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Jörn 12.06.2018 17:11

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1384594)
der 75jährige schwule Einzelfall hervorgeholt und breitgetreten

Wieso ist es ein Einzelfall? Wie viele 75-jährige Schwule sind nach Deiner Meinung "geoutet" und verheiratet? Mir scheint das Verstecken und die Ehelosigkeit in dieser Gruppe die Norm zu sein.

Außerdem habe ich auch eine Reihe anderer Beispiele genannt: Promis, Privatpersonen, Erwachsene, Schüler, Männer, Frauen. Diese stammten aus den unterschiedlichsten Quellen, unter anderem aus der konservativen FAZ. Wo bleiben Deine Belege?

Ich bin verblüfft, wie schnell Jesus Christus hier über Bord geworfen wird. Hat er sich nicht um den Einzelnen gekümmert? Hat er nicht einzelne Kranke geheilt und ihnen Trost gespendet?

Ist das nicht das Einzige, was man ohne rot zu werden überhaupt noch von Jesus sagen kann? Die Barmherzigkeit für den Einzelnen und das Verständnis für seine Situation?

Hat er bei der Ehebrecherin gesagt: "Also das sind ja statistisch nur 4,3 Prozent, die könnt ihr ruhig steinigen, da habe ich ganz andere Probleme"?

Nein, er hat diese einzelne Frau vor dem Mob in Schutz genommen. Sein Schutz galt der verzweifelten Frau -- nicht der Mehrheit. "Wer ohne Sünde unter Euch ist, der werfe den ersten Stein. Und zur Sünderin sagte er: Gehe hin und sündige hinfort nicht mehr."

Was ist davon übrig geblieben?

Was ist hiermit: "Was Ihr dem Geringsten unter Euch getan habt, das habt Ihr mir getan"?

schnodo 12.06.2018 17:57

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384678)
Außerdem habe ich auch eine Reihe anderer Beispiele genannt: Promis, Privatpersonen, Erwachsene, Schüler, Männer, Frauen. Diese stammten aus den unterschiedlichsten Quellen, unter anderem aus der konservativen FAZ.

Wobei diese, wenn ich es recht in Erinnerung habe, durch die Bank unter "Anekdotische Evidenz" fallen und dementsprechend schwache bis gar keine Belege sind. Daraus den Schluss zu ziehen, die Kirche sei für die (unterstellten) Zustände in der Gesamtverantwortung ist sehr gewagt, wenn auch vielleicht intuitiv naheliegend.

Das, was ohne Beleg vorgebracht wird, kann man auch ohne Beleg verwerfen.

Dass jemand sich benachteiligt fühlt, bedeutet nicht, dass er es objektiv betrachtet ist. Klickzahlen auf YouTube als Beweis? Da musst Du doch selbst schmunzeln. :)

Jörn 12.06.2018 18:03

Die Klickzahlen können nicht belegen, ob der Inhalt des Videos wahr ist. Sie belegen aber eindeutig das Interesse. Und das Interesse war der strittige Punkt: Ob ein Outing überhaupt noch jemanden interessiert. Das wurde behauptet.

8 Millionen Klicks für ein Outing und zusätzlich 72.000 Kommentare sind enorm viel, selbst wenn man eine gewisse Prozentzahl aus irgendwelchen Gründen abziehen möchte. Diese Zahlen sind selbst für Youtube-Maßstäbe ungewöhnlich. Die Zahlen sind keine Anekdote, die keiner nachprüfen könnte. Sondern jeder kann sie nachprüfen. Es sind Fakten.

Von mir aus können wir als Ergebnis der Debatte festhalten, dass eine "Erschwernis für Homosexuelle durch gesellschaftliche Umstände" nicht festgestellt werden konnte, da keine validen Belege erbracht wurden.

schnodo 12.06.2018 18:08

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384696)
8 Millionen Klicks für ein Outing und zusätzlich 72.000 Kommentare sind enorm viel, selbst wenn man eine gewisse Prozentzahl aus irgendwelchen Gründen abziehen möchte. Diese Zahlen sind selbst für Youtube-Maßstäbe ungewöhnlich. Diese Zahlen sind keine Anekdote, die keiner nachprüfen kann. Sondern jeder kann sie nachprüfen. Es sind Fakten.

Die Zahl der Klicks und Kommentare ist faktisch (ich gehe mal davon aus, dass Du nicht mogelst). Deine Interpretation dieser Zahlen ist aber ausschließlich Deine Meinung.

Diese Meinung als Fakt verkaufen zu wollen ist ein unzulässiger rhetorischer Trick, würde vielleicht jemand anders sagen. ;)

Jörn 12.06.2018 18:15

Von mir aus können wir als Ergebnis festhalten, dass nicht objektiv geklärt werden konnte, ob 8 Millionen Klicks und 72.000 Kommentare als "Interesse" oder "Desinteresse" zu werten wären.

schnodo 12.06.2018 18:27

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384699)
Von mir aus können wir als Ergebnis festhalten, dass nicht objektiv geklärt werden konnte, ob 8 Millionen Klicks und 72.000 Kommentare als "Interesse" oder "Desinteresse" zu werten wären.

Das scheint mir über das Ziel hinausgeschossen. Wer klickt, hat wohl Interesse. Ich würde es deshalb anders formulieren: Wir wissen nicht, welcher Art dieses Interesse ist.

Donald Trump hat auch wahnwitzige Klickzahlen; ich unterstelle, dass viele Klicker keine Fans sind.

Jörn 12.06.2018 18:33

Einverstanden, dann halten wir fest, dass wir nicht wissen, aus welchem Interesse heraus ein Video mit dem Titel "Coming Out" acht Millionen mal angeklickt wurde. Zitat: "Wir wissen nicht, welcher Art dieses Interesse ist."

Auch ist bei den 72.000 Kommentaren nicht geklärt, ob diese mit dem Inhalt des Videos zusammenhängen oder eher allgemeiner Natur sind. Vielleicht wollten sie nur auf einen Schreibfehler im Abspann aufmerksam machen, wer will das schon so genau wissen?

Einigen wir uns darauf, dass die Sache nicht sinnvoll geklärt werden konnte, und dass Spekulationen nicht angebracht sind, da wir wissenschaftlich akkurat vorgehen wollen.

LidlRacer 12.06.2018 18:41

Zitat:

Zitat von schnodo (Beitrag 1384700)
Das scheint mir über das Ziel hinausgeschossen. Wer klickt, hat wohl Interesse. Ich würde es deshalb anders formulieren: Wir wissen nicht, welcher Art dieses Interesse ist.

Donald Trump hat auch wahnwitzige Klickzahlen; ich unterstelle, dass viele Klicker keine Fans sind.

Hast Du wenigstens mal grob auf das Video geschaut? Wohl kaum - sonst hättest Du gesehen, dass es ca. 500.000 positive und 5.000 negative Bewertungen hat.

schnodo 12.06.2018 19:04

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384701)
Einigen wir uns darauf, dass die Sache nicht sinnvoll geklärt werden konnte, und dass Spekulationen nicht angebracht sind, da wir wissenschaftlich akkurat vorgehen wollen.

Schön, dass wir eine gemeinsame Sicht gefunden haben. :)

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1384702)
Hast Du wenigstens mal grob auf das Video geschaut? Wohl kaum - sonst hättest Du gesehen, dass es ca. 500.000 positive und 5.000 negative Bewertungen hat.

Nein, das habe ich nicht getan. Ich habe diesbezüglich Jörns Darstellung vertraut. Weder der Inhalt des Videos noch der Inhalt der Kommentare ist für die Argumentation in Jörns Sinne - fußend auf Belegen, Tatsachen und Beweisbarkeit - tauglich.

Inhaltlich bin ich viel näher bei Jörn als bei den meisten Gläubigen. Aber mir gefällt die Vermischung nicht, die einerseits emotionale Aufhänger sucht - und leicht findet - und anhand dieser anekdotischen Evidenz plötzlich messerscharf logisch die Verderbtheit der Kirche nachweist. Das geht so nicht, speziell wenn man beispielsweise anderen vorhält, dass sie nur Einzelbeispiele aus dem Privatleben für das Gegenteil parat haben.

Ich finde es okay, emotional zu argumentieren. Wir sind alle keine Roboter. Aber dann muss gleiches Recht für alle gelten und man darf nicht zwischendurch die Wissenschaftskarte ziehen, wenn es gerade opportun scheint.

Dürfen darf man schon aber dann darf ich halt auch darauf hinweisen, dass mir das nicht gefällt. Ich gebe mir ziemlich viel Mühe, meine Ansicht nachvollziehbar, sachlich und in ordentlichem Deutsch zu begründen und bin stets bereit, sie zu ändern, wenn man mich überzeugt, dass ich irre, was oft genug geschieht.

Jörn 12.06.2018 19:16

Zitat:

Zitat von schnodo (Beitrag 1384704)
Weder der Inhalt des Videos noch der Inhalt der Kommentare ist für die Argumentation in Jörns Sinne - fußend auf Belegen, Tatsachen und Beweisbarkeit - tauglich.

Aber das kann nicht dazu führen, dass die persönlichen Erlebnisse der Betroffenen gar nicht erst vorgebracht und angehört werden dürfen.

Diese Schilderungen müssen (und dürfen) nicht das einzige Indiz bleiben. Aber das sind sie ja nicht. Die Problematik kann sofort anhand weiterer Indizien und Fakten nachgewiesen werden.

Zitat:

Zitat von schnodo (Beitrag 1384704)
nur Einzelbeispiele aus dem Privatleben

Eben das sind sie nicht. Es sind keine Einzelbeispiele. Wie viele Beispiele möchtest Du haben?

Zwar würden mich eine Million Wunderberichte nicht davon überzeugen, dass sie stattfanden. Aber sie sind Anlass genug, sich damit zu beschäftigen und darüber zu debattieren. Geradezu bizarr wäre es, bei den Katholiken (oder den GRÜNEN) von "Einzelbeispielen" zu reden, die deswegen keine Relevanz beanspruchen könnten. Der Glaube der Katholiken ist gesellschaftlich allein deswegen relevant, weil er in ausreichender Zahl vorgetragen wird. Die Zahl an "Coming Out"-Geschichten ist ebenfalls ausreichend.


Zitat:

Zitat von schnodo (Beitrag 1384704)
Aber dann muss gleiches Recht für alle gelten und man darf nicht zwischendurch die Wissenschaftskarte ziehen, wenn es gerade opportun scheint.

Emotionale Argumente müssen anschließend wissenschaftlich-objektiv geprüft werden. Hier behandele ich die Gläubigen und alle anderen exakt gleich.

In meinen Zitaten aus der FAZ wurden zahlreiche Beispiele genannt, dass die Eltern auf das Coming Out ihrer Kinder sehr ablehnend reagiert hätten. Dies muss man nicht für bare Münze nehmen. Einverstanden. Aber man kann es ja nachprüfen. Diese Nachprüfung erwarte ich auch für die Behauptung über Empfindungen der Gläubigen, die behaupten, sie würden die Existenz von Jesus eindeutig spüren.

Zudem gilt das Gebot der Plausibilität. Dass Eltern auf homosexuelle Kinder teilweise verschnupft reagieren, ist plausibel, und man findet ausreichend Beispiele dafür. Die Wundertaten von Jesus widersprechen jedoch unserer Erfahrung, und es gibt keine prüfbare Beispiele. Hier ist eine erhöhte Skepsis also gut begründet.

schnodo 12.06.2018 19:52

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384708)
Es sind keine Einzelbeispiele. Wie viele Beispiele möchtest Du haben?

Wenn Du noch einmal genau nachschaust, wirst Du sehen, dass ich keine Beispiele gefordert habe. Ich habe angemerkt, dass Du die persönlichen Erfahrungen ("Einzelbeispiele", wie ich sie genannt habe) der anderen Teilnehmer - Beispiele für den positiven Umgang mit Schwulen und insbesondere den Umgang der Kirche mit Schwulen - als nicht valide abgetan und mit Hinweisen auf YouTube-Klicks und Artikeln in überregionalen Zeitungen versucht hast, die Verantwortung für die emotionale Qual wieder ursächlich bei der Kirche zu verorten.

Vielleicht liegt sie da tatsächlich aber so wirst Du das - gemessen an Deinen eigenen Maßstäben - nicht beweisen können.

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384708)
Zudem gilt das Gebot der Plausibilität. Dass Eltern auf homosexuelle Kinder teilweise verschnupft reagieren, ist plausibel, und man findet ausreichend Beispiele dafür. Die Wundertaten von Jesus widersprechen jedoch unserer Erfahrung, und es gibt keine prüfbare Beispiele. Hier ist eine erhöhte Skepsis also gut begründet.

Aber Deine Skepsis teilen doch diejenigen, mit denen Du hier aktuell im Clinch liegst. Deswegen greifen Deine Argumente nicht.

Die Betroffenen wollen aber nicht auf jegliche Form von Spiritualität verzichten, nur weil Jesus höchstwahrscheinlich nicht übers Wasser gegangen ist. Vielleicht kommst Du besser damit zurecht, wenn Du die Angelegenheit nicht als "Christentum" sondern als eine Art "folklorischen spirituellen Traditionalismus" betrachtest.

Man kann die meisten Menschen nicht mit Fakten überzeugen. Willst Du Recht behalten oder willst Du etwas bewegen? Beides gleichzeitig geht nicht.

...bzw. nur in den Universen, die ich mir ausdenke. :)

Jörn 12.06.2018 20:29

Zitat:

Zitat von schnodo (Beitrag 1384711)
Ich habe angemerkt, dass Du die persönlichen Erfahrungen ("Einzelbeispiele", wie ich sie genannt habe) der anderen Teilnehmer - Beispiele für den positiven Umgang mit Schwulen und insbesondere den Umgang der Kirche mit Schwulen - als nicht valide abgetan und mit Hinweisen auf YouTube-Klicks und Artikeln in überregionalen Zeitungen versucht hast, die Verantwortung für die emotionale Qual wieder ursächlich bei der Kirche zu verorten.

Natürlich sind die "positiven Beispiele" der Kirchen und ihrer Mitglieder bez. der Homosexuellen valide, wieso sollte ich dem widersprechen? Ich habe sogar selbst ein positives Beispiel gebracht, als ich Winfried Kretschmann (GRÜNE) zitiert hatte. Nach meiner Erinnerung war ich sogar der einzige, der ein solches Beispiel gebracht hat.

Dann gab es noch kekos Beispiel mit dem Rotwein-Pfarrer, der den schwulen Robert ganz nett behandelt/ignoriert hat; allerdings, heiraten durfte Robert weder bei ihm noch sonst in irgendeiner katholischen Kirche auf der ganzen Welt. Ich bin nicht sicher, ob das als positives Beispiel zählt. Der Vatikan sagt, es wäre "in keinem Fall zu billigen".

Es haben sich auch Diskutanten zu Wort gemeldet (war es tandem?), der die "Homo-Ehe" sogar direkt aus seinem Glauben heraus begründete, und ich habe das ausdrücklich begrüßt. Übrigens nicht, weil mir das Ergebnis gefällt, sondern weil ich dessen Herleitung aus verschiedenen christlichen Grundhaltungen nachvollziehen kann.

All das erkenne ich an.

Was die "Verortung" der Schuld bei den Kirchen angeht, gehe ich einfach davon aus, dass hier kein vernünftiger Zweifel besteht. Ansonsten warte ich auf eine Begründung dieses Zweifels. Die christlichen Schriften (und Taten!) sind absolut eindeutig, und zwar nicht nur vor hundert Jahren, sondern bis heute. Belege dafür (Schlagzeilen, Papst-Schreiben und weiteres) habe ich in großer Zahl vorgelegt.

Keine andere Organisation, nicht einmal die NPD, kommt auf ein ähnliches Hate-Fest oder auf ähnlich absurde Begründungen.


Zitat:

Zitat von schnodo (Beitrag 1384711)
Vielleicht liegt sie da tatsächlich aber so wirst Du das - gemessen an Deinen eigenen Maßstäben - nicht beweisen können.

Aber wer fordert einen Beweis? Die Frage nach einem Beweis wird müßig, wenn man sich sowieso einig ist.

Stelle Dir ein Coming Out vor. In der Familie oder vor einer Gruppe. Hier kommt die Frage: Wird es leichter oder schwieriger, wenn die Familie oder die Gruppe christlich-religiös ist? Im Durchschnitt, wenn wir das Experiment 100 mal durchführen?

Jeder weiß doch, dass es enorm viel schwieriger ist, wenn eine der abrahamitischen Religionen im Spiel ist. Christen verbinden ihre "Toleranz" außerdem häufig mit absurden Forderungen, etwa einer lebenslangen Enthaltsamkeit, weil der Schöpfer der Welt es ihnen gesagt hätte.

Ich tummle mich ja schon seit langem im atheistischen Umfeld, aber, ganz ehrlich, noch nie ist mir das Argument begegnet, man könne den Kirchen keine "kritische" Haltung gegenüber Homosexuellen nachweisen, oder man könnte nicht belegen, dass es sich für die Betroffenen negativ auswirken könnte.

LidlRacer 12.06.2018 20:54

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384717)
Aber wer fordert einen Beweis? Die Frage nach einem Beweis wird müßig, wenn man sich sowieso einig ist.

Ich habe auch den Eindruck, dass hier teilweise aus (einem mir unverständlichen) Prinzip gestritten wird, obwohl es keinen wesentlichen Dissens gibt.

schnodo 12.06.2018 21:52

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384717)
Aber wer fordert einen Beweis? Die Frage nach einem Beweis wird müßig, wenn man sich sowieso einig ist.

Ich hatte den Eindruck, dass für Dich Beweisbarkeit ein zentrales Element der gesamten Diskussion darstellt.

Einigkeit kann ich nicht erkennen, es sei denn, es ginge um die Beurteilung abwegiger Tatsachenbehauptungen in alten Schriften. Was den Einfluss der Kirche auf das heutige Leben angeht, so geht die Einschätzung enorm auseinander.

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384717)
Ich tummle mich ja schon seit langem im atheistischen Umfeld, aber, ganz ehrlich, noch nie ist mir das Argument begegnet, man könne den Kirchen keine "kritische" Haltung gegenüber Homosexuellen nachweisen, oder man könnte nicht belegen, dass es sich für die Betroffenen negativ auswirken könnte.

Es geht darum, wie schwerwiegend die Auswirkungen für die Betroffenen sind. Du sagst, sie sind massiv und die Kirche ist schuld. Die anderen sagen, die Auswirkungen sind milde und vergleichbar mit den alltäglichen Nachteilen, die jeder in irgendeiner Form zu erdulden hat. Die Kirche ist dabei nur einer unter vielen Playern, dabei eher gemäßigt, und lässt starke Tendenzen erkennen, sich noch mehr zu öffnen.

Dem letztgenannten Standpunkt räumst Du keinen Platz ein. Wenn Du so vehement meinst, dass diese Haltung nicht duldbar ist und dass keinerlei positive Entwicklung der Kirche erkennbar ist, muss aus meiner Sicht mehr kommen als die von Dir vorgebrachten Geschichten. Ich erkenne das Bemühen, mehr zu liefern, das aber daran scheitert, dass die Gegenseite Deine Prämisse, kirchliche Dogmen seien für ihre Lebenswirklichkeit von Bedeutung, nicht akzeptiert.

Ich mag eigentlich auch gar nicht mit Dir streiten, weil wir in diesem Themenbereich im Grundsatz vermutlich sehr ähnliche Ansichten haben. Ich finde nur, dass Deine eingeschlagene Diskussionsstrategie nicht produktiv ist und Du einigen anderen Unrecht tust. Nicht jeder hat Deine Fähigkeit oder auch nur die Zeit, einen derart umfangreichen Gedankenaustausch so im Griff zu haben, dass jederzeit das geeignete Argument parat liegt und man nach Belieben und nach Situation auf einen Aspekt fokussiert oder die Auseinandersetzung in epische Breiten trägt und mit Verweisen auf Literatur und Folklore so überfrachtet, dass sie für die anderen nicht mehr handhabbar ist. Diejenigen, die diesen Skills zum Opfer fallen, haben aus meiner Sicht zurecht das Gefühl, dass ihre Entgegnungen nicht dem Sinn nach gehört werden, sondern nur als Vorlage dienen um sie mit einem weiteren argumentativen Kunstgriff vorzuführen. Die wenigsten reagieren positiv, wenn sie das Gefühl haben, dass man versucht, sie als Dorfdepp dastehen zu lassen. Und das Gefühl stellt sich, wie sich leicht beobachten lässt, bei vielen ein.

Soweit meine Einschätzung, die keinen Angriff darstellt, sondern einen Versuch, Dir eine vielleicht unerwartete Sichtweise etwas näher zu bringen. Das ganze in der Hoffnung, dass sich die Unterhaltung hier etwas entspannt und vielleicht auch mal wieder über künstliche Intelligenz gesprochen wird.

LidlRacer 12.06.2018 22:10

Zitat:

Zitat von schnodo (Beitrag 1384740)
Einigkeit kann ich nicht erkennen, es sei denn, es ginge um die Beurteilung abwegiger Tatsachenbehauptungen in alten Schriften. Was den Einfluss der Kirche auf das heutige Leben angeht, so geht die Einschätzung enorm auseinander.

Es geht darum, wie schwerwiegend die Auswirkungen für die Betroffenen sind. Du sagst, sie sind massiv und die Kirche ist schuld. Die anderen sagen, die Auswirkungen sind milde und vergleichbar mit den alltäglichen Nachteilen, die jeder in irgendeiner Form zu erdulden hat. Die Kirche ist dabei nur einer unter vielen Playern, dabei eher gemäßigt, und lässt starke Tendenzen erkennen, sich noch mehr zu öffnen.

Dann nenne doch mal bitte eine einzige Organisation, die möglicherweise ähnlich stark (oder gar stärker) negativen Einfluss auf die öffentliche Meinung gegenüber Homosexuellen hat, wie die katholische Kirche!

Auch wenn es dort Tendenzen zur Besserung gibt, so ist die offizielle Haltung meines Wissens doch immer noch völlig absurd:
Homosexuelle werden zwar irgendwie toleriert, aber sie dürfen auf gar keinen Fall Sex haben!!!! :Maso:

Jörn 12.06.2018 22:14

Zitat:

Zitat von schnodo (Beitrag 1384740)
Du sagst, sie sind massiv und die Kirche ist schuld. Die anderen sagen, die Auswirkungen sind milde und vergleichbar mit den alltäglichen Nachteilen, die jeder in irgendeiner Form zu erdulden hat.

Ich sage, dass die Betroffenen es mit überwältigender Mehrheit auf eine bestimmte Weise sehen; und dass die Nicht-Betroffenen sich mehrheitlich nicht damit zu beschäftigen brauchen und daher meist keinen genauen Einblick haben.

Wie viel Dreck die kath. Kirche über diese (völlig unbescholtenen) Bürger auskippt, ist der "normalen Öffentlichkeit" überhaupt nicht bekannt. Dazu müsste man entweder die "homosexuellen" News-Portale verfolgen, oder ein humanistisches Presseportal, oder die "Gegenseite" auf kath.net. Die Schlagzeilen, die dort innerhalb weniger Wochen zusammenkommen, hatte ich bereits mehrfach zitiert. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendein Bischof über die Verworfenheit der Homosexuellen hetzt.

Ich sage außerdem: Persönliche Verunglimpfungen, die an der "Grundstruktur" eines Menschen festmachen (Hautfarbe, Geschlecht, usw.), sind keine (Zitat von Dir) "alltäglichen Nachteile, die jeder in irgendeiner Form zu erdulden hat".

Urteile selbst:

Gegen Ehe für alle und Mehrelternschaft: Kardinal Marx beklagt "Angriff auf die Zivilisation"

Bischof Glettler: Ehe für alle ist "Gleichschaltung" und "Verarmung für die Gesellschaft"

Evangelischer Bischof vergleicht Ehe für alle mit Waffenexporten
Für Karl-Hinrich Manzke, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe, ist die Gleichstellung homosexueller Paare nicht mit dem christlichen Leitbild vereinbar.

Katholiken können nicht liberal sein
Bischöfe bekräftigten in Adventhirtenbrief ablehnende Haltung zur gesetzlichen Anerkennung homosexueller Partnerschaften

Die „Homo-Ehe“ und der Grenzverlust
Gibt es keine Grenzen mehr, präsentiert sich ein völlig anderes Bild in Bezug auf menschliches Handeln: es wird konturlos, verliert den Bezug zur Ordnung

Trotz des öffentlichen Drucks an den biblischen Positionen festhalten

„Kirche kann nicht segnen, was Gott nicht segnet“
Evangelische Allianz nach Entscheidung der Württembergischen Landeskirche gegen Homosegnung

Hunderte Pfarrer verweigern Homo-Segnung
Die Evangelische Landeskirche in Württemberg möchte in geheimer Abstimmung entscheiden

‚Skandalöse’ Interpretation der kirchlichen Lehre gefährdet Seelen
Homosexuelle sind eingeladen, sich auf den Weg der Nachfolge Jesu zu machen. Dazu gehört auch, einen sündigen Lebensweg zu verlassen

Tawadros II.: ‚Es gibt keine Homo-Ehe’
Bei seinem Besuch in Australien betonte das Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Christen, dass es keine biblische Grundlage für die so genannte ‚Homo-Ehe’ gib

Gott hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen
In den USA haben rund 150 evangelikale Leiter eine theologische Erklärung verabschiedet, in der sie sich gegen Homo- und Transsexualität wenden.

Australischer Erzbischof stellt klar: Homo-Ehe führt zur Entlassung
Präsident der australischen Bischofskonferenz: Kirchliche Angestellte können ihre Anstellung verlieren, falls sie eine zivilrechtliche Homo-Partnerschaft eingehen.

Erzbischof Chaput: Biblische Lehre zu Homosexualität nicht ignorieren
Jesus ist zu den Menschen gekommen, um sie zu erlösen und nicht, um sie in ihren Sünden zu bestätigen, schreibt der Erzbischof von Philadelphia.

Keine Kommunion für Katholiken in ‚Homo-Ehen’
Die Kirche habe die Pflicht, ihre Lehre über die Ehe zu bestätigen. Katholiken in ‚Homo-Ehen’ dürfen keine öffentlichen Aufgaben in den Kirchen seines Bistums übernehmen.

Kirchliches Institut für Ehe und Familie bekräftigt Nein zu 'Homo-Ehe'
Expertin Merckens: Wäre weder im Sinne der Kinder, noch im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz gerechtfertigt

Mit Abtreibung und ‚Homo-Ehe’ fordert Satan Gott heraus
Abtreibung und Ehe betreffen zwei Säulen der göttlichen Schöpfung. Der Satan setze hier an, um eine ‚Gegen-Schöpfung’ zu konstruieren. Die Gläubigen seien aufgerufen, das Evangelium des Lebens und der Ehe zu verkünden.

Quelle: kath.net aus den letzten paar Wochen

schnodo 12.06.2018 22:33

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384750)
Ich sage außerdem: Persönliche Verunglimpfungen, die an der "Grundstruktur" eines Menschen festmachen (Hautfarbe, Geschlecht, usw.), sind keine (Zitat von Dir) "alltäglichen Nachteile, die jeder in irgendeiner Form zu erdulden hat".

Und ich sage: Doch, genau das erfährt jeder von uns in mehr oder minder starker Form. Jeder von uns wird zu verschiedenen Zeitpunkten beurteilt von Menschen, die nicht immer unser Bestes im Sinn haben und denen jeder Vorwand recht ist - schwarze Haut, große Nase, kleine Brüste, dicker Bauch - um uns zu verletzen und zu demütigen. Das ist nicht schön aber es geschieht. Niemand hat darauf das "Exklusivrecht".

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384750)
Urteile selbst:

Tue ich. Und was fällt mir auf? Es ist nicht die Stimme der Menschen, die uns tagtäglich umgeben, sondern die Stimme der "Würdenträger". Und diejenigen hier im Forum, der Meinung Du für nahezu unerträglich hältst, sagen eben: "Das, was die von sich geben, hat mit uns nichts zu tun. Diese Menschen sprechen nicht für uns, immer weniger hören ihnen zu und ihr Einfluss schwindet."

Jörn 12.06.2018 22:33

Zitat:

Zitat von schnodo (Beitrag 1384740)
Nicht jeder hat Deine Fähigkeit oder auch nur die Zeit, einen derart umfangreichen Gedankenaustausch so im Griff zu haben, dass jederzeit das geeignete Argument parat liegt und man nach Belieben und nach Situation auf einen Aspekt fokussiert oder die Auseinandersetzung in epische Breiten trägt und mit Verweisen auf Literatur und Folklore so überfrachtet, dass sie für die anderen nicht mehr handhabbar ist. Diejenigen, die diesen Skills zum Opfer fallen, haben aus meiner Sicht zurecht das Gefühl, dass ihre Entgegnungen nicht dem Sinn nach gehört werden, sondern nur als Vorlage dienen um sie mit einem weiteren argumentativen Kunstgriff vorzuführen. Die wenigsten reagieren positiv, wenn sie das Gefühl haben, dass man versucht, sie als Dorfdepp dastehen zu lassen.

Könntest Du bitte unterlassen, mir zu unterstellen, ich wolle jemand als "Dorfdepp dastehen lassen"?

Den Einwand, dass die Breite der vorgetragenen Argumente nicht für jeden handhabbar ist, kann ich nachvollziehen. Ich sehe den Nachteil einer ausführlichen Argumentation selbst.

Jedoch sind andere Strategien ebenfalls nicht ohne Probleme, speziell die von einigen Gläubigen verfolgte Taktik, an kniffligen Stellen einfach zu sagen: "Das ist eben mein Glaube, ätsch!", oder die Regel auszurufen, man dürfe Gläubige keinesfalls mit der Realität konfrontieren, oder einfach bei Widersprüchen das Thema zu wechseln.

Die Breite der vorgebrachten Argumente wird von den "pro Religion" debattierenden Teilnehmern wesentlich mitbestimmt. Da wurde Quantenphysik in die Debatte geworfen, dann der Urknall, dann die unverzichtbare Moral der Bibel, dann die guten Taten der Kirche, dann das, was Jesus "wirklich wollte". Es ist nicht so, dass die braven Gläubigen plötzlich während einer stillen Andacht von einer Horde plattfüßiger Wissenschaftler überfallen worden wäre. Die Debatte wird auf beiden Seiten geführt, und auf beiden Seiten gleich unnachgiebig.

Jörn 12.06.2018 22:39

Zitat:

Zitat von schnodo (Beitrag 1384755)
große Nase, kleine Brüste, dicker Bauch

Entschuldigung, aber wann hat sich je ein Papst zu Deinem Bauch geäußert und behauptet, es handele sich um eine "Niederlage für die gesamte Menschheit"?

Genau das wurde wörtlich den Homosexuellen vorgeworfen im Zuge der "Ehe für alle". Und zwar vom Papst persönlich. Eine Reihe von Kardinälen und Bischöfen haben sich ähnlich geäußert. Der Papst sagt zu unbescholtenen Leuten: "Du bist schuld am Scheitern der Menschheit".

Wenn Du da keinen Unterschied siehst zu Deinem Bauch, und zwar nicht nur quantitativ, sondern qualitativ, dann würde ich vorschlagen, dass wir die Sache auf sich beruhen lassen, da wir uns nicht einigen werden.


Zitat:

Zitat von schnodo (Beitrag 1384755)
Diese Menschen sprechen nicht für uns, immer weniger hören ihnen zu und ihr Einfluss schwindet."

Dann sind wir uns doch einig?

Die Atheisten sind nun jene, die diese Entwicklung weiter vorantreiben wollen. Sie treffen dabei komischerweise auf Widerstand. Erst dadurch entsteht ja überhaupt die Debatte.

schnodo 12.06.2018 23:01

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384756)
Könntest Du bitte unterlassen, mir zu unterstellen, ich wolle jemand als "Dorfdepp dastehen lassen"?

Dafür braucht es mich nicht; meine "Unterstellung" war eher ein freies Zitat.

Und ich habe damit gesagt, was ich zu sagen hatte.

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384760)
Entschuldigung, aber wann hat sich je ein Papst zu Deinem Bauch geäußert und behauptet, es handele sich um eine "Niederlage für die gesamte Menschheit"?

Ich habe keine Ahnung, denn ich hänge nicht an den Lippen des Papstes und harre darauf, dass er meinen Bauch beurteilt. In dem Fall hätte er vermutlich sogar Recht. ;)

Derjenige, der nur darauf wartet, dass ein alter Mann in Rom etwas Dämliches über ihn sagt, nimmt den alten Mann - und vielleicht auch sich selbst - zu wichtig.

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384760)
Die Atheisten sind nun jene, die diese Entwicklung weiter vorantreiben wollen. Sie treffen dabei komischerweise auf Widerstand. Erst dadurch entsteht ja überhaupt die Debatte.

Die Debatte entsteht auch dadurch, dass Du den Menschen Dinge ans Bein nageln willst, mit denen sie nichts zu tun haben wollen.

Sei's drum. Ich wollte Verständnis wecken für den Standpunkt der Gegenseite. Ohne Erfolg, wie mir scheint.

Mit mir musst Du über den immer noch zu großen Einfluss der Kirche nicht debattieren. Wenn es nach mir ginge, würde da morgen der Geldhahn zugedreht und Kirche und Staat - inklusive Öffentlich-Rechtliche - mal richtig gründlich getrennt. Das ist aber hier nicht der Punkt.

Du darfst gerne das Schlusswort zu unserem kleinen Dialog übernehmen.

Jörn 13.06.2018 02:30

Zitat:

Zitat von schnodo (Beitrag 1384763)
denn ich hänge nicht an den Lippen des Papstes und harre darauf, dass er meinen Bauch beurteilt.

Ok, Du hängst nicht an den Lippen des Papstes. Bedeutet: Wer sich von den Äußerungen des Klerus angegriffen fühlt, ist selber schuld. Aber die Homosexuellen hängen ebensowenig an den Lippen den Papstes wie alle anderen auch.

Stattdessen schaut die Familie gemeinsam mit den Nachbarn ein Fußballspiel im Fernsehen, und in der Halbzeitpause kommen Nachrichten. Der Papst wird zitiert, dass die Homo-Ehe ein Werk des Satans sei. Und da sitzt nun der homosexuelle Sohnemann, der letzten Monat gerade sein Coming Out vollbracht hat. Keiner wagt, etwas zu sagen. Bloß kein Fass aufmachen. Es ist schließlich Fußball. Die Nachbarn sind da. Die wissen noch nichts.

Nehmen wir an, Du bist der Vater und entscheidest aufgrund dieses Ereignisses, Dich zu beschweren. Wir sind schließlich eine freie Gesellschaft! Ein Rechtsstaat!

Dabei machst Du folgende Entdeckung:

- Wenn Du den Papst direkt kritisierst, heißt es, den Papst dürfe man nicht kritisieren.
- Wenn Du den Klerus kritisierst, heißt es, der hätte ja nichts gesagt.
- Wenn Du die Gläubigen kritisierst, heißt es, die wären nicht schuld.

- Wenn Du "den Glauben" kritisierst, heißt es, der Glaube sei wunderbarerweise unantastbar, denn er wäre das Fundament der barmherzigen Gesellschaft.
- Wenn Du die barmherzige Gesellschaft kritisierst, sagt sie Dir, sie hätte damit nichts zu tun, verklag' den Papst.

- Wenn Du den Papst verklagst, heißt es, der ist kein Bürger von Deutschland.
- Wenn Du Deutschland verklagst, heißt es, eine sexuelle Diskriminierung läge nicht vor, schließlich wären homosexuelle Männer und Frauen gleichberechtigt beleidigt worden, und man könne höchstens wegen Beleidigung klagen.

- Wenn Du wegen Beleidigung klagst, heißt es, zuerst müsse man die strittige Aussage interpretieren. Und zwar durch Theologen!
- Wenn Du die Aussage von 10 nackten Theologen interpretieren lässt, sagt jeder was anderes.
- Wenn Du die 10 nackten Theologen verklagst, heißt es, sie verstehen nur griechisch.
- Wenn Du Griechenland verklagst, heißt es, die haben eh kein Geld.

Das ist also die Situation. Keiner ist's gewesen, keiner hat Verantwortung, keiner glaubt was -- alles war nur eingebildet, übertrieben, eigentlich gar nicht existent.

Es ist wie eine wundersame Fata Morgana, die sich im Sonnenlicht wandelt. Mal heißt es, die Gläubigen tun so viel Gutes, weil die Kirchen es ihnen sagen. Aber dann heißt es sofort: Nein, kein Gläubiger hört den Kirchen zu, nichtmal dem Papst!

Mal heißt es, in der Bibel steht so viel Gutes. Aber dann heißt es sofort: Nein, niemand glaubt den Quatsch in der Bibel! Und -- puff! -- ist die Fata Morgana wieder weg.

Unter diesem Irrsinn mussten sich die Homosexuellen 50 Jahre lang durch alle Gerichte und Instanzen klagen, unter dem erbitterten Widerstand der CDU/CSU und der christlichen Kirchen, einfach um ihre ganz normalen Grundrechte, die ihnen so oder so und schon von Anfang an zustanden, auch zu erhalten.

Und dann, im Sommer 2017, nach einer grimmigen Kampfabstimmung im Bundestag, bei der die CDU/CSU nochmal alle ihre Munition in die Waagschale warf und sogar einen kranken Abgeordneten aus dem Hospital in den Plenarsaal schaffen lies, um eine weitere Stimme zu bekommen: Puff! -- weg war die Fata Morgana. Und ehe man sich's versah, hatten alle vergessen, dass da überhaupt mal was war. Alles nur Einbildung! Die Katholiken waren sowieso schon immer dafür gewesen! Aus Nächstenliebe! Ehrlich!

Ist das nicht erstaunlich? Wie war das möglich? Wo doch niemand an den Lippen des Papstes hängt?

Jörn 13.06.2018 02:53

Zur Frage, ob irgendwer an den Lippen des Papstes hängt, gebe ich folgendes TV-Programm des Bayrischen Fernsehens bekannt (aus 2017):

Mittwoch, 20:15 - 22:00: Der bayerische Papst. Das Leben des Joseph Ratzinger
Mittwoch, 22:00 - 22:45: Theologe – Kardinal – Papst.
Mittwoch, 22:45 - 23:30: Joseph Ratzinger, der Glaube und die Welt von heute

Bedeutet: der BR hat den gesamten Abend freigeräumt für Papst Ratzinger.

Wenige Tage später:

Sonntag, 00:30 - 01:45: Papst Benedikt in Österreich
Sonntag, 01:45 - 02:15: STATIONEN (1) Kernaussagen Benedikts
Sonntag, 02:15 - 03:00: STATIONEN (2) Kernaussagen Benedikts
Sonntag, 03:00 - 03:45: Unser Nachbar, der Papst
Sonntag, 03:45 - 04:30: Der Papst im Heiligen Land
Sonntag, 04:30 - 05:15: Bayern zu Besuch beim Papst
Sonntag, 05:15 - 05:45: Himmlische Blicke auf Bayern

Weiter am Nachmittag:
Sonntag, 16:15 - 17:00 Papst Benedikt wird 90

Zudem hat der BR ein umfangreiches Multimedia-Spektakel im Web veranstaltet:
http://story.br.de/papst-benedikt/#/chapter/1/page/1

Der oben genannte Sonntag war Ostersonntag.

(Quelle: BR)

keko# 13.06.2018 07:41

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1384602)
Entschuldigung, keko. Du müsstest bitte zuerst auf meine Frage antworten, wo ich oder andere Dich als Nazi bezeichnet oder damit verglichen hätten. Du hast diesen Vorwurf in den Raum gestellt, und ich hatte Dich um ein Zitat gebeten. Das kann man nicht einfach so übergehen.

Danach können wir Deine Behauptung angehen, ich hätte Dich als menschenverachtend oder rassistisch bezeichnet.

Du nicht, da habe ich mich womöglich missverständlich ausgedrückt. Relativiert hast du die "Gefahr" durch Flüchtlinge aber ( was ja auch ok ist!).
Es geht mir lediglich um Folgendes: Wenn ich sage "Ein Flüchtling hat eine junges Mädchen erstochen" wird quasi verlangt, dass das im nächsten Satz von mir relativiert wird, dass das die Ausnahme ist, sonst bin ich ausländerfeindlich. Wenn aber jemand sagt, dass eine Junge Opfer eines Geistlichen durch sexuelle Gewalt geworden ist und ich das dann relativiere, kriege ich was auf die Mütze, dann verniedliche ich Pädophilie.
Einmal wird das Opfer in den Mittelpunkt gestellt, beim anderen Fall wird relativiert.

keko# 13.06.2018 07:56

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1384678)
Wieso ist es ein Einzelfall? Wie viele 75-jährige Schwule sind nach Deiner Meinung "geoutet" und verheiratet? Mir scheint das Verstecken und die Ehelosigkeit in dieser Gruppe die Norm zu sein.

Ein 75-jähriger Schwuler, der sich outet, schafft es im Jahr 2018 in DE vielleicht mal in den Lokalteil der Tageszeitung. Zumindest hier in Stuttgart. Mag sein, dass das in einer Szene-Zeitung gefeiert wird oder die üblichen Klickzahlen im Internet bringt (Sex sells). Wer in so einem Alter nicht längst die Eier in der Hose hatte, um sich zu outen, hat mein beschränktes Mitleid.

Klugschnacker 13.06.2018 08:58

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1384594)
Als ich während der Flüchtlingsdiskussion mal erwähnte … war ich irgendwas zwischen menschenverachtend und rassistisch. …

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1384602)
Entschuldigung, keko. Du müsstest bitte zuerst auf meine Frage antworten, wo ich oder andere Dich als Nazi bezeichnet oder damit verglichen hätten. Du hast diesen Vorwurf in den Raum gestellt, und ich hatte Dich um ein Zitat gebeten. Das kann man nicht einfach so übergehen.

Danach können wir Deine Behauptung angehen, ich hätte Dich als menschenverachtend oder rassistisch bezeichnet.

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1384785)
Du nicht, da habe ich mich womöglich missverständlich ausgedrückt.

keko, die Behauptung, ich oder ein anderer hätten Dich als Nazi bezeichnet oder persönlich damit verglichen, oder Du seist als menschenverachtend und rassistisch bezeichnet worden, ist keine Kleinigkeit.

Ich möchte das gerne aufgeklärt haben. Bitte zitiere die Stellen, dann werde ich mich für eine Klarstellung einsetzen. Falls der Vorwurf berechtigt ist, möchte ich diese Zumutung für Dich aus der Welt schaffen. Falls er nicht berechtigt ist, stellt er jedoch eine ziemliche Zumutung für Deine Diskussionspartner dar, die ich nicht einfach übergehen möchte.

Deshalb meine Bitte: Nenne uns die entsprechenden Zitate; über die Suchfunktion ("Thema durchsuchen") kannst Du speziell diesen Thread durchsuchen. Oder verzichte bitte künftig auf solche Unterstellungen.

Jörn 13.06.2018 11:50

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1384788)
Ein 75-jähriger Schwuler (...) Wer in so einem Alter nicht längst die Eier in der Hose hatte, um sich zu outen, hat mein beschränktes Mitleid.

Es geht darum, dass sein Leben mehr oder weniger zu Ende ist. Man kann ihm nicht sagen: „Was beschwerst Du Dich, dann heirate doch!“

Es verblüfft mich, dass sich gerade dieses Beispiel als besonders strittig herausgestellt hat. Ich hatte erwartet, dass es besonders eindrucksvoll sei, weil der Schaden nicht mehr gutgemacht werden kann, und weil wir alle nachvollziehen können, wie wichtig Liebe und Familie für uns selbst ist.

Gerade wenn dem alten Mann von Christen versichert wird, dass heute ja alles total easy und dufte wäre, wird das in ihm keine Freude auslösen, sondern Bitterkeit. Denn als er jung war, haben diese Christen verhindert, dass er sein Leben tatsächlich leben kann. Jetzt ist es zu spät.

Da ich hier bei der „Gegenseite“ selbst nach zahlreichen Erklärungsversuchen auf völliges Unverständnis treffe, würde ich diesen Strang der Debatte gerne abschließen. Wir sollten uns nun einem anderen Thema zuwenden. Vielleicht eines, das die Christen bestimmen.

Etwa Nächstenliebe.

Oder Mitgefühl.

MattF 13.06.2018 13:20

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1384788)
Wer in so einem Alter nicht längst die Eier in der Hose hatte, um sich zu outen, hat mein beschränktes Mitleid.


Dein Mitleid braucht er nicht, er bräuchte dein Verständnis, das bist du aber scheinbar nicht fähig aufzubringen.

Das Ganze nennt sich auch Victim Blaming, das Opfer ist an seiner Situation selbst schuld, es hätte sich ja wehren können, wenn es tapfere gewesen wäre. Tja es war halt nicht tapfer, steht der Opferstatus nur den Tapferen zu?

Oder hat nicht sogar Jesus gesagt:
"Für die Schwachen, Kranken und Bedürftigen bin Ich zur Welt gekommen, denn die Starken und Gesunden benötigten Mich nicht, sie fanden allein ihren Weg, "


Zusatzfrage: Die Lesbe, sollte auch Eier in der Hose haben?

MfG
Matthias

Rälph 14.06.2018 22:21

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1384800)
keko, die Behauptung, ich oder ein anderer hätten Dich als Nazi bezeichnet oder persönlich damit verglichen, oder Du seist als menschenverachtend und rassistisch bezeichnet worden, ist keine Kleinigkeit.

Ich möchte das gerne aufgeklärt haben. Bitte zitiere die Stellen, dann werde ich mich für eine Klarstellung einsetzen. Falls der Vorwurf berechtigt ist, möchte ich diese Zumutung für Dich aus der Welt schaffen. Falls er nicht berechtigt ist, stellt er jedoch eine ziemliche Zumutung für Deine Diskussionspartner dar, die ich nicht einfach übergehen möchte.

Vielleicht meinte keko das hier: (#2071 im Thread "Flüchtlingsdrama im Mittelmeer.)

Zitat:

Zitat von flaix (Beitrag 1179132)
Keko, lass es doch einfach gut sein. Du bist ein Ausländerablehner und fertig. Ausserdem hast du ein wackliges Vermögen zum Ziehen von gesunden Vergleichen ( "Dachau"). Geh einfach zu irgendeinem Ableger der Abendlandsschützer, dort findest Du jede Menge weitere Thesen die Dir in den Kram passen. :Huhu:
.


Tri-Newbie 15.06.2018 09:16

Zitat:

Zitat von Rälph (Beitrag 1385211)
Vielleicht meinte keko das hier: (#2071 im Thread "Flüchtlingsdrama im Mittelmeer.)

Das ist aber ein anderer Thread. Bei Keko klang es so, als richteten sich die Vorwürfe gegen Gesprächsteilnehmer dieses Threads hier.

Vicky 15.06.2018 09:30

Zitat:

Zitat von Tri-Newbie (Beitrag 1385259)
Das ist aber ein anderer Thread. Bei Keko klang es so, als richteten sich die Vorwürfe gegen Gesprächsteilnehmer dieses Threads hier.

... und dann schaue man doch auch mal aufs Datum des Posts im anderen Thread: 02.11.2015, 13:19 !!! ;)

:Blumen: :Blumen: :Blumen:

Rälph 15.06.2018 09:50

Zitat:

Zitat von Tri-Newbie (Beitrag 1385259)
Das ist aber ein anderer Thread. Bei Keko klang es so, als richteten sich die Vorwürfe gegen Gesprächsteilnehmer dieses Threads hier.

Nein:
Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1384594)
Als ich während der Flüchtlingsdiskussion mal erwähnte, dass ich mir Sorgen mache, weil in unserer Schulturnhalle 80 Flüchtlinge untergebracht waren (wir wohnen unweit davon), war ich irgendwas zwischen menschenverachtend und rassistisch.


Zitat:

Zitat von Vicky (Beitrag 1385265)
... und dann schaue man doch auch mal aufs Datum des Posts im anderen Thread: 02.11.2015, 13:19 !!! ;)

:Blumen: :Blumen: :Blumen:

Ah so, na dann...

(Ich erinnere dich daran, wenn mal wieder irgendwelche kirchlichen Verfehlungen von vor 500 Jahren rausgekramt werden.);)

Vicky 15.06.2018 09:58

Zitat:

Zitat von Rälph (Beitrag 1385275)
Nein:

Ah so, na dann...

(Ich erinnere dich daran, wenn mal wieder irgendwelche kirchlichen Verfehlungen von vor 500 Jahren rausgekramt werden.);)

Komische Antwort... :Blumen:

Verstehe den Zusammenhang nicht... :Blumen: Klär mich doch bitte auf.

Kirchliche "Verfehlungen" (klingt so niedlich), wie Missbrauch von Kindern, brutales Abschlachten von Menschen (Foltern und Verbrennen... ) und auf der anderen Seite das sich Wohlfühlen in einer Opferrolle und (in meinen Augen) Fishing for attention haben irgendwie nicht all zu viel miteinander zu tun, oder? :Blumen:

Ich habe hier bewusst etwas übertrieben...

waden 15.06.2018 13:28

(vielleicht wäre am hilfreichsten, wenn sich Keko selbst erklärt und man damit dieses Thema damit aus der Welt schaffen kann)

Zur Abwechslung mal wieder ein Blick in die Nachrichten aus aller Welt:

Nach Ansicht des US-Justizministers gilt offensichtlich noch das Gottesgnadentum:

US-Justizminister Jeff Sessions hat das Vorgehen mit einem Bibelzitat gerechtfertigt. "Ich möchte auf den Apostel Paulus und seine klare und weise Anordnung im Brief an die Römer 13 verweisen, wonach die Gesetze der Regierung befolgt werden müssen, weil Gott die Regierung zu seinen Zwecken eingesetzt hat"



Justizminister Sessions rechtfertigt Trennung von Familien mit Bibelzitat

Jörn 15.06.2018 16:30

Mich würde interessieren, wie man nun mit dem Justizminister argumentieren soll.

Wenn man sagt, der Minister könne generell mit seinem Glauben nichts rechtfertigen, weil man nämlich sonst jeden Mumpitz durch Zeus, Poseidon oder Thor rechtfertigen könne: Dann wird man angeblafft, man hätte die Gläubigen mit Albernheiten wie "Zeus" verhöhnt, und ab diesem Moment geht die die Debatte in diese Richtung.

Wenn man sagt: "Moment mal, eben haben doch alle noch versichert, dass kein normaler Mensch wörtlich an die Bibel glauben würde, warum also an diesen Vers?", dann wird einem mitgeteilt, man müsse es eben interpretieren.

Wenn man sagt: "Einverstanden, dann lasst uns mal den Koran interpretieren", dann wird einem vorgeworfen, man sei nicht sachlich.

Wenn man mit äußerster Vorsicht vermeidet, den einzelnen Gläubigen auch nur zu erwähnen, sondern sich sachlich mit dem Glauben insgesamt auseinandersetzt, heißt es, dies wäre zu pauschal und man könne nicht alle Gläubigen in einen Topf werfen. Pickt man sich stattdessen messerscharf einen konkreten Gläubigen heraus (den Justizminister und seine Aussage), dann heißt es, den einzelnen Gläubigen dürfe man nicht angreifen, und man müsse schon allgemeingültig formulieren.

Wenn man sagt: "Wenn die aktuelle Regierung den Willen Gottes darstellt, wieso gab es dann vor ein paar Jahren eine inhaltlich genau entgegengesetzte Regierung?", dann wird geantwortet, dass Logik nicht die einzige Form der Erkenntnis sei, und schon gar nicht die höchste.

Wenn man sagt, ok, aber Staat und Kirchen sind getrennt, dann heißt es, zwar gebe uns der Staat unsere Gesetze, aber Gott gebe uns unseren Sinn. Jehova!

-----

Was der Minister sagt, lautet anders formuliert: "Solange ich irgendeinen Glauben als Begründung angebe, und sei er noch so absurd, ist jede Diskussion zwecklos. Ätsch!"

Jörn 15.06.2018 17:31

Ich möchte noch ergänzen, dass die Trump-Regierung hier keineswegs einen ganz besonders abwegigen Winkelzug macht.

Sondern das ist der aktuelle Standpunkt des Vatikans, der auch von der deutschen katholischen Kirche geteilt wird: Obrigkeit ist stets von Gott eingesetzt. Erst vor kurzem hat ein deutscher Vertreter des Vatikans dies in einer ZDF-Doku bestätigt und mit eben diesem Paulus-Zitat begründet. Gerade aus deutschem Munde ist diese Bemerkung höchst erstaunlich.
Paulus im Römerbrief: "Jeder ordne sich den Trägern der staatlichen Gewalt unter. Denn es gibt keine staatliche Gewalt außer von Gott; die jetzt bestehen, sind von Gott eingesetzt. Wer sich daher der staatlichen Gewalt widersetzt, stellt sich gegen die Ordnung Gottes, und wer sich ihm entgegenstellt, wird dem Gericht verfallen."
Historisch betrachtet steckt dahinter vermutlich ein Schulterschluss mit den Römern, mit denen Paulus und das junge Christentum sich nicht anlegen wollten. Es ist daher einer der ganz wesentlichen Erfolgsfaktoren für die Ausbreitung des Christentums.

Heute erwecken die Christen den Eindruck, als wäre Jesus eine Art Kämpfer für die Freiheit der Juden/Israelis gewesen und gegen die römische Besatzungsmacht, die ihn deswegen schließlich umbrachte. Aber diese Haltung ist in der Bibel im Neuen Testament nicht zu finden. Man findet stattdessen eine Verbrüderung mit den Mächtigen dieser Zeit.

Die Unantastbarkeit der Machtverhältnisse geht soweit, selbst Sklavenhaltung zu legitimieren (wohlgemerkt, im Neuen Testament!). Paulus schreibt, jeder solle sich in den Status Quo fügen und diesen nicht antasten. Wer als Sklave geboren sei, der soll sich dieser Rolle fügen. Es wird sogar gefordert, dass ein Sklave selbst dann Sklave bleiben solle, wenn er die Freiheit erlangen könnte:
1. Korinther 7,21 (Paulus-Brief):

Menge-Übersetzung: "Bist du als Sklave berufen worden: laß dich’s nicht anfechten, nein, selbst wenn du frei werden kannst, so bleibe nur um so lieber dabei."

Katholische Übersetzung 2016: "Jeder soll in dem Stand bleiben, in dem ihn der Ruf Gottes getroffen hat. Wenn du als Sklave berufen wurdest, soll dich das nicht bedrücken... Brüder und Schwestern, jeder soll vor Gott in dem Stand bleiben, in dem ihn der Ruf Gottes getroffen hat."

Luther-Übersetzung 2017: "Bist du als Knecht berufen, so sorge dich nicht; doch kannst du frei werden, so nutze es umso lieber. (...) Brüder und Schwestern, bleibt alle vor Gott, worin ihr berufen seid."
Ja, die Bibel. Ein weises Buch! Sogar unser Grundgesetz basiert darauf... nicht.

Rälph 15.06.2018 19:53

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1385395)
Paulus im Römerbrief: "Jeder ordne sich den Trägern der staatlichen Gewalt unter. Denn es gibt keine staatliche Gewalt außer von Gott; die jetzt bestehen, sind von Gott eingesetzt. Wer sich daher der staatlichen Gewalt widersetzt, stellt sich gegen die Ordnung Gottes, und wer sich ihm entgegenstellt, wird dem Gericht verfallen."
Historisch betrachtet steckt dahinter vermutlich ein Schulterschluss mit den Römern, mit denen Paulus und das junge Christentum sich nicht anlegen wollten. Es ist daher einer der ganz wesentlichen Erfolgsfaktoren für die Ausbreitung des Christentums.

Klingt plausibel und ist darüber hinaus höchst interessant. Vielen Dank für die Erläuterung!

Vicky 16.06.2018 22:28

Das sagt der Papst zum Thema Homo-Familie. Meldung von heute...

Jörn 16.06.2018 22:56

Er spricht sich in dieser Rede generell gegen ein "erweitertes" Familienbild aus, also auch gegen alleinerziehende Mütter/Väter.

Donald Duck und seine drei Neffen wären also demnach keine Familie -- was mich tief erschüttert. Der Glaube an Donald Duck gibt mir viel Kraft. Ich könnte nicht in einer Welt leben, in der Donald Duck und seine drei Neffen keine Familie wären.

Der Papst beruft sich in seiner Rede auf die Genesis, also dem Teil der Bibel, in dem Adam und Eva zusammen mit Gott im Garten Eden leben. Interessanterweise gibt es im Paradis keine Ehe und auch keine Kinder. Schwangerschaften waren laut Genesis eine Strafe für Eva, als sie aus dem Paradies geworfen wurden. Familien mit Kindern kommen daher in der Genesis nicht vor, jedenfalls nicht, solange Adam und Eva noch im Einvernehmen mit Gott leben.

Die Rede hielt er bei einem Empfang von Vertretern des "Forum delle associazioni familiari". Das ist eine Dachorganisation, unter der sich katholische Verbände sammeln, die für ein strikt traditionelles Familienbild eintreten. Diese Verbände sind aber keine sozialen Einrichtungen, sondern politische Initiativen des rechten Spektrums.

In der gleichen Rede verglich er Abtreibung mit dem Holocaust. Wörtlich: "Im vergangenen Jahrhundert war die ganze Welt schockiert davon, was die Nazis getan haben, um die Reinheit der Rasse sicherzustellen. Heute tun wir dasselbe, nur mit weißen Handschuhen." Dabei bezog er sich auf die Möglichkeit, missgebildete Föten in einem frühen Stadium der Schwangerschaft abtreiben zu können.

Vicky 17.06.2018 08:03

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1385597)
In der gleichen Rede verglich er Abtreibung mit dem Holocaust. Wörtlich: "Im vergangenen Jahrhundert war die ganze Welt schockiert davon, was die Nazis getan haben, um die Reinheit der Rasse sicherzustellen. Heute tun wir dasselbe, nur mit weißen Handschuhen." Dabei bezog er sich auf die Möglichkeit, missgebildete Föten in einem frühen Stadium der Schwangerschaft abtreiben zu können.

Ja das hatte ich auch gelesen und war erst einmal einigermaßen sprachlos...

Klugschnacker 17.06.2018 09:37

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1385597)
In der gleichen Rede verglich er Abtreibung mit dem Holocaust. Wörtlich: "Im vergangenen Jahrhundert war die ganze Welt schockiert davon, was die Nazis getan haben, um die Reinheit der Rasse sicherzustellen. Heute tun wir dasselbe, nur mit weißen Handschuhen." Dabei bezog er sich auf die Möglichkeit, missgebildete Föten in einem frühen Stadium der Schwangerschaft abtreiben zu können.

Ich halte den Schwangerschaftsabbruch bei schwer missgebildeten Embryonen nach Prüfung des Einzelfalls für vertretbar.

Die Parallele mit dem Holocaust, die Papst Franziskus zieht, kann ich mir nur so erklären, dass er einen Embryo, der im Mutterleib heranreift, als vollständige Person mit vollumfänglichen Menschenrechten betrachtet. Diese Sichtweise kann ich nicht per se teilen. Ein Fötus, der noch kein Gehirn und keinerlei Nervensystem herausgebildet hat, dadurch völlig wahrnehmungs- und empfindungslos ist, ist in meinen Augen noch kein vollständiger Mensch. Er kann beispielsweise kein Leid empfinden. Das ist etwas ganz anderes, als zehntausende jüdische Familien in Konzentrationslagern verhungern zu lassen.

Die Kirche hat ihre Ansichten darüber, ab wann ein heranreifender Fötus als Mensch zu gelten habe, in der Geschichte mehrfach geändert. Früher war man von der Sukzessivbeseelung überzeugt. Hierbei ziehe die Seele schrittweise in den sich entwickelnden Fötus ein. Im Gegensatz dazu gibt es die Vorstellung einer Spontanbeseelung, bei dem die befruchtete Eizelle bereits über eine vollständige menschliche Seele verfüge. Zwischen den beiden Standpunkten wechselte die Kirche mehrfach hin und her. Heute ist man sich der Spontanbeseelung sicher.


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