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Jörn 06.05.2018 08:00

Zitat:

Zitat von FlyLive (Beitrag 1377006)
In Glaubensfragen geht es in meinem Verständnis um die individuelle Auffassung und Auslegung. Es geht nicht darum, den Wahrheitsgehalt zu ermitteln.

Hallo FlyLive, Du schreibst, es ginge bei Glaubensfragen nicht um Wahrheit. Meine Kritik gilt jenen Institutionen, die den Glauben durchaus als wahr ausrufen. Die Frage, ob das Jesusgrab voll oder leer war, ist nicht nur eine "Idee", sondern eine Tatsachenbehauptung, von der viel abhängt. Das sah bereits Paulus so, von dem der weitaus größte Teil des Neuen Testaments stammt. Er sagte, wenn bestimmte Dinge empirisch nicht stattfanden, ist der ganze christliche Glaube Null und Nichtig. Es ist also eine wichtige Frage.
"Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich."

Paulus, 1. Korintherbrief, 14-15
Es gibt zwei Institutionen, die Dir widersprechen. Zum einen die kath. Kirche, die nämlich mit "allerhöchster Gewissheit" verkündet, dass sich die zentralen Geschehnisse aus der Bibel wirklich so zugetragen haben. (Die Stellen aus dem kath. Katechismus habe ich mehrfach zitiert.)

Zum anderen Wikipedia, wo Du nachlesen kannst, dass Glaube bedeutet, etwas "für wahr zu halten"; im Falle des religiösen Glaubens sogar für "absolut wahr". Das Wort "absolut" schließt eine Relativierung aus, d.h. es schließt ein Szenario aus, bei dem man sagen würde: "Spirituell ist es wahr, faktisch jedoch nicht". Sondern "absolut" bedeutet, dass es in jeder möglichen Hinsicht wahr ist.
Kath. Katechismus:

18. Warum lehrt die Heilige Schrift die Wahrheit? Weil Gott selbst ihr Urheber ist: Die Heilige Schrift (...) lehrt ohne Irrtum jene Wahrheiten, die zu unserem Heil notwendig sind. (Quelle)
Deine Darstellung, es ginge beim Glauben nicht um Wahrheit, ist nachprüfbar falsch.

Du irrst vermutlich auch darin, es handele sich beim katholischen Glauben um (Zitat von Dir) "die individuelle Auffassung und Auslegung". Dies ist dem einzelnen Gläubigen untersagt. Der kath. Katechismus sagt:
16. Wem steht es zu, das Glaubensgut verbindlich auszulegen?

85-90 Die verbindliche Auslegung des Glaubensgutes obliegt allein dem lebendigen Lehramt der Kirche, das heißt dem Nachfolger Petri, dem Bischof von Rom, und den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm. (Quelle)
Zudem steht der fromme Aberglaube von Oma Schmittchen gar nicht im Fokus meiner Kritik. Ich habe sicherlich schon über 50 Mal geschrieben, dass meine Kritik den offiziellen Institutionen und ihren Vertretern gilt.


Zitat:

Zitat von FlyLive (Beitrag 1377006)
Folgt der weiterhin hetzende Jörn ;) dem gläubigen Menschen, dreht der sich irgendwann um und klatscht dem Jörn eine.

Das ist leider unter meinem Niveau.

Du wolltest noch ein Beispiel für einen Religionskrieg bringen, den die Atheisten angezettelt hätten. Kommt das noch?

FlyLive 06.05.2018 08:19

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1377010)




Das ist leider unter meinem Niveau.

Unter meinem auch. Es diente lediglich als Beispiel für entstehende Konflikte.

Danke für deine Mühen und Ausführungen. Mag sein, das die Kirche ihre Geschichte als wahr verkauft. Der Gläubige ist im Verständnis aber weiterhin variabel.

FlyLive 06.05.2018 08:42

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1377010)

Du wolltest noch ein Beispiel für einen Religionskrieg bringen, den die Atheisten angezettelt hätten. Kommt das noch?

Du bist doch das Beispiel für einen Atheisten der imstande ist, Konflikte zu schüren !
In einer anderen Zeit ( ohne Internet, Telefon) würdest Du auf einem Marktplatz debattieren oder im Wirtshaus. Du wärst schnell jemand, der die hergestellte Ordnung gefährden könnte. Du hättest aber auch Potenzial, einige Menschen hinter Dir zu versammeln und spätestens dann, gäbe es zwei Gruppen die nicht mehr mkiteinander können. Obwohl es am besten wäre, wenn mehr Toleranz unter den Menschen herrschen würde.
Wenn die Kirche eine Wahrheit verkauft, mit der Millionen Menschen gut leben können, ist das doch eine gute Sache. Der Mensch hat es immerhin geschafft, mit der groben Einigung auf zwei, drei, vier religiösen Geschichten, sich auf 7 Mrd. Menschen zu vermehren.
Das liegt auch an der Toleranz und das man sich inzwischen nicht mehr ständig vernichtet. Sich einfügt in eine Gesellschaft in die man geboren wird.
Es ist also nicht unbedingt notwendig gegen eine Unwahrheit zu kämpfen, wenn viele daraus Kraft, Hoffnung, Mut und sonstwas schöpfen können. Du wirst Dich nicht anstelle der Kirchen opfern, und trösten.

Mirko 06.05.2018 08:45

Zitat:

Zitat von FlyLive (Beitrag 1377014)
Du bist doch das Beispiel für einen Atheisten der imstande ist, Konflikte zu schüren !
In einer anderen Zeit ( ohne Internet, Telefon) würdest Du auf einem Marktplatz debattieren oder im Wirtshaus. Du wärst schnell jemand, der die hergestellte Ordnung gefährden könnte.

Es wundert mich, dass gerade du das als negativ empfindest! Beim Thema "Tiere essen" hast du doch auch deutliche Meinungen und hälst den Massentierhaltungs-Essern den Spiegel vor.

Warum sollte man das bei Religion anders handhaben? Klar tun heutige Christen keinem mehr weh, aber hätte es Leute wie Jörn in der Vergangenheit nicht gegeben würden wir immer noch Ablassbriefe kaufen und Hexen verbrennen.

Jörn 06.05.2018 08:56

Zitat:

Zitat von FlyLive (Beitrag 1377014)
Du bist doch das Beispiel für einen Atheisten der imstande ist, Konflikte zu schüren !
In einer anderen Zeit ( ohne Internet, Telefon) würdest Du auf einem Marktplatz debattieren oder im Wirtshaus. Du wärst schnell jemand, der die hergestellte Ordnung gefährden könnte. Du hättest aber auch Potenzial, einige Menschen hinter Dir zu versammeln und spätestens dann, gäbe es zwei Gruppen die nicht mehr mkiteinander können.

Ja, dann gäbe es zwei Gruppen. Das wäre ja schrecklich! Was würde der arme Herr König da machen? Womöglich müsste man die Demokratie einführen, damit man sich einigt? Vielleicht müsste man Argumente austauschen?


Zitat:

Zitat von FlyLive (Beitrag 1377014)
Obwohl es am besten wäre, wenn mehr Toleranz unter den Menschen herrschen würde.

Hier stimme ich Dir gerne zu. Wenn man mehr Toleranz möchte, kommt man manchmal nicht umhin, jene zu kritisieren, die gegen Toleranz sind. Die katholische Kirchen ist gegen Toleranz. Wenn ein Kegelclub eine Vereinssatzung hätte wie die kath. Kirche, säßen Vorstand und Mitglieder im Knast, und das kannst Du überprüfen. Ich meine es wörtlich.


Zitat:

Zitat von FlyLive (Beitrag 1377014)
Wenn die Kirche eine Wahrheit verkauft, mit der Millionen Menschen gut leben können, ist das doch eine gute Sache.

Ja, das ist eine gute Sache. Aber dürfen sich jene beschweren, die nicht "gut damit leben können"? Oder ist es denen dann jede Kritik untersagt? Erstens kann ich nicht gut damit leben, zweitens ist es keine Wahrheit. Ich habe jedes Recht der Welt, mich zu Wort zu melden.


Zitat:

Zitat von FlyLive (Beitrag 1377014)
Der Mensch hat es immerhin geschafft, mit der groben Einigung auf zwei, drei, vier religiösen Geschichten, sich auf 7 Mrd. Menschen zu vermehren.
Das liegt auch an der Toleranz und das man sich inzwischen nicht mehr ständig vernichtet.

Sorry, das scheint mir wirklich blühender Unsinn zu sein. Du solltest Dich etwas mit Geschichte befassen.

FlyLive 06.05.2018 10:56

Zitat:

Zitat von Mirko (Beitrag 1377015)
Es wundert mich, dass gerade du das als negativ empfindest! Beim Thema "Tiere essen" hast du doch auch deutliche Meinungen und hälst den Massentierhaltungs-Essern den Spiegel vor.

Warum sollte man das bei Religion anders handhaben? Klar tun heutige Christen keinem mehr weh, aber hätte es Leute wie Jörn in der Vergangenheit nicht gegeben würden wir immer noch Ablassbriefe kaufen und Hexen verbrennen.

Tiere sehe ich dem Menschen heutzutage unterlegen. Solange kein lebendes Huhn dem Hühnerfred auf den Spieß klettert um gebraten zu werden, solange sollte man den Lebewesen m. E. helfend zur Seite stehen.
Tierische Fluchtinstinkte kann man durchaus als lebensrettende Maßnahmen sehen.

Menschen ohne Behinderung begegnen sich nahezu auf Augenhöhe. Daher kann man einem Menschen einfach auch seinen Glauben lassen, sofern er damit Dtitte nicht schädigt.
Denn !
Es geht ja um kekos Aussage das glaube für ihn eine übermenschliche Ordnung abseits vom menschengemachten ist. Das ist seine Ansicht, die Dritte nicht stören sollte und ihm freilich zusteht.
Ich kann mit seiner Aussage sogar als ungläubiger Mensch, etwas anfangen.

keko# 06.05.2018 13:10

Zitat:

Zitat von FlyLive (Beitrag 1377022)
Es geht ja um kekos Aussage das glaube für ihn eine übermenschliche Ordnung abseits vom menschengemachten ist. Das ist seine Ansicht, die Dritte nicht stören sollte und ihm freilich zusteht.
Ich kann mit seiner Aussage sogar als ungläubiger Mensch, etwas anfangen.

Das ist auch ein ziemlich allgeimeine Definition von Religion. Beachten sollte man den Unterschied zwischen "übermenschlich" und "übernatürlich". Das Naturgesetz der Buddhisten (Siddhartha Gautama) und die historischen Gesetze der Marxisten sind zwar übermenschlich, da sie nicht vom Menschen gemacht wurden, doch sie sind nicht übernatürlich.

Den Nationalsozilismus kann man auch als Naturgesetz-Religion ansehen. Nach dem wissenschaftlichen Stand des Jahres 1933 waren die Vorstellungen der Nationalsozialisten keineswegs völlig absurd. Viele Angehörige der westlichen Elite glaubten an die Existenz verschiedener Rassen, die Überlegenheit der weißen Rasse und die Notwendigkeit, diese überlegene Rasse zu schützen und zu züchten (auch heute ist das noch sehr weit verbreitet).

Der Kommunismus hat prophetische Schriften, allen voran "Das Kapital", eigene Fest- und Feiertage, seine "Priester" (Parteiführer). Auch die vor Monaten angebrachte Idee, kirchliche Feiertage in wissenschaftliche umzutaufen und Newton zu "huldigen", sind klare Zeichen einer Religion.

Dass ich Katholik bin, ist Zufall. Interessant finde ich die Suche nach Gemeinsamkeiten der Religionen. Ob es sie gibt und wenn ja, welche es sind. Und falls es sie gibt, ob sie uns weiterbringen.
Eine Zentrale davon ist für mich der Glaube an eine übermenschliche Ordnung, die nicht auf menschliche Vereinbarungen zurückgeht. Das schließt ein alte Naturgesetz-Relgionen, wie bei den Buddhisten, aber auch das Christentum und den Islam.

Religionen ändern sich, sind ständig im Fluß, wie alles Zeitliche einer Veränderung unterliegt. Aber sie waren immer Teil des Menschheitsgeschichte (höchstwahrscheinlich wird auch unsere Zeit rückblickend nicht als religionsfrei [Religion im tradionellen Sinne] betrachtet werden können, wenn radikale Islamisten mitten in unseren Städten LKWs auf Menschen steuern). Das erkennt man heute noch, wenn man es schafft, nicht nur an die traditionellen Religionen, wie das Christentum, zu denken. Ich bin überzeugt, dass es eine übermenschliche Ordnung gibt. Die verschiedensten Religionen sind aus meiner Sicht nur verschiedene Versuche, ihr näher zu kommen. Letztendlich macht der Wissenschaftler das gleiche: Wir sind alle davon getrieben, das letztendlich ein Irgendwas innewohnt. Der Humanist, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt, ebenso.

keko# 06.05.2018 13:18

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1376998)
Religionen wird man zwar kaum verbieten können, aber ihr Einfluss sollte zurückgedrängt werden, und es kann nicht schaden, die Menschen über die haarsträubenden Unplausibilitäten der Religionen aufzuklären.

Das ist längst Mainstream in DE. Ich war gestern in Stuttgart in einer großen Bücherei, um mir ein Buch über Karl Marx zu kaufen. Nebenan war die Abteilung Religion, die zur Hälfte mit Skandalbüchern gefüllt war: Der schwule Ex-Priester schreibt zur Homosexualität, ebenso wie ein Finanzmann über die falschen Machenschaften und irgendein anderer über die generelle Verlogenheit der Kirche. Auch über den Islam gab es ähnliche Titel. Der Karl-Marx-Stand war übrigens deutlich belebter.

Klugschnacker 06.05.2018 13:45

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1377030)
Das ist auch ein ziemlich allgeimeine Definition von Religion. Beachten sollte man den Unterschied zwischen "übermenschlich" und "übernatürlich". Das Naturgesetz der Buddhisten (Siddhartha Gautama) und die historischen Gesetze der Marxisten sind zwar übermenschlich, da sie nicht vom Menschen gemacht wurden, doch sie sind nicht übernatürlich.

Den Nationalsozilismus kann man auch als Naturgesetz-Religion ansehen. Nach dem wissenschaftlichen Stand des Jahres 1933 waren die Vorstellungen der Nationalsozialisten keineswegs völlig absurd. Viele Angehörige der westlichen Elite glaubten an die Existenz verschiedener Rassen, die Überlegenheit der weißen Rasse und die Notwendigkeit, diese überlegene Rasse zu schützen und zu züchten (auch heute ist das noch sehr weit verbreitet).

Der Kommunismus hat prophetische Schriften, allen voran "Das Kapital", eigene Fest- und Feiertage, seine "Priester" (Parteiführer). Auch die vor Monaten angebrachte Idee, kirchliche Feiertage in wissenschaftliche umzutaufen und Newton zu "huldigen", sind klare Zeichen einer Religion.

Quellenangabe: Es handelt sich um weitgehend wortgenaue Zitate aus dem Buch "Eine kurze Geschichte der Menschheit" von Yuval Noah Harari. Auch die hier bereits geposteten Analogien zum Fußball und der Relativitätstheorie stammen aus diesem Buch.

Falls jemandem dieser Satz bekannt vorkommt: "Unser Verhalten wird nicht vom freien Willen gesteuert, sondern von Hormonen, Genen und Synapsen...", er ist ebenfalls ein Zitat aus obigem Buch.

Klugschnacker 06.05.2018 14:19

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1377030)
Die verschiedensten Religionen sind aus meiner Sicht nur verschiedene Versuche, ihr näher zu kommen. Letztendlich macht der Wissenschaftler das gleiche: Wir sind alle davon getrieben, das letztendlich ein Irgendwas innewohnt. Der Humanist, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt, ebenso.

Das verstehe ich nicht. Könntest Du bitte erklären, auf welche Weise der Humanist

a) den Menschen in den Mittelpunkt stellt
b) davon ausgeht, dass den Dingen ein übermenschliches Irgendwas innewohnt.

Danke vorab für die Mühe! :Blumen:

keko# 06.05.2018 15:25

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1377039)
Das verstehe ich nicht. Könntest Du bitte erklären, auf welche Weise der Humanist

a) den Menschen in den Mittelpunkt stellt
b) davon ausgeht, dass den Dingen ein übermenschliches Irgendwas innewohnt.

Danke vorab für die Mühe! :Blumen:

Lies einfach das Buch. Ich nehme an, du hast es. Hier hatte ich es letzten Monat bereits erwähnt:
http://www.x-athlon.de/forum/showpos...ostcount=11472
Auf Seite 280ff geht er auf den Humanismus ein.

Klugschnacker 06.05.2018 15:56

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1377049)
Lies einfach das Buch. Ich nehme an, du hast es. Hier hatte ich es letzten Monat bereits erwähnt:
http://www.x-athlon.de/forum/showpos...ostcount=11472
Auf Seite 280ff geht er auf den Humanismus ein.

Gewiss, aber die Ansichten des Autors Yuval Noah Harari über den Humanismus sind sehr umstritten und randständig.

Darf ich nach Deinem Posting davon ausgehen, dass Du seine Ansichten über den Humanismus teilst? Du hast sie mit der Formulierung "Aus meiner Sicht..." eingeleitet. Daher meine Frage.
:Blumen:

keko# 06.05.2018 18:02

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1377054)
Gewiss, aber die Ansichten des Autors Yuval Noah Harari über den Humanismus sind sehr umstritten und randständig.

Darf ich nach Deinem Posting davon ausgehen, dass Du seine Ansichten über den Humanismus teilst? Du hast sie mit der Formulierung "Aus meiner Sicht..." eingeleitet. Daher meine Frage.
:Blumen:

Mir steht es ja überhaupt nicht zu, den Humanismus zu kritisieren. Auch in seinem Buch ist das nicht so. Er geht nur rudimentär auf ein paar Zweige ein (liberaler, sozialistischer und evolutionärer Humanismus), beleuchtet diese im Kontext der Geschichte und zieht Parallelen zu traditionellen Religionen und Ideologien. Ich finde das sehr interessant und bin empfänglich für solche Gedankengänge. Grundsätzlich interessieren mich Strukturen, Gemeinsamkeiten und "Formen" hinter weltumspannenden Dingen wie Religionen. Ja, insofern teile ich seine Ansichten.

keko# 06.05.2018 18:15

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1377010)
Zudem steht der fromme Aberglaube von Oma Schmittchen gar nicht im Fokus meiner Kritik. Ich habe sicherlich schon über 50 Mal geschrieben, dass meine Kritik den offiziellen Institutionen und ihren Vertretern gilt.

Auch zum 50. Mal:
Die Übergänge sind halt fließend und wenn du z.B. die Politik unserer Minister kritisierst, fühlen sich auch manche Bürger Deutschlands angesprochen, die sich mehr oder weniger mit der Politik identifizieren. Das läßt sich wohl auf fast jeden Bereich übertragen.
Dazu fußt deine Kritik auf uralten Schriften und verkorksten Lehrbuchmeinungen, die sowieso fast keiner mehr in DE lebt. Insofern solltest du deine Kritik nicht in einem öffentlichen Triathlonforum vortragen, sondern direkt bei den offiziellen Institutionen und ihren Vertretern. Notfalls mit Hilfe von Anwälten. Das ist die Sprache, die verstanden wird.
Was du kritisierst, steht nämlich längst gedruckt in Bücherregalen, wie ich gestern in Stuttgart erkennen konnte. Scheinbar kann man damit gut Geld verdienen. :Cheese:

qbz 06.05.2018 19:58

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1377030)
Das ist auch ein ziemlich allgeimeine Definition von Religion. Beachten sollte man den Unterschied zwischen "übermenschlich" und "übernatürlich". Das Naturgesetz der Buddhisten (Siddhartha Gautama) und die historischen Gesetze der Marxisten sind zwar übermenschlich, da sie nicht vom Menschen gemacht wurden, doch sie sind nicht übernatürlich.

Ich weiss nicht, wer das über Karl Marx und seine Gesellschaftsanalysen schreibt, auf jeden Fall ist es grundfalsch. Die Menschen erschaffen die Produktivkräfte in bestimmten Eigentumsformen und die historischen Entwicklungsgesetze selbst, die zum Kapitalismus führten, allerdings ohne bewusste Kontrolle! Der oberflächliche Schein, in denen die Individuen agieren, bildet die grundlegenden Gesetze (Grundwidersprüche) jeweils nur verschleiert, entfremdet ab. Sie setzen sich hinter ihrem Rücken durch, aber scheinbar mit der Gewalt von Naturgesetzen, gegen welche Politik hilflos erscheint. (z.B. die Konzentration von Kapital, Strukturwandel, Arbeitslosigkeit, zyklische Krisen usf..).
Marx weist gerade nach, dass sich z.B. hinter dem sich scheinbar selbst vermehrenden Kapital ein bestimmtes gesellschaftliches Verhältnis verbirgt, die Aneignung von fremder Arbeit, die Verwandlung des "Mehrwerts" in Kapital. Der Arbeiter besitzt allein seine Arbeitskraft, die er auf dem Markt als Ware anbieten muss und gegen den Lohn tauscht. Dafür arbeitet er eine bestimmte Zeit für den Kapitalisten und alles, was über die Arbeitseit hinausgeh, die notwendig ist, um den Wert der Arbeitskraft zu erhalten , gehört als Mehrwert dem Kapitalisten und "verwandelt" sich in Kapital.(natürlich abstrakt und durchschnittlich betrachtet.)

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1377030)
Der Kommunismus hat prophetische Schriften, allen voran "Das Kapital", eigene Fest- und Feiertage, seine "Priester" (Parteiführer). Auch die vor Monaten angebrachte Idee, kirchliche Feiertage in wissenschaftliche umzutaufen und Newton zu "huldigen", sind klare Zeichen einer Religion.

Beim "Kapital" von K. Marx handelt es sich um eine Kritik der politiischen Ökonomie (Volkswirtschaftslehre würde man heute sagen) und um ein rein analytisches Werk über die Entstehung des Kapitals aus der Warenproduktion, sein Funktionieren und die Formen des Kapitals wie Finazkapital. Beim Buch "Das Kapital" handelt es sich um das Gegenteil von Prophetie, um eine theoretisch-logische Analyse der sozialen Wirklichkeit. K. Marx leitete ab, dass es z.B. einen Zwang zur fortschreitenden Vergesellschaftung der Produktion gibt oder einen Zwang zur Konzentration von Kapital (Monopole), einen Zwang, alles in Ware und Kapital zu verwandeln, was sich im nachhinein bestätigte. Es findet sich in den drei umfangreichen Bänden des Kapitals nur ein einziger winziger Absatz über den Kommunismus als Alternative zum Kapitalismus, wo die Menschen sich als Ensemble freier Individuen nach ihren Bedürfnissen frei verwirklichen sollen.

Jörn 06.05.2018 21:03

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1377077)
wenn du z.B. die Politik unserer Minister kritisierst, fühlen sich auch manche Bürger Deutschlands angesprochen, die sich mehr oder weniger mit der Politik identifizieren.

Hallo keko, Du schreibst, dass sich auch Privatpersonen kritisiert fühlen könnten, wenn man die Äußerungen von Politikern kritisiert.

Darf ich mich erkundigen, was daraus folgt? Sollte man die Äußerungen von Politikern kritisieren dürfen oder nicht?

Dein Manöver (und das von FlyLive) verstehe ich wie folgt: Nicht der Inhalt der Kritik ist entscheidend. Auch nicht die Dringlichkeit der Vorwürfe, d.h. dass hier ein stichhaltig begründeter Verdacht geäußert wird. Sondern entscheidend ist, dass Kritik geübt wird. Das würdet Ihr beide gerne verhindern oder zumindest als ein Verstoß gegen das gute Benehmen diskreditieren.

Wie bringt Ihr beide das in Einklang mit der Verfassung und anderen allgemein akzeptierten Grundpfeilern einer freuen Gesellschaft?

Sind denn wenigstens andere Religionen erlaubt, die dem Christentum krass widersprechen? Oder soll auch das geächtet werden?

Jörn 06.05.2018 21:14

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1377077)
Dazu fußt deine Kritik auf uralten Schriften und verkorksten Lehrbuchmeinungen, die sowieso fast keiner mehr in DE lebt.

Ich habe das ja schon oft klargestellt. Dass es bei Dir nicht ankommt, finde ich interessant. Meine Kritik bezieht sich auf die aktuelle Lehre der Amtskirchen, wie sie heute gelehrt und gelebt wird.

Da Du über diese Hürde aber gedanklich nicht springen kannst, habe ich Dir angeboten, Deine eigene Definition beizusteuern, sodass Du nicht sagen kannst, Du würdest ja eh nicht daran glauben. Wir können also festhalten, dass ich (als einer der wenigen im Forum) mich intensiv mit Deiner Definition beschäftigt habe.

Bis jetzt ist es aber bei einer willkürlichen Definition geblieben; auf weitere Weisheiten, die sich davon ableiten, warten wir noch. Wir werden aber keine Ableitungen von Dir hören, weil sich von Deiner Definition nichts ableiten lässt.

Dein Versuch, den aktuellen Glauben der "deutschen Gläubigen" zu skizzieren (als Antwort auf meine Frage: "Dann sag' doch mal, was heute geglaubt wird") ist bislang bei einem einzigen Satz steckengeblieben, der mit dem Christentum überhaupt nichts zu tun hat. Es gehört eher in den Bereich der Esoterik.

Jörn 06.05.2018 21:34

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1377077)
[Äußere Deine Kritik] direkt bei den offiziellen Institutionen und ihren Vertretern. Notfalls mit Hilfe von Anwälten. Das ist die Sprache, die verstanden wird.

Gesellschaft formt sich aus dem gesellschaftlichen Diskurs. Wenn ich beispielsweise dafür werbe, mehr Sport zu treiben und weniger Kohlehydrate zu sich zu nehmen, dann nützt es ja nichts, wenn mein Anwalt eine Klage gegen Frau Merkel einreicht.

Das gilt umso mehr, wenn es nicht um Gesetze geht, sondern um Überzeugungen. Gleichberechtigung von Frauen kann man zwar vor Gericht klären; Geringschätzung von Frauen jedoch nicht. Arne hatte mal eine alte TV-Reportage (Youtube, 50 Sekunden) verlinkt, wo christliche Herren die Frage erörtern, ob Frauen Autofahren sollen (rechtlich dürfen sie es natürlich). Ähnliche Geringschätzung erfuhren die Homosexuellen -- dies hat wenig mit Gesetzen zu tun, sondern mit Meinungen.

Das ist auch den Kirchen selbst aufgefallen. Es geht ihnen geschickterweise nicht um Gesetze. Sondern um "Moral". Um "das Richtige". Um "das Gute". Etwas, das über dem Gesetz steht (so ein Zufall aber auch!). Dies ist Einflussnahme auf die Meinungen der Leute, und das ist sogar legitim. Allerdings darf man es dann den Kritikern nicht verbieten.

Übrigens ist das oben erwähnte Posting von Arne äußerst grandios. Wenn ich es hier verlinken würde, würde eh niemand auf den Link klicken, deswegen werde ich es im nächsten Posting zur Feier des 6. Mai komplett zitieren.

Jörn 06.05.2018 21:36

Zur Feier des 6. Mai zitiere ich hier ein Posting aus dem reichhaltigen Schatz dieses Threads, in dem es schon zahlreiche Juwelen zu entdecken gab:
Zitat:

Zitat von schoppenhauer (Beitrag 1341388)
Wir sind offener/toleranten und solidarischer als die meisten anderen Regionen dieser Welt. Und wir sind christlich geprägt.

Antwort von Klugschacker am 08.11.2017:

Dort, wo wir offen, tolerant und solidarisch sind, sind wir aber nicht sehr christlich geprägt. Beispielsweise sind die Glaubensfreiheit, die Meinungsfreiheit, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die sexuelle Selbstbestimmung, die Unantatstbarkeit der Würde jedes Menschen, die Pressefreiheit, die Freiheit der Forschung und der Künste nicht christlich.

Zum Vergleich:

Im Christentum gibt es keine Glaubensfreiheit, ganz im Gegenteil. Wenn Du falschen Glaubens bist, landest Du in der Hölle. Aber bereits auf Erde, bevor Du in die Hölle kommst, hast Du als Andersgläubiger nichts zu lachen. Etwa als Jude.

Wie auch in anderen totalitären Systemen gibt es im Christentum kein Recht auf freie Äußerung der eigenen Meinung. Man wurde bereits wegen kleinerer Vergehen Exkommuniziert, eingesperrt, gefoltert und/oder verbrannt. Das ist keine Verfehlung der Amtsträger, sondern steckt tief in allen monotheistischen Religionen drin. Sie erheben den Anspruch, wahr und allein wahr zu sein. Wer von ihnen abweicht, lebt in Unwahrheit.

Damit wäre zur Glaubensfreiheit bereits alles Wesentliche gesagt. Als die Protestanten verkündeten, den gemeinsamen Gott künftig anders als bisher anbeten zu wollen, entstand eine Auseinandersetzung, die Millionen Menschen das Leben kostete.

Zur Gleichberechtigung von Mann und Frau im christlich geprägten Deutschland (im Gegensatz zu den Arabern) empfehle ich dieses Video (50 Sekunden):
https://www.youtube.com/watch?v=zwp40wOIXaM

Um die traditionelle Ungleichbehandlung von Mann und Frau in unserer Gesellschaft zu verringern, wurden eigenes Gesetz nötig, das Gleichstellungsgesetz.

Freiheit der Künste: Du sollst Dir kein Bildnis machen.

Freiheit der Forschung: Die Kirchen haben stets die Freiheit der Forschung bekämpft, und schreckten auch vor Gewalt und Mord nicht zurück. Giordano Bruno wurde lebendig verbrannt, weil er behauptete, die Sterne am Himmel seien ebenfalls Sonnen wie unsere eigene.

Unantastbarkeit der Würde des Menschen: Sie ist im Christentum nicht unantastbar, sondern kann verwirkt werden. Über die meiste Zeit war es sogar noch drastischer: Die Menschenwürde erlangte man erst durch die Taufe. Vor der Taufe, als Neugeborener Mensch, landete man im Falle frühzeitigen Todes sofort in der Hölle, da man durch die Erbsünde (die Eltern hatten Geschlechtsverkehr) belastet war. Man kommt also ohne Menschenwürde auf die Welt; diese wird nur verliehen und kann wieder entzogen werden.

Sexuelle Selbstbestimmung: Existiert nicht im Christentum, insbesondere bei den Katholiken. Die sexuelle Entfaltung ist dort stark reglementiert. Empfängnisverhütung, Sex vor der Ehe, das Recht auf Ehescheidung usw. sind für uns heute jedoch Selbstverständlichkeiten.

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Viele der heutigen Christen in Deutschland lehnen diese Eigenschaften des Christentums ab. Sie sind Humanisten, gelegentlich ergänzt um vage Vorstellungen über ein mögliches Jenseits. Ihre Motivation ist, gute Menschen sein zu wollen. Christen im engeren Sinne sind im Deutschland unserer Generation aber eher selten.

waden 08.05.2018 08:37

Ich finde (aus aktuellem Anlass, dem kath. Kirchentag in Münster) interessant, dass die christlichen Kirchen zur Finanzierung ihrer Kirchentage nenneswerte Beträge des deutschen Steuerzahlers erhalten. Gibt es Vergleichbares für andere Konfessionen oder nichtkirchliche Vesammlungen?

Finanzierung der Kirchentage

qbz 08.05.2018 09:08

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1377372)
Ich finde (aus aktuellem Anlass, dem kath. Kirchentag in Münster) interessant, dass die christlichen Kirchen zur Finanzierung ihrer Kirchentage nenneswerte Beträge des deutschen Steuerzahlers erhalten. Gibt es Vergleichbares für andere Konfessionen oder nichtkirchliche Vesammlungen?

Finanzierung der Kirchentage

Die Städte und Länder beteiligen sich jeweils mit Steuermitteln an grossen Events (Sport/Kultur/Kirchentage), weil das die Tourismusindustrie fördert und die Städte in einem Wettbewerb stehen. (Berlin z.B. Karneval der Kulturen, Public Viewing Meilen, Sylvester Party, ev. Kirchentag in Berlin usf., eigentlich fast jedes WE irgendetwas um Touris anzulocken). Es stellt sich natürlich die Frage, ob die Zuschusshöhe für die jeweilige Veranstaltung m Vergleich mit anderen publikumsreichen Events und den erwarteten Efffekten für den Tourismus angemessen ist.

keko# 08.05.2018 10:32

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1377120)
Hallo keko, Du schreibst, dass sich auch Privatpersonen kritisiert fühlen könnten, wenn man die Äußerungen von Politikern kritisiert.

Darf ich mich erkundigen, was daraus folgt? Sollte man die Äußerungen von Politikern kritisieren dürfen oder nicht?

Dein Manöver (und das von FlyLive) verstehe ich wie folgt: Nicht der Inhalt der Kritik ist entscheidend. Auch nicht die Dringlichkeit der Vorwürfe, d.h. dass hier ein stichhaltig begründeter Verdacht geäußert wird. Sondern entscheidend ist, dass Kritik geübt wird. Das würdet Ihr beide gerne verhindern oder zumindest als ein Verstoß gegen das gute Benehmen diskreditieren.

Selbstverständlich sollte jeder und alles kritikfähig sein. Ich habe auch nichts gegen Kritik und will gar nichts verhindern. Der Thread ist für mich eine nette Ablenkung zu meiner Arbeit. Würde ein überzeugter Katholik einseitig posten, fände ich das ebenso übertrieben. Ich kritisiere nur das Rigorose. Kritik an der Kirche ist keine Erfindung eines Seitenarms in einem Triathlonforum im Jahr 2018. Wir haben das schon in den 80er Jahren im Reli-Unterricht praktiziert. Keep going ;)

Jörn 08.05.2018 14:42

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1377402)
Selbstverständlich sollte jeder und alles kritikfähig sein. Ich habe auch nichts gegen Kritik und will gar nichts verhindern. (...) Ich kritisiere nur das Rigorose.

Hallo keko, wenn ich Dich richtig verstehe, findest Du Kritik statthaft, es sei denn, sie wäre rigoros.

Mein Standpunkt ist erstens, dass ich Beweise fordere. Die Kirche kann behaupten, was sie möchte; ich fordere anschließend einen Beweis. Fällt das unter die Kategorie "rigoros"? Oder ist es einfach das, was jeder gesunde Mensch im Alltag anwendet, etwa wenn der Autoverkäufer behauptet, das Auto hätte einen Tacho-Stand von nur 4.000 km, aber leider wäre der Tacho defekt? Ist das Fordern von Beweisen "rigoros"?

Der Papst behauptet, er stünde in Kontakt mit einer geheimnisvollen Allmacht; ich fordere ihn auf, es zu beweisen. Ist das rigoros?

Zweitens vertrete ich bestimmte Forderungen zu 100%. Ich sage, der Hexenwahn ist zu 100% falsch. Die Kirche sagt, falsch ist nur deren Hinrichtung. Ist mein Standpunkt nun rigoros? Müsste man des guten Benehmens wegen sagen: Der Hexenwahn ist "mehrheitlich bedenklich" oder "nicht in jedem Punkt sachgerecht"? Denn ich sage, es ist zu 100% reiner Bullshit. Ist das rigoros?

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Dann wollen wir den Spieß mal umdrehen. Die kath. Kirche sagt, Frauen dürfen keine Verkündigungs-Ämter in der Kirche ausüben. Nicht mal Mutter Theresa, die heilig gesprochen wurde. Ist das rigoros?

Die Kirche verwehrt bestimmen Menschen völlig willkürlich ein fundamentales Menschenrecht, nämlich das Recht auf Ehe (und ich füge hinzu: das Recht auf Respekt). Ausnahmen sind unter keinen Umständen möglich. Selbst die Tatsache, dass hier ein Verstoß gegen anerkannte Menschenrechte vorliegt, ändert daran nichts. Ist das rigoros?

Der Vatikan und sein lächerlicher Hofstaat beanspruchen für sich die absolute Wahrheit. Sie sind im Besitz der "allerhöchsten Glaubensgewissheit", die von Gott selbst verfügt und bestätigt wurde. Die Kirche hat recht, alle anderen haben nicht recht. Das steht so im Katechismus. Ist das rigoros?

keko# 08.05.2018 15:00

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1377467)
Hallo keko, wenn ich Dich richtig verstehe, findest Du Kritik statthaft, es sei denn, sie wäre rigoros.

Mein Standpunkt ist erstens, dass ich Beweise fordere. Die Kirche kann behaupten, was sie möchte; ich fordere anschließend einen Beweis. Fällt das unter die Kategorie "rigoros"? Oder ist es einfach das, was jeder gesunde Mensch im Alltag anwendet, etwa wenn der Autoverkäufer behauptet, das Auto hätte einen Tacho-Stand von nur 4.000 km, aber leider wäre der Tacho defekt? Ist das Fordern von Beweisen "rigoros"?

Der Papst behauptet, er stünde in Kontakt mit einer geheimnisvollen Allmacht; ich fordere ihn auf, es zu beweisen. Ist das rigoros?

Zweitens vertrete ich bestimmte Forderungen zu 100%. Ich sage, der Hexenwahn ist zu 100% falsch. Die Kirche sagt, falsch ist nur deren Hinrichtung. Ist mein Standpunkt nun rigoros? Müsste man des guten Benehmens wegen sagen: Der Hexenwahn ist "mehrheitlich bedenklich" oder "nicht in jedem Punkt sachgerecht"? Denn ich sage, es ist zu 100% reiner Bullshit. Ist das rigoros?

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Dann wollen wir den Spieß mal umdrehen. Die kath. Kirche sagt, Frauen dürfen keine Verkündigungs-Ämter in der Kirche ausüben. Nicht mal Mutter Theresa, die heilig gesprochen wurde. Ist das rigoros?

Die Kirche verwehrt bestimmen Menschen völlig willkürlich ein fundamentales Menschenrecht, nämlich das Recht auf Ehe (und ich füge hinzu: das Recht auf Respekt). Ausnahmen sind unter keinen Umständen möglich. Selbst die Tatsache, dass hier ein Verstoß gegen anerkannte Menschenrechte vorliegt, ändert daran nichts. Ist das rigoros?

Der Vatikan und sein lächerlicher Hofstaat beanspruchen für sich die absolute Wahrheit. Sie sind im Besitz der "allerhöchsten Glaubensgewissheit", die von Gott selbst verfügt und bestätigt wurde. Die Kirche hat recht, alle anderen haben nicht recht. Das steht so im Katechismus. Ist das rigoros?

Innerhalb deines Zirkels argumentierst du richtig, es gibt nicht viel daran auszusetzen. Nur ist Kirche und Religion mehr als der Pabst, das was offiziell verkündet wird und irgendwo steht.
Unweit unsere Hauses ist eine Mosche, zu der sich jedes WE viele Gläubige treffen. Es geht z.B. um Gemeinschaft, Freundschaft, Tradition. Fast jedes WE ein kleines Volksfest.
https://www.stuttgarter-zeitung.de/i...649d6fc04.html
Du bist rigoros, indem du dich diesen postitiven Dingen verschließt. Du erkennst sie an, willst aber nichts davon wissen, weil sie nicht "offziell" sind.
Insofern erreichst du mit deiner Kritik höchstwahrscheinlich viele Gläubige gar nicht, mich eingeschlossen. (selbstverständlich ist es dir überlassen, dies zu tun).

Jörn 08.05.2018 17:43

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1377472)
Nur ist Kirche und Religion mehr als der Pabst, das was offiziell verkündet wird und irgendwo steht. (...) Fast jedes WE ein kleines Volksfest.

Ich bin präzise. Wen kritisiere ich? Ich kritisiere den Papst, den Vatikan und alle seine offiziellen Vertreter. Was kritisiere ich? Ich kritisiere den Glaubensinhalt, den diese Gruppe schriftlich vorgelegt hat. Das ist eine präzise Gruppe und ein präziser Glaubensinhalt.

Nicht präzise wäre, noch ein paar muslimische Volksfeste und den persönlichen Glauben von kekos Nachbarn in den Mix zu werfen, und generell alles, was irgendwer irgendwo macht oder glaubt.

Mein Argument lässt sich also nicht dadurch aushebeln, indem man entgegnet: "Ätsch, Oma Schmittchen glaubt ja etwas leicht anderes!" Denn Oma Schmittchen ist gar nicht der Gegenstand meiner Kritik, und ebensowenig ihr Glaubensinhalt. Du müsstest mir einmal erläutern, warum Du diese Botschaft einfach nicht zur Kenntnis nimmst und dieses Argument stets wiederholst.

Ist folgende Aussage rigoros: "Der Papst und seine Vertreter sind Scharlatane, und in kekos Nachbarschaft gibt es fast jedes WE ein kleines Volksfest"? Diese Formulierung berücksichtigt Deinen Einwand.

Was ist hiermit: "Die Lehre der kath. Kirche ist zu 100% falsch, zusätzlich kennt keko einen Nachbarn, der überhaupt nicht an diese Lehre glaubt"? Diese Formulierung würdigt die Vielfalt der Gläubigen.

Was ist hiermit: "Die Frage, ob der Papst ein Scharlatan ist, hat nichts zu tun mit Festen in kekos Nachbarschaft"? Dies würdigt Deine konkrete Nachbarschaft.

Jörn 09.05.2018 05:35

Programmhinweis:

Begleitend zum Katholikentag in Münster findet dort auch der Ketzertag statt. Die Vorträge und Diskussionen werden live auf Facebook übertragen. Ein paar Promis sind ebenfalls dabei. Hier die Termine:

HEUTE!

Mittwoch 09.05., 18:00 Uhr:
Auftaktveranstaltung - Keine Knete für Gebete!
http://www.ketzertag.de/live-knete.html

Mittwoch 09.05., 20:00 Uhr:
(Promi-Bonus!) Philipp Möller - Gottlos glücklich!
http://www.ketzertag.de/live-moeller.html


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Donnerstag 10.05., 18:00 Uhr:
Ingrid Matthäus-Maier - Gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz
http://www.ketzertag.de/live-imm.html

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Freitag 11.05., 18:00 Uhr:
Hartmut Zinser - Religion und Krieg
http://www.ketzertag.de/live-zinser.html

Freitag 11.05., 20:00 Uhr:
(Mega-Promi-Bonus!) Michael Schmidt-Salomon - Braucht der Mensch noch Religion?
http://www.ketzertag.de/live-mss.html


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Samstag 12.05., 20:00 Uhr:
Abschlussgottesdienst - Nudelmesse der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters
http://www.ketzertag.de/live-fsm.html

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Allgemeine Webseite: http://www.ketzertag.de
Facebook: https://www.facebook.com/Ketzertag/
Twitter: https://twitter.com/Ketzertag2018?lang=de

FlyLive 09.05.2018 06:56

“Suche Streit*

.....das ist das Problem !
Aber ich wünsche Dir natürlich deinen Streit ! Am besten ohne Ende.

Jörn 09.05.2018 06:59

Auch im Bundestag wird gestritten. Es kann also durchaus nobel und ehrenhaft zugehen, und mit einer Geschäftsordnung, der alle zustimmen können.

FlyLive 09.05.2018 07:36

Mit Rucksäcken auf denen “Suche Streit“ steht, habe ich noch nie jemanden um Streit betteln sehen.

Warum gehen die Provokateure nicht in eine offene Diskussion, in der man auch versucht, die andere Seite zu verstehen und anzuerkennen ? Weil sie streiten wollen, wie damals im Sandkasten.
Lachhafter als alle anderen hohlen Gruppierungen. Da macht Pegida und die Ansammlung von Hooligans mindestens genauso Sinn.
Das ist in der Tat extrem und rigoros.

keko# 09.05.2018 07:55

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1377530)
Programmhinweis:

...

Ich weiß nicht, was das soll. Mir wurde 2x kommentarlos meine Signatur wegmoderiert und ebenso mein Profil geändert und du bringst hier selbst als Admin diese Seiten an. Dieses Forum ist doch irgendwie um Seriösität und Ernsthaftigkeit bemüht. Ich stelle mir vor, der Tagesschau-Sprecher klickt hier rein.
Aber wahrscheinlich findest du das auch noch gut.
Wirklich schade drum...

MattF 09.05.2018 10:00

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1377545)
Wirklich schade drum...

Was? Dass Seiten verlinkt werden die dir nicht in den Kram passen?

Der Tagesschausprecher hätte bestimmt Spass an den Links.

Klugschnacker 09.05.2018 13:02

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1377545)
Mir wurde 2x kommentarlos meine Signatur wegmoderiert und ebenso mein Profil geändert ...

Weil sie gegen die Forenregeln verstoßen haben, die für alle gelten. Ich habe Dir in einer persönlichen Nachricht den Sachverhalt erklärt. Du hast mir geantwortet, dass Du das gut nachvollziehen kannst. Das ist keine 4 Wochen her.

Das Setzen von Links zu anderen Seiten in Postings ist selbstverständlich erlaubt, solange sie nicht eine unerlaubte kommerzielle Werbung darstellen etc.
:Blumen:

anlot 09.05.2018 14:00

Zitat:

Zitat von FlyLive (Beitrag 1377532)
“Suche Streit*

.....das ist das Problem !
Aber ich wünsche Dir natürlich deinen Streit ! Am besten ohne Ende.

Kannst du vielleicht kurz erwähnen wen Du meinst? Jörn oder die Sprecher auf dem Ketzertag?

keko# 09.05.2018 14:23

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1377612)
Weil sie gegen die Forenregeln verstoßen haben, die für alle gelten. Ich habe Dir in einer persönlichen Nachricht den Sachverhalt erklärt. Du hast mir geantwortet, dass Du das gut nachvollziehen kannst. Das ist keine 4 Wochen her.

Das Setzen von Links zu anderen Seiten in Postings ist selbstverständlich erlaubt, solange sie nicht eine unerlaubte kommerzielle Werbung darstellen etc.
:Blumen:

Korrekt, das sehe ich ein! In den Forenregeln steht aber "Werbung jeder Art" und das was dein Bruder hier produziert, ist quasi eine Dauerwerbesendung :Cheese: Für mich gehört dieser Thread mittlerweile zu den Kuriositäten des Internet und ich habe auch einiges gelernt. Ist so wie beim Schwimmen: in einer Gegenstromanlage lernt man auch mehr, als wenn man flußabwärts mit der Strömung schwimmt :Blumen:

LidlRacer 09.05.2018 14:24

Zitat:

Zitat von FlyLive (Beitrag 1377539)
Mit Rucksäcken auf denen “Suche Streit“ steht, habe ich noch nie jemanden um Streit betteln sehen.

Warum gehen die Provokateure nicht in eine offene Diskussion, in der man auch versucht, die andere Seite zu verstehen und anzuerkennen ? Weil sie streiten wollen, wie damals im Sandkasten.
Lachhafter als alle anderen hohlen Gruppierungen. Da macht Pegida und die Ansammlung von Hooligans mindestens genauso Sinn.
Das ist in der Tat extrem und rigoros.

Du redest komplett an der Sache vorbei, keko# wohl auch.
Bei den "Streit suchenden" Atheisten ist von Streitkultur die Rede. Was hat das bitte mit Sandkasten oder gar Hooligans zu tun?

anlot 09.05.2018 15:21

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1377636)
Korrekt, das sehe ich ein! In den Forenregeln steht aber "Werbung jeder Art" und das was dein Bruder hier produziert, ist quasi eine Dauerwerbesendung :Cheese: Für mich gehört dieser Thread mittlerweile zu den Kuriositäten des Internet und ich habe auch einiges gelernt. Ist so wie beim Schwimmen: in einer Gegenstromanlage lernt man auch mehr, als wenn man flußabwärts mit der Strömung schwimmt :Blumen:

Ich kann bei den Links von Jörg beim besten Willen keine kommerzielle Werbung erkennen. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass Dir jede Art der Kritik missfällt und Du diese am liebsten verbieten würdest.

Und was gegen den Strom schwimmen angeht, kannst damit wohl nicht dich selbst meinen, oder? Du machst ja genau das Gegenteil davon nach dem Motto „ich mache mir die Welt wie Sie mir gefällt.“

MattF 09.05.2018 15:25

Zitat:

Zitat von anlot (Beitrag 1377649)
Ich kann bei den Links von Jörg beim besten Willen keine kommerzielle Werbung erkennen. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass Dir jede Art der Kritik missfällt und Du diese am liebsten verbieten würdest.


keko versucht manchmal lustig zu sein. Nur an seinen Beiträge erkennt man wieso manche Menschen zu Recht Satiriker sind und andere nicht.

waden 09.05.2018 15:31

Das Bestehende als normal zu empfinden, ist ein menschlicher Zug. Manchmal ist aber das schon lange Zeit Bestehende eigentlich selbst eine Provokation. Das kann man sich verdeutlichen, indem man sich einmal vorstellt, es sei andersrum.

Dann wäre auf einmal offensichtlich, wie provozierend und rigoros zahlreiche kirchliche Standpunkte sind.

Auch beispielsweise die Aussage, Frauen sollten die gleichen Rechte wie Männer haben, war für eine lange Zeit eine Provokation. Heute ist es umgekehrt.

Dass sich ein großer Teil der Gläubigen von den Glaubensinhalten des Glaubens abwendet, an den sie glauben, ist interessant. Viele leben einen Humanismus, den sie für Christentum halten. Das macht die kirchlichen Glaubensinhalte aber nicht nichtexistent. Diese Spezialität des Denkens ("ich glaube zwar an Jesus und Gottvater, aber an die meisten der biblischen Geschichten nicht") können viele Gläubige offenbar gut aushalten. Ich versuche das nachzuvollziehen und erkenne guten Willen und gute Taten selbstredend an. Ich finde, dass es gelegentlich schwierig werden kann, diese Beliebigkeit zu tolerieren. ("Ich glaube nunmal, dass Schwule unnatürlich sind").

Respekt oder Toleranz für Intoleranz einzufordern ist problematisch. Da sollte man auch bereit sein zu streiten.

Jörn 09.05.2018 17:22

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1377652)
Viele leben einen Humanismus, den sie für Christentum halten.

Ich halte das für einen sehr guten und wichtigen Punkt (auch das restliche Posting finde ich sehr zutreffend).

Vernünftige Leute, egal ob sie sich als Christen oder Moslems oder sonstwas bezeichnen, sind im Grunde Humanisten. Jene wenigen Bibelstellen, die heute noch akzeptabel sind, oder die gar einen Funken Weisheit in sich tragen, sind humanistisch. Sie haben ein vernünftiges Wohlergehen des Menschen zum Maßstab. Es geht um Abwägungen, nicht um Absolutheiten.

[Im nächsten Posting gebe ich einen kurzen Exkurs über diese humanistischen Bibelstellen.]

Mit diesen Leuten kann man reden. Man kann ihnen auch demonstrieren, welche Teile der christlichen Lehre diesem Humanismus widersprechen, ohne dass sie völlig außer sich geraten.

Meine Botschaft an diese Leute wäre nicht Kritik, sondern Ermutigung. Sie sollten Zuspruch finden dafür, dass ihr eigener Weg und ihre eigene Intuition richtig sind. Sie sollten sich bewusst machen, was sie derzeit vielleicht nur unbewusst ahnen. Ich würde in eine Debatte einsteigen darüber, ob das offizielle Kirchen-Christentum sie in die richtige oder in die falsche Richtung leitet. Ich würde mich darüber unterhalten, ob der Papst auf ihrer Seite steht oder nicht.

Ich bin selbst ein Beispiel für diese Gruppe. Ich dachte lange Zeit, dass ich zwar nicht gottesgläubig wäre, dass ich mich aber dennoch als Christ bezeichnen könnte, weil ich damit "menschliche Werte" verband. Zu sagen, man sei "kein Christ", hätte so viel bedeutet wie "man wolle das Böse", oder man wolle, dass es allen möglichst schlecht geht, und dass man zum eigenen Vorteil über Leichen gehe.

Daher hätte ich nicht widersprochen, wenn ein Politiker von "westlichen Werten" oder "christlichen Werten" gesprochen hätte, denn diese Begriffe schienen mir synonym. Ein halbwegs gerechtes Staatswesen, Demokratie, Freiheit, Toleranz, die Verpflichtung zum Frieden: Dies schienen mir alles christliche Werte zu sein.

Ich habe also gegen diese Art von Christen nichts einzuwenden. Sie kennen den Humanismus und seine Werte besser als das Christentum, oft ohne sich dessen bewusst zu sein. Der staunende Unglaube über die Primitivität der Bibel ("so kann das nicht gemeint sein") zeigt ja, dass sie die dort beschriebene Ethik ablehnen.

Jedoch muss man aufpassen, dass die humanistischen "Christen" nicht aus Versehen zum Steigbügelhalter von Leuten werden, die entschieden gegen den Humanismus arbeiten. Viele vernünftige Leute zahlen z.B. Kirchensteuer, weil sie irrtümlich annehmen, dies diene "dem Guten". Ich finde es legitim, mit diesen Leuten darüber ins Gespräch zu kommen.

Jörn 09.05.2018 17:31

Exkurs für Bibel-Interessierte: Humanismus in der Bibel -- nicht als Option, sondern als verbindliches Gebot.

Humanismus steht heute allgemein im Widerspruch zum Christentum. Der Begriff wird zur Abgrenzung verwendet. Er beantwortet die Frage: "Was ist der Maßstab: Gott oder Mensch?". Christentum und Humanismus beantworten diese Fragen unterschiedlich. Im Christentum ist Gott allein der Maßstab.

Aber es gibt auch Anklänge von Humanismus in der Bibel. Dazu gehören beispielsweise zwei sehr lesenswerte Bibelstellen, in denen Jesus das vernünftige Wohlergehen der Menschen über die religiösen Vorschriften stellt. (Das ist übrigens keine Erfindung von Jesus, sondern steht im Einklang mit dem damaligen Judentum, vergleichbar mit einigen modernen Pfarrern, die sich für Frauenrechte aussprechen, obwohl das nicht völlig der "reinen Lehre" entspricht.)
Markus-Evangelium, 2. Kapitel, Vers 23:

"An einem Sabbat ging er [Jesus] durch die Kornfelder und unterwegs rissen seine Jünger Ähren ab. Da sagten die Pharisäer zu ihm: Sieh dir an, was sie tun! Das ist doch am Sabbat nicht erlaubt!

Er antwortete: Habt ihr nie gelesen, was David getan hat, als er und seine Begleiter hungrig waren und nichts zu essen hatten, wie er (...) in den Tempel ging und die Schaubrote aß, die außer den Priestern niemand essen darf, und auch seinen Begleitern davon gab? Und Jesus sagte zu ihnen: Der Sabbat wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat."


Markus-Evangelium, 3. Kapitel, Vers 1:

"Als er [Jesus] wieder in die Synagoge ging, war dort ein Mann mit einer verdorrten Hand. Und sie [die Pharisäer] gaben Acht, ob Jesus ihn am Sabbat heilen werde; sie suchten nämlich einen Grund zur Anklage gegen ihn.

Da sagte er zu dem Mann mit der verdorrten Hand: Steh auf und stell dich in die Mitte! Und zu den anderen sagte er: Was ist am Sabbat erlaubt - Gutes zu tun oder Böses? Ein Leben zu retten oder es zu vernichten? Sie aber schwiegen.

Und er sah sie der Reihe nach an, voll Zorn und Trauer über ihr verstocktes Herz, und sagte zu dem Mann: Streck deine Hand aus! Er streckte sie aus und seine Hand wurde wiederhergestellt."
Das bedeutet: Das vernünftige Wohlergehen des Menschen steht noch über dem Gebot Gottes. Oder, in ausgelegter Form: Gottes Gebote stehen immer über allem, aber es ist eben auch Gottes Gebot, vernünftig so zu handeln, dass es dem Menschen wohlergeht; denn das ist ja der Zweck der ganzen Sache.

Man beachte die Konstruktion der Geschichte. Das Neue Testament ist in weiten Teilen eine Neu-Fassung des Alten Testaments. Bestimmte Ereignisse, Szenen oder Figuren werden wiederholt, aber in veränderter Form. Die damaligen Juden erkannten daran, was neu war.

Im Alten Testament gibt es eine ganz ähnlich Geschichte. Ein Mann sammelt am Sabbat etwas Holz. Gott höchstpersönlich ordnet seine Steinigung an. Diese Geschichte muss ausgelegt werden. Die Auslegung bedeutet, dass selbst das winzigste Gebot, und sei es auch noch so widersinnig, strikt befolgt werden muss. Ansonsten folgt die schwerste Strafe.
4. Buch Mose, Kapitel 15, Vers 32-36:

Als die Israeliten in der Wüste waren, entdeckten sie einmal, dass jemand am Sabbat Holz sammelte. Diejenigen, die ihn beim Holzsammeln entdeckt hatten, brachten ihn vor Mose und Aaron und vor die ganze Gemeinde. Sie nahmen ihn in Gewahrsam, weil noch nicht entschieden war, was mit ihm geschehen sollte.

Der HERR sprach zu Mose: Der Mann hat den Tod verdient. Die ganze Gemeinde soll ihn draußen vor dem Lager steinigen. Da führte die ganze Gemeinde den Mann vor das Lager hinaus und steinigte ihn zu Tode, wie der HERR es Mose geboten hatte.
Das war damals allen Juden bekannt. Das erste Zitat des Neuen Testaments beginnt damit, dass Jesus an das Alte Testament erinnert ("Habt ihr nie gelesen, was David getan hat"). Das zweite Zitat beginnt damit, dass den Priestern (Pharisäer = Experten für die Schrift) diese Vorschrift bekannt war und sie Jesus auf die Probe stellen wollen. Dann erscheint Jesus und widerspricht dieser Vorschrift, und zwar auf einer Weise, die Gottes Autorität nicht antastet. Das war für die damaligen Juden (gerade noch) akzeptabel.

Viele heutige Christen kennen die zitierten Jesus-Worte, weil sie zu den schönsten und sinnvollsten Versen zählen. Sie werden als Beleg dafür verwendet, wie fortschrittlich das Christentum damals bereits war, und dass man sich Jesus vorstellen muss als einen "Revolutionär der Barmherzigkeit".

Die Reformen von Jesus waren jedoch nicht besonders schlau, sondern die bisherigen Regelungen waren besonders dumm. Abseits der Religionen wäre eine solche "Revolution" keine Rede wert.

Übrigens revolutionierte Jesus (der ja Gott war) seine eigenen Gesetze -- einen Revoluzzer stellt man sich anders vor. Das ganze Theater war also unnötig. Zur Zeit des Markus-Evangeliums war Jesus jedoch noch kein Gott.


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