Schwarzfahrer |
27.02.2025 09:48 |
Zitat:
Zitat von keko#
(Beitrag 1774530)
Die "Mitte" ist ja echt schon dünn, wenn man betrachtet, dass die Grünen und die FDP wohl nicht mehr in der Regierung sind und die FDP komplett raus. Das BSW hat man erfolgreich als Putinversteherpartei dargestellt und mit den Linken will man irgendwie grundsätzlich nicht.
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In dieser Denkweise sehe ich ein fundamentales Problem der aktuell in Deutschland praktizierten Demokratie: es klingt bald so, daß nur die "Mitte" (was auch immer die ist) akzeptabel ist, und die Liste derer, mit denen man grundsätzlich nicht will (und moralisch impliziert oft meint, man solle auch nicht), wächst. Das Gegeneinander wird wichtiger, als das Miteinander.
Die Konzentration auf eine imaginäre Mitte, von der abzuweichen irgendwie verwerflich erscheinen soll, erweckt in vielen mit Ost-Erfahrung die Assoziation zu einer Einheitspartei (SED). Mein Demokratieverständnis aus meinen ersten 30 Jahren in Deutschland ist, daß jede nicht verbotene Partei (deren Spektrum entsprechend der Gesellschaft eine breite Palette von links nach rechts abdecken sollte) erst mal gleichberechtigt und gleich legitim ist, und entsprechend zumindest formal an allen demokratischen Prozessen beteiligt werden muß (Wahlen, Abstimmungen, Ausschüsse, freie Rede, ...). Das hat mit einem grundlegenden Respekt gegenüber allen Mitmenschen zu tun, ohne die Demokratie nicht funktionieren kann.
Natürlich hat jede Partei das Recht, sich vor gewissen Partnerschaften abzugrenzen, keine Koalition kann erzwungen werden - aber auch keine darf verhindert werden durch "moralische Gebote" von außenstehenden; darüber haben nur die Beteiligten selbst zu entscheiden. In Abstimmungen ist jede Stimme einer zugelassenen Partei auch gleich viel Wert, und allein die Anzahl der Wählerstimmen macht eine Gewichtung. Parlamentarische Entscheidungen haben allein mit der Stimmenzahl zu tun, und ändern an ihrem Wert nichts, nur weil (auch) die falschen dafür oder dagegen waren.
M.M.n. kommt man zu Weimarer Verhältnissen, wenn diese Grundprinzipien dauerhaft ignoriert oder ausgehebelt werden; das hat leider nicht allein mit der AfD sondern einer generellen Polarisierung zu tun, wie auch mit einer m.M.n. zu starken Macht von Parteiführungen im Vergleich zu der Masse von Abgeordneten. Die Macht der (nicht gewählten) EU-Kommission über das EU-Parlament erscheint mir wie eine drohende Extrapolation der Machtverhältnisse und Machtausübung in der "Parteiendemokratie". Sowas ist m.M.n. ein wesentlicher Treiber der Politikverdrossenheit.
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