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Zarathustra 02.06.2018 03:20

Hallo Klugschnacker!

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1381563)
Der entscheidende Fehler findet sich auf Seite 295, vorletzter Absatz: "Die Zusammenhänge sind aber immer wirklich, gleichgültig mit welchen geistigen Formen wir sie zu ergreifen suchen".

Ob von Menschen konstruierte Zusammenhänge "immer wirklich" sind, ist die These, die es zu beweisen gilt. Wie jeder leicht erkennen kann, ist sie falsch.

Der Fehler liegt hier ganz bei Dir: Heisenberg spricht von den Zusammenhängen in der Welt, die immer wirklich sind, und nicht von den von Menschen konstruierten. Erstere können in verschiedenen geistigen Formen und auf verschiedenen Abstraktionsstufen erfaßt werden.
Heisenberg ist daher auch kein Vertreter einer Zwei-Welten-Lehre, wie es hier von einigen vermutet wurde. Vielmehr unterscheidet er im Anschluß an Goethe mindestens neun Ordnungen der Wirklichkeit, die dennoch nur eine einzige bleibt. (nachzulesen hier: „Ordnung der Wirklichkeit“, in: Werner Heisenberg, Gesammelte Werke, Abteilung C)


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1381571)
Selbstverständlich verfügten sie auch über eine Ethik, also Regeln des Zusammenlebens. Diese ergeben sich nämlich ganz von selbst aus der Kooperation zwischen den Menschen. Menschen leben als soziale Wesen in Gemeinschaften, und haben daher zu jeder Zeit ethische Regeln gehabt, die das Zusammenleben organisiert haben, lange bevor es Religion gab.

Regeln und Organisation des Zusammenlebens sowie Kooperation sind keineswegs gleichzusetzen mit Ethik. (Möchte man der Kantischen Auffassung folgen, besteht in einem gewissen Sinne sogar ein Gegensatz zwischen ihnen und der Ethik.)


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1381571)
Wie konnte Heisenberg das übersehen? Als plausible Erklärung sehe ich zwei Dinge: Erstens hatte er nicht das Wissen, über das wir heute verfügen. Zweitens war er nicht in der Lage, objektiv zu urteilen.

Welches Wissen über die Grundlagen der Ethik, das wir heute angeblich haben, fehlte ihm denn?

Wie glücklich wir doch sind endlich objektiv urteilen zu können, da Naturwissenschaftler heute ohne weiteres (und anders als noch zur Zeit Heisenbergs) auf eine philosophische Grundbildung verzichten zu können glauben!


__________

Eine begriffsgeschichtlich korrekte Darstellung zur Frage nach Wirklichkeit der Transsubstantiation aus oben genanntem Werk:

„Man kann sich zum Verständnis dieser Sachlage wieder an das berühmte Gespräch zwischen Luther und Zwingli erinnern über die Frage, ob das Brot im Abendmahl der Leib Christi »sei« oder ihn »bedeute«. Diese Fragestellung zeigt offenbar einen Bruch im Bewusstsein der Menschen jener Zeit. Man interpretiert dieses Religionsgespräch häufig, indem man darauf hinweist, dass im Mittelalter der christliche Glaube so fest verankert gewesen sei, dass niemand daran gezweifelt habe, dass das Brot der Leib Christi sei. Und erst die Zweifel und die Umwälzungen der Reformationszeit hätten die Frage aufkommen lassen, ob es sich hier nicht nur um die symbolische Bedeutung handeln solle, da ja von einer materiellen Verwandlung offenbar nicht die Rede sein kann. Wahrscheinlich ist es aber noch richtiger, anzunehmen, dass es für das Mittelalter umgekehrt ganz selbstverständhch gewesen ist, dass es sich hier nur um die symbolische Bedeutung und nicht etwa um die materielle Realität handelt (- auch wenn das Mittelalter das nie so ausgesprochen hätte -); denn nur die symbolische Bedeutung war für die damalige Zeit so wichtig, dass sie das Wort »ist« oder das Wort »Substanz« für sich in Anspruch nehmen konnte, sie war die oberste Schicht der Wirklichkeit, und daher war das Brot auch »wirklich« der Leib Christi.“



Schönes Wochenende!

Jörn 02.06.2018 05:17

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1381892)
Wie glücklich wir doch sind endlich objektiv urteilen zu können, da Naturwissenschaftler heute ohne weiteres (und anders als noch zur Zeit Heisenbergs) auf eine philosophische Grundbildung verzichten zu können glauben!

Was stellt die Objektivität der Philosophen sicher?

Die Wissenschaft unterwirft sich immerhin dem Prüfstein des experimentellen Nachweises.

Jörn 02.06.2018 05:24

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1381892)
denn nur die symbolische Bedeutung war für die damalige Zeit so wichtig

Wikipedia stellt das anders dar.
Die Konkordienformel fasste die lutherische Position 1577 in der Aussage zusammen, dass die Gläubigen den Leib und das Blut Jesu Christi „in, mit und unter“ Brot und Wein zu sich nehmen, was häufig im Sinne einer Konsubstantiation (reale Präsenz Christi bei gleichzeitigem Fortbestehen der Brotsubstanz) gedeutet wird.

Die lutherischen Kirchen haben diese Auffassung beibehalten und teilen die Annahme einer Realpräsenz mit der römisch-katholischen Kirche sowie mit den orthodoxen und altkatholischen Kirchen, die sich überwiegend wie Luther auf eine prädikative (nicht übertragene) Bedeutung der Einsetzungsworte („Dies ist mein Leib“) berufen.

(Quelle)
Andererseits: Wen kümmert's, was irgendwelche Leute zu der Frage sagen, ob sich der Schöpfer der Welt nur symbolisch oder persönlich (oder beides) in einer Oblate (!!!!!) befindet?

Klugschnacker 02.06.2018 11:27

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1381892)
Der Fehler liegt hier ganz bei Dir: Heisenberg spricht von den Zusammenhängen in der Welt, die immer wirklich sind, und nicht von den von Menschen konstruierten. Erstere können in verschiedenen geistigen Formen und auf verschiedenen Abstraktionsstufen erfaßt werden.

Nein, der Zusammenhang ist immer konstruiert, meistens über die Vorstellung von Ursache und Wirkung, der in mathematische Konstruktionen gefasst wird.

Weil diese Vorstellung von Ursache und Wirkung im Bereich der Quantenphysik an ihre Grenzen stößt, und weil Heisenberg damals zu den Experten für Quantenphysik zählte, hat man ihn immer wieder zu diesem Thema befragt, sodass wir heute davon lesen.

Man kann die Debatte abkürzen, indem man unwidersprochen feststellt, dass Heisenberg über metaphysische Zusammenhänge (Konstruktionen) nichts wusste und nichts wissen konnte.

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1381892)
Regeln und Organisation des Zusammenlebens sowie Kooperation sind keineswegs gleichzusetzen mit Ethik. (Möchte man der Kantischen Auffassung folgen, besteht in einem gewissen Sinne sogar ein Gegensatz zwischen ihnen und der Ethik.)

Das ist ein Streit um Worte. Wir unterscheiden uns vor allem in der Auffassung, woher die Ethik kommt: Wurde sie uns vom Himmel herab gereicht? Haben die Menschen sie sich ausgedacht? Hat sie sachliche Grundlagen, aus denen sie sich zwangsläufig entwickelt?

waden 02.06.2018 13:01

Hallo Zarathustra,
ich verstehe dich so, dass nach deiner Ansicht eine wirkliche Welt existiert, die möglicherweise durch menschliche Untersuchung nicht vollständig beschrieben werden kann. Sprache und Beschreibung haben insofern grundsätzlich etwas Symbolhaftes. Insofern hältst du es für berechtigt, neben der wissenschaftlichen Symbolsprache andere Sprachen (zB die der Religion) bestehen zu lassen, um sich dadurch der unabhängig von naturwissenschaftlicher Betrachtung erkennbaren Wirklichkeit vollständiger anzunähern?
Verstehe ich dich richtig?

keko# 02.06.2018 15:31

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1381885)
Mich würde immer noch interessieren, welche Relevanz diese Bemerkung haben sollte.

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1381886)
Was genau ist ein "Ganzes im Unendlichen"?

Schaut euch besser mal das Interview mit Prof. Hans P. Dürr an: “Das Geistige ist die treibende Kraft”. Sonst schreib ich mir die Finger wund ;) Dort geht er darauf ein, auch kurz auf Transzendenz (irgendwo in der Mitte) und den Tod (am Ende).

Besonders interessant, wie er die "Entstehung" der Naturgesetze beschreibt.

https://healthandhappyness.de/2017/0...eibende-kraft/

Der hier in Stuttgart Geborene war enger Mitarbeiter von Heisenberg, hat eine ähnlich bildhafte Sprache und war Nachfolger von Heisenberg in München. Er starb erst 2014.

In der von mir erwähnten kleinen Reportage des BR kommt er ebensfalls zu Wort.
https://mediathekviewweb.de/#query=heisenberg

Jörn 02.06.2018 16:27

Danke, aber das ist mir zu aufwändig.

Ehrlich gesagt betrachte ich Webseiten, die sich mit Hypnose und Geistheilung befassen, als keine seriöse Quelle.

Zitat:

Konditionen: € 750 inkl. MwSt. für eine übliche Komplettbehandlung (Vorgespräch plus 1 bis 3 Hypnosesitzungen)

keko# 02.06.2018 17:31

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1381913)
Man kann die Debatte abkürzen, indem man unwidersprochen feststellt, dass Heisenberg über metaphysische Zusammenhänge (Konstruktionen) nichts wusste und nichts wissen konnte.

Oha, Klugschnacker, das sind ja mal Worte im Seitenarm eines Triathlonforums ... Respekt O:-)

Darf das Genie Heisenberg zumindest darüber nachdenken? Er tut es:

In seinem Buch "Der Teil und das Ganze" schreibt er im Kapitel "Positivismus, Metaphysik und Religion" auf S. 244:

"...Mit der Forderung, äußerste Klarheit in allen Begriffen anzustreben, kann ich mich natürlich einverstanden erklären; aber das Verbot, über allgemeinere Fragen nachzudenken, weil es dort keine in diesem Sinne klare Begriffe gebe, will mir nicht einleuchten; denn bei einem solchen Verbot könnte man auch die Quantentheorie nicht verstehen".


Weiter auf S.284:

"Aber letzten Endes geht es wohl in den meisten aller Religionen, die aus der Epoche vor der neuzeitlichen Naturwissenschaft stammen, um den gleichen Inhalt, den gleichen Sachverhalt, der eben in Bildern und Gleichnissen dargestellt werden soll und an der zentraken Stelle mit der Frage der Werte zusammenhängt."

Jörn 02.06.2018 17:46

Klassisches Strohmann-Argument. Niemand hat je behauptet, Heisenberg dürfe darüber nicht nachdenken.

Es wurde behauptet, dass Heisenberg über "metaphysische Zusammenhänge nichts wusste und nichts wissen konnte".

keko# 02.06.2018 17:46

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1381953)
Danke, aber das ist mir zu aufwändig.

Ehrlich gesagt betrachte ich Webseiten, die sich mit Hypnose und Geistheilung befassen, als keine seriöse Quelle.

Ach Jörn, hier für dich:
https://www.youtube.com/watch?v=lrgQ...ature=youtu.be

Jörn 02.06.2018 17:49

Danke. Bitte fasse Artikel und Videos kurz zusammen, sodass Deine Argumentation deutlich wird und sie jeder Diskutant in angemessener Zeit nachvollziehen kann. Du kannst nicht erwarten, dass ich mir Deine Argumente aus langatmigen Videos selbst herausklaube.

Klugschnacker 02.06.2018 19:14

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1381892)
Eine begriffsgeschichtlich korrekte Darstellung zur Frage nach Wirklichkeit der Transsubstantiation aus oben genanntem Werk:

„Man kann sich zum Verständnis dieser Sachlage wieder an das berühmte Gespräch zwischen Luther und Zwingli erinnern über die Frage, ob das Brot im Abendmahl der Leib Christi »sei« oder ihn »bedeute«. Diese Fragestellung zeigt offenbar einen Bruch im Bewusstsein der Menschen jener Zeit.

Ich halte das nicht für einen Bruch im Denken der Menschen jener Zeit, sondern für einen Bruch in den theologischen und philosophischen Grundannahmen und Moden. Man ging damals wie selbstverständlich davon aus, dass ein Gott mit bestimmten Eigenschaften wie Allmacht und Vollkommenheit existiert. Davon ausgehend wird alles abgeleitet.

Aus diesem Grund kennen wir heute kaum noch große Denker oder Philosophen aus der Zeit, in der das Christentum das Denken der Menschen dominierte (Scholastik des Mittelalters). Wir kennen die Philosophen der griechischen Antike, wir kennen die Philosophen der Aufklärung, aber dazwischen ist es recht dunkel. Aus dieser Zeit kommen Sophistereien über die Frage, ob eine Weizenmehloblate der Leib Christi symbolisch oder tatsächlich ist.

Die Menschen unterscheiden zwischen Symbolen und eigentlichen Dingen. Niemand diskutiert ernsthaft, ob der Klapperstorch ein Symbol für nahenden Kindersegen sei, oder ob er die Babys tatsächlich anliefert. Diese Unterscheidung war auch früher keine Schwierigkeit für die Menschen. Dergleichen sind rein theologisch-philosphische Verstiegenheiten. Sie entstehen, wenn man sich allzu vieles ausdenkt, ohne Fakten zu berücksichtigen.

Kann eine Hexe statt auf einem Besen auch auf einem Rechen reiten? Lassen sich Vampire mit Knoblauch fernhalten? All das ist reiner Aberglaube. Im Fall der Transsubstantiation einer Oblate hat er die Gelehrten beschäftigt, er hat Bibliotheken gefüllt und tausenden Menschen das Leben gekostet. Es ist aber dennoch ein Aberglaube. Die Kirche wird in dem Moment besser, in dem sie sich davon befreit.
:Blumen:

Zarathustra 02.06.2018 19:44

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1381893)
Was stellt die Objektivität der Philosophen sicher?

Die Wissenschaft unterwirft sich immerhin dem Prüfstein des experimentellen Nachweises.

Wer hat denn etwas über die Objektivität der Philosophen behauptet? Eines kann ich aber verraten: Falls sie existiert, resultiert sie in jedem Fall nicht aus experimentellen Nachweisen.



Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1381894)
Wikipedia stellt das anders dar.
[...]
Andererseits: Wen kümmert's,

Melde Dich bitte, wenn es Dich einmal doch kümmern sollte! Dann kann ich versuchen dabei behilflich zu sein Deine Verständnisschwierigkeiten aufzuklären.

Zarathustra 02.06.2018 19:46

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1381913)
Nein, der Zusammenhang ist immer konstruiert

Man nennt diese Position Nominalismus und sie fällt in den Bereich der Metaphysik. Wie kommst Du also zu dieser, da Du doch der Ansicht bist, daß man über Metaphysik nichts wissen könne?


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1381913)
Das ist ein Streit um Worte. Wir unterscheiden uns vor allem in der Auffassung, woher die Ethik kommt: Wurde sie uns vom Himmel herab gereicht? Haben die Menschen sie sich ausgedacht? Hat sie sachliche Grundlagen, aus denen sie sich zwangsläufig entwickelt?

Ich denke nicht, daß es sich um einen bloßen Wortstreit handelt; wir unterscheiden uns neben der Grundlagenfrage ebensosehr in unseren Ansichten zur Frage: Was ist Ethik und was sind ihre (obersten) Prinzipien?

Zarathustra 02.06.2018 19:48

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1381924)
Hallo Zarathustra,
ich verstehe dich so, dass nach deiner Ansicht eine wirkliche Welt existiert, die möglicherweise durch menschliche Untersuchung nicht vollständig beschrieben werden kann. Sprache und Beschreibung haben insofern grundsätzlich etwas Symbolhaftes. Insofern hältst du es für berechtigt, neben der wissenschaftlichen Symbolsprache andere Sprachen (zB die der Religion) bestehen zu lassen, um sich dadurch der unabhängig von naturwissenschaftlicher Betrachtung erkennbaren Wirklichkeit vollständiger anzunähern?
Verstehe ich dich richtig?

Hallo waden,

ja, das halte ich für eine gute Zusammenfassung der Position Heisenbergs, der ich mich im Großen und Ganzen anschließen würde, für die er aber, wie man betonen muß, in der Sache auch keine besondere Originalität beanspruchen kann, sein Verdienst liegt hier in der Übersichlichkeit und Klarheit seiner Darstellung (vor allem in der oben von mir zitierten Abhandlung).

Jörn 02.06.2018 20:16

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1381975)
Melde Dich bitte, wenn es Dich einmal doch kümmern sollte! Dann kann ich versuchen dabei behilflich zu sein Deine Verständnisschwierigkeiten aufzuklären.

Das ist womöglich ein Missverständnis, welches ich schnell aufklären kann. Als ich sagte, dass es uns nicht zu kümmern braucht, was irgendwer über Götter in Oblaten berichtet, entsprang das nicht einer Verständnisschwierigkeit. Sondern im Gegenteil: Weil ich es gut verstehe, ist mir die Absurdität bewusst.

Ich bin prinzipiell offen für andere Auffassungen. Dabei interessiert mich jedoch vor allem die Methode, mit der diese Auffassungen gewonnen wurden; sowie die Prüfungen, mit denen sie abgesichert wurden. Wohlfeile Behauptungen gibt's zu dem Thema inzwischen genug.

Zarathustra 03.06.2018 06:29

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1381973)
Ich halte das nicht für einen Bruch im Denken der Menschen jener Zeit, sondern für einen Bruch in den theologischen und philosophischen Grundannahmen

„Die Philosophie ist ihre Zeit in Gedanken gefaßt.“, sagte ein großer deutscher Philosoph. Warum soll denn bitte unbedingt ein Widerspruch bestehen zwischen dem Denken der Menschen und den theologischen und philosophischen Grundannahmen einer Zeit?


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1381973)
Man ging damals wie selbstverständlich davon aus, dass ein Gott mit bestimmten Eigenschaften wie Allmacht und Vollkommenheit existiert. Davon ausgehend wird alles abgeleitet.

Auch Dir entgeht der entscheidende Punkt der zitierten Stelle. Es geht gerade darum, was es bedeutet, daß etwas existiert bzw. wirklich ist.


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1381973)
Aus diesem Grund kennen wir heute kaum noch große Denker oder Philosophen aus der Zeit, in der das Christentum das Denken der Menschen dominierte (Scholastik des Mittelalters). Wir kennen die Philosophen der griechischen Antike, wir kennen die Philosophen der Aufklärung, aber dazwischen ist es recht dunkel. Aus dieser Zeit kommen Sophistereien über die Frage, ob eine Weizenmehloblate der Leib Christi symbolisch oder tatsächlich ist.

Hier schließt Du von Deiner eigenen Unkenntnis auf den allgemeinen Kenntnisstand. Das Bild des dunklen Mittelalters ist ein Mythos aus der Zeit der Aufklärung und längst überholt.


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1381973)
Die Menschen unterscheiden zwischen Symbolen und eigentlichen Dingen. Niemand diskutiert ernsthaft, ob der Klapperstorch ein Symbol für nahenden Kindersegen sei, oder ob er die Babys tatsächlich anliefert. Diese Unterscheidung war auch früher keine Schwierigkeit für die Menschen. Dergleichen sind rein theologisch-philosphische Verstiegenheiten. Sie entstehen, wenn man sich allzu vieles ausdenkt, ohne Fakten zu berücksichtigen.

Die Unterscheidung hat niemand bestritten. Es geht um die Gewichtung der unterschiedenen Ebenen und um die Zuschreibung des Attributs der Wirklichkeit bzw. der Existenz.


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1381973)
Kann eine Hexe statt auf einem Besen auch auf einem Rechen reiten? Lassen sich Vampire mit Knoblauch fernhalten? All das ist reiner Aberglaube. Im Fall der Transsubstantiation einer Oblate hat er die Gelehrten beschäftigt, er hat Bibliotheken gefüllt und tausenden Menschen das Leben gekostet. Es ist aber dennoch ein Aberglaube. Die Kirche wird in dem Moment besser, in dem sie sich davon befreit.
:Blumen:

Es gibt symbolische Handlungen und es gibt Aberglauben. Ich verstehe nicht, was Dir so schwer fällt an der Unterscheidung!

Zarathustra 03.06.2018 06:30

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1381985)
Weil ich es gut verstehe

Wenn dem so wäre, würdest Du nicht meinen, daß die Darstellung auf Wikipedia im Widerspruch steht zu dem Heisenbergzitat.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1381985)
Dabei interessiert mich jedoch vor allem die Methode, mit der diese Auffassungen gewonnen wurden; sowie die Prüfungen, mit denen sie abgesichert wurden.

U.a.: Logik, Hermeneutik, Begriffsgeschichte, Urteilsvermögen, (Nach-)Denken.

Jörn 03.06.2018 07:12

Du irrst Dich. Die katholische und evangelische Kirche gehen ausdrücklich von einer "Realpräsenz" aus, also eben gerade nicht von einer "symbolischen" Präsenz Gottes in der Oblate.

Beweis: Katechismus, § 1374-1377 ff.
Erläuterung dieser Paragrafen auf der offizielle Webseite der kath. Kirche: Katholisch.de:

Für die katholische Kirche ist die Sache klar: Die Eucharistie* ist kein Gedächtnismahl, keine bloße Zeichenhandlung. Im Sakrament ist "wahrhaft, wirklich und substanzhaft der Leib und das Blut zusammen mit der Seele und Gottheit unseres Herrn Jesus Christus und daher der ganze Christus enthalten" (KKK 1374). Der Katechismus der katholischen Kirche drückt mit diesen Worten den Glauben an die Realpräsenz, die wirkliche Gegenwart Christi aus. In der Messe werden aus Brot und Wein tatsächlich Leib und Blut des Herrn.
Wikipedia: "Die Realpräsenz bezeichnet in der christlichen Theologie die Lehre, dass Leib und Blut Christi in der Eucharistie wahrhaft gegenwärtig seien."

Du verwechselst es vielleicht mit den Ansichten eines Teils der sog. "reformierten Kirchen" (nicht zu verwechseln mit "evangelisch"; hier passen Deine Zitate von Zwingli, vermutlich hast Du es daher), die nur von einer symbolhaften Bedeutung ausgehen. Dem folgen die evangelischen und römisch-katholischen Kirchen ausdrücklich nicht.

Ähnlich wie die "reformierten Kirchen" sehen es die mennonitischen Kirchen, die meisten baptistischen Kirchen, die Pfingstgemeinden, verschiedene andere evangelische Freikirchen sowie die Zeugen Jehovas. Sie gehen von einer Symbolik aus. (Quelle: Wikipedia, s.o.)

Alle genannten Kirchen kommen durch (Zitat von Dir) "Logik, Hermeneutik, Begriffsgeschichte, Urteilsvermögen, (Nach-)Denken" zu genau gegenteiligen Auffassungen. Darüber kannst Du ja mal nachdenken.

-----
*Eucharistie meint jene Zeremonie, bei der Brot/Oblate und Wein verspeist werden.

Jörn 03.06.2018 07:21

Der Vatikan erläutert den Katechismus (legt ihn aus):
282. Wie ist Jesus in der Eucharistie* gegenwärtig?

1373-1375

Jesus Christus ist in der Eucharistie* auf einzigartige und unvergleichliche Weise gegenwärtig: wirklich, tatsächlich und substantiell, mit seinem Leib und seinem Blut, mit seiner Seele und seiner Gottheit. In der Eucharistie ist also der ganze Christus, Gott und Mensch, auf sakramentale Weise gegenwärtig, das heißt unter den eucharistischen Gestalten von Brot und Wein.

283. Was bedeutet Transsubstantiation?

1376-1377

Transsubstantiation bedeutet die Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in die Substanz des Leibes Christi und der ganzen Substanz des Weines in die Substanz seines Blutes. Diese Verwandlung vollzieht sich im eucharistischen Gebet durch die Wirkkraft des Wortes Christi und das Handeln des Heiligen Geistes. Die sinnlich wahrnehmbaren Merkmale des Brotes und des Weines, also die „eucharistischen Gestalten“, bleiben jedoch unverändert.
-----
*Eucharistie meint jene Zeremonie, bei der Brot/Oblate und Wein verspeist werden.

qbz 03.06.2018 08:00

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1382015)
........
Hier schließt Du von Deiner eigenen Unkenntnis auf den allgemeinen Kenntnisstand. Das Bild des dunklen Mittelalters ist ein Mythos aus der Zeit der Aufklärung und längst überholt.
.......

Wie "dunkel oder hell" nun das europäische Mittelalter war, darüber kann man als Frage einer Bewertung streiten, je nach angewandten Kriterien. Du benutzt es einfach, um Arne hier abzuwerten und unterstellst ihm Unkenntnis, ohne selbst originelle Philosophen aus der Zeit zu nennen, die in die Neuzeit wirken. Wie Arne schrieb, die philosophischen Gelehrten stritten sich damals auf "Kongressen" um kirchlich-scholastische Fragen und welche Ideen als Häresie gelten.

Das Schicksal der Menschen im Mittelalter und ihre Rechte hingen ausschliesslich von der Gnade der Geburt ab, von ihrem Stand, ihrem Geschlecht, ihrer Religion. Die meisten Menschen konnten nicht lesen und schreiben, weil es keine allgemeine Volksbildung gab. Im östlichen Brandenburg wechselte die fürstliche Herrschaft für die freien Kleinstädte manchmal in kurzen Abständen mit den damit verbundenen kriegerischen Auseinandersetzungen. Die Slawen wurden aus den Dörfern vertrieben bzw. "christianisert" und Fürsten / Kirche unterworfen. Die Abgabepflicht für die Städte und Bauerndörfer war meistens erdrückend (um das aufwendige Leben und die Kriege / Eroberungen der Fürsten, des Papstes und der Kirchen (!) zu finanzieren). Wer sich nicht unter den Schutz der fürstlichen Herrschaft stellte, die gerade die Region, die Stadt für sich beanspruchte, und dieser Herrschaft huldigte (so hiess das damals: Nach der Unterwerfung folgte die Huldigung und die jährlichen Abgaben bzw. festen Übereignungen von Besitz), musste mit marodierenden (Raub)Rittern oder drakonischen Strafen rechnen (Brandschatzung). Jede Kleinstadt mit ein paar Hundert Bewohner hatte einen Scharfrichter. Strafen waren: an den Pranger stellen, Glieder abschlagen, hängen (Diebe), köpfen, rädern, einsperren und verhungern (im "Hungerturm") lassen, verbrennen, foltern vor dem Urteil. Die Kosten wurden dem Angeklagten in Rechnung gestellt bzw. der Besitz beschlagnahmt. Ich las gerade eine alle Seiten des Lebens umfassende dokumentierte historische Chronik über eine Region und eine Kleinstadt in Brandenburg, deswegen steht meine Antwort noch unter dem Eindruck dieser Chronik.

Meine ganz persönliche Meinung: Eine evtl. Umbewertung des Mittelalters ist vielleicht auch dem von Dir zitierten Zeitgeist geschuldet, dessen Zeiger gerade mal wieder nach rechts wandert und die deutsche Geschichte sowie fürstlich-adlige Herrschaftsformen verklärt.
Die mittelalterliche Idylle auf Mittelalterfesten ist so historisch-real wie die der Winnetou Festspiele. ;)

Ps.
Natürlich ist die Neuzeit, der Kapitalismus und Kolonialismus, leider wahnsinnig schrecklich mit seinen verlustreichen Kriegen, trotz Aufklärung und Menschenrechte.

keko# 03.06.2018 12:46

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1381961)
Danke. Bitte fasse Artikel und Videos kurz zusammen, sodass Deine Argumentation deutlich wird und sie jeder Diskutant in angemessener Zeit nachvollziehen kann. Du kannst nicht erwarten, dass ich mir Deine Argumente aus langatmigen Videos selbst herausklaube.

Dürr hat auch das Buch "Physik und Transzendenz: Die großen Physiker unserer Zeit über ihre Begegnung mit dem Wunderbaren" geschrieben. Es ist unglaublich schwer, das in wenigen Sätzen zusammenzufassen, es sei denn, ich zitiere den Klappentext.

Mir ging es bei den Links nicht darum zu sagen: Schau her, ich habe recht, jetzt lies das alles selbst!!, sondern um dem interessierten Leser selbst die Möglichkeit zu geben, sich ein Bild zu machen.

Dürr ist aus meiner Sicht eine intellektuelle Lichtgestalt. Ich finde es lediglich interessant, dass sich so jemand (und auch viele andere) über geistige Themen, Transzendenz, Religion, Ehtik, Werte usw. intensiv Gedanken machen.

Erkenntnisse am Rand, sei es in der Quantenphysik oder bei Einstein (nicht-Gleichzeitigkeit eines Ereignisses), sind nicht das Ende geistigen, "übernatürlichen" Vermutens, Nachdenkens des Menschen (oder wie immer man das nennen soll). Aus meiner Sicht laden sie geradezu zum Nachdenken ein.

Klugschnacker 03.06.2018 13:01

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1381924)
Hallo Zarathustra,
ich verstehe dich so, dass nach deiner Ansicht eine wirkliche Welt existiert, die möglicherweise durch menschliche Untersuchung nicht vollständig beschrieben werden kann. Sprache und Beschreibung haben insofern grundsätzlich etwas Symbolhaftes. Insofern hältst du es für berechtigt, neben der wissenschaftlichen Symbolsprache andere Sprachen (zB die der Religion) bestehen zu lassen, um sich dadurch der unabhängig von naturwissenschaftlicher Betrachtung erkennbaren Wirklichkeit vollständiger anzunähern?
Verstehe ich dich richtig?

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1381978)
Hallo waden, ja, das halte ich für eine gute Zusammenfassung der Position Heisenbergs, der ich mich im Großen und Ganzen anschließen würde...

Gibt es vielleicht sogar ein Beispiel für einen solchen Fall "erkennbarer Wirklichkeit", welchem sich die religiöse Sprache "vollständiger" annähert als eine sachliche Betrachtung? Oder stellt der hier diskutierte Fall einer Weizenmehloblate bereits ein solches Beispiel dar?

Besonders wertvoll fände ich ein Beispiel aus einer anderen Religion als dem Christentum. Denn die Behauptung scheint ja für Religion und religiöse Sprache generell zu gelten, nicht nur für eine bestimmte Religion.
:Blumen:

Jörn 03.06.2018 15:34

Vielleicht könnte die folgende Frage gleich zusammen mit Arnes Frage beantwortet werden.

Die Beschreibung eines Sachverhalts ist nur eine Seite der Medaille. Die Beschreibung könnte womöglich mit einer bestimmten Symbolsprache treffender sein als mit einer anderen. Hier finde ich Arnes Frage nach einem Beispiel interessant.

Die andere Seite der Medaille ist jedoch die Überprüfung einer solcherart symbolhaft formulierten These. Es kommt ja nicht nur darauf an, eine These zu beschreiben. Sondern es kommt vor allem darauf an, herauszufinden, ob sie zutrifft. Wenn ich das nicht kann, ist auch meine Beschreibung nicht viel wert.

Ob die religiöse Symbolsprache tatsächlich eine bessere Annäherung an die Wirklichkeit ermöglicht, ist zweifelhaft. Und zwar deswegen, weil sich alle Religionen widersprechen, obwohl sie alle eine religiöse Symbolsprache verwenden. Angesichts tausender sich widersprechender Religionen muss zwangsläufig der allergrößte Teil dieser religiösen Symbolsprache(n) etwas Falsches ausdrücken. Dies legt den Verdacht nahe, dass die "besondere Annäherung" an die Wirklichkeit überhaupt keine Eigenschaft dieser Sprache ist. Dass sie zu einer "besonderen Annäherung" imstande ist, muss erst noch bewiesen werden. Es kann jedenfalls nicht einfach vorausgesetzt werden. Statistisch drängt sich der gegenteilige Verdacht auf, nämlich, dass diese Symbolsprache vor allem Unsinn hervorbringt.

Ich würde also in Ergänzung zu Arnes Frage gleich noch ein Beispiel für eine gelungene Überprüfung anfragen, und wie diese Überprüfung konkret ausgeführt wurde. Die Beschreibung einer These alleine reicht nicht aus.

Anja 03.06.2018 22:05

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1382017)
Du irrst Dich. Die katholische und evangelische Kirche gehen ausdrücklich von einer "Realpräsenz" aus, also eben gerade nicht von einer "symbolischen" Präsenz Gottes in der Oblate.

.


Falsch: hier begründet ein großes Problem der Ökomene, weil eben die katholische Kirche die Hostie als Leib Christi betrachtet und die evangelische Kirche nur das Symbol darin sieht.

Ich empfinde allein das ständige Wiederholen "Oblate" einfach unpassend und "Keks" schlichtweg respektlos und bewußt verletztend gewählt.

Jörn 03.06.2018 22:30

Wikipedia sieht das anders:
Im Zuge der Reformation wurde die Frage des Abendmahlsverständnisses erneut thematisiert und Gegenstand verschiedener innerprotestantischer Auseinandersetzungen, unter anderem beim Marburger Religionsgespräch 1529.

Die Realpräsenz wurde von Martin Luther gegen Ulrich Zwingli und dessen Anhänger vertreten, die ein symbolisches Verständnis lehrten. (...)

Die Konkordienformel fasste die lutherische Position 1577 in der Aussage zusammen, dass die Gläubigen den Leib und das Blut Jesu Christi „in, mit und unter“ Brot und Wein zu sich nehmen, was häufig im Sinne einer Konsubstantiation (reale Präsenz Christi bei gleichzeitigem Fortbestehen der Brotsubstanz) gedeutet wird.

Die lutherischen Kirchen haben diese Auffassung beibehalten und teilen die Annahme einer Realpräsenz mit der römisch-katholischen Kirche sowie mit den orthodoxen und altkatholischen Kirchen, die sich überwiegend wie Luther auf eine prädikative (nicht übertragene) Bedeutung der Einsetzungsworte („Dies ist mein Leib“) berufen.

Zitat:

Zitat von Anja (Beitrag 1382286)
das ständige Wiederholen "Oblate" einfach unpassend

Es tut mir furchtbar leid, dass wir in der Frage der Ausdrucksweise (Oblate, Keks) nicht zusammenkommen. Die Oblate ist eine Oblate. Ich kann Dir hier leider nicht entgegen kommen. Ich finde, Du müsstest überprüfen, ob Du dieses Entgegenkommen überhaupt von mir verlangen kannst. Findest Du nicht, dass das zu weit geht?

Zitat:

Zitat von Anja (Beitrag 1382286)
schlichtweg respektlos

Ich sehe auch keinen Grund, die Behauptung zu respektieren, es handele sich bei der Oblate um den Leib einer Gottheit. Meine Höflichkeit bestand darin, mich nach Beweisen zu erkundigen. Das ist bereits ein großes Entgegenkommen von mir, wenn man die enorme Albernheit der Behauptung bedenkt. Da keine Beweise erbracht wurden, besteht auch kein Anspruch darauf, dass diese Behauptung von mir respektiert wird.

PS: Rein interessehalber: Wie nennst Du diese Oblate?

qbz 03.06.2018 22:53

Zitat:

Zitat von Anja (Beitrag 1382286)
Falsch: hier begründet ein großes Problem der Ökomene, weil eben die katholische Kirche die Hostie als Leib Christi betrachtet und die evangelische Kirche nur das Symbol darin sieht.

Ich empfinde allein das ständige Wiederholen "Oblate" einfach unpassend und "Keks" schlichtweg respektlos und bewußt verletztend gewählt.

Also wie immer da, wo es um die eigene Idendität von Gemeinschaften mit einheitlicher Ideologie in Abgrenzung zu Abspaltungen geht, werden oft aus für Aussenstehende eher kleinen Unterschiede wesentliche und bestimmende für die eigene Identität und diese Unterschiede waren Gründe für theologischen Streit in der Reformationszeit und idenditätsstiftend.

Ich schaute jetzt nochmals bei katholisch.de nach, was sie zum Stichwort Ökumene und Abendmahl offiziell publizieren und weshalb Katholiken die Teilnahme am evangelischen Abendmahl untersagt ist:

Der Empfang des evangelischen Abendmahles ist für einen Katholiken untersagt. Er erfüllt damit konsequenterweise dann auch nicht seine Sonntagspflicht. Der Hauptgrund dafür ist die fehlende Apostolische Sukzession. Die katholische Kirche – aber auch die Orthodoxen oder Anglikaner – berufen sich darauf, dass sich die Weihe ihrer Bischöfe in einer ununterbrochenen Kette bis zu den Aposteln zurückverfolgen lässt. Den Bischöfen und Pastoren der evangelischen Kirchen fehlt diese "Legitimation", so dass es sich nicht um Weihen im katholischen Sinne handelt. Eine Folge ist, dass auch die Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi in den nachreformatorischen Kirchen ungültig ist. Der heilige Papst Johannes Paul II. (1978-2005) hat in seiner Enzyklika "Ecclesia de Eucharistia" (2003) noch einmal bekräftigt, dass ein katholischer Gläubiger nicht die Kommunion in einer Gemeinschaft empfangen könne, "der das gültige Sakrament der Weihe fehlt" (Nr. 46).

Ein zweiter Grund für die untersagte Teilnahme am Abendmahl besteht im unterschiedlichen Eucharistieverständnis. Unwahr ist allerdings, dass Protestanten generell nicht an die reale Gegenwart Christi im Abendmahl glauben. Zwar sehen einige evangelische Freikirchen darin nur eine symbolhafte Gedächtnisfeier, die Lutheraner aber glauben wie die Katholiken an eine Realpräsenz. Unterschiede stecken hier im Detail. Katholiken gehen von einer vollständigen und dauerhaften Wandlung der Substanz von Brot und Wein in Leib und Blut Christi aus (Transsubstantiation), Lutheraner sprechen von einer Allgegenwart (Ubiquität) oder der Einheit von Leib und Blut Christi in Brot und Wein (Konsubstantiation). Die evangelische Kirche hat mit der Interkommunion allerdings kein Problem. Sie erlaubt den Katholiken, bei ihnen das Abendmahl zu empfangen.

http://www.katholisch.de/aktuelles/a...ie-wer-darf-wo

Damit sehe ich drei Auffassungen zur Transsubstantiation: Die katholische, die lutheranische, die reformatorische (Zwingli), wobei nur letztere das Brot / Oblate und den Wein als Symbol für den Leib und das Blut Christi beim Abendmahl bezeichnen.

waden 03.06.2018 22:56

Zitat:

Zitat von Anja (Beitrag 1382286)
Ich empfinde allein das ständige Wiederholen "Oblate" einfach unpassend

https://de.wikipedia.org/wiki/Hostie:

"... dünnen Oblaten (von lat. oblata „Opfergaben“) ..."

Der Begriff Oblate kann wohl als neutral bezeichnet werden.

waden 03.06.2018 23:29

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1381924)
Hallo Zarathustra,
ich verstehe dich so, dass nach deiner Ansicht eine wirkliche Welt existiert, die möglicherweise durch menschliche Untersuchung nicht vollständig beschrieben werden kann. Sprache und Beschreibung haben insofern grundsätzlich etwas Symbolhaftes. Insofern hältst du es für berechtigt, neben der wissenschaftlichen Symbolsprache andere Sprachen (zB die der Religion) bestehen zu lassen, um sich dadurch der unabhängig von naturwissenschaftlicher Betrachtung erkennbaren Wirklichkeit vollständiger anzunähern?
Verstehe ich dich richtig?

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1381978)
Hallo waden,

ja, das halte ich für eine gute Zusammenfassung der Position Heisenbergs, der ich mich im Großen und Ganzen anschließen würde, für die er aber, wie man betonen muß, in der Sache auch keine besondere Originalität beanspruchen kann, sein Verdienst liegt hier in der Übersichlichkeit und Klarheit seiner Darstellung (vor allem in der oben von mir zitierten Abhandlung).

Nun gibt es ja sehr viele Religionen und Weltanschauungen, und mir ist nicht klar, nach welcher Methode Du bei diesen unterschiedlichen Ansichten zwischen Symbolik, Glauben und Aberglauben unterscheidest; da drückst Du Dich nach meinem Empfinden bisher zu unklar aus.

Es liegt natürlich im Wesen aller Weltanschauungen, die eigenen Annahmen für übergeordnet wichtig zu halten; es liegt im Wesen der Religionen, die eigenen Weltbilder für übergordnet zu halten - und die weltlichen (naturwissenschaftlichen) Erkenntnisse nur für einen Teil davon. Das kann aber durchaus problematische Auswirkungen haben.

In der ZEIT vom 17.5.18 bescheibt der Autor J. Ross unter dem Titel "Spirituelle Schwerkraft" über einen dramatischen Wechsel des Zeitgeistes in Indien, so dass heute wieder die Weisheiten der Vorväter Konjunktur haben, nachdem noch 1976 in der indischen Verfassung im Katalog der Bürgerpflichten gefordert wurde, dass jedermann eine "wissenschaftliche Geisteshaltung" entwickeln solle.

Die indische Zivilisation des Altertums brachte in der Tat eindrucksvolle wissenschaftliche Leistungen hervor, vor allem auf dem Gebiet der Mathematik und Astronomie. Bereits um 500 v. Chr. hatte ein indischer Gelehrter erkannt, das die Erde sich um die eigene Ache drehe und erklärt, wie Mond- und Sonnenfinsternisse zustande kommen (schreibt der Zeit-Autor, ich zitiere weiterhin).

Unser Wort "Algebra" verweist auf den arabischen Ursprung und darauf, dass die Zahlenkunde aus dem Nahen u. Mittleren Osten nach Europa kam. Die Araber selbst dagegen nannten die Mathematik "Hindisut" - die indische Kunst.

Dise Leistungen werden in Indien heute durch eine Scheinwissenschaft verdeckt, die ihren Ursprung in der Gegenbewegung zur britischen Kolonialmacht Ende des 19. Jh. hatte. Zum Wunsch des nationalen Wiederaufstiegs gehörte es, den Hinduismus und die von ihm geprägte spirituelle Welt vom Image der Rückständigkeit zu befreien und ihn als gegenwartstauglich, mit moderner Erkenntnis vereinbar, darzustellen. So kam es zur "Energie"-Metaphorik yogischer Praxis mit der Vorstellung, der vollkommende Yogi könne alle Kräfte der Natur beherrschen. Mit dieser Spiritualphysik lassen sich auch Gedankenlesen, Unsichtbarwerden und Fliegenkönnen erklären.

Unter Hinweis auf diese Erkenntnistradition wird von religiöser Seite behauptet, dass der Mythos die eigentliche Erkenntnisquelle darstelle und naturwissenschaftlichen Erkenntnisse bloß eine Art nachgeholter Bestätigung sei "Wir wußten die Antwort schon. Auf die Frage zu warten ist unsere Kultur".

Seit 2014 gibt es ein eigenes Ministerium für Ayurveda, Yoga und andere überlieferte Heil- und Meditationstechniken. Zweifellos lässt sich mit Ganzheitlichkeit und Lebensstil großer Einfluss auf die Gesundheit nehmen. In Delhi wurde 2017 ein zentrales All India Institue of Ayurveda eröffnet, in offensichtlicher Entsprechung zum All India Institute of Medical Sciences.

Andererseits ist Indien nach wie vor ein Land, in dem die Infektionskrankheiten nicht besiegt sind und wo es für Abermillionen an elementarer Hygiene und primärer Gesundheitsversorgung mangelt. Wie immer man zu Ayurveda steht: was die Inder in erster Linie benötigen würden, sind mehr Investionen in Ärzte, Kliniken, Medikamente und sanitäre Einrichtungen (allesamt Errungenschaften moderner wissenschaftlicher Medizin).

Gesteigerter Stolz auf das einheimische heilkundliche Erbe wird da wenig helfen. Aus der Überzeugung, man sei die Quelle allen Wisssens und aller Kultur kann eine Selbstgefälligkeit erwachsen, die den Menschen nicht hilft.

keko# 04.06.2018 07:32

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1382181)
Ob die religiöse Symbolsprache tatsächlich eine bessere Annäherung an die Wirklichkeit ermöglicht, ist zweifelhaft.

Um welche Wirklichkeit geht es? Die Einteilung z.B. in eine subjektive und objektive ist ja in der modernen Physik hinfällig geworden. Selbst dort bekommt man damit Probleme, wie ich am Beispiel der Relativitätstheorie und besonders der Quantentheorie angesprochen habe. Dort kann man mit der Einteilung in eine objektive Wahrheit und subjektive Wahrheit nicht mehr viel anfangen.

Jörn 04.06.2018 07:40

Och, da bin ich nicht anspruchsvoll. Einfach jene Wirklichkeit, die sich beweisen lässt.

keko# 04.06.2018 07:55

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1382328)
Och, da bin ich nicht anspruchsvoll. Einfach jene Wirklichkeit, die sich beweisen lässt.

Beweisen? Ich kann gern dazu etwas sagen, obwohl das eigentlich das Feld von Klugschnacker ist, der ja mal Physik studiert hat. Vielleicht hält er sich ja so bedeckt, weil er genau weiß, dass das mit der Wirklichkeit und Wahrheit in der modernen Physik nicht mehr so einfach ist. Wir bewegen uns hier ja auf dem Niveau der klassischen Physik von Newton (die natürlich auch noch gilt).

Jörn 04.06.2018 08:23

Bewiesen werden sollte nicht die klassische Physik, sondern die "religiöse Symbolsprache" und ihre zutreffliche Beschreibung irgendwelcher Sachverhalte. Mir reicht es bereits aus, wenn es plausibel gemacht wird, d.h. wenn sich keine offensichtlichen Widersprüche zeigen.

waden 04.06.2018 08:38

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1382337)
Bewiesen werden sollte nicht die klassische Physik, sondern die "religiöse Symbolsprache" und ihre zutreffliche Beschreibung irgendwelcher Sachverhalte. Mir reicht es bereits aus, wenn es plausibel gemacht wird, d.h. wenn sich keine offensichtlichen Widersprüche zeigen.

Da stimme ich Dir zu. Lassen sich denn andererseits, frage ich als Laie, die offensichtlichen Widersprüche zwischen Quantenphysik und Newtonscher Physik auflösen?

keko# 04.06.2018 09:40

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1382341)
Da stimme ich Dir zu. Lassen sich denn andererseits, frage ich als Laie, die offensichtlichen Widersprüche zwischen Quantenphysik und Newtonscher Physik auflösen?

Dirac, Sommerfeld, Pauli, Einstein und Heisenberg schreiben bereits dazu in dem von mir erwähnten Klassiker "Der Teil und das Ganze" :)

Klugschnacker 04.06.2018 09:56

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1382341)
Lassen sich denn andererseits, frage ich als Laie, die offensichtlichen Widersprüche zwischen Quantenphysik und Newtonscher Physik auflösen?

Hast Du dabei etwas Bestimmtes im Sinn?

Allgemein gilt, dass die Newtonsche Physik oder besser: die klassische Mechanik als Grenzfall in der Quantenmechanik enthalten ist.

Konkret: Die klassische Mechanik kann exakte Aussagen über Ort, Geschwindigkeit, Impuls, Energie etc. von einzelnen Objekten machen. Beispiel: Kennt man diese Größen eines Kometen, so lässt sich präzise vorhersagen, wo er sich morgen oder nächste Woche befinden wird.

Im Gegensatz dazu kann die Quantenmechanik keine exakten Aussagen über Ort, Geschwindigkeit, Impuls, Energie etc. von einzelnen Objekten machen, sondern nur Mittelwerte einer Vielzahl von Objekten angeben. Beispiel: Kennt man Position und Geschwindigkeit eines Elektrons, so lässt sich nicht präzise vorhersagen, wo es sich in der nächsten Sekunde befinden wird. Exakte Vorhersagen über das Verhalten lassen sich nur für eine Vielzahl an Elektronen als Mittelwerte angeben.

Diese Quanten-Effekte zeigen sich vor allem bei Objekten, die sehr viel kleiner sind als ein Atom. In unserem Alltag haben wir es jedoch nicht mit einzelnen dieser winzigen Objekte, sondern stets mit einer riesigen Vielzahl dieser Objekte zu tun. Bereits ein Gramm Eisen enthält 10.780.000.000.000.000.000.000 Atome. Zur Veranschaulichung dieser Zahl: Auf jede Sekunde, die seit dem Urknall vergangen ist, lässt sich eine halbe Million dieser Atome verteilen. Wir haben es im Alltag daher mit den Mittelwerten aus sehr vielen Teilchen zu tun. Diese Mittelwerte entsprechen der klassischen Mechanik führen zu den gleichen Ergebnissen wie die Quantenmechanik.

Klugschnacker 04.06.2018 10:16

Die Quantenphysik hat mit Göttern, Teufeln, Engeln, Sünde und Vergebung nicht das Geringste zu tun. Sie beschreibt einfach, wie sich sehr kleine Objekte verhalten.

Sie enthält ein Element des Zufalls, sowie Fernwirkungen zwischen den mikroskopischen Objekten, die wir noch nicht verstehen. Das macht sie interessant für Esoteriker ("Quantenheilung") sowie teilweise für religiöse Menschen, die ansonsten alle naturwissenschaftlichen Argumente ablehnen.

Es handelt sich aber um eine rein physikalische Beschreibung sehr kleiner Objekte.

Das menschliche Gehirn, unsere Sinnesorgane und unsere Weltbilder haben sich in einer Welt der mittelgroßen Gegenstände entwickelt. Mittelgroß bedeutet: Wir wohnen nicht in einem Atomkern und wir essen keine Galaxien zum Frühstück. Sondern wir haben es mit Objekten zwischen einem Zehntelmillimeter und ein paar tausend Kilometern Länge zu tun.

Die Physik der ganz großen Objekte (Allgemeine Relativitätstheorie) und der ganz winzigen Objekte (Quantenphysik) sind für uns daher nicht intuitiv verständlich. Mit Religion haben jedoch beide nichts zu tun.
:Blumen:

keko# 04.06.2018 10:31

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1382360)

Die Physik der ganz großen Objekte (Allgemeine Relativitätstheorie) und der ganz winzigen Objekte (Quantenphysik) sind für uns daher nicht intuitiv verständlich. Mit Religion haben jedoch beide nichts zu tun.
:Blumen:

Nein, ganz und gar nicht. Nur wissen wir, dass in der heutige Naturwissenschaft jeder Sachverhalt objektive und subjetive Züge hat. Die objektive Welt der Naturwissenschaft früherer Zeit ist lediglich ein Grenzbegriff, wie du ja auch sdcreibst. Das ist schon sehr bemerkenswert, dass wir bei der Unterschuchungen der Wirklichkeit eine objektive und subjektive Seite betrachten müssen.

waden 04.06.2018 10:36

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1382355)
Hast Du dabei etwas Bestimmtes im Sinn?

Nein, ich hatte dabei nichts Bestimmtes im Sinn. Danke für Deine weiteren interessanten Ausführungen dazu.

Ich habe auch den Eindruck, dass der Umstand, dass Phänomene der Quantenphysik nicht intuitiv erfasst und derzeit (zumindest teilweise) nicht erklärt werden können, dazu beitragen, dass Esoterik und Religion dem "Unerkärlichen" im Sinne des "Übernatürlichen" bzw. "Übernaturwissenschaftlichen" einen dem naturwissenschaftlichen Erkennen ebenbürtigen Rang einräumen wollen.

waden 04.06.2018 10:38

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1382366)
Das ist schon sehr bemerkenswert, dass wir bei der Unterschuchungen der Wirklichkeit eine objektive und subjektive Seite betrachten müssen.

Die subjektive Seite bezieht sich wohl insbesondere auf die Quantenphysik, welche im Moment der Beobachtung einen ansonsten beweglichen Zustand "festschreibt"?


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