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qbz 22.11.2018 08:26

Eine Studie zum Thema "Kommt das Geld bei den Kindern an?" brachte jetzt folgende Ergebnisse:

"Kinder profitieren von direkten staatlichen Geldtransfers wie dem Kindergeld. Entgegen bestehender Vorurteile werden diese sogenannten Direktzahlungen von den Eltern in der Regel nicht zweckentfremdet – und etwa für Alkohol, Tabak oder Unterhaltungselektronik ausgegeben. Sie werden vielmehr in größere Wohnungen, aber auch in bessere Betreuung, Bildung und in die Hobbys der Kinder investiert. Zudem reduzieren Eltern aufgrund des Kindergelds nicht ihre Arbeitszeit. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Analyse von Dr. Holger Stichnoth und seinem Team vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim in unserem Auftrag. Untersucht wurde dazu die Verwendung von zwei staatlichen Leistungen für Familien – das Kindergeld sowie das Landeserziehungsgeld in verschiedenen Bundesländern – für den Zeitraum von 1984 bis 2016."

Aus guten Gründen sollte man deswegen das Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder, deren Eltern H4 beziehen, durch eine pauschale Summe ersetzen, weil viele die Anträge aus Bürokratiegründen nicht stellen.

"Jüngste Untersuchungen legen nahe, dass bei zweckgebundenen Sach- und Geldleistungen – wie dem Bildungs- und Teilhabepaket – mit rund 30 Prozent ein erheblicher Teil der zur Verfügung stehenden Mittel für Verwaltungsaufwand verbraucht wird. Dazu kommt, dass viele Bedürftige die Mittel gar nicht erst beantragen. Für unseren Vorstand Jörg Dräger wird deshalb deutlich: "Direkte finanzielle Leistungen für Familien sind sinnvoller als aufwändig zu beantragende Sachleistungen. Das Geld kommt den Kindern zugute und wird nicht von den Eltern für ihre eigenen Interessen ausgegeben."

Trimichi 22.11.2018 08:27

Zitat:

Zitat von Helios (Beitrag 1420866)
H4 steht dann für Hausschweingesellschaft Nr. 4 ??? - alle werden gefüttert und die Wildschweine werden domestiziert?? und verschwinden am End - aha !! ;) - so wird es in der Tat kein Morgen geben :Huhu: - aber jeder wie er meint.

Nullwachstum bedeutet lediglich, dass die Rendite 0% ist. Aus deiner Aussage ist zu schlusszufolgern, dass jeder, der sich nicht auf Kosten anderer bereichert, ein Hausschwein ist. In Wirklichkeit kommen auf einen Deutschen 60 Sklaven in der dritten Welt, Umweltzerstörung usw. nicht berücksichtigt.

"Die heutige Gesellschaft ist ein Schrotthaufen, den man bestenfalls in einem Krieg verheizen kann."
Buddha

ThomasG 22.11.2018 19:19

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1420906)
Aus guten Gründen sollte man deswegen das Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder, deren Eltern H4 beziehen, durch eine pauschale Summe ersetzen, weil viele die Anträge aus Bürokratiegründen nicht stellen.

Das sehe ich auch so.
Oft sehen sich die Eltern wohl auch fast gezwungen ihre Kinder in eine Nachhilfeschule zu schicken, denn die bieten zwar im Vergleich zu Einzelnachhilfe relativ günstige Gruppennachhilfe an, aber es ist nicht unbedingt gewährleistet, dass die Gruppen so zusammengesetzt sind, dass eine gute Nachhilfe überhaupt möglich ist.
Ein Lehrer ist für alle zuständig und muss oft gedanklich dauernd von einem zum nächsten Thema umschalten, was zu lasten der Qualität und Intensität der Nachhilfe geht - zumindest ist es ziemlich wahrscheinlich.
Mangelhaft motivierte Schüler können eine ganze Gruppe "kaputt" machen, etwa in dem sie die anderen stören und vom konzentrierten Lernen abhalten bzw. den Lehrer stark beanspruchen.
In einem Gesetzestext steht da sinngemäß etwa, dass Leistungen im Rahmen von Bildung und Teilhabe gewährt werden können, wenn sie angemessen sind in Bezug auf die Kosten z.B. o.ä..
Würde man da versuchen Einzelunterricht gewährt zu bekommen von einem Nachhilfelehrer, dann würde das vermutlich äußerst schwierig werden, wegen der vergleichsweise hohen Kosten pro Stunde.
Wenn mich einer fragt, was ich empfehle, dann sage ich den Leuten fast immer sie sollen versuchen jemand zu finden, der zu ihnen nach Hause kommt ohne, dass da eine Nachhilfeschule irgendwie daran beteiligt ist.
Lieber eine Stunde alle zwei Wochen eine individuelle Einzelnachhilfe vom jemandem, der das kann und der sich auch ordentlich anstrengt, als wöchentlich vier Stunden in einer Nachhilfeschule in Kleingruppen.
Bekämen die Menschen direkt einen gewissen Betrag für Nachhilfe über den sie frei verfügen können, dann könnten sie ganz anders agieren

Nachtrag:

Gestern Abend habe ich nach dem Gesetz zur Regelung von B. u. T. gesucht.
Dort ist nicht davon die Rede, dass die Kosten für die Nachhilfe angemessen sein sollen, aber man kann auf die Idee kommen die Formulierung u.a. so auszulegen.
Man ist auf die Hilfe der Schule angewiesen, die bestätigen muss, dass auf andere Art das Erreichen des Klassenziels gefährdet ist.
D.h. so steht das auch wieder nicht, aber so wird es oft interpretiert, was da tatsächlich steht meiner Erfahrung nach.
Die Schulen sind i.d.R. sehr offen in Bezug auf Nachhilfe und bereit ihren Teil dazu beizutragen, dass das klappt mit der Förderung dieser.
Das ist nicht ganz so leicht, besonders für Ganztagsschulen, da dort ja eigentlich Nachhilfeunterricht möglich ist nachmittags und oft auch angeboten wird.
Er nennt sich halt dann u.U. anders.
In der Schule ist normalerweise ein Lehrer für eine ganze Klasse oder einen ganzen Kurs in Klassenstärke zuständig und das sind dann so 25 - 30 Schüler oft.
Die können so ziemlich alle mit ähnlichen Aufgaben "versorgt" werden und ihnen können ähnliche Aufgaben bzw. Themengebiete erklärt werden.
Das ist ein Vorteil. aber die Gruppe ist so viel größer im Vergleich zur üblichen Gruppengröße bei der Nachhilfe in Kleingruppen (bis zu 5 Schüler meist), dass man trotzdem i.d. R. bereit ist eine entsprechende Bestätigung zu verfassen und weiterzugeben.
"(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen."
Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/__28.html

MattF 22.11.2018 19:55

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1420888)
Vielleicht zwei Gedanken dazu:

Viele Menschen können nicht da wohnen, wo die Mieten billiger wären, weil sie dort keine Arbeitsplätze finden. Wer z.B. in der Gastronomie arbeitet, um mal Niedriglöhner zu nehmen, kann nicht auf das wenig besiedelte Land ausweichen. Und im sog. "Speckgürtel" von Berlin passen sich natürlich die Preise an die Stadt an.

Bei Wohnraum handelt es sich um ein begrenztes, knappes Gut im Unterschied zu anderen Waren. Deshalb kann man die Preise nicht dem Markt überlassen und es braucht eine staatliche Regulierung des Marktes.

Nur wie würde für dich ein "Recht auf Wohnen" aussehen?
Darf ich mir dann aussuchen wo ich wohnen will oder wird mir was zugewiesen?


Im übrigen ist deine Aussage
Zitat:

Bei Wohnraum handelt es sich um ein begrenztes, knappes Gut im Unterschied zu anderen Waren.
Komplett falsch, weil jede Ware knapp ist. Das ist das Wesen von Waren.

qbz 22.11.2018 23:04

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1421031)
Nur wie würde für dich ein "Recht auf Wohnen" aussehen?
Darf ich mir dann aussuchen wo ich wohnen will oder wird mir was zugewiesen?

Im übrigen ist deine Aussage .....
Komplett falsch, weil jede Ware knapp ist. Das ist das Wesen von Waren.

In diesem verlinkten Artikel steht einiges dazu, wie das schon bestehende Menschenrecht auf Wohnen konkretisiert werden kann. Es verpflichtet den Staat für ausreichenden und angemessen, d.h. bezahlbaren Wohnraum entsprechend der kulturellen Standards und mit Erreichbarkeit der Arbeitsplätze zu sorgen. http://www.menschenrechte.org/lang/d...in-deutschland
Weshalb sollen z.B. die Reinigungskräfte des Bundestages, der Bundesverwaltungen, der Spitäler usf. mit ihren Familien kein Recht darauf haben, in der Stadt Berlin zu wohnen?

Grundstücke und Wohnungen sind begrenzte Waren im Unterschied zu produzierten Waren wie Konsumgüter und Produktionsmittel, bei denen immer auch eine Überproduktionskrise möglich ist oder der Produzent wird sie nicht los, aus verschiedenen Gründen. Exakt aus diesem Grund (begrenztes, knappes Gut), wie SPON heute berichtet, beschloss die Stadt Wien eine neue Bauordnung, nach der 2/3 aller neugebauten Wohnungen nicht mehr als 5.- / m2 kosten dürfen. Davon kann man in DE nur träumen.

Hier einige Zitate aus dem Artikel:
"Grund und Boden sind ein besonderes Gut, das nicht vermehrbar ist. Wir Politiker müssen also etwas tun, um leistbares Wohnen langfristig zu sichern", sagt der Wiener Grünen-Politiker Christoph Chorherr.

In der neuen Bauordnung wird es die Widmung "Gebiete für geförderten Wohnbau" geben. Demnach müssen zwei Drittel aller neuen Wohnungen, die künftig gebaut werden, in die Kategorie "geförderte Wohnnutzfläche" fallen, wie es bürokratisch heißt. Die Miete darf hier nicht mehr als fünf Euro netto pro Quadratmeter betragen.

Schon jetzt ist die Stadt Wien mit 220.000 städtischen Wohnungen in Gemeindebauten und weiteren 180.000 städtisch geförderten Genossenschaftswohnungen der größte Immobilieneigentümer und -verwalter der Welt. Deswegen und wegen einer Gesetzeslage, die Mieter relativ stark schützt, sind die Mieten in Wien im Vergleich zu Städten wie München oder Hamburg relativ niedrig. "
http://www.spiegel.de/wirtschaft/wie...a-1239764.html

Helmut S 23.11.2018 07:09

Ich finde es richtig, was Wien da macht. Ein Recht auf Wohnen seh ich im Moment kritisch. Begrenzte Ressourcen in einer wachsenden, lohnarbeitabhängigen Gesellschaft zu gewährleisten halte ich langfristig für nicht steuerbar. Das ist der Stoff aus dem schwerwiegende Probleme gemacht sind. Urbane Migration insbesondere wegen Arbeit ist nicht zu leugnen. Ein Recht auf Wohnen ist nur in einer veränderten Gesellschaft denkbar. Die Forderung nach Recht auf wohnen ist m.E. ein super Beispiel für einen völlig veralteten Politikansatz. Maßnahmen ohne Gesamtkonzept. Taktik statt Strategie. Es fehlt auch hier die Gesamtvision. In Letzterer kann ein Recht auf Wohnen nur mit dem Ende der Notwendigkeit zur Lohnarbeit einherghen und damit mit nem BGE - etwa in der Form wie ich das schon skizziert habe. Davor wiederum braucht’s insbesondere über mind. zwei Generationen lang eine veränderte Bildungspolitik. :Blumen:

EDIT: Recht auf Wohnen habe ich in diesem Thread so verstanden, dass es um ein Recht auf Wohnen an einem bestimmten Ort geht. Und weiter: Recht auf Wohnen im Sinne von Recht auf eine Möglichkeit an einem bestimmten Ort zu wohnen. Die Putzfrau des Bundestages um - bei qbz zu bleiben - hat selbstverständlich wie jeder andere Bürger auch - das "Recht" in Berlin zu wohnen. Nur hat sie ggf. nicht die Möglichkeit.

MattF 23.11.2018 12:30

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1421068)
In diesem verlinkten Artikel steht einiges dazu, wie das schon bestehende Menschenrecht auf Wohnen konkretisiert werden kann. Es verpflichtet den Staat für ausreichenden und angemessen, d.h. bezahlbaren Wohnraum entsprechend der kulturellen Standards und mit Erreichbarkeit der Arbeitsplätze zu sorgen. http://www.menschenrechte.org/lang/d...in-deutschland
Weshalb sollen z.B. die Reinigungskräfte des Bundestages, der Bundesverwaltungen, der Spitäler usf. mit ihren Familien kein Recht darauf haben, in der Stadt Berlin zu wohnen?

Wie würde das in Gesetzesform ausgedrückt?
Welche Zeit für den Arbeitsweg wäre noch angemessen?

Man kann irgendwo in Brandenburg aufs platte Land Wohnblocks ballern für 50.000 Leute und denen dann sagen: Fahrt 2h nach Berlin rein zum Arbeiten. Würde damit dem einklagbaren Recht auf wohnen Genüge getan?

Verstehe mich nicht falsch ich bin für sozialen Wohnungsbau und angemessenes Wohngeld, man sollte den Leuten aber auch keinen Sand in die Augen streuen mit einem "Recht auf Wohnen dort wo man will" was es nie geben kann.

In dem Artikel steht ja im übrigen auch drin, dass es schon Rechte im Bezug auf Wohnen gibt, sich aber keine drum schert. Ein weiteres Recht bringt nichts.

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1421068)
Grundstücke und Wohnungen sind begrenzte Waren im Unterschied zu produzierten Waren wie Konsumgüter und Produktionsmittel, bei denen immer auch eine Überproduktionskrise möglich ist oder der Produzent wird sie nicht los, aus verschiedenen Gründen. Exakt aus diesem Grund (begrenztes, knappes Gut), wie SPON heute berichtet, beschloss die Stadt Wien eine neue Bauordnung, nach der 2/3 aller neugebauten Wohnungen nicht mehr als 5.- / m2 kosten dürfen. Davon kann man in DE nur träumen.

Es gibt auch bei Wohnraum Überproduktionskrisen. Geh mal aufs Platte Land, da steht die Überproduktion von nicht mehr benötigtem Wohnraum. Dass Wohnraum ne andere Ware als Rinderlende ist erschließt sich mir nicht.

Auch Rinderlende ist begrenzt, so dass nicht jeder jeden Tag Rinderlende essen kann.
Und auch die Anzahl von iPhones ist begrenzt, nicht jeder hat eines und nicht jeder hat das Recht eines zu bekommen, ohne dass er dafür den hohen Preis zahlt.
Und für nen hohen Preis bekommt auch jeder ne Wohnung da wo er will!

MattF 23.11.2018 12:36

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1421081)
Ich finde es richtig, was Wien da macht. Ein Recht auf Wohnen seh ich im Moment kritisch. Begrenzte Ressourcen in einer wachsenden, lohnarbeitabhängigen Gesellschaft zu gewährleisten halte ich langfristig für nicht steuerbar. Das ist der Stoff aus dem schwerwiegende Probleme gemacht sind. Urbane Migration insbesondere wegen Arbeit ist nicht zu leugnen.

Wobei man sagen muss, da müssen auch Arbeitgeber dazu lernen.

Noch eine Firma, Fabrik, Verwaltung was auch immer in der Frankfurter City wird auch für die Arbeitgeber zum Problem.

Führungspositionen wird man noch besetzen können, die haben genug Geld zu Wohnen aber den normalen Mitarbeiter wird man nicht mehr finden, weil er sich das Wohnen in annehmbarer Nähe zum Arbeitsplatz nicht leisten kann oder auch der wird immer teurer werden.

Auch die Firmen muss umdenken und sich da ansiedeln wo für ihre Mitarbeiter auch Wohnraum zur Verfügung steht.

Und das wäre ja nicht schlecht wenn sich Firmen nicht nur in den Megacitys ansiedeln sondern in Mittelstädten von 50.000-100.000 Einwohner. Dann müssen die Menschen von dort nicht abwandern.

Im übrigen haben wir das ja in vielen Bereichen in Deutschland noch so. Viele Mittelständler sind in relativ kleinen Gemeinden und weltweit gesehen Marktführer in ihrem Bereich, gerade in B-W und Bayern.

qbz 23.11.2018 18:50

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1421174)
Wie würde das in Gesetzesform ausgedrückt?
Welche Zeit für den Arbeitsweg wäre noch angemessen?

Man kann irgendwo in Brandenburg aufs platte Land Wohnblocks ballern für 50.000 Leute und denen dann sagen: Fahrt 2h nach Berlin rein zum Arbeiten. Würde damit dem einklagbaren Recht auf wohnen Genüge getan?

Im Prinzip geht es mir allein darum, dass der Staat die Pflicht wahrnimmt, für bezahlbaren, die ärmeren Schichten leistbaren Wohnraum zu sorgen. Ein ungeregelter freier Markt richtet das nicht von sich aus für die Wohnbedürfnisse der Menschen. Für die Schulpflicht und das Recht auf einen Kitaplatz muss der Staat doch auch mit entsprechenden Bauten vorsorgen, die in zumutbarer Entfernung die Versorgung sicherzustellen. Bevor das Recht gesetzlich verankert wurde, sorgte der Staat nur unzureichend für Kita-Plätze. Heute muss er u.U. Eltern eine Entschädigung zahlen, wenn ihnen für das Kind keinen Platz angeboten werden kann, weil sie deswegen nicht arbeiten können, was zu einer flächendeckenden Versorgung mit Plätzen führte.

Ich bin nach der Rente ca. 2h von Berlin entfernt in die Nähe von Templin gezogen, unter anderem auch weil mir der Mietanteil an der Rente in Berlin zu hoch wurde. Zweimal musste ich in Berlin wegen angeblichen Eigenbedarfs, einmal wegen Modernisierung aus Altbauten umziehen. Darauf hatte ich für die Zeit meiner Rente keinen Bock mehr.

Während meines Arbeitslebens wäre ich nie insgesamt 4h täglich zur Arbeit und zurück gefahren, dafür ist mir meine Lebenszeit viel zu schade. Zumutbar auf Dauer fände ich max. insgesamt 2h pro Tag, ich versuchte sogar immer in der Nähe der Ausbildungsstätte, später des Arbeitsplatzes zu wohnen. Es ist nur eine sehr, sehr kleine Minderheit, die 4h am Tag für den Arbeitsweg aufbringt. Und das sollte auch so bleiben, schon allein aus ökologischen Gründen.

Über die Versorgungslücken mit bezahlbarem Wohnraum gab die Böckler Stiftung eine breite Studie in Auftrag. Sie weist nach, wie gross der Bedarf in DE ist, auf 148 Seiten. Auf S. 10 findet man eine Zusammenfassung, wer sich dafür interessiert. Gedeckt werden kann dieser Wohnungsbedarf nicht mit Bauten für teuere Eigentums- oder Mietwohnungen und Grundstückspekulationen. Geeignet wäre das Wiener Konzept.
https://www.miete-bezahlbar.de/filea...o-sta-dten.pdf
Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1421174)
In dem Artikel steht ja im übrigen auch drin, dass es schon Rechte im Bezug auf Wohnen gibt, sich aber keine drum schert. Ein weiteres Recht bringt nichts.

Das "Recht auf Wohnen" ist Teil der Menschenrechte und wie ich im Unterschied zu Helmuth finde, sicher nicht "veraltete Politik", sondern an vielen Stellen auf der Welt höchst aktuell einzufordern. Auch wer unter Brücken und auf Parkbänken wohnt, findet ein solches Recht sicher sehr aktuell. https://www.amnesty.de/mit-menschenr...e-zwangsraeumu

Einfach immer mehr Menschen noch mehr Wohngeld zu geben, führt nur dazu, dass der Staat die Immospekulation zugunsten privater Grosskonzerne wie Vonovia, Deutscher Wohnen etc. unterstützt. Die öffentliche Hand muss hingegen selbst inform gemeinnütziger Gesellschaften und bei Neubauten wie nach dem Wiener Konzept 2/3 der Mieten festlegen und damit die Mieten insgesamt beeinflussen können.
Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1421174)
Es gibt auch bei Wohnraum Überproduktionskrisen. Geh mal aufs Platte Land, da steht die Überproduktion von nicht mehr benötigtem Wohnraum. Dass Wohnraum ne andere Ware als Rinderlende ist erschließt sich mir nicht.

Verzichte mal einen Winter auf Deine Wohnung / Haus und einen Winter auf die Rinderlende? Oder frage die Obdachlosen, ob für sie Wohnung und Rinderlende dasselbe bedeuten? Beide Waren verfügen über einen Tauschwert, richtig, aber der Gebrauchswert inbezug auf die menschlichen Grundbedürfnisse unterscheidet sich existentiell und die Menge der Grundstücke in bestimmten Lagen ist fest begrenzt. Ich betrachte die Gebrauchswertfunktion, Du den Tauschwert. Oder betrachte die Milch, die im Überfluss produziert wird. Wer den Fleisch-, Milch-,Handymarkt auf den Wohnungsmarkt anwendet, braucht sich IMHO nicht zu wundern, wenn er keine bezahlbaren Wohnungen findet und stattdessen wenige Konzerne hohe Börsengewinne erzielen.

Ich kenne die ländliche Wohnsituation. Es handelt sich in DE nicht um den Neubau, der am Bedarf vorbei errichtet wurde und zu einer Überproduktion führt, sondern um regional vereinzelten alten, baufälligen Bestand, wo die Energiewerte katastrophal sind, vor allem in den östlichen Bundesländern. Und fast jeder Grundstücksbesitzer wünscht sich nichts mehr, als eine Umwandlung seiner Flächen in Bauland, egal wo. ;)
Templin in Brandenburg, 2h von Berlin entfernt, z.B. modernisierte sogar die Plattenbauten und baut heute neue Wohnhäuser (auf Genossenschaftsbasis) unter einem Bürgermeister der Linke.

Helmut S 23.11.2018 20:19

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1421280)
und wie ich im Unterschied zu Helmuth finde, sicher nicht "veraltete Politik", sondern an vielen Stellen auf der Welt höchst aktuell einzufordern.

Es scheint sich um ein Missverständnis zu handeln. Du findest in mir einen Mitstreiter für bezahlbaren Wohnraum. Diese Forderung halte ich nicht für veraltet.

Was ich für veraltet halte ist, dass Forderungen wie diese (oder beliebige andere) meist ohne konkretes, übergreifendes Konzept für eine moderne Gesellschaft in den Raum gestellt werden. Das lehne ich ab. Das ist typische Parteitaktik. Sowohl im inneren der Parteien um dort Karriere zu machen als auch zwischen den Parteien um - wie dies Politiker - sagen Stimmen „zu gewinnen“ (dieses wording halte ich übrigens ebenfalls für veraltet und gruselig). Ich kritisiere die Methode, Taktik vor Strategie zu stellen als veraltet - und halte sie sowohl für falsch als auch hauptsächlich mitverantwortlich für viele Schieflagen.

Ich erwarte von der Politik eine vollständige Vision einer modernen Gesellschaft und eine Strategie wie man da hinkommt. Dann und erst dann bin ich bereit über Details vor diesem Hintergrund zu reden. Das verstehe ich unter moderner, zukunftsorientierter Politik. :Blumen:

ThomasG 23.11.2018 20:47

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1421298)
Was ich für veraltet halte ist, dass Forderungen wie diese (oder beliebige andere) meist ohne konkretes, übergreifendes Konzept für eine moderne Gesellschaft in den Raum gestellt werden. Das lehne ich ab. Das ist typische Parteitaktik. Sowohl im inneren der Parteien um dort Karriere zu machen als auch zwischen den Parteien um - wie dies Politiker - sagen Stimmen „zu gewinnen“ (dieses wording halte ich übrigens ebenfalls für veraltet und gruselig). Ich kritisiere die Methode, Taktik vor Strategie zu stellen als veraltet - und halte sie sowohl für falsch als auch hauptsächlich mitverantwortlich für viele Schieflagen.

Ich erwarte von der Politik eine vollständige Vision einer modernen Gesellschaft und eine Strategie wie man da hinkommt. Dann und erst dann bin ich bereit über Details vor diesem Hintergrund zu reden. Das verstehe ich unter moderner, zukunftsorientierter Politik.
:Blumen:

Gefällt mir, was Du da geschrieben hast :Blumen:!

Nachtrag:

Ich möchte ein Bespiel nennen, was zu Deinen Worten meine ich ganz gut passt.
In einem anderen Forum hörte ich vor inzwischen schon ganz schön langer Zeit erstmals etwas von der Grundidee bedingungsloses Grundeinkommen.
(Ich weiß, dass es in diesem Faden um etwas anderes geht.)
Mir war diese Idee von Anfang an äußerst sympathisch, aber ich hatte erhebliche Zweifel, ob das gut gehen kann.
Wie wohl fast alle Menschen, die mit der Grundidee erstmal konfrontiert werden, fragte ich mich fast refelexartig, wie man das nur verantwortungsvoll und zukunfstträchtig finanzieren soll.
Dann dachte ich nicht mehr besonders intensiv darüber nach.
Eines Tages fand ich eher per Zufall (Gibt es wirklich Zufälle im Leben ;-)?) ein Konzept zu dem die Einführung eines BGE gehört als ganz wichtiger Pfeiler.
Dieses Konzept hat mich so in den Bann gezogen, dass ich anfing glauben zu können, dass es möglich sein kann ein Grundeinkommen einzuführen und lange bestehen zu lassen ohne einen "Bankrott" zu riskieren mit Folgen für die Menschen, die man sich leicht vorstellen kann.
Ich lasse ausnahmsweise mal nähere Infos, welches Konzept ich meine, weg, da ich niemanden provozieren möchte und auch nicht dafür sorgen will, dass sich manche nicht mehr für diesen Faden interessieren.
Man kann viele sehr gute Ideen kaputt machen, wenn die Rahmenbedingungen es nicht erlauben, dass eine entsprechende Umsetzung gut gehen kann.
Ich glaube sogar, dass es manchmal so ist, dass man mal eine Sache zum Schein laufen lässt oder gar initiiert mit dem bösartigen Hintergedanken ihr großen Schaden zuzufügen, indem man sie so scheitern lässt, dass sich danach so schnell keiner mehr traut sie auf andere Art umzusetzen.

qbz 23.11.2018 22:08

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1421298)
Es scheint sich um ein Missverständnis zu handeln. Du findest in mir einen Mitstreiter für bezahlbaren Wohnraum. Diese Forderung halte ich nicht für veraltet.

Was ich für veraltet halte ist, dass Forderungen wie diese (oder beliebige andere) meist ohne konkretes, übergreifendes Konzept für eine moderne Gesellschaft in den Raum gestellt werden. Das lehne ich ab. Das ist typische Parteitaktik.
......

Muss man nicht konkrete Vorschläge diskutieren und über Mehrheiten politisch umsetzen, wie heute die Städte bezahlbaren Wohnraum realistisch schaffen können? Dazu habe ich einige gemacht und dafür Argumente vorgelegt. Die Menschen brauchen das jetzt bzw. in einem überschaubaren Zeitraum (bezahlbaren Wohnraum) innerhalb unseres Wirtschaftssystems, so gerne ich auch über Visionen diskutiere. Sollten Parteien das auch so tun und praktisch umsetzen, um dieses Ziel zu erreichen, würde ich mich freuen und finde, dass damit viel erreicht wäre. :cool:

qbz 24.11.2018 00:26

Die "Heute-Show" beschäftigt sich satirisch mit Hartz IV und den Vorschlägen der SPD und der Grünen.
Die Hartz IV Lüge

ThomasG 24.11.2018 04:50

Ich habe eben einen ziemlich ausführlichen Artikel von einem Ökonomen gefunden.
Der Mann ist mir schon öfter sehr positiv aufgefallen, weil ich seine Äußerungen bei mir sehr menschlich und menschenfreundlich herübergekommen sind.
Mir scheint, als wäre Marcel Fratzscher ein Mann mit einem Herz für die ärmeren Leute in unserer Gesellschaft.
In diesem Forum wurde schon recht oft der Missstand hervorgehoben, dass es einen wachsenden Teil der Bevölkerung gibt, der trotz (Erwerbs-)Arbeit vergleichsweise arm ist.
Dieser Problematik widmet sich Marcel Fratzscher in dem genannten Artikel besonders.
Es ist nicht einfach ein kurzes Zitat im Text zu finden, was repräsentativ wäre für den gesamten Artikel, deshalb verzichte ich einfach darauf eins in meinen Text einzugliedern.
Wir brauchen ein umfassendes Konzept, damit sich unsere Gesellschaft hin zu einer menschenfreundlicheren hinbewegt, deren Fundament so stark ist, dass wir hier Verhältnisse hinterlassen, die es unseren Nachfolgern erlauben in unserem Sinne weitermachen zu können.
Was interessiert mich mein Geschwätz von vor ein paar Minuten ;-)?
Eine Stelle eignet sich ja vielleicht doch für ein Zitat, was den ganzen Text ganz gut repräsentiert.

Zitat:

Arbeit muss sich wieder mehr lohnen

Eine kluge Reform der Sozialsysteme muss daher aus drei Elementen bestehen: einer Verbesserung der Grundsicherung; attraktiverer Arbeit, die sich lohnt; und einer Stärkung dieser Systeme, um sie nachhaltiger zu machen. Jedwede Reform der Grundsicherung wird kontraproduktiv sein, wenn sie Arbeit immer weniger lohnenswert macht. Bereits heute erhalten Menschen, die zum Mindestlohn arbeiten, nur unwesentlich mehr als das, was sie als Arbeitslose bekommen würden. Die große Mehrheit der Menschen arbeitet trotzdem, weil Arbeit für sie einen Wert hat, weil sie ihnen die Erfüllung gibt, Teil eines Teams zu sein und Anerkennung zu erhalten. Die Gefahr ist groß, dass eine verbesserte Grundsicherung von vielen Menschen als eine Abwertung ihrer eigenen Arbeit wahrgenommen wird.

Zitatende

Quelle: https://www.zeit.de/wirtschaft/2018-...omplettansicht
https://de.wikipedia.org/wiki/Marcel_Fratzscher

ThomasG 25.11.2018 05:55

Später - so gegen 12 Uhr beginnt eine Sendung, in der es um Hartz-IV gehen soll.
Ich schaue sie mir sehr wahrscheinlich erst danach irgendwann an.
Hier ein paar Infos dazu:

"An Hartz IV scheiden sich bis heute die Geister: Die einen sehen darin den Garanten für den beispiellosen Wirtschaftsboom in Deutschland, für die anderen ist es der Totengräber unseres Sozialsystems. Jetzt kommt wieder Bewegung in die Debatte – und zwar ausgerechnet von den Parteien, die die Grundsicherung zu Beginn der 2000er Jahre eingeführt haben. Sowohl SPD als auch Bündnis 90/Die Grünen wollen sie hinter sich lassen."

Quelle: https://www1.wdr.de/daserste/pressec...0bi4lWwC4w6QRw

"Der Presseclub ist eine aktuelle Diskussionssendung, in der das jeweils wichtigste politische Thema der Woche aufgearbeitet wird." heißt es, wenn man das Feld "Informationen zur Sendung angeklickt hat.

Quelle: https://www1.wdr.de/daserste/pressec...endung100.html

Das Thema wird also entsprechend vom Öffentlich-rechtlichen Fernsehen eingeodnet, was ja durchaus sehr erfreulich ist.

Auf WDR 5 hat man gleich im Anschluß an die Sendung die Möglichkeit mit den Journalisten zu diskutieren.
Das nennt sich dann "Presseclub nachgefragt" und wird von Phoenix übertragen.

Quelle: https://www1.wdr.de/daserste/pressec...efragt100.html

Schönen Sonntag!

merz 25.11.2018 08:17

Stegemann von Aufstehen!, aber sonst Dramaturg und Buchautor in der FAS:

“Die 45 reichsten Haushalte besitzen in Deutschland so viel, wie die gesamte ärmere Hälfte, also 40 Millionen Menschen.“

Drastisches Schlaglicht, kennt jemand die Zahlen, die solchen Zuspitzungen unterlegen könnten?

m.

qbz 25.11.2018 09:58

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1421464)
Stegemann von Aufstehen!, aber sonst Dramaturg und Buchautor in der FAS:

“Die 45 reichsten Haushalte besitzen in Deutschland so viel, wie die gesamte ärmere Hälfte, also 40 Millionen Menschen.“

Drastisches Schlaglicht, kennt jemand die Zahlen, die solchen Zuspitzungen unterlegen könnten?

m.

Im Auftrag der Bundesregierung wird in periodischen Abständen ein Armuts- und Reichtsumsbericht über die Einkommens- und Vermögensentwicklung in DE erstellt. Dort bilanzieren die Statistiker in Prozentangaben, d.h. es besitzen 10 % mehr als 60 % an Privatvermögen. Kleiner Einschub: Unter Rot-Grün (Schröder Periode) drifteten die Vermögen- und Einkommensscheren besonders schnell und stark auseinander, unter anderem wegen der Änderungen der Steuersätze (ca. 30 % Steuer-Anteil an der Entwicklung) und der Einführung von Hartz IV (Abnahme des Vermögens von Arbeitslosen!). https://www.bmas.de/DE/Service/Medie...msbericht.html

Da sich die Milliardäre und Millionäre bei Stichproben Erhebungen nicht beteiligen und auch Forscher keinen Zugriff auf die Daten der Finanzämter haben, muss man noch Vermögensangaben verwenden, die auf der Forbes Liste beruhen und auf Schätzungen des Vermögens der reichsten Familien. Dann kommt man auf Zahlen, wie Du oben berichtest.
Dieser Artikel bei SPON enthält dazu Quellenangaben.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soz...a-1189111.html .

Ändern liesse sich die ungleiche Vermögensverteilung vor allem über die Erbschaftssteuer. Das empfahlen schon die Berichterstatter im ersten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Passiert ist nichts!
Die Linke und z.T. auch Grüne (die die Ungleichverteilung mitzuverantworten haben) haben Änderungen (über die Steuergesetzgebung) im Programm. Wie die Grünen diese aber mit der CDU oder gar Jamaika erreichen wollen, bleibt ihr Geheimnis bis nach der Bundestagswahl. ;)

noam 25.11.2018 10:07

Wobei ich die Erbschaftssteuer für ungerecht halte, da das erwirtschaftete Kapital ja bereits besteuert worden ist und damit einer zweifachen oder über mehrere Generationen mehrfachen Steuerlast unterliegt.

Ich fände es viel gerechter, Kapitalertrag ab einer bestimmten Summe sehr sehr hoch zu besteuern. Damit das "von alleine Vermehren" von Kapital ab einer bestimmte Höhe aufhört bzw. nicht nur dem Eigner zu Gute kommt.

Darüber hinaus, fände ich es gut, wenn man die "armen" steuerlich entlastet und die "reichen" stärker in die Pflicht nimmt.



Insgesamt würde ich mich auch hier freuen, wenn wir eine europäische Lösung anstreben würden, um die Steuerflucht ins europäische Ausland zu verhindern.


Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1421479)
I
...auch Grüne (die die Ungleichverteilung mitzuverantworten haben) haben Änderungen (über die Steuergesetzgebung) im Programm. Wie die Grünen diese aber mit der CDU oder gar Jamaika erreichen wollen, bleibt ihr Geheimnis bis nach der Bundestagswahl. ;)

Die Grünen werden wohl die neue FDP. Der ultimative Koalitionspartner für regierungswillige, wenn man ihnen ein wenig entgegenkommt. Mir scheinen die Grünen sehr bereitwillig Kompromisse einzugehen, was ich einerseits begrüße, aber andererseits die Gefahr birgt, dass man das aufgibt, wofür man eigentlich steht.

merz 25.11.2018 10:46

Qbz, Danke für den link, ich hatte den Artikel wohl schon wahrgenommen, aber irgendwie verdrängt

m.

qbz 25.11.2018 12:10

Zitat:

Zitat von noam (Beitrag 1421480)
Wobei ich die Erbschaftssteuer für ungerecht halte, da das erwirtschaftete Kapital ja bereits besteuert worden ist und damit einer zweifachen oder über mehrere Generationen mehrfachen Steuerlast unterliegt.

Ich fände es viel gerechter, Kapitalertrag ab einer bestimmten Summe sehr sehr hoch zu besteuern. Damit das "von alleine Vermehren" von Kapital ab einer bestimmte Höhe aufhört bzw. nicht nur dem Eigner zu Gute kommt.

Darüber hinaus, fände ich es gut, wenn man die "armen" steuerlich entlastet und die "reichen" stärker in die Pflicht nimmt.

Insgesamt würde ich mich auch hier freuen, wenn wir eine europäische Lösung anstreben würden, um die Steuerflucht ins europäische Ausland zu verhindern.

Die Einführung der einheitlichen Kapitalertragssteuer von 25 % für alle unter Rot-Grün begünstigte natürlich alle diejenigen mit höheren Steuersätzen, da sie vorher die Ertrage aus Wertpapieren zusammen mit dem Einkommen versteuert haben, d.h. sie wurden davor z.B. mit dem Spitzensteuersatz besteuert, anschliessend nur mit 25 %. Man bräuchte IMHO wieder eine proportionale Anpassung der Sätze bei der Kapitalertragssteuer an die Besteuerung der Einkommen.

Die höhere Besteuerung der Einkommen (incl. der Kapitalerträge) von Superreichen brächte allerdings nach Meinung der Volkswirtschaftler, die ich gelesen haben, keine wesentliche Änderung der extrem ungleichen Vermögensverteilung mehr (zu spät), solange man die Vermögen nicht mit in die Steuer einbezieht. Sie verweisen deswegen auf die Erbschafts- und Vermögenssteuer (ich glaube in DE abgeschafft).

Interessant finde ich die Frage, weshalb das Vermögen dieser kleinen Gruppe so stark im Verhältnis zur Mehrheit angewachsen ist innerhalb von ca. 25 Jahren? Das liegt nur zum Teil am Steuersystem (20-30 %), ein anderer Faktor ist die Lohnentwicklung, ein anderer wahrscheinlich auch wachsender Firmenbesitz bzw. das immer weniger sich immer mehr Anteile fremder Arbeit und Besitztümer aneigneten (wirtschaftliche Konzentrationsprozesse, Produktivitätswachstum etc.). (Fam. Quandt z.B.).

merz 25.11.2018 12:55

70 Jahre ohne Krieg im Land hilft auch beim Imperiumsbau


m.

Helmut S 25.11.2018 13:07

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1421311)
Die Menschen brauchen das jetzt bzw. in einem überschaubaren Zeitraum (bezahlbaren Wohnraum) innerhalb unseres Wirtschaftssystems,

Logisch brauchen die das jetzt. Welch eine Überraschung und welch grandioser Blick auf das Offensichtliche. Das hat man aber vor 10 Jahren auch schon gewusst bzw. wissen können. Aber wenn man sich die ganze Zeit um politisches Taktieren kümmert und um den Sport "Wahlen gewinnen" anstatt darum langfristig und zielorientiert Verbesserungen aus einem Guß für die Menschen zu schaffen, dann bleibt nur das von dir beschriebene reagieren anstatt agieren. Dann muss man halt von einem Problemherd zum nächsten wie aufgescheuchte Hühner rennen. Das ist EXAKT(!) das was ich kritisiere.

Wo ist im Thema Wohnraum das Thema Flächenverbrauch? Wo ist das Thema autonomes Fahren, dass ggf. den Flächenverbrauch durch Reduzierung der Verkehrsinfrastruktur berührt? Wo ist das Thema Digitalisierung, dass evtl. so Arbeiten wie das Bundestagsgebäude putzen (dein Beispiel) schlicht von Robotern erledigen lässt? Wo ist die Debatte über die Veränderung der Arbeitswelt? Wo ist das Thema BGE, dass es evtl. gar nicht notwendig macht in die Stadt zu gehen, wo man miese Arbeit für miesen Lohn machen muss? Wo ist die Bildungspolitik, die dazu führt, dass der Mensch nicht danach beurteilt wird, was er für einen Job und was für ein Gehalt hat. Wo ist die Steuerpoitik der Zukunft? Es gibt wahrscheinlich 1000 Themen die den Aspekt günstiger Wohraum mehr oder weniger stark berühren.

Freilich, wenn man all das verpennt hat und nun vor lauter Rennen fahren keine Zeit mehr hat zum Tanken, ja dann ... ist das Kind halt schon in den Brunnen gefallen und man hat nicht nur die Aufgabe die Zukunft zu gestalten, sondern auch noch die Brände zu löschen.

Sorry ... ich erwarte viel mehr von der Politik. Viel mehr.

NBer 25.11.2018 13:23

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1421497)
.....Wo ist im Thema Wohnraum das Thema Flächenverbrauch? Wo ist das Thema autonomes Fahren, dass ggf. den Flächenverbrauch durch Reduzierung der Verkehrsinfrastruktur berührt? Wo ist das Thema Digitalisierung, dass evtl. so Arbeiten wie das Bundestagsgebäude putzen (dein Beispiel) schlicht von Robotern erledigen lässt? Wo ist die Debatte über die Veränderung der Arbeitswelt? Wo ist das Thema BGE, dass es evtl. gar nicht notwendig macht in die Stadt zu gehen, wo man miese Arbeit für miesen Lohn machen muss? Wo ist die Bildungspolitik, die dazu führt, dass der Mensch nicht danach beurteilt wird, was er für einen Job und was für ein Gehalt hat. Wo ist die Steuerpoitik der Zukunft?......

das problem ist, dass all diese themen seit 2 jahren vom überthema nr.1 erstickt werden, welches im prinzip gar kein vordergründiges thema sein müsste, welches aber von 1-2 parteien dankbar wie eine sau durchs dorf getrieben wird, um von den eigentlichen problemen (siehe dein posting) abzulenken.

ThomasG 25.11.2018 19:41

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1421454)
Später - so gegen 12 Uhr beginnt eine Sendung, in der es um Hartz-IV gehen soll.
Ich schaue sie mir sehr wahrscheinlich erst danach irgendwann an.
Hier ein paar Infos dazu:

"An Hartz IV scheiden sich bis heute die Geister: Die einen sehen darin den Garanten für den beispiellosen Wirtschaftsboom in Deutschland, für die anderen ist es der Totengräber unseres Sozialsystems. Jetzt kommt wieder Bewegung in die Debatte – und zwar ausgerechnet von den Parteien, die die Grundsicherung zu Beginn der 2000er Jahre eingeführt haben. Sowohl SPD als auch Bündnis 90/Die Grünen wollen sie hinter sich lassen."

Quelle: https://www1.wdr.de/daserste/pressec...0bi4lWwC4w6QRw

"Der Presseclub ist eine aktuelle Diskussionssendung, in der das jeweils wichtigste politische Thema der Woche aufgearbeitet wird." heißt es, wenn man das Feld "Informationen zur Sendung angeklickt hat.

Quelle: https://www1.wdr.de/daserste/pressec...endung100.html

Das Thema wird also entsprechend vom Öffentlich-rechtlichen Fernsehen eingeodnet, was ja durchaus sehr erfreulich ist.

Auf WDR 5 hat man gleich im Anschluß an die Sendung die Möglichkeit mit den Journalisten zu diskutieren.
Das nennt sich dann "Presseclub nachgefragt" und wird von Phoenix übertragen.

Quelle: https://www1.wdr.de/daserste/pressec...efragt100.html

Schönen Sonntag!

Man kann sich inzwischen die Sendung über die Mediathek anschauen.
https://www.ardmediathek.de/tv/Press...entId=58046804
Das mache ich jetzt gleich.

Schönen Abend!

ThomasG 25.11.2018 21:04

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1421575)
Man kann sich inzwischen die Sendung über die Mediathek anschauen.
https://www.ardmediathek.de/tv/Press...entId=58046804
Das mache ich jetzt gleich.

Schönen Abend!

Ich habe mir das komplett angesehen und angehört inklusive der nachfolgenden Nachgefragt-Sendung und fand das sehr gelungen.
Die Moderation war Klasse!
Die Diskutanten haben für ein angenehmes Diskussionsklima gesorgt und die Zuschauer haben interessante Fragen gestellt und ihre Anmerkungen waren auch richtig gut.
So etwas bekommt man zur sogenannten Primetime also um 20:15 Uhr oder so äußerst selten zu sehen und zu hören.
Da geht es oft mehr darum sich gegenseitig fertig zu machen, vorzuführen oder auf Kosten anderer zu punkten als um das Thema an sich meiner Erfahrung nach wenigstens.

qbz 26.11.2018 12:15

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1421497)
......
Es gibt wahrscheinlich 1000 Themen die den Aspekt günstiger Wohraum mehr oder weniger stark berühren.
.......
Sorry ... ich erwarte viel mehr von der Politik. Viel mehr.

Ich erwarte auch viel mehr von der Politik, natürlich, vor allem im Bereich der Steuerung und Regulierung. Mit der heutigen Informationstechnologie liesse sich gerade öffentliche Planung ganz anders und schnell realisieren. Dass noch 1000 Themen den Aspekt X, in dem Fall günstigen Wohnraum, mitbetreffen und in der Gesellschaft "alles mit allem zusammenhängt" ;) , wer sollte da widersprechen. Wer hingegen von X, sei es Entmietung, Mietendruck, Hartz IV Sanktionen, Mindestlohn, Niedriglohn, prekären Arbeitsverhältnissen direkt betroffen ist, wäre froh, wenn X auch ohne die anderen A-Z´s lieber heute als morgen gelöst würde auf dem Weg in die Zukunft :)

trithos 26.11.2018 13:43

Zitat:

Zitat von noam (Beitrag 1421480)
Wobei ich die Erbschaftssteuer für ungerecht halte, da das erwirtschaftete Kapital ja bereits besteuert worden ist und damit einer zweifachen oder über mehrere Generationen mehrfachen Steuerlast unterliegt.

Ich fände es viel gerechter, Kapitalertrag ab einer bestimmten Summe sehr sehr hoch zu besteuern. Damit das "von alleine Vermehren" von Kapital ab einer bestimmte Höhe aufhört bzw. nicht nur dem Eigner zu Gute kommt.

Darüber hinaus, fände ich es gut, wenn man die "armen" steuerlich entlastet und die "reichen" stärker in die Pflicht nimmt.

Ich kann Deinem Argument gegen die "Doppelbesteuerung" oder "Mehrfachbesteuerung" durchaus etwas abgewinnen.

Mich stört allerdings, dass Dieses Argument in der politischen Diskussion fast ausschließlich gegen eine Erbschafts- und/oder Vermögenssteuer verwendet wird. In anderen Lebensbereichen hingegen wird fröhlich doppelt besteuert - ohne, dass es irgendwen juckt.

Ein plakatives Beispiel (zugegebenermaßen aus Österreich, wird aber wohl in Deutschland ähnlich sein): Man tankt um sein sauer verdientes und versteuertes Geld (Steuer 1 = Einkommenssteuer) den Wagen voll und zahlt dann den Grundpreis mit Mineralölsteuer (Steuer 2) und Mehrwertsteuer (Steuer 3).

Außerdem stellt sich grundsätzlich die Frage, ob man Doppelbesteuerung aus Sicht des Kapitals oder aus Sicht des Menschen definiert.

Aus Sicht des Kapitals ist eine Erbschaftssteuer natürlich Doppelbesteuerung. Aus Sicht des Individuums aber nicht. Wenn ich von meinem Vater eine Million erben würde, habe ich dafür noch genau keine Steuer bezahlt (das hat nämlich mein Vater getan), wohingegen ich damit einen Vermögenszuwachs von einer Million habe.

Wenn ich mir den Vermögenszuwachs von einer Million selbst erarbeiten müsste, würde ich vermutlich ca. 2 Millionen verdienen müssen, damit mir dann eine Million tatsächlich übrig bleibt.

Wenn ich hart arbeite, nimmt sich der Staat die Hälfte. Wenn ich viel erbe, darf ich alles behalten. Das widerspricht meinem Gerechtigkeitsgefühl. Ich würde also tatsächlich für Vermögens- und Erbschaftssteuern plädieren, WENN im Gegenzug die Besteuerung von Arbeitseinkommen gesenkt wird.

Dass das derzeit politisch realistisch ist, bezweifelt selbst ein notorischer Optimist wie ich - aber man wird ja noch träumen dürfen :)

Helmut S 26.11.2018 15:40

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1421721)
Wer hingegen von X, sei es Entmietung, Mietendruck, Hartz IV Sanktionen, Mindestlohn, Niedriglohn, prekären Arbeitsverhältnissen direkt betroffen ist, wäre froh, wenn X auch ohne die anderen A-Z´s lieber heute als morgen gelöst würde auf dem Weg in die Zukunft :)

Das ist richtig. Aus diesem Grunde schrieb ich:

Zitat:

Zitat von Helmut S (Beitrag 1421497)
[...] ist das Kind halt schon in den Brunnen gefallen und man hat nicht nur die Aufgabe die Zukunft zu gestalten, sondern auch noch die Brände zu löschen

Diese unglückseelige Situation darf freilich nicht a) Rechtfertigung dafür sein, weiter nur zu agieren anstatt zu reagieren b) Grund sein zu glauben, die Politik der vereinzelten Maßnahmen wäre zukunfstfähig c) in einen Zustand führen, in dem wir kritiklos in die Zukunft treiben, während die Politiker weiterhin versuchen im großen Rattenfängerspiel der maximalen Inkompetenz "Stimmen zu gewinnen". :Blumen:

Helios 26.11.2018 18:40

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1421762)
................
Wenn ich hart arbeite, nimmt sich der Staat die Hälfte. Wenn ich viel erbe, darf ich alles behalten. Das widerspricht meinem Gerechtigkeitsgefühl. Ich würde also tatsächlich für Vermögens- und Erbschaftssteuern plädieren, WENN im Gegenzug die Besteuerung von Arbeitseinkommen gesenkt wird.
..........

Servas - bei Euch in Österreich wurde die Erbschaftssteuer ja abgeschafft - deshalb gehen ja unsere betuchten Oldies zu Euch.

Bei uns in der BRD gibt es ca. 6 Mio Hartz4 Empfänger (nach der Presseclub-Sendung) - mich interessieren aber mehr die Leute im Spitzensteuersatz, davon soll es derzeit 3 Mio geben (bei einem 80 Mio Volk) - man kommt da "rein" ab (ich mein) 54' zu versteuerndes Einkommen p.a. in der Grundtabelle (solo) oder zusammenveranlagt (Ehepaar) ab 108' p.a. - schaut man sich das Steueraufkommen an, dann macht das mehr Sinn, dafür zu sorgen, dass diese Zahl sich verdoppelt, anstatt die Ausgaben ;)

Vor einem Jahr wurde ich beim Friseur aufmerksam gemacht, dass die und die verstorben sei und ob ich wüsste, wem denn das Häuschen zukommen würde. Ohne nähere Prüfung spontan war meine Antwort: der Verwandschaftsgrad ist zuweit weg, das müsste 50% Erbschaftssteuer sein - ich hätte bei sowas kein Interesse, da ist mir meine Zeit zu schade und dann noch fürs Finanzamt die Kartoffeln aus dem Feuer holen?? äiii gehts noch.

So eine Pulsuhr kann man klasse als Emotionswächter benutzen :) - also wie reagiere ich bei welchen Erbschaftssteuerzahlungen, weil das Vermögen ja erstmal erwirtschaftet werden muss und ab wann macht es für mich keinen Sinn mehr zu sparen - sondern eher zu prassen.

Machts mir was aus, wenn nach meinem Ableben 10' € von meinen Erben ans Finanzamt bezahlt werden müssen?? (das Geld wird wohl aus dem Erbe bestritten, wird also von mir weggespart ;) )

Puls bleibt - keine Reaktion.

Gleiches Spiel mit 100'€ - Puls bleibt - keine Reaktion (bin erstaunt, da hätte ich schon eine Reaktion erwartet)

bei 1 Mio € - Pulsuhr spinnt (jetzt isse hin) - rechnet man das um, würde das ein Vermögen von 6 Mio € zu Grunde liegen, um die Mio fürs Finanzamt zu triggern (Puls beruhigt sich gar nicht mehr - jetzt muss ich aber aufhören mit dem Quatsch)

edit: - Puls ist wieder bei 72 - von 127 - alles im Sitzen

ThomasG 26.11.2018 22:03

Gestern Abend wurde bei Anne Will das Thema "Arbeitswelt im Wandel - wie muss der Sozialstaat reformiert werden?" diskutiert wie ich eben erst erfahren habe.
Man kann sich die Sendung momentan noch über die Mediathek anschauen (https://www.ardmediathek.de/tv/Anne-...entId=58060044).
Wenn ich nicht zu müde werde, sehe ich sie mir jetzt an.

Schönen Abend!

qbz 26.11.2018 22:43

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1421853)
Gestern Abend wurde bei Anne Will das Thema "Arbeitswelt im Wandel - wie muss der Sozialstaat reformiert werden?" diskutiert wie ich eben erst erfahren habe.
Man kann sich die Sendung momentan noch über die Mediathek anschauen (https://www.ardmediathek.de/tv/Anne-...entId=58060044).
Wenn ich nicht zu müde werde, sehe ich sie mir jetzt an.

Schönen Abend!

ich sah mir die Sendung mal ausnahmsweise an, weil mich das Thema und die Meinung zweier Gäste interessierte.

Helmut S 26.11.2018 22:45

Dort wurde der übliche Fehler bzgl des BGE gemacht. Alle diskutieren das BGE vor dem Hintergrund der AKTUELLEN Gesellschaft als MASSNAHME zur Verbesserung. Das ist der übliche, alte Ansatz, der funktioniert aber nicht. Das führt höchstens zu dem kleingeistigen, deutschen Reflex: Wer soll das bezahlen?

Das BGE ist aus meiner Sicht keine Maßnahme zur Verbesserung, sondern eine notwendige Konsequenz für eine Gesellschaft in der Zukunft die aus Verbesserungen entsteht. Bevor man das BGE tatsächlich einführen kann, muss aber noch ein Arbeit getan werden, damit diese Gesellschaft erreicht wird. Bildungspolitik ist die Basis für alles. Der Wert des Menschen in der Gesellschaft mus von der Anstellung und dem Einkommen entkoppelt werden. Es muss ein Zustand erreicht werden, in dem es völlig normal ist, dass eine große Zahl von Bürgern wenigsten eine längere Zeit nicht lohnabhängig arbeitet. Dann sind wir reif dafür. Der nächste Meilenstein der gesellschaftlichen Errungenschaften ist die - wenigstens größtenteils - Befreiung vom Zwang zur lohnabhängiger Arbeit :Blumen:

ThomasG 26.11.2018 23:13

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1421866)
ich sah mir die Sendung mal ausnahmsweise an, weil mich das Thema und die Meinung zweier Gäste interessierte.

Ich habe zwar schön öfter gehört oder gelesen, dass Sahra Wagenknecht von der Grundidee bedingungsloses Grundeinkommen nicht so begeistert ist, aber bis vor ein paar Minuten hatte ich das noch nie von ihr selbst erfahren.
Hoffentlich entstehen da in den nächsten Jahren keine Gräben innerhalb der Linken und damit meine ich nicht unbedingt die Partei, sondern Menschen, die politisch entsprechende Überzeugungen in sich tragen.
Da wäre dann die Gefahr ziemlich groß, dass sich die Flügel gegenseitig ziemlich schaden.
Mir ist Sahra Wagenknecht sehr sympathisch, soweit ich das halt beurteilen kann und da nehme ich halt Aussagen, die ich von ihr gehört oder gelesen habe als Maßstab.
Katja Kippings Aussagen und Worte haben mir auch schon relativ oft (so intensiv beschäftige ich mich ja nicht mit Politik bzw. politischen Themen) ziemlich gut gefallen.
Sie ist der Idee bedingungsloses Grundeinkommmen ja sehr viel aufgeschlossener.
Da habe ich dann schon gehört zumindest andeutungsweise die beiden würden sich gar nicht so arg mögen bzw. wären sozusagen Rivalen.
Das fände ich sehr schade.
Na - jetzt schaue ich mir den Rest auch noch an.
Ich bin zwischendurch glaube ich mal kurz weggetreten und habe eine Passage nicht mitbekommen.
Das lag aber wohl auch daran, dass ich ziemlich viel gegessen habe.

Gute Nacht dann!

Nachtrag: Gegen Ende der Sendung kam vielleicht ein kleiner Seitenhieb von Sahra Wagenknecht.
Sinngemäß meinte sie etwa, dass ein kurz umrissenes Konzept zur Finanzierung eines BGE ja keins der Linken sei, sondern eins von einzelnen Linken.
Wer es sich selbst anhören will, sollte sich das Video nach rund 52 Minuten Spielzeit starten lassen.
Sie hat das etwas unterdückt und schnell, aber auch "untermalt" mit einem etwas kühlen Lächeln gesagt, würde ich sagen.

ThomasG 27.11.2018 06:32

Ich möchte gerne kurz meine Gedanken zur Diskussion hier und in den in ihr erwähnten Sendungen und Artikel beschreiben:
Es ist wohl ersichtlich, dass eine isolierte Diskussion zum Thema Hartz 4 kaum gelingt.
Das liegt einfach daran, dass hinter Hartz 4 ein wesentlich tiefergehenderes und wesentlich mehr Leute betreffendes Problem steckt.
Die soziale Absicherung in unserer Gesellschaft hat seit einiger Zeit abgenommen und droht noch mehr abzunehmen und das trotz Wirtschaftsboom.
Für diesen Boom haben wir einen Preis zahlen müssen.
Die einen mehr im übertragenen Sinne.
Die anderen knallhart direkt und alltäglich spürbar in ihrem Leben und das ihre Familie.
Andere kämpfen ziemlich verbissen, dass sie eben nicht sozial absteigen und darunter leidet nicht nur ihre Lebensfreude, sondern darunter leidet auch ihr Familienleben insbesondere das ihrer Kinder.
"Angst essen Seele auf" heißt ein Film von Werner Fassbinder, den ich zwar nie vollständig gesegen habe (solllte ich vielleicht endlich mal ändern), aber das ist irgendwie ein gelungener Titel finde ich.
Diese Angst schadet auch sehr dem gesellschaftlichen Klima, in dem wir alle leben.
Eine Bevölkerungsgruppe kann schnell und recht einfach gegen eine andere ausgespielt werden und das geschieht und nicht zu knapp.
Wir brauchen auf lange Sicht umfassende, intelligente, weitsichtige, menschliche Konzepte für die ganzen Probleme, die sich da schon ziemlich lange immer mehr antürmen und von denen uns bisher nur die ersten Ausläufer erreicht haben.
Da meine ich die Menschen, die hier Leben können.
Andere hat der eiskalte Wind längst erreicht und sie bezahlen den Preis für den unerhörten und unanständigen Reichtum weniger.
Aber auch diese Menschen (die Reichen) sind auf lange Sicht vor allem kaum zu beneiden, denn sie werden immer drastischere Mittel anwenden müssen ihren Reichtum zu verteidigen und immer mehr Folgeelend verdrängen müssen, wenn es auf dem Planeten so weitergeht.
Den Betroffenen hilft es, wenn besonders große Unrechte einfach abgeschafft werden, wie z.B. die Möglichkeit Menschen zu sanktionieren und ihnen von dem, was man eigentlich als Minimum sieht, was an einem Menschen hier an finanziellen Mitteln zustehen sollte, was wegnehmen kann.
Selbst wenn letztlich sehr wenigen das genau passiert, hat dieses Drohmittel Auswirkungen auf viele Menschen.
Es steigert ihre Ängste.
Es nimmt ihnen ihr Sicherheitsgefühl, wenn sie es den jemals hatten.
Die Aussagen von Sahra Wagenknecht in Bezug auf die BGE-Konzepte (siehe die letzte Sendung von Anne Will ab Minute 52 etwa: https://www.ardmediathek.de/tv/Anne-...entId=58060044) nehme ich ernst.
Es soll hier eigentlich um Hartz 4 gehen, aber das geht halt einfach praktisch nicht, weil es nur das Symptom eines tieferen Problems ist.
Man landet fast automatisch eben anderswo thematisch, wenn man etwas intensiver darüber nachdenkt.
Zu denken gibt auch mir, wenn es Befürworter eines BGE gibt, die wirtschaftsliberale Ansichten teilen oder für gut erachten.
Mir fallen gerade kein besseren Worte ein.
Ich hoffe, es ist verständlich, was ich damit meine.
Und diese Leute gibt es ja durchaus.

Angenehmen Tag allerseits!

keko# 27.11.2018 07:23

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1421878)
Ich hoffe, es ist verständlich, was ich damit meine.
Und diese Leute gibt es ja durchaus.

Angenehmen Tag allerseits!

ThomasG, was du beschreibst, sind die Auswüchse der neoliberalen Agenda, die seit vielen Jahren läuft und nun langsam auch vermehrt in Deutschland ankommt. Das sind keine Zufälle oder politische Misserfolge, sondern ist politisches Kalkül und dient letztendlich nur dem Vermehren von Reichtum und Macht weniger. Längst ist das alles erforscht, dokumentiert und für Jedermann in Beststeller-Büchern zu lesen. Auch Lösungsvorschläge gibt es dazu, allerdings wird die neoliberale Ideologie als Naturgesetz verkauft und ist mittlerweile erfolgreich und quasi unhinterfragt in fast jeder Ecke und jedem Kopf des Lebens angekommen. Wie so oft wird nur an Symptomen herumgedoktert statt die Ursachen zu bekämpfen, denn das würde einige unangenehme Fragen aufwerfen und mächtigen Leuten wehtun. Und während der Arbeitende die Schuld beim Hartzer sucht (oder umgekehrt - oder der Hartzer bei sich selbst) und der Deutsche beim Asylanten (oder umgekehrt), wird der Reiche immer reicher und der Mächtige immer mächtiger. Divide et impera!

ThomasG 27.11.2018 19:49

Das werde ich mir später mal durchlesen:
"„Neoliberal“ – was ist das?" https://www.nachdenkseiten.de/upload..._kurz_text.pdf

Man muss dem Feind tief in die Augen blicken ;-)!

Nachtrag:

"Der Untergang des Sowjetreiches war auch das Ende des Kommunismus. Das einzig funktionierende Wirtschaftssystem sei der Kapitalismus – dachten viele. Spätestens seit der Finanzkrise 2007 scheint diese These mehr als fraglich. In dieser Dokumentation reflektieren mehr als 20 prominente Mitwirkende aus dem Bereich Wirtschaftstheorie die Entwicklung seit 2008 und hinterfragen die wirtschaftspolitischen Denker aus der Geschichte des Kapitalismus."
https://programm.ard.de/TV/arte/der-...28724207537072
https://info.arte.tv/de/die-doku-rei...a-kapitalismus

"Der Kapitalismus - Arte Doku Teil 1"
https://www.youtube.com/watch?v=BPqK_sh35zA

Morgen oder so geht`s weiter.
"Der Kapitalismus - Arte Doku Teil 2
" https://www.youtube.com/watch?v=hDw85kcfCLQ

Insgesamt gibt es sechs Folgender Arte Doku zum Thema Kapitalismus.
Sie dauern jeweils rund 50 Minuten.
Alle werde ich mir wahrscheinlich nicht anschauen.

Mich interessiert besonders Folge 2.
In der Beschreibung (https://info.arte.tv/de/die-doku-rei...a-kapitalismus) ist hier u.a. zu lesen:
"In dem Bestreben, das Werk zum ökonomischen Testament zu erheben, wurden die sozialpolitischen Überlegungen von Adam Smith einfach außer Acht gelassen."

Folge 3 werde ich mir danach wahrscheinlich nich ansehen, sondern Folge 4.
Neugierig hat mich folgende Aussage in der Beschreibung zur Doku gemacht:
"Ist Marx‘ Kapitalismusanalyse nicht weiterhin eine der scharfsinnigsten Auseinandersetzungen mit der modernen Welt überhaupt?"

Wenn ich dann noch genug Ausdauer habe und Lust mich mit der Dokumentation auseinanderzusetzen, werde ich wahrscheinlich Folge 5 auslassen und direkt zur letzten Folge übergehen.
Nachfolgende Anmerkung zu ihr hat mein Interesse geweckt:
"Polanyis Untersuchungen über die antiken Gesellschaften der Sumerer und Babylonier können aufschlussreiche Erkenntnisse über die Welt nach 2008 liefern, in der sich verschuldete Staaten totsparen müssen und demokratisch gewählte Volksvertreter den anonymen Entscheidungen der Finanzmärkte machtlos ausgeliefert sind."

Noch ein Nachtrag:

Ich habe mir jetzt die ersten vier Teile der Doku angeschaut und will mir auch noch die letzten beiden ansehen.
Wer sich intensiver mit Marx beispielsweise beschäftigt hat, für den ist sie sicher nicht so reizvoll, aber für andere ist sie sicher sehr gut als Einstieg in solche Themengebiete geeignet.
Natürlich kann sie nicht das, was ein (dickes) sachkundiges Buch kann, aber der ein oder anderen wird, nachdem er sie gesehen hat, bestimmt Lust dazu bekommen mal wieder was zu lesen.
Das ist halt schon anstrengender.

Letzter Nachtrag (hoffentlich ;-)!):

Jetzt habe ich mir alle Teile der Dokumentation angesehen.
Einige Passagen habe ich nicht so intensiv mitbekommen.
Nicht weil sie mich gelangweilt hätten, sondern weil ich nach dem Abendessen oft ziemlich müde werde.
Ich empfand die Doku tendenziell von Teil zu Teil immer interessanter, weil es um immer aktuellere Ereignisse ging.

Gute Nacht allerseits!!

ThomasG 11.12.2018 03:29

Zitat:

Die Idee: 250 Probanden im Hartz-IV-Bezug bekommen über einen Zeitraum von drei Jahren die Garantie, dass jegliche Regelsatzsanktion, jegliche Kürzung, vom Verein „Sanktionsfrei“ ausgeglichen wird – bedingungslos und unbürokratisch. Eine Vergleichsgruppe von ebenfalls 250 Menschen bezieht in demselben Zeitraum unverändert Hartz IV – ohne Garantie.

Alle drei Monate beantworten die Probanden Fragebögen, geben Auskunft über den Zustand ihrer sozialen Beziehungen, ihrer Gesundheit und ihrer Arbeitssituation. „Wir wollen herausfinden, wie sich Sicherheit tatsächlich auf die Menschen auswirkt“, sagt Helena Steinhaus. Sie geht jedoch fest davon aus, dass die Gruppe der „Hartzplus“-Bezieher, wie sie das sanktionslose Modell nennt, in allen Bereichen besser abschneiden werde.

Zitatende

Quelle: http://www.fr.de/wirtschaft/sanktion...onen-a-1633945


"Es werden zwar nur wenige wirklich sanktioniert, aber alle stehen durch die Androhung unter permanentem Druck. Das hängt wie ein Damoklesschwert über ihnen."

Helena Steinhaus


Quelle: http://www.fr.de/wirtschaft/sanktion...onen-a-1633945

DocTom 11.12.2018 03:47

Bist Du mit diesem Werk schon durch:
https://www.amazon.de/Das-Kapital-po...rx-das+kapital ?
(...und ausgerechnet ein amazon Link) :Cheese:

ThomasG 11.12.2018 03:59

Zitat:

Zitat von DocTom (Beitrag 1424724)
Bist Du mit diesem Werk schon durch:
https://www.amazon.de/Das-Kapital-po...rx-das+kapital ?
(...und ausgerechnet ein amazon Link) :Cheese:

Ich habe noch nicht einmal angefangen darin zu lesen :o.
Drei dicke Wälzer.
Der Mann hatte Ausdauer und Durchhaltevermögen.
Ich ja teilweise auch, nur leider nicht unbedingt so arg in Bezug auf Lesen.
Das Fernsehen hat mich versaut, fürchte ich.*
In meiner Kindheit und Jugend ( gut - ergänzen wir mal späten Jugend für ewige Schüler zieht die sich ja manchmal ganz schön gewaltig in die Länge ;-)) habe ich schon viel Zeit vor der Glotze verbracht oder sie lief im Hintergrund.
Immerhin habe ich aber sehr häufig Talkshows gesehen und die waren recht oft schon ganz gut.
Live aus dem Schlachthof zum Beispiel.
Die kam glaube ich immer freitags um 19 Uhr.
Da kam ab und zu so ein kleines Filmchen über Ernst Eiswürfel, was ich ganz lustig fand :-).
Das waren halt noch Zeiten :-)!

https://www.youtube.com/watch?v=w-idH7TQu8c
https://www.youtube.com/watch?v=5juvinZ3sto
https://www.youtube.com/watch?v=adyH7KTvaHo

Nachtrag:

Zum Teil hieß die Sendung auch "Live aus dem Alabama".
Ich sah aber fast immer nur "Live aus dem Schlachthof"
Schon ganz amüsant mal zu sehen wie einige, die später - man könnte bösartig behaupten zum Establishment gehörten - damals so drauf waren und wie sie sich gegeben haben.
Michaela Haas :Liebe: :Liebe: :Liebe:
https://www.youtube.com/watch?v=O4njTmN-hLk
* https://www.youtube.com/watch?v=4HLAfX1Xtwk
* https://www.youtube.com/watch?v=yu5OlZ_7EB8

qbz 11.12.2018 11:52

Zitat:

Zitat von DocTom (Beitrag 1424724)
Bist Du mit diesem Werk schon durch:
https://www.amazon.de/Das-Kapital-po...rx-das+kapital ?
(...und ausgerechnet ein amazon Link) :Cheese:

Der Verlag ist in dem Fall "Zweitausendundeins", Versender Amazon.

Es gibt das Kapital, Band I-III auch Online! Die meisten lesen nur Band I, der die Grundlagen und Entstehung der kapitalistischen Produktion behandelt. Das Buch alleine zu lesen, finde ich auch schwierig. Wir beschäftigten uns mit dem ersten Band kapitelweise in einer AG an der Uni im Grundstudium.

Online-Ausgabe (entspricht der MEW, Band 23.):
http://www.mlwerke.de/me/me23/me23_000.htm

und die Online-Gesamtausgabe von Karl Marx/Friedrich Engels:
http://www.mlwerke.de/me/default.htm


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