sich zugetragen haben, wenn die alten Schriften richtig sind".


Fazit

Die Frage, was Jesus gesagt hat, lautet korrekterweise: Was davon lässt sich belegen? Und belegen lässt sich überhaupt nichts.

Seine Reden werden in den Evangelien stets anders zitiert, und jeweils so verändert, dass man nicht mehr weiß, was gemeint war. Etwa: "Selig sind die Armen" (Lukas) oder "Selig sind die Armen im Geiste" (Matthäus). Werden nun die Armen errettet oder die schlichten Gemüter? Welche Version ist authentisch? Welche erfunden? Es gibt keine Möglichkeit, das herauszufinden.

Die Rückgriffe auf das Alte Testament sind so zahlreich, dass man die Frage stellen muss, ob sich überhaupt irgendwas aus dem Neuen Testament tatsächlich zugetragen hat. Zentrale Ereignisse, die wir für gut belegt halten, etwa die Tempelreinigung (Umstoßen der Tische im Tempel) oder die Kreuzigung, sind aus alten prophetischen Schriften abgeschrieben.

Die Berichte aus den Evangelien sind untereinander so widersprüchlich (speziell rund um Kreuzigung/Auferstehung) und so offensichtlich konstruiert und voller historischer Fehler, dass man nur schließen kann, es handele sich um reine Erfindungen. Sollte etwas davon tatsächlich stattgefunden haben, dann sind diese Daten für immer verloren, weil zu viel Fiktion damit verwoben wurde.

Wer also predigt: "Und Jesus sagte..." der verschweigt seinen Zuhörern, dass man aus prinzipiellen Gründen nicht wissen oder rekonstruieren kann, was Jesus gesagt hat.

ThomasG 30.12.2018 15:35

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1427820)
Mich beeindruckte allerdings eher eine Uta Ranke-Heinemann, wie sie jeweils empört die rethorische Frage stellt, ob eine Religion denn humanistisch sein könne, in der das Kreuz und die Kreuzigung das wichtigste Symbol darstellt und die zentral und essentiell auf einem so grausamen Ereignis beruht, wo der Vater seinen eigenen Sohn am Kreuz opfert. Die Kirchgänger wissen, dass die Kreuzigung bzw. der Opfertod der Mittelpunkt jeder Messe darstellt.
Vortrag von Uta Ranke-Heinemann zum christlichen Glaubensbekenntnis, 9min
Dir auch einen schönen Sonntag!

Vielen Dank :-)!
Ich werde mir das heute Abend in Ruhe durchlesen auch den Beitrag von Jörn, dem ich hiermit auch danke :-).
Dies Frau hat auch mich beeindruckt :-).
Das wäre was der Eugen Drewermann und die Frau Uta Ranke-Heinemann als Dreamteam und dann aber auf sie mit Gebrüll ;-).
Ihr Lachen und ihren Humor finde ich so klasse :-).
Bis dann!

qbz 30.12.2018 15:38

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1427856)
.........
Paulus

Paulus hat Jesus nicht gekannt. Seine Schriften verfasste er ab ca. 20 Jahre nach dem vermuteten Tod von Jesus. Paulus war also kein Augenzeuge. Er gibt in seinen Schriften zu, dass seine Ideen nur Eingebungen sind. Dies kann man sich vorstellen wie Träume, Visionen oder Halluzinationen (oder Wichtigtuerei). Das Christentum gründet sich also auf den Träumen/Visionen eines einzelnen Mannes, der zugibt, nie mit Jesus gesprochen zu haben.
................
Die christliche Lehre (Erbsünde, Vergebung durch die Kreuzigung) stammt von Paulus. Er schuf das Christentum. Nicht Jesus schuf das Christentum, sondern Paulus.
.........
.

danke für Deine detailierten, erhellenden Schilderungen zur Geschichte der Evangelien und der Rolle der Verfasser!

ThomasG 30.12.2018 22:43

Ich dachte, dass zumindest einiges, was in der Bibel zu lesen ist, auf Jesus zurückzuführen ist.
Euren Worten nach zu urteilen, stimmt das nicht.
Ich dachte auch, dass zumindest einige Aussagen von Jesus selbst bekannt sind, in dem Sinne, dass ein Zeitgenosse aufgeschrieben hat, was Jesus sagte.
Mit der Bibel habe ich mich nie intensiver beschäftigt und ich habe sie infolgedessen nie als einen Leitfaden für mein Leben begriffen oder dafür was es bedeutet ein guter Christ oder ein guter Mensch zu sein.
Wenn allerdings historisch so gut wie nichts bekannt ist, was Jesus gepredigt hat, dann betrifft mich das schon.
Grundsätzlich könnte es natürlich sein, dass ihr die Sache nicht richtig beurteilt, aber ich schätze Euch beide für sehr gewissenhaft und ehrlich ein.
Meine Werte ändern sich daduch nicht.
Auch weiterhin finde ich es sehr erstrebenswerte sich darum zu bemühen indirekt oder direkt möglichst wenig Leid zu erzeugen.
Und auch weiterhin halte ich es für richtig jedem, der begangene Fehler aufrichtig bereut und sich darum bemüht es nach Kräften wieder gutzumachen wenigstens zum Teil, die Hand zu reichen.
Jetzt werde ich wahrscheinlich versuchen herauszufinden wie die christlichen Kirchen die Bibel sehen bzw. was nach ihren offiziellen Lehrmeinungen über Jesus von Nazaret historisch bekannt ist bzw. durch Zeitzeugen überliefert worden ist.
Es ist spät geworden.
Mir fällt das Formulieren ziemlich schwer.
Ich hoffe meine Worte sind verständlich.

Guten Rutsch!

ThomasG 31.12.2018 08:54

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1427820)
Ich unterscheide gerne zwischen der Selbst- und Fremdwahrnehmung von Menschen. Die Gleichnisse von Jesus, einem Wanderprediger, verfasste ca. 30-50 Jahre später mit Lukas ein Grieche, der einen Mann (Paulus) gekannt haben soll, der wiederum von Jesus als Missionar erzählte. Ich würde deshalb die Gleichnisse eher als fiktive Erzählungen auffassen, zumal Lukas keine historische Chronik erstellen wollte.

Der historische Wahrheitsgehalt spielt aber für die kulturelle Wirkung sowieso kaum eine grosse Rolle. Millionen von Kindern lernten moralische Vorstellungen von Gut-Böse bei den Grimmschen Märchen als Teil ihrer bürgerlich-humanistischen Erziehung kennen. Das Aschenbrödel gehört heute noch zu einem der beliebtesten Märchenfilme.

Insofern können Gläubige in Diskussionen gut darauf hinweisen, dass die christlichen Märchenerzähler heutzutage eher humanistische Anteile aus der Bibel herauslesen. Mich beeindruckte allerdings eher eine Uta Ranke-Heinemann, wie sie jeweils empört die rethorische Frage stellt, ob eine Religion denn humanistisch sein könne, in der das Kreuz und die Kreuzigung das wichtigste Symbol darstellt und die zentral und essentiell auf einem so grausamen Ereignis beruht, wo der Vater seinen eigenen Sohn am Kreuz opfert. Die Kirchgänger wissen, dass die Kreuzigung bzw. der Opfertod der Mittelpunkt jeder Messe darstellt.
Vortrag von Uta Ranke-Heinemann zum christlichen Glaubensbekenntnis, 9min
Dir auch einen schönen Sonntag!

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1427856)

Fazit

Die Frage, was Jesus gesagt hat, lautet korrekterweise: Was davon lässt sich belegen? Und belegen lässt sich überhaupt nichts.

Seine Reden werden in den Evangelien stets anders zitiert, und jeweils so verändert, dass man nicht mehr weiß, was gemeint war. Etwa: "Selig sind die Armen" (Lukas) oder "Selig sind die Armen im Geiste" (Matthäus). Werden nun die Armen errettet oder die schlichten Gemüter? Welche Version ist authentisch? Welche erfunden? Es gibt keine Möglichkeit, das herauszufinden.

Die Rückgriffe auf das Alte Testament sind so zahlreich, dass man die Frage stellen muss, ob sich überhaupt irgendwas aus dem Neuen Testament tatsächlich zugetragen hat. Zentrale Ereignisse, die wir für gut belegt halten, etwa die Tempelreinigung (Umstoßen der Tische im Tempel) oder die Kreuzigung, sind aus alten prophetischen Schriften abgeschrieben.

Die Berichte aus den Evangelien sind untereinander so widersprüchlich (speziell rund um Kreuzigung/Auferstehung) und so offensichtlich konstruiert und voller historischer Fehler, dass man nur schließen kann, es handele sich um reine Erfindungen. Sollte etwas davon tatsächlich stattgefunden haben, dann sind diese Daten für immer verloren, weil zu viel Fiktion damit verwoben wurde.

Wer also predigt: "Und Jesus sagte..." der verschweigt seinen Zuhörern, dass man aus prinzipiellen Gründen nicht wissen oder rekonstruieren kann, was Jesus gesagt hat.

Ich stimme Euch beiden zu, dass die Vorstellung Gottes Sohn wäre am Kreuz auf äußerst grausame Art und Weise gestorben, weil Gott es zuließ und Jesus damit die Menschen von der Last der Erbsünde befreit hat, alles andere als eine frohe Botschaft ist.
Wenn ein Vater seinen Sohn so opfert, dann dürfte es für die meisten Menschen so ziemlich unmöglich sein diesem Akt etwas Gutes zu sehen.
Auch der Gedanke man müsste sich in irgendeiner Form für eine Sünde, die man gar nicht begangen hat, sondern andere, die früher gelebt haben, sich verantworten (müssen), lässt sich kaum oder gar nicht mit einem gütigen Gott in Einklang bringen.
Ich glaube, dass sehr viele Menschen, die sich selbst als christlich gläubig empfinden und deren Leben der Glaube und die Kirche eine wichtige Rolle einnehmen, sich mit solchen Aspekten des Glaubens kaum bis gar nicht auseinandersetzen, denn es ist ihnen klar, wenn sie damit anfangen, dann kommen sie gedanklich oder argumentativ in Schwierigkeiten, wenn sie diese Gegebenheiten rechtfertigen möchten.
Man sagt sich dann die Bibel ist eine Schrift, die von Menschen stammt.
Die Autoren lebten in einer Zeit, in der die Verhältnisse auf der Erde völlig anders waren als heute - in der die Menschen Dinge als normal erachteten z.B., die heutzutage so gut wie jeder schwer verurteilt.
Als Kind und auch noch in meiner Jugend habe ich tatsächlich innerlich für mich geglaubt, die Menschheit wäre besser geworden kultivierter, menschlicher, weniger grausam usw. usf..
In Geschichte erfährt man von den zahlreichen Kriegen, die geführt wurden und Geschichte endete mit der Zeit nach dem Ende des zweiten Weltkrieges.
Von Kriegen, die danach geführt wurde, habe ich meiner Erinnerung nach im Geschichtsunterricht nie was gehört.
So ist es verständlich, dass man dazu getrieben werden kann eine Botschaft abzuspeichern, die man aus dieser Tatsache ableitet und die wie wir ja wissen völlig falsch ist.
Die Menschen bleiben der Kirche bzw. dem Glauben treu, weil er ihnen Halt und Trost gibt und ihrem Leben einen Sinn verleiht.
Sie haben das Bedürfnis ein guter Mensch sein zu wollen.
Das eint sie mit vielen anderen, die sich kirchlich engagieren und für die der christliche Glaube wichtig ist.
Sie tun gute Dinge wie beispielsweise für arme Mitmenschen zu spenden oder spenden einzusammeln oder auch in dem sie sich um ihre Mitmenschen kümmern und das im Rahmen von Angeboten der christlichen Kirchen.
Ich war als Kind relativ häufig in Gottesdiensten.
Sie haben mich gelangweilt.
Der Ablauf war ja fast immer gleich.
Formelartig wurden fast immer zu ähnlichen Zeiten bestimmte Worte gesprochen.
Diese Worte habe ich meist von mir aus einfach nicht mitgesprochen.
Mir haben sie nicht so wirklich gefallen.
Ich stand auf, wenn fast alle aufstanden und ich kniete mich halt meist hin, wenn es viele andere auch taten.
Die Worte ließ ich aber wie gesagt einfach weg.

So jetzt will ich aber trainieren :-).
Guten Rutsch :-)!

qbz 31.12.2018 13:41

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1427939)
........
So jetzt will ich aber trainieren :-).
Guten Rutsch :-)!

Danke für Deine Überlegungen und Gedanken.

Als Kleinkind fand ich das tägliche gemeinsame Nachtgebet als Zeremonie mit Mutter und Geschwister durchaus beruhigend. Im Grundschulalter war ich dann als Ministrant dabei. Da jeder Priester jeden Tag eine Messe las, musste man 1-2x pro Woche vor der Schule bei der Messe "helfen". Mit 18 trat ich sofort aus dem Verein aus, in derselben Pfarrei, wo ich ehemals getauft wurde.

Auch einen guten Rutsch!

ThomasG 31.12.2018 18:30

Na - dann kennst Du Dich ja bei dem Verein höchstwahrscheinlich um Welten besser aus als ich und in Bezug auf das, was die Christen glauben sollen, wenn es nach der Obrigkeit geht, bist Du bestimmt auch fit wie ein Turnschuh :-).
Und ich fange da an ein paar Belanglosigkeiten auszufüheren.
Meine Schwester ging einen ähnlichen Weg wie Du.
Sie war bei den Messdienern.
Ich denke, sie blieb in erster Linie deshalb so relativ lange dabei, weil sie dort Freundschaften geschlossen hatte.
Den Glauben hat meine Mutter von ihrer.
Die war aber wesentlich weniger tolerant als es meine Mutter ist.
Es gab da auch schon mal Spannnungen.
Später ist meine Schwester dann auch ausgetreten aus dem Laden.
Irgendwann hat sich zu viel angestaut, was ihr an der Kirche missfallen hat.
Ich bin noch dabei.
Bin halt bequemer von meinem Wesen her und habe nicht so viel Temperament - also meistens jedenfalls.
So jetzt wollen wir die Jungs und Mädels von der Obrigkeit noch ein bisschen ärgern im alten Jahr :-P ;-)!
https://www.youtube.com/watch?v=p7315h8lri4

Bis dann!

Nachtrag: :-) https://www.youtube.com/watch?v=xzCH_YSztQg
:-) https://www.youtube.com/watch?v=7Bwr-G7XGno

waden 01.01.2019 13:49

Hallo alle und beste Neujahrswünsche vorab; Dank allen für die Diskussion.

Lieber ThomasG
Danke für deine Ausführungen. Du schilderst nachvollziehbar, wie die Welt aus Gebet und Geborgenheit dein grundsätzlich positives Gefühl gegenüber der Glaubenswelt deiner Großmutter und in abgeschwächter Glaubensstrenge Deiner Mutter hat. Sich davon abzuwenden, ist nicht nur eine persönliche Entscheidung, sondern auch die Ablehnung eines Teiles des Wertesystems der Familie; insofern erfordert das Energie und auch die Bereitschaft, Oma und/Mutter in gewisser Weise zu kränken, was man ja mal grundsätzlich nicht so will. Mir selbst ging es ähnlich, als ich mich mit diesen Fragen intensiver und konsequenter auseinandersetzte.
Andererseits führt Nachdenken und Überprüfen dazu, zu erkennen, dass die biblischen Texte (und die damit die Basis von Judentum, Cristentum und Islam) Menschenwerk sind; das hat im Rahmen dieser Diskussion u.a. Jörn sehr detailliert dargelegt. Das lässt sich insofern nur von extremistischen Gläubigen, die die Anerkennung historischer Fakten absichtlich bestreiten, verleugnen.
Viel häufiger treffen wir in unserem Umfeld die auch von Dir vorgebrachte Ansicht, das wir trotz dieser zentralen Unzutreffenden Behauptung des Wortes Gottes der „modernen“ religiösen Auslegung der Texte ein Wertesystem von Nächstenliebe, Toleranz und Bescheidenheit verdanken, während einer gottlosen Betrachtung der Welt mit den Mitteln der Vernunft diese Aspekte fehlen würden, was eine solche Weltsicht zugleich arm und gierig bis zum rücksichtslosen Turbokapitalismus machen würde.

Allerdings ist doch die Behauptung, über eine 2000 oder 5000 Jahre alte unumstößliche sichere Wahrheit zu verfügen, gänzlich unbescheiden, und hat zu unglaublich viel Leid geführt.
Ich halte dagegen die Ansicht, dass nur der Mensch das Maß der Gesetze sein kann, die er sich selbst gibt und nach denen er handelt, für wesentlich bescheidener: Weil wir nichts gewiß wissen, werden wir immer wieder auf uns selbst zurückgeworfen. Das ist aber nicht kalt und zynisch, sondern zutiefst human. Keine Religion, keine Ideologie, kein Gott und auch nicht die Natur können uns dieses Maß ersetzen. Die Humanität ist - zumindest vorläufig - unser letzter Richter. An ihr müssen wir prüfen, was wir tun.

Was die Toleranz angeht: wir können die Notwendigkeit der Toleranz mit wissenschaftlichen Mitteln sehen: Wenn wir die Fotos der Raumsonde Voyager betrachten und sehen, wie klein unsere Planet in der Weite des Weltalls ist, wird offensichtlich, wie absurd Kriege etc. sind, und dass es notwendig ist zusammen zu halten. Für diese Notwendigkeit braucht es keine übergeordnete Instanz. Die Toleranz und Nächstenliebe erwachsen aus der Notwendigkeit, miteinander auskommen zu müssen.

Für diese Erkenntnisse benötigen wir keine anmaßende Ideologie, ebensowenig für Nächstenliebe, Toleranz und Bescheidenheit.

ThomasG 01.01.2019 18:25

Es freut mich, wenn ich mit meinen Beiträgen dazu beitragen konnte, dass Du Lust dazu hattest uns Deine Gedanken mitzuteilen.
Ich werde mir Deinen Text bestimmt mindestens noch einmal durchlesen und über manches nachdenken.
Als Kind und in der frühen Jugend war ich ja auch nicht so arg religiös.
Meine Mutter hat sich immer gefreut, wenn wir zu dritt in den Gottesdienst gegangen sind und manchmal möchte man seiner Mutter eine kleine Freude machen.
Sie hatte es in ihrem ganzen Leben nicht gerade leicht.
Zum Beispiel hat es nicht viel gefehlt und sie hätte meine Geburt bzw. die Tage danach nicht überlebt.
14 Monate später kam wie gesagt meine Schwester zu Welt und auch hier hätte sie an den Folgen der Geburt sterben können.
Sie hat es verstanden als ich irgendwann dann fast gar nicht mehr in die Kirche gegangen bin.
Ich habe es ihr mit ähnlichen Worten erklärt wie hier und sie sah es genau wie ich selbst, wenn man im Prinzip nur darauf wartet bis der Gottesdienst zu Ende ist, dann bleibt man besser ganz weg.
Meiner Mutter ist denke ich am wichtigsten, dass wir Menschen sind, die sich darum bemühen gute Menschen zu sein.
Ihr Gott ist ein gütiger Gott, der Menschen danach beurteilt wie sie sich im Alltag benehmen und für einen solchen ist es eher nebensächlich, ob man eine Stunde am Sonntag in der Kirche verbringt oder nicht.
Den Vortrag von Eugen Drewermann zu Thema Kapitalismus habe ich mir inzwischen vollständig angeschaut.
Er ist zu ganz ähnlichen Ansichten gekommen wie ich und er dürfte sich mit den gleichen Autoren beschäftigt haben, wie ich es getan habe.
Das freut mich irgendwie :-), denn ich halte viel von ihm.
Lange habe ich nichts von ihm gehört.
Er hat sich dann für die neue Friedensbewegung engagiert und eine beeindruckende Rede gehalten.
Kurz danach kam dann ein langes Interview mit einem gewissen Ken Jebsen :-) ...

Gutes Neues Jahr allerseits :-)!

Klugschnacker 02.01.2019 14:57

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1428080)
... sie sah es genau wie ich selbst, wenn man im Prinzip nur darauf wartet bis der Gottesdienst zu Ende ist, dann bleibt man besser ganz weg.

Mir scheint, diese Langeweile, welche viele Menschen in den Gottesdiensten spüren, hat vor allem zwei Ursachen. Erstens weiß der Prediger de facto nichts über irgendwelche Götter und was diese von uns wollen. Wüsste der Pfarrer wirklich etwas über den Schöpfer der Welt, wäre die Kirche gerammelt voll. Tausende Wissenschaftler würden die Kirche belagern. In den Nachrichten würde über nichts anderes berichtet.

Zweitens sind weder die Texte der Bibel noch ihre Auslegungen besonders tiefsinnig. Wir versuchen angestrengt, tiefen Sinn in sie hineinzulesen und offensichtlichen Unsinn zu ignorieren. Wir sind heute in Europa überwiegend humanistisch eingestellt, und lesen nun angestrengt humanistische Dinge aus der Bibel heraus, etwa die Nächstenliebe. Jesus sehen wir heute gerne als ersten Humanisten, als antiken Verkünder der Menschenrechte. Jesus war jedoch ein Kind seiner Zeit und kein Humanist. Er war auch an den Menschenrechten, wie wir sie heute verstehen, nicht interessiert.

Dasselbe Spiel treiben wir mit den Frauenrechten. Wir sehen Jesus als antiken Verkünder der Frauenrechte (was er nicht war), oder lesen dazu passende Aspekte in die Verehrung von Maria hinein. Und so weiter.

Wir lesen Dinge in die Bibel hinein, die aus dem jeweiligen Zeitgeist kommen. Deshalb bringt sie uns keine neuen Dinge nahe, sondern bestätigt scheinbar Dinge, die wir bereits vor ihrer Lektüre für richtig hielten. Das ist für viele Menschen langweilig, und aus meiner Sicht eine mögliche Erklärung dafür, warum kaum jemand die Bibel liest.

Klugschnacker 02.01.2019 15:15

Jesus war Jude. Er war jüdischen Glaubens. Er sah sich selbst nicht als einen Gott, dieser Gedanke wäre ihm ketzerisch und meschugge erschienen. Seine wichtigsten Botschaften und Anliegen waren:

• Das Reich Gottes kommt. Sein Kommen steht unmittelbar bevor. Darum ging er zum Ölberg Jerusalems, um dort auf dieses Ereignis zu warten. Das Gottesreich ist ein diesseitiges (nicht jenseitiges) Reich, eine Art Theokratie.

• Nur die vorzüglichsten Juden können Teil dieses Reichs werden. Alle anderen werden vernichtet.

• Jesus wollte die jüdischen Glaubensbrüder (nicht alle Menschen) auf dieses bevorstehende Gottesreich vorbereiten. Er wollte keine neue Religion gründen. Er wollte keine Kirche gründen.

Da das Reich Gottes jedoch wider Erwarten nicht kam, sondern Jesus stattdessen von den Römern als politischer Störenfried hingerichtet wurde, sagte Jesus am Kreuz: "Gott, warum hast Du mich verlassen?". Es war für die Juden damals offensichtlich, dass er sich geirrt hatte, und auch Jesus sah sein Scheitern ein. Darum wollten die Juden nach Jesu Tod von ihm nicht viel wissen.

Erst als Paulus, der Jesus nicht gekannt hatte, eine Generation später die ganze Geschichte stark umstrickte, interessierten sich Menschen dafür. Vor allem Heiden, kaum Juden. So entstand eine neue Religion, das Christentum, welches auf den Geschichten von Paulus basiert.

schoppenhauer 02.01.2019 16:31

Ok Arne, dann ,glaube' ich dir das mal. :Huhu:

Auf jeden Fall deutet diese einfache, klare Sprache - kein Wort zu viel! - darauf hin, das du dich damit auskennst.

Jörn 02.01.2019 18:53

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1428205)
Jesus am Kreuz: "Gott, warum hast Du mich verlassen?".

Zwei Aspekte finde ich dabei besonders interessant:

Erstens: Die Kreuzigung Jesu spielt sich ab im Neuen Testament. Komischerweise finden wir im Alten Testament folgenden Vers:
"Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bleibst fern meiner Rettung, den Worten meines Schreiens?" (Psalm 22,2)
Da hat wohl jemand abgeschrieben?

Und komischerweise fehlt dieser Satz bei Lukas und Johannes, den beiden späteren Evangelien. Nach deren Auffassung schickt es sich nicht, an Gottes Treue zu zweifeln. Bei denen betont Jesus stattdessen diese Treue (also das Gegenteil):
"Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist!". (Lukas 23,46)
Aber, so ein Zufall, auch diesen Spruch finden wir in den Psalmen des Alten Testaments:
"Vater, in deine Hand befehle ich meinen Geist" (Psalm 31,6)
Zweitens: Wie bei allen Legenden werden sie mit der Zeit immer wunderbarer. In den frühen Texten war Jesus kein Gott und bezeichnet sich auch nicht so, beispielsweise im Markus-Evangelium. Die Bezeichnung "Sohn Gottes" in diesen frühen Texten meint keine Verwandtschaft, sondern nur die Befolgung göttlicher Gebote. Jeder, der die Gebote befolgte, war in diesem Sinne ein "Sohn Gottes".

Je später die weiteren Evangelien verfasst wurden, desto göttlicher wurde Jesus, bis er schließlich bei Johannes selbst zu einer Gottheit wurde. Dadurch ändern sich auch die Szenen der Kreuzigung. Anstatt dass Jesus etwas widerfährt, handelt er selbst.

Bei Markus wird er nach dem Tod noch auferweckt (Gott handelt, Jesus ist passiv), während er bei Johannes alles in der Hand behält und über sein Leben sagt: "Niemand nimmt es von mir, sondern ich selbst lasse es. Ich habe Macht, es zu lassen, und ich habe Macht, es wiederzunehmen".* (Johannes 10,18)

Noch später wurde Jesus mit Gott sogar identisch (Trinität, Konzil von Nicäa, 325 n.Chr.).

----
* Was die theologische Frage aufwirft, ob Jesus wirklich tot war, wenn er während seines Todes in der Lage war, sich selbst zu erwecken.

Rälph 02.01.2019 19:22

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1428205)
Da das Reich Gottes jedoch wider Erwarten nicht kam, sondern Jesus stattdessen von den Römern als politischer Störenfried hingerichtet wurde, sagte Jesus am Kreuz: "Gott, warum hast Du mich verlassen?". Es war für die Juden damals offensichtlich, dass er sich geirrt hatte, und auch Jesus sah sein Scheitern ein. Darum wollten die Juden nach Jesu Tod von ihm nicht viel wissen.

Ich kenne mich mit der Bibel nicht sonderlich gut aus, obwohl mir natürlich diese letzten Worte bekannt sind. Nach meiner Information sollen sie die Menschlichkeit Jesu bekunden oder so ähnlich. Aber egal, was mich an dieser Stelle interessiert: Wie kommst du zu dem Schluss, dass ausgerechnet diese Aussage der Bibel der Wahrheit entspricht? Denn wenn man deinen Aussagen (an denen ich keine Zweifel habe) folgt, dann verhält es sich doch so:


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1427587)
Was wir von Jesus aus Nazareth wissen, passt locker auf eine DIN A5 Seite. Die meisten Informationen über Jesus sind Legenden und freie Erfindungen.

Ist die Vermenschlichung von Jesus vielleicht Teil eines gerissenen Plans von Paulus und den Evangelisten oder warum sollte ausgerechnet ein Satz, der ja einer Kapitulation gleichkommt, überliefert werden? Wird er vielleicht eingeflochten, um die Geschichte der Auferstehung noch gewaltiger wirken zu lassen?

Rälph 02.01.2019 19:27

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1428241)
Zwei Aspekte finde ich dabei besonders interessant:

...

Danke, sehr interessant und beantwortet meine Frage zum Teil bereits!

ThomasG 02.01.2019 21:39

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1428205)
Jesus war Jude. Er war jüdischen Glaubens. Er sah sich selbst nicht als einen Gott, dieser Gedanke wäre ihm ketzerisch und meschugge erschienen. Seine wichtigsten Botschaften und Anliegen waren:

• Das Reich Gottes kommt. Sein Kommen steht unmittelbar bevor. Darum ging er zum Ölberg Jerusalems, um dort auf dieses Ereignis zu warten. Das Gottesreich ist ein diesseitiges (nicht jenseitiges) Reich, eine Art Theokratie.

• Nur die vorzüglichsten Juden können Teil dieses Reichs werden. Alle anderen werden vernichtet.

• Jesus wollte die jüdischen Glaubensbrüder (nicht alle Menschen) auf dieses bevorstehende Gottesreich vorbereiten. Er wollte keine neue Religion gründen. Er wollte keine Kirche gründen.

Da das Reich Gottes jedoch wider Erwarten nicht kam, sondern Jesus stattdessen von den Römern als politischer Störenfried hingerichtet wurde, sagte Jesus am Kreuz: "Gott, warum hast Du mich verlassen?". Es war für die Juden damals offensichtlich, dass er sich geirrt hatte, und auch Jesus sah sein Scheitern ein. Darum wollten die Juden nach Jesu Tod von ihm nicht viel wissen.

Erst als Paulus, der Jesus nicht gekannt hatte, eine Generation später die ganze Geschichte stark umstrickte, interessierten sich Menschen dafür. Vor allem Heiden, kaum Juden. So entstand eine neue Religion, das Christentum, welches auf den Geschichten von Paulus basiert.

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1428241)
Zwei Aspekte finde ich dabei besonders interessant:

Erstens: Die Kreuzigung Jesu spielt sich ab im Neuen Testament. Komischerweise finden wir im Alten Testament folgenden Vers:
"Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bleibst fern meiner Rettung, den Worten meines Schreiens?" (Psalm 22,2)
Da hat wohl jemand abgeschrieben?

Und komischerweise fehlt dieser Satz bei Lukas und Johannes, den beiden späteren Evangelien. Nach deren Auffassung schickt es sich nicht, an Gottes Treue zu zweifeln. Bei denen betont Jesus stattdessen diese Treue (also das Gegenteil):
"Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist!". (Lukas 23,46)
Aber, so ein Zufall, auch diesen Spruch finden wir in den Psalmen des Alten Testaments:
"Vater, in deine Hand befehle ich meinen Geist" (Psalm 31,6)
Zweitens: Wie bei allen Legenden werden sie mit der Zeit immer wunderbarer. In den frühen Texten war Jesus kein Gott und bezeichnet sich auch nicht so, beispielsweise im Markus-Evangelium. Die Bezeichnung "Sohn Gottes" in diesen frühen Texten meint keine Verwandtschaft, sondern nur die Befolgung göttlicher Gebote. Jeder, der die Gebote befolgte, war in diesem Sinne ein "Sohn Gottes".

Je später die weiteren Evangelien verfasst wurden, desto göttlicher wurde Jesus, bis er schließlich bei Johannes selbst zu einer Gottheit wurde. Dadurch ändern sich auch die Szenen der Kreuzigung. Anstatt dass Jesus etwas widerfährt, handelt er selbst.

Bei Markus wird er nach dem Tod noch auferweckt (Gott handelt, Jesus ist passiv), während er bei Johannes alles in der Hand behält und über sein Leben sagt: "Niemand nimmt es von mir, sondern ich selbst lasse es. Ich habe Macht, es zu lassen, und ich habe Macht, es wiederzunehmen".* (Johannes 10,18)

Noch später wurde Jesus mit Gott sogar identisch (Trinität, Konzil von Nicäa, 325 n.Chr.).

----
* Was die theologische Frage aufwirft, ob Jesus wirklich tot war, wenn er während seines Todes in der Lage war, sich selbst zu erwecken.

Puh - da bleibt nur ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass da doch nicht alles erfunden ist, was viele Menschen mit Jesus verbinden.
Arnes Ausführungen habe ich so ausgefasst, als wäre es historisch belegt, dass Jesus am Kreuz sagte "Gott, warum hast du mich verlassen?", während Jörns Ausführungen in Bezug auf diese Äußerungen für mich so klingen, als würde er es für sehr wahrscheinlich erachten, dass Jesus diese Worte nicht sagte.

merz 02.01.2019 21:51

Deal with it, es braucht ein Wunder, damit irgendetwas aus dem Rand des römischen Reiches vor 2000 Jahren ausführlich und verlässlich dokumentiert ist

m.

ThomasG 02.01.2019 22:46

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1428271)
Deal with it, es braucht ein Wunder, damit irgendetwas aus dem Rand des römischen Reiches vor 2000 Jahren ausführlich und verlässlich dokumentiert ist

m.

Es gibt so einen in meinen Augen schönen Spruch:
Nehme niemals jemandem eine Illusion weg, es sei denn, du gibst ihm dafür was besseres.
Oder so ähnlich halt.
Keine Sorge - ich bin hart im Nehmen!

Trimichi 03.01.2019 11:59

Das Phantasieren ist der einzige von einer ganzen Batterie an Ich-Abwehrmechanismen (Übersicht bei ZIMBARDO - Einführung in die Psychologie), der durchgelassen wird, also gem. Psychoanalyse nicht zur Verdrängung usw. führt. In short: Phantasieren ist in Ordnung, um die Realität besser bewältigen zu können aus wissenschaftlicher Sicht.

Wie ist es mit der Kunst bestellt nach wissenschaftlicher Sichtweise? Unterziehen wir die Kunst dem rationalen Fenster (rational window)? Auch hier müssten tausende Wissenschaftler hoffnungslos vor den zahlreichen Ausstellungen, Vernissagen und Gallerien scheitern - ähnlich wie bei Arnes Metapher die Wissenschaftler vor der Kirche, die Religion nicht verstehen können - da Kunst sich der rationalen Analyse entzieht. Indem Kunst "verrationalisiert" würde, würde man das Wesen der Kunst vernichten und den Zauber zerstören. Rationalisierung ist nach Sigmund und Anna Freud übrigens auch ein Ich-Abwehrmechanismus.



Was ich eigentlich schreiben wollte ist, dass ich gehofft hatte, Helmut erzählt ein bisschen mehr über Kant, den "Alleszermalmer". Diese Ausführungen interessierten auch mich sehr. :-)

denn: Die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis richten. (Kant; bekannt als die zweite Kernaussage [auch: kopernikanische Wende Kants genannt] neben der goldenen Regel bzw. dem kategorischen Imperativ).

Schönen Tag auch !

Klugschnacker 03.01.2019 13:32

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1428355)
In short: Phantasieren ist in Ordnung, um die Realität besser bewältigen zu können aus wissenschaftlicher Sicht.

Gilt das für alle Phantasien? Bewirkt jedwede Phantasie eine bessere Bewältigung der Realität? Das wäre aus meiner Sicht noch zu klären.

Ich finde es in Ordnung, einen fiktiven, idealisierten Jesus in ein ebenso fiktives System wie die christliche Religion zu setzen. Es gibt viele solche fiktive Systeme, derer wir uns bedienen, wie beispielsweise die Menschenrechte oder das Geldsystem oder die Nationalstaaten.

Problematisch wird es erst dadurch, dass man diese Fiktionen mit der Wirklichkeit verwechselt. Ein 100.000-Euro-Aktienpaket ist in Wirklichkeit nichts wert, was jeder bestätigen wird, der einen Börsensturz mitgemacht hat. Sein Wert ist eine Fiktion, die ihre Grenzen hat.

Die Menschenrechte sind eine Fiktion, und damit auch ihre Details, welche Rechte das im Einzelnen sind. In gleicher Weise ist es eine erzieherische Fiktion, es sei da ein Gott im Himmel, der etwas gegen Verhütungsmittel habe.

Eine Verwechslung dieser Fiktionen mit der Wirklichkeit nennen wir Fundamentalismus. Wir haben heute bei diesem Begriff ein ungutes Gefühl. In einem Fundamentalisten sehen wir jemanden, der eine entscheidende Sache nicht richtig verstanden hat. Fundamentalismus lehnen wir ab, weil mit den Fundamenten der Religionen etwas nicht in Ordnung ist. Und dieses Fundament ist: Der absolute Wahrheitsanspruch einer Fiktion.

Hier wird jeder seine eigene Meinung haben. Für mich persönlich scheint es ein sinnvoller Weg zu sein, nachzusehen, was Jesus tatsächlich gesagt und gewollt hat, um die Fiktion wieder mit der Wirklichkeit zu verbinden.
:Blumen:

Jörn 03.01.2019 13:49

Ich würde mich besser fühlen, wenn die Priester über die Vorzüge der Phantasie referiert hätten, bevor sie dabei ertappt wurden, alles nur erfunden zu haben.

Denn komischerweise haben sie zuvor immer behauptet, es handele sich um Tatsachen:
Paulus: "Danach [nach der Auferstehung] ist er [Jesus] gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen. Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln. Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden." (1. Korinther 15, 6-8)
Wenn alles nur schöne Phantasie und noble Kunst ist, stellen sich weitere Fragen, die ich mal mit zwei Bildern umschreibe:




Klugschnacker 03.01.2019 14:46

Zitat:

Zitat von Rälph (Beitrag 1428245)
Wie kommst du zu dem Schluss, dass ausgerechnet diese Aussage der Bibel der Wahrheit entspricht?

Nicht ich selbst komme zu diesem Schluss, sondern Historiker, die ich gelesen habe. Wie immer gibt es jedoch auch andere Meinungen.

Wenn eine Aussage Jesu oder eine Begebenheit seines Lebens auch von nichtchristlichen Quellen belegt wird, gewinnt sie an Überzeugungskraft. Insofern gilt die Taufe Jesu durch Johannes den Täufer als recht wahrscheinlich, ebenso sein Tod am Kreuz.

Jesus war Jude und kannte die jüdische Tora mitsamt den darin enthaltenen Prophezeiungen. Er glaubte fest daran, dass das dort vorausgesagte Gottesreich (auf Erden) kommen würde, und zwar sehr bald. Vor diesem Hintergrund sind seine Handlungen nachvollziehbar, beispielsweise, dass er sich zunächst weigerte, nichtjüdische Kinder zu heilen. Denn sie würden nach seiner Überzeugung ohnehin nicht am irdischen Gottesreich teilnehmen können. Er verglich sie mit Hunden, denen man nicht das Brot hinwerfen solle (Mt 15, 21-28).
21 Jesus ging weg von dort und zog sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück. 22 Und siehe, eine kanaanäische Frau aus jener Gegend kam zu ihm und rief: Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält. 23 Jesus aber gab ihr keine Antwort. Da traten seine Jünger zu ihm und baten: Schick sie fort, denn sie schreit hinter uns her! 24 Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. 25 Doch sie kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir! 26 Er erwiderte: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen. 27 Da entgegnete sie: Ja, Herr! Aber selbst die kleinen Hunde essen von den Brotkrumen, die vom Tisch ihrer Herren fallen. 28 Darauf antwortete ihr Jesus: Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt.
Denn das Gottesreich war nach der Tora und damit auch nach der Überzeugung Jesu allein den Juden vorbehalten. Deshalb sagt Jesus im Matthäusevangelium, dass nur die Juden missioniert werden sollen (Mt 10, 5-8).
Geht nicht zu den Heiden (Nichtjuden), und betretet keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Geht und verkündet. Das Himmelreich ist nahe.
Weil für Jesus die irdische Gottesherrschaft unmittelbar bevorstand, machte es für ihn keinen Sinn, Nichtjuden zu heilen oder zu missionieren. Denn Nichtjuden würden ohnehin nicht ins Gottesreich kommen, sondern vernichtet werden.

Vor diesem Hintergrund ist es plausibel, dass Jesus nicht damit gerechnet hat, von den Römern hingerichtet zu werden. Sein Ausspruch "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" ist zudem in aramäischer Sprache, der Muttersprache Jesu, überliefert. Die Autoren der Bibel schrieben jedoch griechisch. Außerdem passt das Eingeständnis seines Scheiterns nicht in die erst später entstandene christliche Denkweise. Der Ausspruch wurde daher von späteren christlichen Autoren korrigiert, weil dort der Gekreuzigte eine Gottheit sein soll.

Der Ausspruch passt aber zur jüdischen Denkweise und der Tora. Jesus war gläubiger Jude. Er sah sich als König der Juden, welcher in der Tora weis gesagt wurde, also als einen Menschen. Aufgrund dieses politischen Anspruchs, König des jüdischen Bevölkerungsanteils zu sein, wurde er von den Römern zum Tod verurteilt.

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Mancher wird sich daran stören, wenn Jesus als jemand dargestellt wird, der sinngemäß rief: "DAS ENDE IST NAH! FOLGT MIR ALLE NACH!!!". Wir haben heute mehr Erfahrung mit Heilsversprechen und Endzeitvisionen, als Jesus und seine Mitmenschen haben konnten. Darauf sollten wir uns nichts einbilden, auch wenn wir mit Fug und Recht feststellen dürfen, dass er sich nunmal geirrt hat: Das Reich Gottes kam nicht. Jesus war ein Kind seiner Zeit, genauso wir wir Kinder unserer Zeit sind, die seitdem 2000 Jahre Fortschritt hinter sich gebracht hat.

Auch wenn Jesus sich geirrt hat, wenn er religiösen Fantasien unterlag, wenn er mit Menschenrechten und universaler Nächstenliebe nichts am Hut hatte: Das bedeutet nicht, dass alles falsch gewesen wäre, was er gesagt hat oder gesagt haben soll. Wir müssen Legenden, Irrtümer und Dinge, die wir heute als moralisch falsch erkannt haben, von seinen guten und nachdenkenswerten Seiten trennen. So wie wir das auch bei Sokrates, Kant, Gandhi oder Einstein tun. Dabei können wir doch eigentlich nur gewinnen, oder?
:Blumen:

Flow 03.01.2019 15:26

shinnen akemashite, omedetou gozaimasu ... :Huhu:
Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1428377)
Bewirkt jedwede Phantasie eine bessere Bewältigung der Realität?
[...]
Es gibt viele solche fiktive Systeme, derer wir uns bedienen, wie beispielsweise die Menschenrechte oder das Geldsystem oder die Nationalstaaten.

Problematisch wird es erst dadurch, dass man diese Fiktionen mit der Wirklichkeit verwechselt.

Ich möchte da gerne allgemeiner von gedanklichen Modellen zur harmonischen Anordnung unserer Wahrnehmungen sprechen.

Würdest du mir zum neuen Jahr ein Stück Wirklichkeit jenseits solcher Modelle schenken ... ? :Blumen:

Ich denke der Physiker hat o.g. Anordnung unter Zuhilfenahme des vom Mathematiker zur Verfügung gestellten Werkzeuges perfektionistisch auf die Spitze getrieben.
Damit ist hier wohl auch die von dir angesprochene Verwechslungsgefahr am allergrößten.
Ebenso wie die latente Ignoranz oder Aversion gegenüber außerhalb der aktuellen Modelle sich Befindlichem.

Trimichi 03.01.2019 15:40

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1428377)
Gilt das für alle Phantasien? Bewirkt jedwede Phantasie eine bessere Bewältigung der Realität? Das wäre aus meiner Sicht noch zu klären.

Hi Arne :) ,

der eine sieht in einem Klecksbild (Rorschachtest) große, wohlgeformte Brüste, der andere womöglich eine Blumenwiese, der dritte Erbrochenes und so weiter und so weiter. Wie viele Menschen stellen sich vor eine Atombombe auf den nahen Osten zu werfen? Es sind viele. Wo aber ist das Problem? Es bleibt ja bei der Phantasie.

Allerdings glaube ich zu denken was du meinst. Ab wann wird eine Phantasie gefährlich? Freud prägte den Begriff Sublimation, eine Kanalisierung der Triebenergie aus dem Es (dem Unbewussten) in gesellschaftlich anerkannte Bahnen. Als ein Musterbeispiel für Sublimation wurde Kunst genannt.

Solange es bei der Phantasie bleibt...-

Natürlich wird man bei "Gefährdern" schon genauer hinschauen müssen, welche Phantasien sich manifestieren. Oder bei Pädophilen, die Material im Internet tauschen. Dafür gibt es die entsprechenden Behörden.

Man müsste, um Deine Frage befriedigend zu beantworten, Kriterien festlegen, ab wann eine Phantasie bedenklich wird. Bitte Gnade, verschone mich. :Blumen: Um dieser Frage nachzugehen, müsste man m.M.n. ganze Archive voll mit psychologischen Tests bemühen, die die entsprechenden Fragen enthalten. Zum Beispiel zur Faschismusskala (F-Skala), deren Score sich aus verschiedenen Fragen zur autoritären Persönlichkeit zusammensetzt.

--

Kurz F-Skala "gegurgelt" und aus Wiki nach hier copy & paste, um eine Vorstellung einzufangen.

Die F-Skala enthält neun Bereiche (sog. Subskalen)[1]:

Konventionalismus. Starre Bindung an die konventionellen Werte des Mittelstandes.
Autoritäre Unterwürfigkeit. Unkritische Unterwerfung unter idealisierte Autoritäten der Eigengruppe.
Autoritäre Aggression. Tendenz, nach Menschen Ausschau zu halten, die konventionelle Werte missachten, um sie verurteilen, ablehnen und bestrafen zu können.
Anti-Intrazeption. Abwehr des Subjektiven, des Phantasievollen, Sensiblen.
Aberglaube und Stereotypie. Glaube an die mystische Bestimmung des eigenen Schicksals, die Disposition in rigiden Kategorien zu denken.
Machtdenken und „Kraftmeierei“. Denken in Dimensionen wie Herrschaft - Unterwerfung, stark - schwach, Führer-Gefolgschaft; Identifizierung mit Machtgestalten; Überbetonung der konventionalisierten Attribute des Ich; übertriebene Zurschaustellung von Stärke und Robustheit.
Destruktivität und Zynismus. Allgemeine Feindseligkeit, Diffamierung des Menschlichen.
Projektivität. Disposition, an wüste und gefährliche Vorgänge in der Welt zu glauben; die Projektion unbewusster Triebimpulse auf die Außenwelt.
Sexualität. Übertriebene Beschäftigung mit sexuellen „Vorgängen“.


Klugschnacker 03.01.2019 18:44

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1428409)
Ich möchte da gerne allgemeiner von gedanklichen Modellen zur harmonischen Anordnung unserer Wahrnehmungen sprechen.[…]
Ich denke der Physiker hat o.g. Anordnung unter Zuhilfenahme des vom Mathematiker zur Verfügung gestellten Werkzeuges perfektionistisch auf die Spitze getrieben. Damit ist hier wohl auch die von dir angesprochene Verwechslungsgefahr am allergrößten.

Du hast Recht, die physikalischen Beschreibungen der Wirklichkeit sind nicht die Wirklichkeit selbst. Aus diesem Grund wird kein physikalisches Gesetz zum unantastbaren Dogma erhoben, sondern muss sich einer kritischen Überprüfung stellen. Das ist ein fundamentaler wissenschaftlicher Grundsatz.

Zitat:

Zitat von Flow (Beitrag 1428409)
Ebenso wie die latente Ignoranz oder Aversion gegenüber außerhalb der aktuellen Modelle sich Befindlichem.

Die meisten Atheisten werden sofort zum Gottesglauben überwechseln, sobald ein überzeugender Beweis dafür vorgelegt wird. Ihr Atheismus liegt nicht an der Ignoranz oder an Aversionen der Skeptiker gegenüber dem Mystizismus, sondern am Fehlen überzeugender Beweise. Oder wenigstens Plausibilität.


Mir scheint, Flow, dass es hier wieder um den Konflikt zwischen verschiedenen Wahrheitsbegriffen geht. Du scheinst es für möglich zu halten, dass religiöse Behauptungen wie Himmel, Hölle, Jenseits etc. wahr sind. Damit das trotz aller Widersprüche und dem Fehlen von Belegen möglich ist, möchtest Du alternative Vorstellungen von Realität einführen. Verstehe ich Dich da ungefähr richtig?

Jesus ist eine idealisierte Figur. Er hat in dieser idealisierten, vergöttlichten Form nicht existiert. Er hat für uns einen Bedeutung in dieser idealisierten Form, als Legende. Wir kennen das in vielfältiger Form. Etwa in der Geschichte von Ikarus, welcher auf Adlerschwingen der Sonne zu nah kam und abstürzte.

Für die Aussage dieser Legende ist es völlig unerheblich, ob Ikarus tatsächlich auf Vogelschwingen so hoch flog, dass er der Sonne zu nahe kam. Wir verstehen diese Metapher von der Hochmut des Menschen auch ohne uns zu vergewissern, ob Ikarus die erforderliche Flughöhe tatsächlich erreicht haben kann (natürlich nicht).

Erst wenn behauptet wird, das alles habe sich tatsächlich zugetragen, geht die Geschichte kaputt. Aus Sinn wird Unsinn. Legt man den wissenschaftlichen Realitätsbegriff zugrunde, ist es absoluter Quatsch, dass Ikarus sich an der Sonne verbrannt haben soll. Sinn macht diese Legende nur unter dem literarischen Wahrheitsbegriff. Dasselbe gilt für die Legenden von Jesus.

qbz 03.01.2019 18:44

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1428399)
Nicht ich selbst komme zu diesem Schluss, sondern Historiker, die ich gelesen habe. Wie immer gibt es jedoch auch andere Meinungen.
......
..........
Vor diesem Hintergrund ist es plausibel, dass Jesus nicht damit gerechnet hat, von den Römern hingerichtet zu werden. Sein Ausspruch "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" ist zudem in aramäischer Sprache, der Muttersprache Jesu, überliefert. Die Autoren der Bibel schrieben jedoch griechisch. Außerdem passt das Eingeständnis seines Scheiterns nicht in die erst später entstandene christliche Denkweise. Der Ausspruch wurde daher von späteren christlichen Autoren korrigiert, weil dort der Gekreuzigte eine Gottheit sein soll.

Der Ausspruch passt aber zur jüdischen Denkweise und der Tora. Jesus war gläubiger Jude. Er sah sich als König der Juden, welcher in der Tora weis gesagt wurde, also als einen Menschen. Aufgrund dieses politischen Anspruchs, König des jüdischen Bevölkerungsanteils zu sein, wurde er von den Römern zum Tod verurteilt.
......

Ich würde gerne mal die Gegenposition darstellen. Die letzten Worte Jesus: "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen" sind der Anfang eines Psalm 22 aus dem alten Testament, der den Evangelisten sicher bekannt war. Der soll damals auch in einer Aramäischen Übersetzung vorgelegen haben. Diese Worte sind für die Lehre der katholischen Kirche recht zentral und haben sich mir auch im kath. Reliunterricht fest eingeprägt. Die Kirche interpretiert sie im Zusammenhang mit dem Psalm im AT.

"Die traditionelle Exegese liest diese Worte als letzte Botschaft Jesu, mit der er seinen Kreuzestod deutet sowie seinen Jüngern letzte Weisungen gibt.

In der kritischen Auslegung wird angenommen, diese Aussprüche seien spätere Konstrukte, mit denen die frühe Kirche ihre Theologie festigte. Diese Annahme beruht auf der Sichtweise, dass Angehörigen kein Zugang zur Kreuzigung gewährt wurde, und somit keine Überlieferung letzter Worte möglich sei."

https://de.wikipedia.org/wiki/Sieben_letzte_Worte

Klugschnacker 03.01.2019 19:11

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1428449)
Die traditionelle Exegese liest diese Worte als letzte Botschaft Jesu, mit der er seinen Kreuzestod deutet sowie seinen Jüngern letzte Weisungen gibt.

Zwei Einwände:

1. Wenn er seinen Jüngern vor seinem Tod letzte Anweisungen gab, hat er offensichtlich nicht mit seiner Wiederauferstehung gerechnet. Doch das geht ja irgendwie auch nicht, sofern er mit dem allwissenden Gott identisch sein soll.

2. Es handelt sich beim Ausruf "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" nicht um eine Anweisung. Oder sieht da jemand eine Anweisung, mit der seine Jünger etwas hätten anfangen können? Immerhin standen diese vor einem sehr großen und komplexen Problem. Jesus sagte ihnen, sie sollen wegen des unmittelbar bevorstehenden Gottesreiches auf Erden ihren gesamten Besitz aufgeben und ihre Familien verlassen. Außerdem hätten sie andere anzustiften, dasselbe zu tun. Nun sehen sie, dass der selbsternannte König der Juden am Kreuz hängt. Da ist Jesu Ausruf sicher keine adäquate Anweisung.

qbz 03.01.2019 20:12

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1428456)
Zwei Einwände:

1. Wenn er seinen Jüngern vor seinem Tod letzte Anweisungen gab, hat er offensichtlich nicht mit seiner Wiederauferstehung gerechnet. Doch das geht ja irgendwie auch nicht, sofern er mit dem allwissenden Gott identisch sein soll.

2. Es handelt sich beim Ausruf "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" nicht um eine Anweisung. Oder sieht da jemand eine Anweisung, mit der seine Jünger etwas hätten anfangen können? Immerhin standen diese vor einem sehr großen und komplexen Problem. Jesus sagte ihnen, sie sollen wegen des unmittelbar bevorstehenden Gottesreiches auf Erden ihren gesamten Besitz aufgeben und ihre Familien verlassen. Außerdem hätten sie andere anzustiften, dasselbe zu tun. Nun sehen sie, dass der selbsternannte König der Juden am Kreuz hängt. Da ist Jesu Ausruf sicher keine adäquate Anweisung.

Es ging mir nur um die Frage, ob die letzten Worte historisch als belegt gelten oder nicht. Da scheinen mir die Argumente, damals wäre die Anwesenheit Angehöriger am Kreuz nicht üblich gewesen, die Worte: Mein Gott, ..." würden sich auf einen Psalm im AT beziehen, aramäische Übersetzungen des AT hätten vorgelegen, recht überzeugend und eher für die erzählerische Schöpfergabe der Evangelisten zu sprechen.

Der Wiki-Verfasser würde vermutlich anführen, dass er "mit der er seinen Kreuzestod deutet sowie seinen Jüngern letzte Weisungen gibt" schrieb, und der Psalm zur Deutung gehört, die er dann im nächsten Abschnitt ausührt. (Hast Du das gelesen?).

Nach der Lehre und der Bibel sagte Jesus am Kreuz zu dem einen Verbrecher auch: "Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein." Ob das nun im Widerspruch steht zur Wiederauferstehungslehre oder nicht, ich weiss es nicht. Gelehrt wurde mir, dass Gott eben durch seinen Sohn Jesus auch Mensch wurde und als Mensch und Gottes Sohn am Kreuz starb. Als Mensch gewordener Gottes Sohn wusste er nichts von seiner baldigen Wiederaufstehung, der Lehre nach.

MattF 03.01.2019 20:28

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1428476)
die Worte: Mein Gott, ..." würden sich auf einen Psalm im AT beziehen, aramäische Übersetzungen des AT hätten vorgelegen, recht überzeugend und eher für die erzählerische Schöpfergabe der Evangelisten zu sprechen.


Soweit ich das mal verstanden habe vor langer Zeit im Reliunterricht, bezieht sich doch das komplette Leben und Wirken von Jesu auf das alte Testament. Er hat die Vorhersagen wahr gemacht.

Dann wurde in den Evangelien natürlich noch auf die Zielgruppen eingegangen, und deren Erwartungen adaptiert (Griechen usw.).

Also Marketing at it's best.

Ich glaub ihr seit doch einer Meinung. :)

ThomasG 04.01.2019 20:47

Mädels und Jungs - jetzt müsst ihr vielleicht ein wenig stark sein und über Euren Schatten springen.
Ich habe was entdeckt - also mehr oder weniger zufällig.
KenFM im Gespräch mit: Franz Alt ("Was Jesus wirklich gesagt hat")
https://www.youtube.com/watch?v=lNoXG4QZDmY
Das ziehe ich mir jetzt rein in der Hoffnung, das der Franz Alt ordentlich recherchiert hat.

Nachtrag:

Zitat:

Günther Schwarz (* 12. Februar 1928 in Hamburg; † 9. Juli 2009 in Wagenfeld) war ein deutscher evangelischer Theologe, Pfarrer und Philologe der Aramaistik. Er veröffentlichte acht Bücher über Varianten der Übersetzungen der Worte Jesu und erarbeitete eine in der Fachwelt allerdings nicht rezipierte „Rückübersetzung“ aus dem Griechischen ins Aramäische, das Jesus-Evangelium.

Zitatende

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B...arz_(Theologe)

Zitat:

Seine Methode der Rück- und Neuübersetzung führte Günther Schwarz zu folgenden Schlüssen:

1. Jesus habe alle seine Worte, Spruchgruppen, Lehrgedichte und Gleichnisse poetisch geformt, wobei er aus dem Alten Testament bekannte poetische Formen aufgegriffen und weiterentwickelt habe, wie Reim, Wortspiel, Rhythmus sowie verschiedene Arten der Übereinstimmung von Satzgliedern.
2. Die ursprüngliche Übersetzung aus dem Aramäischen ins Griechische sei an vielen Stellen falsch. Es sei willkürlich weggelassen und hinzugefügt worden, was heute noch durch einen Vergleich der Evangelientexte zu erkennen sei. So entstanden nach Schwarz’ These die christliche „Drohbotschaft“ mit ewiger Verdammnis, Hölle, Sündenvergebung durch Priester oder Zölibat sowie eine Vielzahl von Ge- und Verboten. Die ursprüngliche Lehre Jesu wurde nach seiner These dabei immer mehr verschüttet und entstellt.

Die Ergebnisse seiner Untersuchungen dokumentierte er in seiner Neuübersetzung neutestamentlicher Texte von 1993, Das Jesus-Evangelium.[1] Beispiele:

* Der Heilige Geist, der „wie eine Taube“ auf Jesus herabkommt, beruhe auf einer bestimmten Vokalisation des Aramäischen. Eine alternative Vokalisation ergebe, nun verständlich, dass der Heilige Geist „geradewegs“ auf den Herrn herabkomme[2]
* Das Abendmahl beruhe auf einer Fehlübersetzung: Statt des präsentischen „Das ist mein Leib“ sei futurisch zu übersetzen:

„Gerade dieses ‚ist‘ aber bot die Möglichkeit, das Wortpaar Fleisch und Blut sakramental zu deuten (‚Dies ist mein Fleisch / mein Blut‘), statt wie es Jesus meinte, das Brechen des Brotes und das Vergießen des Weines zu deuten (‚Dies wird meinem Fleisch / meinem Blut geschehen‘).“[3]

Zitatende

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B...arz_(Theologe)

(Die Form der textlichen Darstellung habe ich nach dem Kopieren leicht verändert.
Statt Punkte, die mittig platziert sind im Wikipediatext, habe ich Sternchen eingefügt (*))

Website von Dr. Phil. Günther Schwarz:

Zitat:

Was wollte, tat und sprach Jesus wirklich?

Diese Internetseite ist dem Lebenswerk und Andenken des evangelischen Theologen und Aramäischforschers Dr. phil. Günther Schwarz (1928-2009) gewidmet. Sie wurde ins Leben gerufen, um der von Dr. Schwarz so bezeichneten „Kirchenkrankheit“ entgegenzuwirken und seine Arbeiten einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Unter „Kirchenkrankheit“ verstand Günther Schwarz das bedingungslose, jeden noch so klar begründeten Einwand ignorierende Festhalten der Kirche an fehlerhaft überlieferten Texten. Jedem, der sich von der Lehre und den Worten Jesu, seiner Botschaft der Liebe angesprochen fühlt, ob studierter Theologe oder nicht, sei die Arbeit von Dr. Schwarz ans Herz gelegt.

Zitatende

Quelle: http://www.jesus-forscher.de/

Zitat:

Rezeption und Kritik

* Alts Jesusbild wird nach Darstellung von Micha Brumlik von manchen Theologen als "einseitige und wohlfeile Projektion aktueller ideologischer Vorstellungen" kritisiert: der pazifistische Jesus, der ökologische Jesus, der feministische Jesus. Darüber hinaus werde ihm vorgeworfen, er spiele den Gott des Neuen Testaments als „Gott der Liebe“ gegen den Gott des Alten Testaments als „Gott der Rache und des Krieges“ aus, was nicht nur Juden und Vertreter des jüdisch-christlichen Dialogs als antijudaistisches und antisemitisches Gedankengut kritisieren würden.[16] Noch weiter geht Fritz Rumler in seiner Kritik an Alts Werk Jesus – der erste neue Mann, aufgrund dessen er Alt "sektiererisches Sendungsbewusstsein" attestierte: „Denn unter den verschiedenen Titeln quillt immer die gleiche Suada, aus Bekennerwut und Bekehrungsfieber, Hochmut des Gerechten und Zerknirschung des Sünders, Ratio-Feindlichkeit, New-Age-Besserwisserei samt Katalog der Katastrophen; eine spirituelle Anbauküche, in der es nach Sektierertum und Gestern riecht.“[17]
* Nach Ansicht seiner Kritiker versäumt Alt die klare Abgrenzung zu rechtsextremen Ideologien (siehe Veröffentlichungen u. a. in der Nationalzeitung). Er nehme damit in Kauf, dass sein prominenter Name für die Imagewerbung rechtsextremer Organisationen benutzt werde. Alt entgegnet den Vorwürfen, dass er selbst mit rechtsextremen Organisationen nichts zu tun habe, dass man sich mit ihnen aber auch auseinandersetzen müsse, da die dortigen Mitglieder und die Leser dieser Zeitungen auch Menschen seien. Die ehemalige Grünenpolitikerin Jutta Ditfurth stellte Alt als Rechtsextremisten dar und bezeichnete ihn als „chronisch lächelnden Antisemiten“ und „scheinheilig“.[18]
* Christoph Scheuring schrieb Alt einen prophetischen Habitus zu: „Andächtig hobelt er seine Sinnsprüche vom großen Weisheitsklotz, und jeder Satz ist ein moralisches Ausrufezeichen. »Wer, wenn nicht wir, und wann, wenn nicht jetzt?« fragte er von seiner Kanzel.“[19]

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Alt_(Journalist)

(Die Form der textlichen Darstellung habe ich nach dem Kopieren leicht verändert.
Statt Punkte, die mittig platziert sind im Wikipediatext, habe ich Sternchen eingefügt (*))

Wie man hoffentlich gemerkt haben dürfte, wurde ich beim Anschauen des Interviews skeptisch und habe angefangen ein bisschen zu recherchieren.
Zuerst halt man das so ziemlich naheliegendste also Wikipediaartikel u.ä..
D.h. nicht, dass ich Wikipedia vertraue, aber wenn man dort nachliest, kriegt man zumindest relativ schnell mit, inwiefern es da bestimmte Vorwürfe gibt oder halt nicht.
Die ersten 35 Minuten habe ich gesehen.
Jebsen hat mir da viel zu wenig kritisch hinterfragt.
Ich lasse das aber alles mal hier.
Wenn es jemanden sehr stört, kann er ja Bescheid sagen.


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