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Hafu 01.10.2020 06:45

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555540)
... Es sollte uns zu denken geben, dass überführte Dopingsünder ebenso wie die Ärzte stets versichern, dass auch die sportlichen Gegner gedopt seien und man ohne Doping international keine Chance habe.

Es gibt gute Gründe, solche Aussagen als billige Rechtfertigungen auszusortieren. Aber wir sollten auch erwägen, dass diese Behauptungen der Wahrheit möglicherweise sehr nahe kommen.

Warum sollte uns das "zu denken geben" und warum sollten wir erwägen, dass diese Behauptungen der Wahrheit "möglicherweise sehr nahe kommen"?

(Konkret auf die Einzelfälle bezogen, die mir hier spontan mit derartig getätigten Behauptungen einfallen (Bernhard Kohl, Hütthaler, Dürr) fällt mir vor allem auf, dass die Athleten, die dies behaupten durchweg eine komplett unglaubwürdige Leistungsentwicklung hatten, viel zu schnell für eine natürliche und nachvollziehbare Leistungsentwicklung in der internationalen Spitze auftauchten, so dass ihre Leistung schon bevor sie erwischt wurden, äußerst unglaubwürdig war.)

Estebban 01.10.2020 08:00

Unabhängig davon, dass ich mir sehr gut vorstellen kann, dass im spitzensport (gerade Radsport) nah am Rande der Legalität gearbeitet wird.. so ist für mich die Überlegung „alle andern tun es doch auch“ menschlich nachvollziehbar.
Auch wenn Hafus Beispiele für eine unnatürliche Entwicklung der Leistungsfähigkeit stehen, so werden sich auch die drei genannten von Kindheit an den A**** aufgerissen haben und für die Weltspitze hat es trotzdem nicht gereicht, so wie bei unendlich vielen anderen auch. Sei es wegen fehlendem Talent, verletzungaanfälligkeit bei noch mehr Training oder was auch immer - nicht jeder hat die Voraussetzungen Profi zu werden oder noch mehr „wenn er nur hart genug arbeitet“.
Da kann ich durchaus verstehen, wenn junge Menschen sich das nicht eingestehen wollen und sagen „die fehlenden Prozent müssen daran liegen, dass die andern dopen“.
Ich heiße den Gedanken nicht gut - ich kann ihn nur in gewissem Maße nachvollziehen.
Soll heißen, die Aussagen müssen nicht darauf hinweisen, dass die erwischten Sportler wissen, dass alle dopen.

Klugschnacker 01.10.2020 08:13

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1555556)
Warum sollte uns das "zu denken geben" und warum sollten wir erwägen, dass diese Behauptungen der Wahrheit "möglicherweise sehr nahe kommen"?

Konkret auf die Einzelfälle bezogen, die mir hier spontan mit derartig getätigten Behauptungen einfallen (Bernhard Kohl, Hütthaler, Dürr) fällt mir vor allem auf, dass die Athleten, die dies behaupten durchweg eine komplett unglaubwürdige Leistungsentwicklung hatten, viel zu schnell für eine natürliche und nachvollziehbare Leistungsentwicklung in der internationalen Spitze auftauchten, so dass ihre Leistung schon bevor sie erwischt wurden, äußerst unglaubwürdig war.)

Das ist möglicherweise richtig, aber die Liste ist etwas länger: Rolf Aldag, Erik Zabel und Jan Ullrich gehören dazu, Patrick Sinkewitz, Stefan Schuhmacher, Jörg Jaksche, Tyler Hamilton, Jesus Manzano, Bjarne Riis, Marco Pantani und viele andere mehr, die alle sagen, es gäbe ein systemimmanentes Dopingproblem. Das ist jetzt nur der Radsport, und Du kennst diese Argumentation natürlich ebenso gut wie ich.

Würdest Du in der Leichtathletik, beispielsweise beim 100m-Sprint, von gedopten Einzelfällen ausgehen, oder von einem systemimmanenten Problem? Und wie wäre es bei den Ringern und Gewichthebern? Oder den Schwimmern?

Für den österreichischen Skilanglauf hat mir das Buch von Doping-Hoflieferant Stefan Matschiner viele Illusionen eines sauberen Spitzensports genommen. Auf mich wirkt er in seinen Schilderungen glaubwürdig.

Dein Argument mit nachvollziehbaren oder nicht nachvollziehbaren Leistungsentwicklungen hat etwas für sich. Dennoch ist es problematisch. Nimm als Beispiel die Leistungsentwicklung von Radrennfahrer Emanuel Buchmann. Hier seine Platzierungen bei der Tour de France der letzten Jahre:

2015: 83. Platz
2016: 21. Platz
2017: 15. Platz
2018: --
2019: 4. Platz, 1:56 min hinter Egan Bernal von INEOS
2020: 38. Platz

Ist das jetzt eine nachvollziehbare Leistungsentwicklung, oder haut das Jahr 2019 etwas oben raus? Meiner Meinung nach lässt sich das kaum beantworten. Es kommt stark darauf an, ob man seine Gegner für gedopt oder sauber hält.
:Blumen:

TriAdrenalin 01.10.2020 08:21

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555540)
Interessant diese Passage bei Spiegel Online:
Bestens im Bilde über die weit verbreitete Leistungsmanipulation seiner Athleten war möglicherweise auch der Österreichische Skiverband (ÖSV). Das legen Hotelrechnungen nahe, die die Vorsitzende Richterin Marion Tischler über einen Dia-Projektor an die Wand werfen lässt. Es sind Belege über Zimmer, die der ÖSV vor und während der Olympischen Winterspiele für einige Athleten gebucht hatte. Und in denen Dürr abgestiegen war, um sich Blut zuführen zu lassen. Anschließend sei er gleich wieder zurück nach Sotschi geflogen.
Von diesem möglicherweise existierenden doppelten Spiel des Verbandes oder der Verbände abgesehen: Es sollte uns zu denken geben, dass überführte Dopingsünder ebenso wie die Ärzte stets versichern, dass auch die sportlichen Gegner gedopt seien und man ohne Doping international keine Chance habe.

Es gibt gute Gründe, solche Aussagen als billige Rechtfertigungen auszusortieren. Aber wir sollten auch erwägen, dass diese Behauptungen der Wahrheit möglicherweise sehr nahe kommen.

Was ist die Quintessenz einer solchen Erwägung? Was soll das bedeuten? Nur weil alle dopen, muss ich es auch machen? Nur weil bereits in der Antike nachgeholfen wurde, Doping also schon immer dazugehörte, ist Doping ein fester Bestandteil jedweden Sports? Sorry, dafür habe ich wenig Verständnis. Auch wenn eine "Brot&Spiele" Mentalität weit verbreitet ist, heisst das nicht, dass man das tolerieren sollte.

Matthias75 01.10.2020 08:36

Nur ein paar Gedanken dazu....

Woher weiß er oder wissen andere Sportler, dass flächendeckend gedopt wird? Gibt es da einen regen Austausch unter Sportlern und/oder Ärzten? Unterhält man sich mit Teamkollegen/Konkurrenten, wo man die beste Behandlung bekommt? Oder beruht das nur auf den Annahmen, dass die anderen stärker sind oder der Beobachtung der Leistungsentwicklung?

Wenn es einen so regne Austausch gibt, sollte es doch möglich sein, Namen zu nennen. wenn schon nicht öffentlich (was ich verstehen könnte), dann zumindest den Ermittlungsbehörden.


Das Geständnis wirkt für mich so, als würde er nur das zugegeben, was man ihm nachweisen kann.

In der Sueddeutschen steht beispielsweise:
Mark S. berichtete von seiner Zeit als Teamarzt der Radrennställe Gerolsteiner und Milram von 2007 bis 2010. Obwohl die beiden Teams wegen Dopingfällen aufgelöst worden waren, stritt er ab, in jene Manipulationen verwickelt gewesen zu sein. "Warum ich mich danach entschloss, Eigenblutdoping anzuwenden, das kann ich nicht sagen.
Wikipedia sagt, dass er damals von Bernhard Kohl des Dopings beschuldigt wurde und daraufhin freigestellt und entlassen wurde.

Und nach der Entlassung fängt er dann mit einem Mal an, selbstständig Sportlern "zu helfen"? Ohne Vorwissen? Und wie kamen die Sportler dann zu ihm? Er wird ja nicht zu den Wettkämpfen gegangen sein und seine Dienste angeboten haben. Es wird auch kein Sportler mal so nach Erfurt zu einem Sportarzt gefahren sein und gefragt haben, ob er ihm beim Dopen hilft.

Auch die Aussage:
Er habe aber den Sportlern auf "höchstem Niveau" helfen wollen. "Leider hab ich aus den Augen verloren, dass ich dem Sport dadurch schade"
Finde ich etwas befremdlich. Da scheint der moralische Kompass doch komplett in die falsche Richtung zu zeigen....

M.

Klugschnacker 01.10.2020 08:41

Zitat:

Zitat von TriAdrenalin (Beitrag 1555571)
Was ist die Quintessenz einer solchen Erwägung? Was soll das bedeuten? Nur weil alle dopen, muss ich es auch machen?

Ja, da bringst Du eine Realität im Profisport auf den Punkt. Lediglich das Wörtchen "nur" ist etwas zynisch.

Deine rechtschaffene Entrüstung hilft leider überhaupt nichts. Wenn man das Doping im Spitzensport ausschließlich als eine freie Entscheidung der einzelnen Sportler einordnet, wird sich an dem System nichts ändern.

In dem System aus Teamstrukturen oder Kadern, Trainern, Ärzten, Sponsoren und Medien sind die Sportler nur ein Rädchen im Getriebe. Fliegt einer gedopt auf, rückt ein anderer an seine Stelle. Am System ändert sich nichts.

iaux 01.10.2020 08:43

Zum Thema, alle anderen dopen ja auch: 4 von 13 Finalistinnen wurden des Dopings überführt - London 2012

Ist das viel, oder wenig?

In die Weltspitze geschafft hat es Coco Harrer wohl ohne Doping und hatte trotzdem nie wirkliche ne Chance...

Bleierpel 01.10.2020 08:48

Zitat:

Zitat von TriAdrenalin (Beitrag 1555571)
Was ist die Quintessenz einer solchen Erwägung? Was soll das bedeuten? Nur weil alle dopen, muss ich es auch machen? ....

Und weil es alle machen, betrüge ich auch keinen... Argumentation Jan Ulrich (und vielen anderen, vor allem sich selbst gegenüber)

Klugschnacker 01.10.2020 09:06

Zitat:

Zitat von Bleierpel (Beitrag 1555578)
Und weil es alle machen, betrüge ich auch keinen... Argumentation Jan Ulrich (und vielen anderen, vor allem sich selbst gegenüber)

Hier die Liste seiner Gegner 1997. Unterstrichen alle Fahrer, denen in ihrer Karriere Doping nachgewiesen wurde:

1. Jan Ullrich
2. Richard Virenque
3. Marco Pantani
4. Abraham Olano
5. Fernando Escartín (Kunde von "Dottore Epo" Michele Ferrari)
6. Francesco Casagrande
7. Bjarne Riis
8. José María Jiménez
9. Laurent Dufaux
10. Roberto Conti

:Blumen:

Klugschnacker 01.10.2020 09:14

Nur mal so: Jan Ullrich gewann die Tour 1997 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 39.2 km/h mit fast 10 Minuten Vorsprung auf Platz 2.

Im Jahr 2019 betrug das Stundenmittel 40.5 km/h, im Jahr 2020 40.2 km/h, das Spitzenfeld dicht beisammen.

NBer 01.10.2020 09:23

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555586)
Nur mal so: Jan Ullrich gewann die Tour 1997 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 39.2 km/h mit fast 10 Minuten Vorsprung auf Platz 2.

Im Jahr 2019 betrug das Stundenmittel 40.5 km/h, im Jahr 2020 40.2 km/h, das Spitzenfeld dicht beisammen.

das hängt ja auch immer vom profil der tour, wind usw ab. aussagekräftiger sind zeiten auf gleichen streckenabschnitten. um beim schlußanstieg in alpe d'huez jemanden nach 2010 in der bestenliste zu finden muss man bis platz 23 runterscrollen: https://de.wikipedia.org/wiki/Alpe_d%E2%80%99Huez

captain hook 01.10.2020 09:48

Zitat:

Zitat von iaux (Beitrag 1555577)
Zum Thema, alle anderen dopen ja auch: 4 von 13 Finalistinnen wurden des Dopings überführt - London 2012

Ist das viel, oder wenig?

In die Weltspitze geschafft hat es Coco Harrer wohl ohne Doping und hatte trotzdem nie wirkliche ne Chance...

Wenig.

Beim Gewichtheben hat glaube ich mal jemand aus der B Gruppe am Ende noch ne Medallie bekommen weil soviele aus der A Gruppe wegen Doping nachträglich gestrichen werden mussten.

captain hook 01.10.2020 10:05

Zitat:

Zitat von NBer (Beitrag 1555588)
das hängt ja auch immer vom profil der tour, wind usw ab. aussagekräftiger sind zeiten auf gleichen streckenabschnitten. um beim schlußanstieg in alpe d'huez jemanden nach 2010 in der bestenliste zu finden muss man bis platz 23 runterscrollen: https://de.wikipedia.org/wiki/Alpe_d%E2%80%99Huez

Es gibt allerdings auch Anstiege, wo durchaus auch in der Neuzeit Rekorde gebrochen werden.

Immer halt auch ne Frage wie gefahren wird. Volle Kanne von unten bis oben oder Taktisch nur oben raus ausgesprintet oder was auch immer.

Quintana war zB im Frühjahr am Ventoux abartig schnell. Der wurde unten Vollgas reingefahren, hat dann nach und eine Reihe Helfer verschlissen und hat dann voll durchgezogen.

NBer 01.10.2020 10:23

Zitat:

Zitat von captain hook (Beitrag 1555596)
....Immer halt auch ne Frage wie gefahren wird....

das ist sicher so. gilt aber dann natürlich auch noch viel mehr für komplett gefahrene tours.

tandem65 01.10.2020 10:27

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555586)
Nur mal so: Jan Ullrich gewann die Tour 1997 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 39.2 km/h mit fast 10 Minuten Vorsprung auf Platz 2.

Im Jahr 2019 betrug das Stundenmittel 40.5 km/h, im Jahr 2020 40.2 km/h, das Spitzenfeld dicht beisammen.

Das ist doch ganz klar in der Gruppe steigt der Schnitt automatisch. ;)

Klugschnacker 01.10.2020 10:57

Zitat:

Zitat von NBer (Beitrag 1555598)
das ist sicher so. gilt aber dann natürlich auch noch viel mehr für komplett gefahrene tours.

Dieses Jahr hatten wir eine auf Kletterer zugeschnittene Tour. Die Durchschnittsgeschwindigkeit war so hoch wie zu den Epo- und Blutdopingzeiten von Riis und Armstrong.

Wie will ein Wasserträger von Jumbo Visma, der jeden Tag vorne im Wind fährt, das sauber schaffen? Eigentlich sollte man doch erwarten, dass das geläuterte und saubere Feld etwas langsamer fährt als früher. Das ist aber nicht der Fall.

yankee 01.10.2020 11:20

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555586)
Im Jahr 2019 betrug das Stundenmittel 40.5 km/h, im Jahr 2020 40.2 km/h, das Spitzenfeld dicht beisammen.

Laut http://bikeraceinfo.com/tdf/tdfstats.html waren es heuer 39.872km/h.
Ich glaube auch nicht nur ansatzweise, dass das Peloton komplett sauber ist aber die Durchschnittsgeschwindigkeit als Indiz hernehmen ist nun wirklich sehr einfach.

Es gibt haufenweise Videos in der TS-Mediathek über Material-Themen (Reifen, Fahrräder, Laufräder, Speedsuits, Helme, etc.) und bei der TdF soll sich das nicht im avg Speed widerspiegeln?
Und da sieht man noch von anderen beliebigen Einflüssen (Straßenqualität, Wind, Hitze..) die positiv oder negativ sein können ab

Adept 01.10.2020 11:25

Pauschal aus den Vergleichen zu den "EPO-Zeiten" was zu schliessen ist schwierig, finde ich. Wie Captain geschrieben hat, Radsport ist extrem taktisch, auch am Berg. Und in Flachetappen kommt der Wind und die zugehörigen Aussreissergruppen (wenn vorhanden) ins Spiel. Früher wurden auf Flachetappen Schnitte von weit mehr als 50km/h gefahren. Das ist in dieser Zeit normalerweise nicht der Fall.

Dass bei dieser Tour wieder nur ein Team so dominiert hat, war auffällig. Vorher war es Sky/Ineos. Aber man muss jedenfalls dieses Jahr konstatieren, dass in der Regel bis zum Schluss immer eine grössere Gruppe anderer Teams noch mitfahren konnte.

Estebban 01.10.2020 11:27

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555603)
Dieses Jahr hatten wir eine auf Kletterer zugeschnittene Tour. Die Durchschnittsgeschwindigkeit war so hoch wie zu den Epo- und Blutdopingzeiten von Riis und Armstrong.

Wie will ein Wasserträger von Jumbo Visma, der jeden Tag vorne im Wind fährt, das sauber schaffen? Eigentlich sollte man doch erwarten, dass das geläuterte und saubere Feld etwas langsamer fährt als früher. Das ist aber nicht der Fall.

Ich bin bestimmt niemand der sagen will „die sind alle sauber“.
Aber Durchschnitt über die gesamte Tour finde ich doch einen schwachen Indikator. Wenn man sich Räder von vor 20 Jahren anschaut im Vergleich zu heute wird allein die aerodynamik bei gleicher wattzahl für ein paar km/h auf flachetappen sorgen. Etappen waren früher tendenziell länger. windkantenetappen sind mit normalen flachetappen nicht zu vergleichen (alleine was bora regelmäßig veranstaltet hat zieht den Schnitt hoch) etc... das ist einfach nicht vergleichbar

LidlRacer 01.10.2020 11:41

Zitat:

Zitat von Estebban (Beitrag 1555609)
Wenn man sich Räder von vor 20 Jahren anschaut im Vergleich zu heute wird allein die aerodynamik bei gleicher wattzahl für ein paar km/h auf flachetappen sorgen.

Die Aerodynamik der (Fahr-)Räder allein wird nicht ein paar km/h machen. Aber es ist ja mehr passiert: Die Sitzpositionen sind aerodynamischer geworden (am Auffälligsten bei Abfahrten auf dem tiefer als früher liegenden Oberrohr, aber auch die normale Position), die Kleidung ist wesentlich aerodynamischer, die Reifen haben weniger Rollwiderstand und (vermutlich) mehr Haftung in schnellen Kurven, man hat ein breiteres Übersetzungsspektrum etc.

All das relativiert historische Vergleiche.

Estebban 01.10.2020 11:46

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1555616)
Die Aerodynamik der (Fahr-)Räder allein wird nicht ein paar km/h machen. Aber es ist ja mehr passiert: Die Sitzpositionen sind aerodynamischer geworden (am Auffälligsten bei Abfahrten auf dem tiefer als früher liegenden Oberrohr, aber auch die normale Position), die Kleidung ist wesentlich aerodynamischer, die Reifen haben weniger Rollwiderstand und (vermutlich) mehr Haftung in schnellen Kurven, man hat ein breiteres Übersetzungsspektrum etc.

All das relativiert historische Vergleiche.

Mich würde schonmal interessieren wie ein bspw. Cervelo P5 von Hirschi mit 60er Laufrädern im Vergleich zu einem pinarello aus den 90ern von Team Telekom abschneidet...
Aber ja, die Summe macht’s natürlich

Klugschnacker 01.10.2020 11:54

Zitat:

Zitat von Estebban (Beitrag 1555609)
Wenn man sich Räder von vor 20 Jahren anschaut im Vergleich zu heute wird allein die aerodynamik bei gleicher wattzahl für ein paar km/h auf flachetappen sorgen. Etappen waren früher tendenziell länger. windkantenetappen sind mit normalen flachetappen nicht zu vergleichen (alleine was bora regelmäßig veranstaltet hat zieht den Schnitt hoch) etc... das ist einfach nicht vergleichbar

Die Streckenlängen sind seit 1985 unverändert auf identischem Niveau ± 100 Kilometer. Windkante wurde schon immer gefahren und hat mit der gestiegenen Durchschnittsgeschwindigkeit nichts zu tun, eher im Gegenteil: Derart windige Etappen machen langsam. Aerorahmen und -trikots bringen nicht mehrere km/h auf einer Flachetappe.

Matthias75 01.10.2020 12:01

Zitat:

Zitat von Estebban (Beitrag 1555609)
Ich bin bestimmt niemand der sagen will „die sind alle sauber“.
Aber Durchschnitt über die gesamte Tour finde ich doch einen schwachen Indikator. Wenn man sich Räder von vor 20 Jahren anschaut im Vergleich zu heute wird allein die aerodynamik bei gleicher wattzahl für ein paar km/h auf flachetappen sorgen. Etappen waren früher tendenziell länger. windkantenetappen sind mit normalen flachetappen nicht zu vergleichen (alleine was bora regelmäßig veranstaltet hat zieht den Schnitt hoch) etc... das ist einfach nicht vergleichbar

Nur mal als Vergleich:

1997: 21 Etappen - 1 Ruhetag - 3942,3km - (auf die schnelle keine HM gefunden)
2020: 21 Etappen - 2 Ruhetage - 3484,2km - 57.838 HM

Hoffe, ich habe die HM der Einzeletappen für 2020 richtig in den Taschenrechner eingetippt. Kommt mir extrem viel vor.

Für die älteren Rennen finde ich auf die schnelle keine genauen HM-Angaben. Lediglich einen Artikel der BILD, in dem erwähnt wird, dass in 2018 44.400 HM auf dem Programm standen und der Rekord der letzten 20 Jahre (also 1998-2018) 52.500 HM gewesen wären.

M.

Nachtrag: es gab aber auch in den 90er-Jahren einzelne Jahre mit +-3500km (tw. auf 20 Tage verteilt) oder 2 Ruhetagen.

Klugschnacker 01.10.2020 12:02

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1555616)
Die Aerodynamik der (Fahr-)Räder allein wird nicht ein paar km/h machen. Aber es ist ja mehr passiert: Die Sitzpositionen sind aerodynamischer geworden (am Auffälligsten bei Abfahrten auf dem tiefer als früher liegenden Oberrohr, aber auch die normale Position), die Kleidung ist wesentlich aerodynamischer, die Reifen haben weniger Rollwiderstand und (vermutlich) mehr Haftung in schnellen Kurven, man hat ein breiteres Übersetzungsspektrum etc.

All das relativiert historische Vergleiche.

Die Fahrer hatten stets die Übersetzung dabei, die sie brauchen. Ein Klassementfahrer fährt nicht auf einem 30er Ritzel die Berge hoch. In den Abfahrten fährt man Unterlenker, daran hat sich nichts geändert. Es bleiben also die Reifen und die aerodynamischeren Trikots. Dafür sind die Mannschaften heute kleiner.

Die Entwicklung der ø-Geschwindigkeiten bei der Tour über die Jahre hinweg sieht fast genau so aus wie die Entwicklung bei vielen anderen Ausdauer-Sportarten:

Ein steiler Anstieg des Niveaus von 1989 bis 2000 (Epo), dann kurze Stagnation (Epo-Test), dann ein erneuter Anstieg bis zum Ende der Nullerjahre (Blutdoping), dann Stagnation auf diesem Niveau (Blutpass und Mikrodosierungen). Ihr macht Euch etwas vor, wenn Ihr glaubt, das läge am Equipment wie engere Trikots.

Estebban 01.10.2020 12:04

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555618)
Die Streckenlängen sind seit 1985 unverändert auf identischem Niveau ± 100 Kilometer. Windkante wurde schon immer gefahren und hat mit der gestiegenen Durchschnittsgeschwindigkeit nichts zu tun, eher im Gegenteil: Derart windige Etappen machen langsam. Aerorahmen und -trikots bringen nicht mehrere km/h auf einer Flachetappe.

Einfache Rechnung: dieses Jahr waren 3485km zu fahren, davon 35km ITT.
1997 waren es 3950, davon ca 120km auf 3 Zeitfahretappen.

Heißt 2020 auf 20 strassenetappen 3450/20= 172,5 pro Etappe
1997 auf 18 strassenetappen 3830/18= 212km Pro Etappe

Und windkantenetappen sind gänzlich anders gefahren - da wird nicht eine 3 köpfige Spitzengruppe bei km 8 vorm Ziel eingesammelt und dann ein Sprint gefahren.
Da wird dann 50-60 km vor dem Ziel voll Stoff draufgehalten.

Die windkantenetappe von 2019 nach Albi hatte bspw am Ende einen soliden Schnitt von 45, die klassische Sprinter Etappe 4 (gewonnen von Viviani) hatte einen Schnitt von 41.

Das alles sagt nichts über Doping oder nicht Doping aus - aber eben darüber, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit rein gar nichts über irgendwas aussagt. :Huhu:

Klugschnacker 01.10.2020 12:06

Hier die Streckenlängen vieler Austragungen der Tour die France. Sie ist seit Jahrzehnten praktisch unverändert.

Hafu 01.10.2020 12:11

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555569)
...
2015: 83. Platz
2016: 21. Platz
2017: 15. Platz
2018: --
2019: 4. Platz, 1:56 min hinter Egan Bernal von INEOS
2020: 38. Platz

Ist das jetzt eine nachvollziehbare Leistungsentwicklung, oder haut das Jahr 2019 etwas oben raus? Meiner Meinung nach lässt sich das kaum beantworten. Es kommt stark darauf an, ob man seine Gegner für gedopt oder sauber hält.
:Blumen:

Wenn du auf Emu Buchmann ansprichst, dann würde ich gerade bei ihm zu 99% meine Hand dafür ins Feuer legen, dass er sauber ist, gerade weil ich dessen Umfeld kenne, weiß wie er tickt, was er trainiert.

Der 4. Platz 2019 war bekantermaßen etwas mehr als damals eigentlich zu erwarten, weil es 2019 einige Ausfälle stärker eingeschätzter Athleten gab (Sturz von Froome direkt vor der Tour, Verletzung von Pinot in der letzten Woche, Formschwäche von Bardet (und einigen anderen) 2019, sturzbedingtes Aus von van Aert im Zeitfahren der Tour usw.). Umgekehrt spiegelt der 38. Platz 2020 natürlich erst recht nicht das Leistungsvermögen von Buchmann wider, der bekanntlich zwei Wochen vor Beginn der Tour nach schwerem Sturz bei der Dauphiné mitten in der unmittelbaren Tourvorbereitung mehrere Tage im Rollstuhl verbringen musste und in der letzten Woche der Tour, als das ausgegebene Ziel Top5 nach zwei schlechten Etappen in den Alpen nicht mehr realisierbar war nur noch locker mitrollte und jegliche GC-Ambitionen zurückstellte.

Unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten kann ich mir keine glaubwürdigere Leistungsentwicklung vorstellen als man sie bei Buchmann nachlesen kann.

Matthias75 01.10.2020 12:22

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555624)
Hier die Streckenlängen vieler Austragungen der Tour die France. Sie ist seit Jahrzehnten praktisch unverändert.

Die Statistik enthält im Zeitraum vor 2000 nur die Rennen der 5er- und 0er-Jahre. Wen man sich die Datenquelle anschaut, sieht man dass genau diese Jahre (1990 und 1995) Jahren it relativ geringen Kilometerumfängen waren.

Zum Vergleich:
1990 - 3504 km
1991 - 3914 km
1992 - 3983 km
1993 - 3714 km
1994 - 3978 km
1995 - 3635 km
1996 - 3765 km
1997 - 3950 km
1998 - 3875 km
1999 - 3870 km
2000 - 3662 km

Wenn ich mich richtig erinnere, setzte dann nach den Dopingskandalen so ab 1998/1999 die Diskussion um die Verkürzung der Streckenlängen ein.

Wie gesagt, nur Streckenlänge. Höhenmeter finde ich keine Angabe. Insofern ist ein Vergleich der Schwierigkeit nicht so einfach. Allerdings wird z.B. 1999 offiziell auch schon mit einem Schnitt von 40,276 km/h angegeben. Wikipedia gibt sogar über 42km/h für dieses Jahr an.

M.

Hafu 01.10.2020 12:28

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555603)
Dieses Jahr hatten wir eine auf Kletterer zugeschnittene Tour. Die Durchschnittsgeschwindigkeit war so hoch wie zu den Epo- und Blutdopingzeiten von Riis und Armstrong.

Der Vergleich der Geschwindigkeiten von vor 20 Jahren mit denen im Jahr 2019 oder 2020 ist langsam abgestanden. Du weißt doch selbst von deinen exzellenten Materialsendungen, was sich gerade im Bereich der Reifen und Laufräder an Rollwiderstandsverbesserungen getan hat. Rijs und Armstrong sind die Berge noch auf 20mm breiten Alufelgen mit Vittoria-Schlauchreifen hochgeklettert ('bzw. gelegentlich auch auf genauso schmalen Obermeier-Carbonlaufrädern).

Kein Radprofi strägt heutzutage noch Trikot und BIB-Short im Rennen wie vor 20 Jahren, sondern absoluter Standard sind Zeitfahranzüge in jedem normalen Rennen, Aero-Rennradhelme und noch etliche andere messbare Verbesserungen an den Fahrrädern selbst, an der genutzten Bremstechnik usw.

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555603)
Wie will ein Wasserträger von Jumbo Visma, der jeden Tag vorne im Wind fährt, das sauber schaffen? Eigentlich sollte man doch erwarten, dass das geläuterte und saubere Feld etwas langsamer fährt als früher. Das ist aber nicht der Fall.

Welchen Namen hast du denn bei den "Wasserträgern" von Jumbo Visma im Hinterkopf?
Ex-Weltmeister Dumoulin, den dreifachen Cross-Weltmeister van Aert, Sepp Kuss?

Jeder von diesen Roglic-Helfern wäre in fast jedem anderen World-Tour-Team (absgesehen von Ineos und UAE) selbstverständlich Kapitän und verdient bei Jumbo Visma auch so viel, wie wenn er eine Kapitänsrolle in einem etwas schwächeren Team inne hätte. Wenn Jumbo Visma dieses Geld nicht zahlen würde, dann könnten sie solche Fahrer auch nicht im Team halten.

captain hook 01.10.2020 12:37

Festhalten können wir in jedem Fall, dass niemand was weiß und alle spekulieren.

LidlRacer 01.10.2020 12:39

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555622)
Die Fahrer hatten stets die Übersetzung dabei, die sie brauchen. Ein Klassementfahrer fährt nicht auf einem 30er Ritzel die Berge hoch.

Vor 20 Jahren oder so hatte m.E. (fast) niemand passende Übersetzungen für richtig steile Passagen. Da quälte man sich irgendwie mit Gewalt aber nicht mit vernünftiger Trittfrequenz hoch.

10er Ritzel gibt es jetzt auch erst in allerletzter Zeit - die haben aber sicherlich gerigen Anteil an Durchschittsgeschwindigkeiten.

Hafu 01.10.2020 13:04

Zitat:

Zitat von captain hook (Beitrag 1555631)
Festhalten können wir in jedem Fall, dass niemand was weiß und alle spekulieren.

:Blumen:

Das ist sicherlich richtig, aber die Verbesserungen beim Material (Rollwiderstand, Zeitfahranzüge, Helme) sind messbar, weil das alte Material ja nach wie vor existiert und für Vergleiche zur Verfügung steht.

Ich fahre im Training z.B. immer noch mein Zeitfahrrad von Lanzarote, Zürich und Kona 1996. Und zwar in genau der Konfiguration (8-fach Gripshift, Conti GrandPrix, Shamal-Vorderrad, Ultegra-Kurbel, Syntace-Lenker) in der ich vor 25 Jahren noch fast allen anderen Profis materiell und von der Position her deutlich überlegen war.

Heute ist dieses Rad immer noch genauso schnell wie damals aber eben trotzdem 1 bis 1,5 km/h messbar langsamer als meine beiden neuesten Zeitfahrräder inklusive besserer Reifen und besserer Laufräder.

Auch die Art und Weise wie heutzutage Tour-Etappen gefahren wurden, sind ganz andere als vor 20 Jahren und auch das kann jeder, der Interesse hat, am Bildschirm verfolgen und mit Zuständen vor 20 Jahren vergleichen.

Früher wurde üblicherweise in den ersten Stunden einer Etappe locker eingerollt (das Fernsehen war dann eh noch nicht auf Sendung), bis es dann erste Ausreißergruppen gab, was sich natürlich massiv auf die Durchschnittsgeschwindigkeit gemessen über die ganze Tour auswirkt. Und wenn US Postal nach einer schweren Alpenetappe "wünschte", dass moderat gefahren werden sollte, dann hielt sich das ganze Peloton ängstlich daran und keiner griff den "Patron" an

Sowas gibt es heute nicht mehr. Selbst vor Flachetappen fahren sich die Teams mittlerweile selbst vor Flachetappen auf der Rolle warm, wie vor Zeitfahren, weil in der Regel ab dem Startschuss gleich mal eine Stunde lang Vollgas gefahren wird, bis sich evt. eine Ausreißergruppe gefunden hat, die für das GC ungefährlich ist und die dann aber nur genau so weit weg gelassen wird, dass die Sprinterteams noch Chancen auf einen Massensprint und damit einen Etappensieg haben.

Hafu 01.10.2020 13:14

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555622)
...In den Abfahrten fährt man Unterlenker, daran hat sich nichts geändert...

Das stimmt nicht. Kein Rennfahrer fährt heute bergab nur Unterlenker:

Seit drei bis vier Jahren gibt es für schnelle Abfahrten die Supertuck-Position, die man vor 20 Jahren einfach noch nicht kannte. Die bringt alleine rund 10 km/h Extra-Geschwindigkeit bei Tempopassagen jenseits von 60 bis 70 km/h.

Früher hat man einfach nur versucht, den Kopf runter auf den Lenker zu bringen, was nachweislich bei weitem nicht so aerodynamisch ist, wie die Supertuck-Position.

Adept 01.10.2020 13:25

Zitat:

Zitat von captain hook (Beitrag 1555631)
Festhalten können wir in jedem Fall, dass niemand was weiß und alle spekulieren.

Genauso ist es. Und jedes Jahr das gleiche!

Ich bin selbst eingefleischter Theoretiker und Zahlen-Freak, aber in der Realität sieht es viel komplexer aus, als alles aus Zahlen errechnen und erschliessen zu können. In der Realität gibt es viel zu viele Stellgrössen, die in so Berechnungen nicht einfliessen können.

Was ist eigentlich aus dem Skandal um Arkea (Quintana) geworden? Ist ein bisschen still um die Sache geworden. Vielleicht war das doch nix???

captain hook 01.10.2020 13:27

Das alles sagt Dir zum Thema Zusammenhänge Geschwindigkeit und Doping gar nix.

Ich erinnere an das epische Duell Contador vs the chicken

Wechselsprints über km bergauf in einem Etappenrennen.

Im Vergleich dazu lässt Du Pantini gleichmäßig den Berg hochfahren. Pantani ist schneller. Was sagt Dir das über Contador und Rasmussen?

Gar nix wie uns die Geschichte verrät.

Es gab schon GC Sieger, die sind an jedem Anstieg oben raus die letzten 2 bis 3km aufs Gas gegangen. Hatten immer "langsame" Aufstiege über die Gesamtstrecke.

Radrennen sind sehr taktisch geprägt und von sehr unterschiedlichen Philosophien. Da werden auch mal Stunden im GC abgeschenkt, damit man bei einer Jagt nach einer Etappe nicht verfolgt wird, weil man ja keine Gefahr für die großen Mannschaften darstellt. Ein anderes Mal steckt ein GC Kandidat auf der Windkante in einer hinteren Gruppe und vorne wird plötzlich über 100km Tempo gebolzt wie verrückt.

Ich glaube mich übrigens bei der Aussage von Schmidt an damals zu erinnern. Sagten da nicht auch Ärzte, dass es eh jemand gemacht hätte, sie hätten es aber schlau gemacht und mit dem geringst möglichen Schaden für den Athleten? Und gab es nicht auch im Bericht über Doping in der BDR Stimmen die forderten bestimmte Dopingmittel freizugeben (in der BDR wohlgemerkt) um dem Sportler zu helfen die enormen Belastungen besser überstehen zu können?

Was sagt denn zB Spechter über Schmidt? Die sollten sich ja kennen?! Ich kann mich glaube ich erinnern, dass der damals bei Gerolsteiner auch nichts mitbekommen hat?! War das so? Ich bin unsicher.

Körbel 01.10.2020 14:03

Zitat:

Zitat von Matthias75 (Beitrag 1555573)
.....Woher weiß er oder wissen andere Sportler, dass flächendeckend gedopt wird? Gibt es da einen regen Austausch unter Sportlern.......

Dazu kann ich folgende Story beitragen.
Ein Freund von mir hier in Spanien war 2001-2003 Profi bei Kelme-Costa Blanca.
Das war auch zu der Zeit als ein gewisser Jesus Manzano genau bei diesem Team unter Vertrag war. Der hat ja viele Machenschaften veröffentlicht.

Nach langem bohren und fragen erzählte mein Freund einiges aus seinen Profitagen.

Klar jeder wusste das der andere was nimmt und was macht, aber keiner sagte etwas bzw keiner sagte was er genau nimmt.
Es wurde im Grunde Stillschweigen gewahrt. Selbst bei gemeinsamen Trainingsfahrten, auch wenn nur 2 Pros unterwegs waren, wurde nichts erzählt.
Es galt das Motto: "Klappe halten"!

Hast du keine Mitwisser wird es schwer, dir was nachzuweisen, wenn man vorichtig genug agierte.
Mein Freund musste gesundheitsbedingt (Rückenprobleme) mit dem Profisport aufhören.

Kam aber nie ganz vom Ausdauersport los und als Duathlet hat er noch einige gute Ergebnisse in seiner Laufbahn erreicht.
War auch mal bei einem Powerman auf dem Treppchen.

Müsste aber erst nachschauen bei welchen WK.

Klugschnacker 01.10.2020 14:30

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1555642)
Das stimmt nicht. Kein Rennfahrer fährt heute bergab nur Unterlenker:

Seit drei bis vier Jahren gibt es für schnelle Abfahrten die Supertuck-Position, die man vor 20 Jahren einfach noch nicht kannte. Die bringt alleine rund 10 km/h Extra-Geschwindigkeit bei Tempopassagen jenseits von 60 bis 70 km/h.

Früher hat man einfach nur versucht, den Kopf runter auf den Lenker zu bringen, was nachweislich bei weitem nicht so aerodynamisch ist, wie die Supertuck-Position.

Die Abfahrten haben doch mit der Durchschnittsgeschwindigkeit, die jeweils für den Tour Sieger gilt, überhaupt nichts zu tun. Die Durchschnittsgeschwindigkeiten über die gesamte Tour sind doch nicht deshalb höher, weil sich die Fahrer in der Abfahrt mal für ein paar Sekunden aus Oberrohr setzen.

Estebban 01.10.2020 14:36

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555663)
Die Abfahrten haben doch mit der Durchschnittsgeschwindigkeit, die jeweils für den Tour Sieger gilt, überhaupt nichts zu tun.

Zählt bergabfahren nicht zur Gesamtzeit dazu?
Was ist nun mit den tendenziell kürzeren Etappen (selbst bei gleichbleibenden km, welche ja nicht gleichbleibend sind würden die km auf mehr Etappen verteilt, da ja zwei TTs weggefallen sind)?
Waren 20 Jahre Materialentwicklung völlig fürn Eimer?

Es ist nichts schlimmes sich einzugestehen, dass die Zahl die man für seine Argumentation (es gibt systematisches Doping) herangezogen hat absolut nicht aussagekräftig ist. Das Fazit kann ja korrekt sein, der Weg ist aber effektiv falsch (gibt in Mathe auch keine volle Punktzahl, hab’s oft genug durch Abschreiben des Ergebnisses versucht)

Hafu 01.10.2020 15:00

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1555663)
Die Abfahrten haben doch mit der Durchschnittsgeschwindigkeit, die jeweils für den Tour Sieger gilt, überhaupt nichts zu tun. Die Durchschnittsgeschwindigkeiten über die gesamte Tour sind doch nicht deshalb höher, weil sich die Fahrer in der Abfahrt mal für ein paar Sekunden aus Oberrohr setzen.

Der Grund für die vielen Everesting-Rekorde in diesem Jahr ( Verbesserung der Weltbestzeit von knapp über 8 auf mittlerweile knapp über 7 Stunden) ist (abgesehen von Corona) v.a. die Tendenz, für Everesting-Versuche immer steilere Anstiege zu wählen, die man zwar mit denselben Watt (meist bei allen guten Fahrern so um die 300W) hochklettert wie sonst auch, aber die man dann eben mit 90-100km/h bergab runterfahren kann.
(Aber O.K. everesting hat jetzt mit Doping und der Tour nur begrenzt zu tun und ist zugegeben OT) :Blumen:

Mit schnellererm Bergab-Fahren kann man aber (das wollte ich damit ausdrücken) sehr wohl viele Minuten und nicht nur Sekunden herausholen.

Bei 55 000 hm in diesem Jahr sind da schon sehr viele schnelle Abfahrtskilometer dabei, in denen viel tempoagressiver agiert wird, weil gerade die guten Abfahrer da stets versuchen Zeit rauszuholen und gerade wenn die Durchschnittsgeschwindigkeit nur statistisch um ein paar Zehntel angestiegen ist, wirken sich solche Faktoren genauso aus wie die selten gewordenen Bummeletappen vor Zeitfahren oder nach Gebirgsetappen.

Ich habe dieses Jahr niemand gesehen, der an Passhöhen Zeit gehabt hat, sich für die Abfahrt Zeitung unters Trikot zu stopfen, wie es vor 20 Jahren noch üblich war.

Hafu 01.10.2020 15:11

Zitat:

Zitat von Körbel (Beitrag 1555653)
Dazu kann ich folgende Story beitragen.
Ein Freund von mir hier in Spanien war 2001-2003 Profi bei Kelme-Costa Blanca.
Das war auch zu der Zeit als ein gewisser Jesus Manzano genau bei diesem Team unter Vertrag war. Der hat ja viele Machenschaften veröffentlicht.

Nach langem bohren und fragen erzählte mein Freund einiges aus seinen Profitagen.

...

Wie es damals im Profiradsport zugegangen ist, darüber gibt es hier im Thread keine zwei Meinungen.

Damals waren saubere Sportler in diesem Sportsegment die Ausnahme, Doper die Regel. Das ist hinreichend aufgearbeitet durch zahlreiche Skandal und Lebensbeichten.

Und selbstverständlich ist es auch ein Problem für den modernen Radsport, dass manche der damaligen Aktiven und sportlichen Leiter auch heute noch in diversen Teams aktiv sind. Trotzdem macht man es sich zu einfach, wenn man Vorurteile die in der Vergangenheit berechtigt waren, 1:1 auf die heutige Situation überträgt.

Die Welt hat sich weitergedreht und ist nicht mehr dieselbe wie vor 20 Jahren.


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