![]() |
Wahnsinn Arne. Irgendwie empfinde ich Parallelen beim Lesen- auch wenn ich lange nicht so begabt im Sport bin wie Du.
Ich hatte es schwer in der Schule weil ich immer ein sehr ängstliches Kind war und daher oft außen vor. Befreiung gab mir ein Jahr Gast-Studium (als ich schon über 20 war) in Südtirol - weit weg von allem, ganz allein. Selbstbewußtsein gab mir dann mein erster Marathon. Schade dass ich keine mehr laufen werde können, aber trotzdem habe ich diese Zeit genossen und gebraucht. Danke dass Du uns teilhaben lässt. |
Nicht nur Dein Deutsch-Lehrer wäre stolz auf Dich! Jede gute Geschichte bedarf einer guten Erzählung, sonst kann auch diese langweilig und uninteressant klingen. Du schaffst es aber das Ganze für uns bildhaft und interessant rüberzubringen. Weiter so!
|
Zitat:
In einigen Situationen kann ich mich ganz klar wiedererkennen. |
Arne, von Deinem Trainingsmanager bekomme ich ja langsam nervöse Zuckungen. Rad... hui...
aber... SCHWIMMEN??? :Lachen2: Bekommen wir morgen Deine neue Schwimmhosen-Kollektion zu sehen? :Blumen: :Cheese: LG! |
Zitat:
@Arne Als wir uns am letzten Sonntag bei meinem 3h-Lauf begegneten, hatte ich, bei 0 "Outdoor- Kilometer" mit dem Rennrad in diesem Jahr, ein richtig schlechtes Gewissen...:) Wenigstens sind´s auf der Rolle bereits knapp 200 km in diesem Jahr. Viele Grüße Hippoman :cool: |
Der Protagonist des Romans, den ich damals las, war um die 50 Jahre alt. Es sei eine Zeit, wie er feststellte, in der eine innere Liste an Bedeutung gewinnt: Dinge, die man gerne noch machen würde, bevor man zu alt ist.
Auf seiner persönlichen Liste standen: Ein Zelt aufstellen, mit einem Motorrad durch England fahren, mit zwei Frauen schlafen, eine Fantasie von Chopin auf dem Klavier spielen lernen, ein Jahr in einer fremden Stadt leben, irgendwo am Mittelmeer, an einem lebhaften Marktplatz, und nie die Fenster schließen. Ich ging die Liste in Gedanken durch, stellte mir die Bilder und Stimmungen vor, und begann schließlich in innerer postkoitaler Mattigkeit, vage über eine eigene Liste nachzudenken, als ich dösig aufwachte. Ich lag im Gras. Eine Kuh war mit schnaubend-rupfenden Geräuschen nahe gekommen. Ich schaute sie abwesend an, während sie Sauerampfer wiederkäute und ich alte Träume. Neben mir lag mein Rennrad, eine Papiertüte und etwas Rotes. Ich war bereits eine ganze Weile unterwegs. Ganz früh war ich im Morgentau über den Schauinsland geradelt und hatte auf kleinen Straßen fast den gesamten Südschwarzwald überquert. St. Blasien, Albtal, dann teilweise steil nach Gresgen und weiter ins Kleine Wiesetal. Einen Berg noch bis Kandern, dort wollte ich in einer Bäckerei einem sich anschleichenden Hungerast ein Schnippchen schlagen. Da angekommen schlug mir das plötzliche Stillstehen auf’s Gemüt. Ich hatte mich den ganzen Tag über sehr beeilt, um meine Tour zu schaffen, bevor mich die Erde wieder in ihren Schatten wälzte. Die Sonne stand schräg und ich hatte es eilig. Die Frau an der Bäckertheke quatschte seelenruhig mit der Dame vor mir, die nicht im Traum daran zu denken schien, zur Seite zu springen, wenn eine Naturgewalt mit zweitausend Mückenleichen an den Armen die Bäckerei betrat. Ich wartete ungeduldig. Der Schweiß brach mir aus, tat es der Zeit gleich und lief davon. Ich beschloss, der Welt eine Lehre zu erteilen und stakste entrüstet, mit tadelnder Körpersprache, aber unverrichteter Dinge wieder aus dem Laden heraus. Man muss Prinzipien haben. Außerdem kann man sich von so Volk ja nicht erpressen lassen, oder? Eben. Direkt hinter Kandern fiel mich der lauernde Hungerast an wie ein wildes Tier. Ich war wie ausgeknipst. Auf den kleinsten Gängen schleppte ich mich würdelos in der prallen Sonne über die Hügel. Unter einem Apfelbaum fand ich eine kleine steinharte grüne Kugel, die so sauer und stumpf schmeckte, dass ich von ihr abließ. Und einen faustgroßen bräunlichen Beutel mit weißem Schimmel links vom Nordpol, gefüllt mit etwas Matschigem. Offenbar eine ältere Apfelleiche. Pfui Teufel! Soll mir nochmal jemand was von der schönen Natur des Schwarzwaldes erzählen! Der nächste Ort heißt Badenweiler. Er ist genau wie der vorige Ort, nur dass hier aufgrund der zahlreichen Kurgäste alles dreimal so teuer ist und doppelt so lange dauert. Entschlossen betrat ich die erste Bäckerei am Platze, die allerdings nicht Bäckerei hieß, sondern irgendwas französisches. Ein Schild im Schaufenster klärte mich auf, dass man per Onlineshop auch ins Ausland liefere. Ich kaufte für gefühlte 20 Euro drei große Stücke Kirschkuchen, jedes so hoch wie ein Ziegelstein. Für ein Getränk reichte das Geld nicht mehr, aber die Tragweite dieser Tatsache erkannte ich erst später. Die Bedienung drapierte den Scheisskuchen so umständlich und zeitraubend auf Pappunterlagen, Plastikfolie, Papier, Plastikfolie, Papier und Plastikfolie, als wolle sie prüfen, wann ich endgültig die Fassung verlöre. Mit einer breiten Papiertüte samt verstärktem Boden und zwei Henkeln verließ ich tuntig den Laden. Ich wahrte mühsam die Contenance bis um die nächste Häuserecke, danach veranstaltete ich das überfällige Massaker, einen kulinarischen Notwehrexzess abseits jeder Kinderstube. Es schmeckte herrlich. Zugegeben: Nach dieser Druckbetankung war mir etwas blümerant um die Körpermitte. Ein Stau in der oberen Speiseröhre erinnerte mich daran, dass nach dem Verzehr einer Schubkarre voll Weizenmehl, Zucker, Gelatine und Schwarzkirschen ein Schluck Wasser gut täte. Ich sammelte etwas Speichel, schließlich zählt die gute Absicht. Mein Magen kämpfte. Ich fuhr weiter, und fasste den Plan, einen der Brunnen in der Nähe anzusteuern. Hatten meine Oberschenkel immer schon beim Treten in den Bauch geboxt? War mir schon vorher das Sitzleder nasskalt erschienen, und selbst der Oberlenker sehr weit unten? Mir war kotzübel. Ich schaffte es nicht bis zu einem Brunnen. Ich hielt an und legte mich nahe der Straße auf eine Wiese. Den Rest kennt Ihr bereits. Anmerken kann ich noch, dass die drei Stücke Kirschkuchen und ich getrennte Wege gingen. Die Ästheten unter Euch kann ich vielleicht beruhigen, wenn ich versichere, dass die Kirschmasse auch nach unserer Trennung noch wunderbar nach Kirschen gerochen hat. Vorausschauende Naturen hätten sie vielleicht sogar wieder in die Tüte gepackt und mitgenommen, schließlich war ich total pleite und nach Hause war es noch weit. Doch ich begriff diesen Wink des Schicksals und ließ von den Kirschen leichten Herzens ab. Ich lag im Gras und dachte an den Satz meines Jugendfreundes Philipp: Je mehr Du brauchst, desto weniger bist Du frei. |
Hätte nicht gedacht, dass die erste Story noch wesentlich steigerungsfähig wäre, aber Du hast mich gerade eines Besseren belehrt!
Ich werd süchtig! Mehr, mehr, mehr!!!! :Lachen2: |
Zitat:
|
Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 09:41 Uhr. |
Powered by vBulletin Version 3.6.1 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2025, Jelsoft Enterprises Ltd.