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LidlRacer 24.08.2009 13:30

Da es den Film gerade kostenlos gibt, habe ich ihn mir noch mal angeschaut.

Das Ergebnis (bei Gegenwind mehr treten, bei Rückenwind weniger) mag richtig sein, aber die Argumentation, die sich fast ausschließlich auf die Rotationsgeschwindigkeit der Räder bezieht, erscheint mir nicht plausibel.

Mal verkürzt wie im Film dargestellt:
Rückenwind => höhere Fahrgeschwindigkeit => sehr hohe Speichengeschwindigkeit oben => überproportional hoher Luftwiderstand => man spart viel Energie, wenn man nur ein wenig langsamer fährt
Gegenwind => geringere Fahrgeschwindigkeit => geringe Speichengeschwindigkeit oben => man kann mit wenig mehr Energie deutlich schneller fahren.

Allein auf die Laufräder bezogen ist das alles korrekt.

Aber wenn man auch den Fahrer und den Rest des Fahrrades betrachtet, die i.d.R. wohl mehr Anteil am Gesamtluftwiderstand haben als die Räder, hat man einen genau entgegen gesetzten Effekt.
Das genannte Pi-mal-Daumen-Beispiel war:
- ohne Wind: 40 km/h
- 20 km/h Gegenwind: 25 km/h, also 45 km/h relative Windgeschwindigkeit
- 20 km/h Rückenwind: 50 km/h, also 30 km/h relative Windgeschwindigkeit

So gesehen erschiene also genau das Gegenteil plausibel, nämlich dass man bei der durch Rückenwind verursachten geringeren relativen Windgeschwindigkeit besser etwas stärker treten sollte.

Wie sich diese beiden Effekte genau in Summe verhalten, erscheint mir nicht trivial feststellbar.

Und der Studie auf Ergometern würde ich nur glauben, wenn sie im Windkanal und nicht mit irgendwie simuliertem Wind stattgefunden hätte.

Tatsächlich glaube ich aber aufgrund einer viel einfacheren Betrachtung, dass es tatsächlich sinnvoll ist, bei Gegenwind stärker zu treten. Einfach weil man durch die bei Gegenwind reduzierte Geschwindigkeit mehr Zeit verliert als man durch die erhöhte Geschwindigkeit auf dem Rückweg gewinnen kann. Und der Effekt wird natürlich um so stärker, je höher der Geschwindigkeitseinbruch ist.

Mal das Zahlenbeispiel etwas abgewandelt:
- ohne Wind: 40 km/h
- Hinweg z.B. 20 km gegen den Wind, Rückweg 20 km mit dem Wind

Wenn man sich vom Wind auf dem Hinweg so stark bremsen lässt, dass man nur noch halb so schnell unterwegs ist (20 km/h), ist es selbst theoretisch nicht möglich, den Zeitverlust auf dem Rückweg aufzuholen, da man schon die gesamte Zeit (1 Std.) für den Hinweg gebraucht hat, man müsste unendlich schnell zurück fahren, was natürlich nicht geht.
Schafft man es, mit höherer Leistung die Geschwindigkeit gegen den Wind bei 30 km/h zu halten (40 Min.), braucht man auf dem Rückweg 60 km/h, um die verlorene Zeit komplett aufzuholen, die natürlich immer noch kaum erreichbar sind.

Bei 36 km/h auf dem Hinweg (33 1/3 Min) reichen 45 km/h zurück, um den Schnitt bei 40 zu halten.

In der Praxis wird man den Schnitt zwar nicht aufrechterhalten können, aber man verliert eben weniger Zeit, wenn man die reduzierte Geschwindigkeit noch halbwegs hoch halten kann. Natürlich nur, so lange man sich dabei nicht komplett abschießt. :Maso:

neonhelm 24.08.2009 16:25

Gerade auch bei einem 10er TT auf einem Wendepunktkurs fährst du doch, was geht, weil du weißt, jede Sekunde, die du im Gegenwind stehst, dich richtig Zeit kostet. Wo soll ich da bitte noch 5% drauflegen? Und auf dem Rückweg wird da auch kein bisschen rausgenommen. Insofern kann ich die Studie nicht wirklich nachvollziehen.

Nichtsdestotrotz macht im Triathlon, bei genügend Reserven und einer für die Rennstrategie festgelegten konstanten Größe (Puls), die von Arne empfohlene 5%-Regel (bei Gegenwind 5% mehr Leistung einsetzen, bei Rückenwind entsprechend 5% weniger) ja durchaus Sinn.

FuXX 24.08.2009 21:22

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 268718)
Tatsächlich glaube ich aber aufgrund einer viel einfacheren Betrachtung, dass es tatsächlich sinnvoll ist, bei Gegenwind stärker zu treten. Einfach weil man durch die bei Gegenwind reduzierte Geschwindigkeit mehr Zeit verliert als man durch die erhöhte Geschwindigkeit auf dem Rückweg gewinnen kann. Und der Effekt wird natürlich um so stärker, je höher der Geschwindigkeitseinbruch ist.

Damit liegst du richtig. Genauso lohnt es sich nicht 240 statt 200 auf den letzten 50km zu fahren, um die 3h die man im Stau verloren hat aufzuholen...

Die LAufräder sind aber der Grund, weshalb bei Rückenwind Ausreißer gute Chancen haben. Da der Windschatten kaum noch was bringt und fast alle Leistung an Rollwiderstand und Luftwiderstand der Laufräder verloren geht, hat man eben nichts mehr von der Gruppe.

FuXX

hase 04.03.2012 20:13

Bin auf der Suche nach einer Strategie bei Gegenwind auf diesen älteren Thread gestoßen, bei dem sich mir als Physiker die Fußnägel aufrollen, insbesondere bei dem Film. Also:

Wenn man 20km/h Gegenwind hat, führt das nicht dazu, daß man bei gleicher Leistung 20km/h langsamer fährt. Das wird im Film auf die Aerodynamik der Laufräder zurückgeführt, was damit aber nichts (oder nur unwesentlich) zu tun hat. Das wäre auch bei einem radlosen Fahrzeug so. Die Fahrleistung ist nämlich gegeben durch das Produkt aus Absolutgeschwindigkeit v (unabhängig von der Windgeschwindigkeit) mal dem Fahrwiderstand (proportional zur Relativgeschwindigkeit gegen die Luft ins Quadrat).

Beispiel wie im Film:
Wir fahren 40km/h ohne Wind

Bei 20km/h Gegenwind und gleicher Leistung gilt für die Geschwindigkeit v:

40^3 = v*(v+20)^2 ---> Lösung v= 28km/h

Bei 20km/h Rückenwind und gleicher Leistung gilt für die Geschwindigkeit v:

40^3 = v*(v-20)^2 ---> Lösung v= 54km/h

usw.
Wenn das wirklich so in den erwähnten "wissenschaftlichen Arbeiten" stand - armes Deutschland.

drullse 04.03.2012 23:03

Zitat:

Zitat von hase (Beitrag 720973)
... mir als Physiker ...

Da bin ich auf die Antwort gespannt, Arne ist auch Physiker... :Lachen2:

3-rad 05.03.2012 00:02

Zitat:

Zitat von hase (Beitrag 720973)
armes Deutschland

oder auch Arnes Deutschland....

LidlRacer 05.03.2012 00:24

Der Hase hat Recht!

Arne meint in diesem Film, wenn man nur den Luftwiderstand betrachtet, und es keinen speziellen Effekt durch die Laufräder gäbe, dass man dann für 20 km/h gegen 20 km/h Gegenwind die gleiche Leistung braucht wie für 40 km/h ohne Wind.

Tatsächlich hat man in beiden Fällen die gleiche relative Windgeschwindigkeit von 40 km/h und damit die gleiche Luftwiderstandskraft. Im Gegenwindfall bewegt man sich aber nicht mit 40 sondern mit 20 km/h gegen diese Kraft. Leistung ist Kraft mal Geschwindigkeit, man braucht also für 20 km/h gegen den Wind nur die halbe Leistung gegenüber von 40 km/h ohne Wind.

Tatsächlich wird man durch Wind also weitaus weniger gebremst oder beschleunigt. Wenn man noch den Rollwiderstand berücksichtigt, wird man nochmal weniger gebremst oder beschleunigt, denn bei Gegenwind sinkt die Geschwindigkeit und damit die für den Rollwiderstand nötige Leistung und es steht entsprechend mehr Leistung zur Überwindung des Luftwiderstandes zur Verfügung.

Ich muss gestehen, ich hatte schon oft den gleichen Denkfehler.
Man könnte ja meinen, bei einem Gegenwind von vielleicht 50 km/h könnte man, wenn man normalerweise nur 40 km/h fahren kann, gar nicht mehr fahren, weil der Luftwiderstand so enorm hoch wird.
Bei einer Fahrgeschwindigkeit von Null brauche ich aber auch Null Leistung, obwohl ich mich relativ zum Wind bewege. Entscheidend ist aber, wie ich mich relativ zum Boden bewege, in diesem Fall nämlich gar nicht.

Wie sich das jetzt auf die optimale Strategie auswirkt, weiß ich auch noch nicht genau ...

Klugschnacker 05.03.2012 08:25

Im Film ging es darum, für die einzelnen aerodynamischen Teilwiderstände

- Fahrer, Rahmen
- Laufräder

zu zeigen, wie sich diese bei hohen oder geringen Geschwindigkeiten verändern. Für hohe Geschwindigkeiten (Rückenwind) haben die Laufräder einen größeren Anteil am Gesamtwiderstand, der bei einer weiteren Erhöhung der Geschwindigkeit zudem überproportional ansteigt. Deshalb ist es so schwer, bei Rückenwind jemanden einzuholen.

Selbstverständlich handelt es sich in dem Filmbeitrag um eine vereinfachte Darstellung.

Grüße,
Arne


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