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the grip 16.08.2015 14:46

Heinrich Heine
 
Die Hexe

»Liebe Nachbarn, mit Vergunst!
Eine Hex, durch Zauberkunst,
Kann sich in ein Tier verwandeln,
Um die Menschen zu mißhandeln.

Eure Katz ist meine Frau;
Ich erkenne sie genau
Am Geruch, am Glanz der Augen,
Spinnen, Schnurren, Pfötchensaugen ...«

Der Nachbar und die Nachbarin,
Sie riefen: »Jürgen, nimm sie hin!«
Der Hofhund bellt: »Wau! wau!«
Die Katze schreit: »Miau!«

the grip 17.08.2015 15:57

Heinz Kahlau:
 
Harte Nuß
Dieser mächtige Baum
mit seinen unzähligen Nüssen
ist nur dazu da,
daß Bäume mit Nüssen entstehn
für Bäume mit Nüssen?

the grip 17.08.2015 15:58

Wilhelm Busch:
 
Zwei Jungfern

Zwei Jungfern gibt es in Dorf und Stadt,
Sie leben beständig im Kriege,
Die Wahrheit, die niemand gerne hat,
Und die scharmante Lüge.

Vor jener, weil sie stolz und prüd
Und voll moralischer Nücken,
Sucht jeder, der sie nur kommen sieht,
Sich schleunigst wegzudrücken.

Die andre, obwohl ihr nicht zu traun,
Wird täglich beliebter und kecker,
Und wenn wir sie von hinten beschaun,
So hat sie einen Höcker.

the grip 18.08.2015 14:31

Nikolaus Lenau:
 
Der falsche Freund

O sei mein Freund!" so schallt's vom Heuchelmunde
Dem Falschen, der mit heimlichem Behagen
Den Vorteil überzählt von solchem Bunde;
Du traust ihm, und - schon hast du eingeschlagen,
Ein edler Tor! Naht einst die Wetterstunde,
So siehst den Schurken du mit bleichem Zagen
In seines Ichs bequeme Hütte springen,
Hinausgesperrt magst mit dem Sturm du ringen.

the grip 21.08.2015 15:32

Joachim Ringelnatz:
 
Die Ameisen

In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee
Da taten ihnen die Beine weh,
Und da verzichteten sie weise
Dann auf den letzten Teil der Reise.

the grip 21.08.2015 15:33

Rainer Maria Rilke:
 
Volksweise

Mich rührt so sehr
böhmischen Volkes Weise,
schleicht sie ins Herz sich leise,
macht sie es schwer.

Wenn ein Kind sacht
singt beim Kartoffeljäten,
klingt dir sein Lied im späten
Traum noch der Nacht.

Magst du auch sein
weit über Land gefahren,
fällt es dir doch nach Jahren
stets wieder ein.

the grip 22.08.2015 15:07

Klabund:
 
Vergib mir.

Ich tat,
Was Gott allein zu tun geziemt:
Nahm deine Hand für meine Hand,
Dein Herz für meines.
Mich verwirrte
Die schöne Nacht,
Der goldne Stern im Strauch
Und dann: der namenlose Duft der Linde.
Verzeih.

the grip 24.08.2015 09:29

Frank Schulz:
 
Wie du

Gleich geh ich zu Bett.
Da ist es meistens nett:
Ich mach‘ die Augen zu
und habe meine Ruh.

Ich träume von Krawall,
ganz ohne Schuß und Schall;
ich träume auch von Sex,
fast ohne Schuldkomplex;

ich träume, Fehler zu beheben,
und von ‘nem etwas leicht’ren Leben;
ich träume dies und träume das.
Mitunter schwitze ich etwas.

Am Morgen bin ich so wie du
Und leg‘ mich abends wieder hin.
Ich mach‘ die Augen einfach zu
Und befrag‘ mich, wer ich bin.

the grip 25.08.2015 19:06

Theodor Fontane:
 
Mittag

Am Waldessaume träumt die Föhre,
Am Himmel weiße Wölkchen nur;
Es ist so still, daß ich sie höre,
Die tiefe Stille der Natur.

Rings Sonnenschein auf Wies' und Wegen,
Die Wipfel stumm, kein Lüftchen wach,
Und doch, es klingt, als strömt' ein Regen
Leis tönend auf das Blätterdach.

the grip 27.08.2015 13:15

Kurt Tucholsky:
 
Kleines Gespräch
mit unerwartetem Ausgang

Der Herrgott saß auf Wolkenkissen
und sah sich seine Erde an.
Was braust herauf? Sieh da, das is’n
Aeroplan.

Ein Offizier grüßt freundlich lächelnd.
„Gestatten! Schwaben Nummer Vier!“
– und die Propeller surren fächelnd –
„Wir sind nu hier! –

Was sagen Sie zu unserm Siege?
Wir brachen spielend den Rekord.
Wozu? Wir brauchen das zum Kriege …“
„Zum Krieg? Zum Mord!“

„Erlauben Sie, Sie sind zu schwächlich …“
„Und wer gab euch das viele Geld – ?“
„Das Volk! Das Volk war es hauptsächlich
vom Rhein zum Belt.“

„Das Volk? Hat es so krumme Nacken?
Ist denn bei euch das Volk so dumm?“
Hier lachte Gott aus vollen Backen.
Man kippte um.

the grip 31.08.2015 12:17

Hans Magnus Enzensberger
 
Fetisch

Immer nur
an diesen Flaum
denkt er nachts
kleiner
als eine Hand
und weiter
denkt er
an nichts
Nichts anderes
ist da
als dieses Büschel
das nicht da ist
Er stellt es sich
dunkel vor
dieses Gewölle
wie es sich bauscht
hell
Er hört förmlich
wie es knistert
unter dem Druck
der Hand
Er sieht
wie es sich kräuselt
im Licht
blond schwarz
wie es glitzert
wahnsinnig
weich und widerspenstig
und nicht weiter
nennenswert

the grip 01.09.2015 10:18

Joachim Ringelnatz:
 
Alter Mann spricht junges Mädchen an

Guten Tag! – Wie du dich bemühst,
Keine Antwort auszusprechen.
»Guten Tag« in die Luft gegrüßt,
Ist das wohl ein Sittlichkeitsverbrechen?
Jage mich nicht fort.
Ich will dich nicht verjagen.
Nun werde ich jedes weitere Wort
Zu meinem Spazierstock sagen:

Sprich mich nicht an und sieh mich nicht,
Du Schlankes.
Ich hatte auch einmal ein so blankes,
Junges Gesicht.
Wie viele hatten,
Was du noch hast.
Schenke mir nur deinen Schatten
Für eine kurze Rast.

the grip 03.09.2015 12:53

Heinrich Heine:
 
Das goldene Kalb

Doppelflöten, Hörner, Geigen
Spielen auf zum Götzenreigen,
Und es tanzen Jakobs Töchter
Um das goldne Kalb herum –
Brum – brum – brum –
Paukenschläge und Gelächter!

Hochgeschürzt bis zu den Lenden
Und sich fassend an den Händen,
Jungfraun edelster Geschlechter
Kreisen wie ein Wirbelwind
Um das Rind –
Paukenschläge und Gelächter!

Aron selbst wird fortgezogen
Von des Tanzes Wahnsinnwogen,
Und er selbst, der Glaubenswächter,
Tanzt im Hohenpriesterrock,
Wie ein Bock –
Paukenschläge und Gelächter!

the grip 07.09.2015 10:12

E.T.A. Hoffmann:
 
Liebe schwärmt auf allen Wegen,
Freundschaft bleibt für sich allein,
Liebe kommt uns rasch entgegen,
Aufgesucht will Freundschaft sein.

Schmachtend wehe, bange Klagen
Hör‘ ich überall ertönen,
Ob den Sinn zum Schmerz gewöhnen,
Ob zur Lust, ich kann’s nicht sagen,
Möchte oft mich selber fragen,
Ob ich träume, ob ich wache.
Diesem Fühlen, diesem Regen,
Leih ihm, Herz, die rechte Sprache;
Ja, im Keller, auf dem Dache,
Liebe schwärmt auf allen Wegen!

Doch es heilen alle Wunden,
Die der Liebesschmerz geschlagen,
Und in einsam stillen Tagen
Mag, von aller Qual entbunden,
Geist und Herz wohl bald gesunden;
Art’ger Kätzchen los Gehudel,
Darf es auf die Dauer sein?
Nein! – fort aus dem bösen Strudel,
Unterm Ofen mit dem Pudel,
Freundschaft bleibt für sich allein.

the grip 08.09.2015 11:28

Gustav Falke:
 
Strandidyll

Auf dem Rücken im warmen Sand
Nie ein schöneres Lager ich fand.
Murmelnde, kichernde Wellen zu Füßen,
Oben im Wind ein Lispeln und Grüßen
Schwankender Halme und leises Gesumm
Sammelnder Bienen, sonst Stille ringsum.
Ja, ringsum!
Nur selten, bald ferne, bald nahebei
Ein Möwenschrei.

Durch das halbgeöffnete Lid
Blinzelt das Auge hinüber zum Ried.
Blendendes, zitterndes Sonnengegleiße;
Schmetterlingsspiele. Blaue und weiße
Kinder der Stunde. Nun löst aus der Schar
Sich ein bläulich geflügeltes Paar,
Liebespaar!
Das schaukelt und gaukelt und flügelt und giebt
Sich sehr verliebt.

Plötzlich, ei fällt denn der Himmel ein?
Weitet sich, breitet sich bläulicher Schein.
Läßt sich das zärtliche Pärchen nieder
Frech mir gerad' auf die Augenlider?
Aber schon merk' ich's am salzigen Geruch,
Und schon fühl' ich's am derben Tuch,
Schürzentuch,
Und hör es am Lachen, die Grete, die Katz,
Beschlich ihren Schatz.

Seit an Seit und Hand in Hand,
Schäferstündchen am stillen Strand.
Schmeichelnder Wind und schäkernde Wellen;
Faltergeschwirr im zitternden, hellen
Sonnengeflirr überm Dünenhang;
Irgendwoher ein verwehter Klang,
Glockenklang,
Und Hundegebell und das klägliche Muh
Einer einsamen Kuh.

the grip 10.09.2015 13:43

Rainer Maria Rilke:
 
Spaziergang

Schon ist mein Blick am Hügel, dem besonnten,
dem Wege, den ich kaum begann, voran.
So faßt uns das, was wir nicht fassen konnten,
voller Erscheinung, aus der Ferne an –

und wandelt uns, auch wenn wirs nicht erreichen,
in jenes, das wir, kaum es ahnend, sind;
ein Zeichen weht, erwidernd unserm Zeichen ...
Wir aber spüren nur den Gegenwind.

TriVet 11.11.2015 13:32

Was ist los?
Keine Gedichte mehr?:confused:

Bis es wieder weitergeht liefere ich mal eines,

von Michael Schönen


Überschrift Doppelpunkt Diktat

Wie soll ich Dich denn nur erreichen
Komma Geliebte Fragezeichen
Denn ich gestehe Doppelpunkt
Es hat bei mir schon längst gefunkt
Punkt Dann ein Absatz Neuer Satz
Laß dich umarmen Komma Schatz
Ausrufezeichen Neue Zeile
Bis ich in Deine Arme eile
Komma träum ich nur von Dir
Semikolon Schreibe mir
Punkt Mein Herz Gedankenstrich
es rast und brennt und schlägt für Dich
Komma nur für Dich allein
Ausrufezeichen Absatz Dein
Verehrer Klammer auf dann groß
Verwirrt Komma und ruhelos
durch Dich Komma Geliebte Du
Ausrufezeichen Klammer zu

the grip 11.11.2015 17:01

Hatte jetzt mal meine "Arbeit" eingestellt, da ich kaum noch hier im Forum bin.
Du kannst das gerne übernehmen.

Irgendwann sind alle Themen zum x-ten Mal durchgenudelt und es gibt gewisse Themen, die ich bestimmt nicht mit Halbwissenden im Internet diskutiere.

bellamartha 11.11.2015 17:25

Schön! Also gut:



Diktat

Wie soll ich Dich denn nur erreichen, Geliebte?
Denn ich gestehe: Es hat bei mir schon längst gefunkt.

Lass dich umarmen, Schatz!
Bis ich in Deine Arme eile, träum ich nur von Dir; schreibe mir.
Mein Herz - es rast und brennt und schlägt für Dich, nur für Dich allein!

Dein Verehrer (Verwirrt und ruhelos, durch Dich, Geliebte Du!)


Zitat:

Zitat von TriVet (Beitrag 1181751)
Was ist los?
Keine Gedichte mehr?:confused:

Bis es wieder weitergeht liefere ich mal eines,

von Michael Schönen


Überschrift Doppelpunkt Diktat

Wie soll ich Dich denn nur erreichen
Komma Geliebte Fragezeichen
Denn ich gestehe Doppelpunkt
Es hat bei mir schon längst gefunkt
Punkt Dann ein Absatz Neuer Satz
Laß dich umarmen Komma Schatz
Ausrufezeichen Neue Zeile
Bis ich in Deine Arme eile
Komma träum ich nur von Dir
Semikolon Schreibe mir
Punkt Mein Herz Gedankenstrich
es rast und brennt und schlägt für Dich
Komma nur für Dich allein
Ausrufezeichen Absatz Dein
Verehrer Klammer auf dann groß
Verwirrt Komma und ruhelos
durch Dich Komma Geliebte Du
Ausrufezeichen Klammer zu


bellamartha 11.11.2015 17:26

Zitat:

Zitat von the grip (Beitrag 1181793)
Hatte jetzt mal meine "Arbeit" eingestellt, da ich kaum noch hier im Forum bin.
Du kannst das gerne übernehmen.

Irgendwann sind alle Themen zum x-ten Mal durchgenudelt und es gibt gewisse Themen, die ich bestimmt nicht mit Halbwissenden im Internet diskutiere.

Schade!

(Aber über welche Themen hast du denn hier mit Halbwissenden diskutiert?)

Gruß
J., die hier immer gerne gelesen hat.

TriVet 15.01.2016 09:54

Da ich hier immer gerne gelesen habe, steuere ich ein Gedicht bei,
anläßlich des Thread-Titels und da ich ihn eh gerne mag, eines von Robert Gernhardt:

"Ermunterung"


Hallo, süße Kleine,

komm mit mir ins Reine!

Hier im Reinen ist es schön,

viel schöner als im Schmutz zu stehen,

Hier gibt es lauter reine Sachen,

die können wir jetzt schmutzig machen.

Schmutz kann man nicht beschmutzen,

laß uns die Reinheit nutzen.

Sie derart zu verdrecken,

das Bettchen und die Decken.

Die Laken und die Kissen,

daß alles Leute wissen:

Wir haben alles vollgesaut

und sind jetzt Bräutigam und Braut.

TriVet 20.06.2020 11:07

Mal wieder daran erinnert, dass es hier auch sooo viele schöne, witzige, anrührende, vergnügliche Beiträge gab (man müsste mal ein best-of editieren...)
Insofern Gelegenheit, einen Klassiker von Wilhelm Busch anzubringen:

INTERIMISTISCHE ZERSTREUUNG

Ratsam ist und bleibt es immer
Für ein junges Frauenzimmer,
Einen Mann sich zu erwählen
Und wo möglich zu vermählen.

Erstens: will es so der Brauch.
Zweitens: will man's selber auch.
Drittens: man bedarf der Leitung
Und der männlichen Begleitung;

Weil bekanntlich manche Sachen,
Welche große Freude machen,
Mädchen nicht allein verstehn;
Als da ist: ins Wirtshaus gehn. -

TriVet 26.02.2023 23:11

Aus gegebenem Anlass mal wieder Gernhardt:


Dichter Dorlamm lässt nur äußerst selten
andre Meinungen als seine gelten.

Meinung, sagt er, kommt nun mal von mein,
deine Meinung kann nicht meine sein.

Meine Meinung - ja, das lässt sich hören!
Deine Meinung könnte da nur stören.

Und ihr andern schweigt! Du meine Güte!
Eure Eurung steckt euch an die Hüte!

Lasst uns schweigen, Freunde! Senkt das Banner!
Dorlamm irrt. Doch formulieren kann er.

Harm 27.02.2023 11:11

Gegen die Meinung von Robert Genrhardt lässt sich nur schwer anstinken, dafür aber hier eines mit mehr Sportbezug für alle Rekonvaleszenten.

Leider nicht von Gernhardt aber von Bert Brecht (Die Krücken):

Sieben Jahre wollt kein Schritt mir glücken.
Als ich zu dem großen Arzte kam,
Fragte er: Wozu die Krücken?
Und ich sagte: Ich bin lahm.

Sagte er: das ist kein Wunder.
Sei so freundlich, zu probieren!
Was Dich lähmt, ist dieser Plunder.
Geh, fall, kriech auf allen Vieren!

Lachend wie ein Ungeheuer
Nahm er meine schönen Krücken,
Brach sie durch auf meinem Rücken,
Warf sie lachend in das Feuer.

Nun, ich bin kuriert: ich gehe.
Mich kurierte ein Gelächter.
Nur zuweilen, wenn ich Hölzer sehe,
Gehe ich für Stunden etwas schlechter.

TriVet 18.10.2024 04:44

In einer Welt voll Unglück und Gram muss man den Trost der Gedichte mal wieder aktivieren.

daher von
Altmeister Erhardt ein Kurzes:

Wenn dir ein Fels vom Herzen fällt,
so fällt er auf den Fuß dir prompt!
So ist es nun mal auf der Welt;
ein Kummer geht, ein Kummer kommt.“

bellamartha 18.10.2024 12:21

Danke, dass du diesen wunderbaren Thread mal wieder in Erinnerung rufst!
Was macht wohl the grip?

bellamartha 18.10.2024 12:23

Zitat:

Zitat von bellamartha (Beitrag 1760827)
Danke, dass du diesen wunderbaren Thread mal wieder in Erinnerung rufst!
Was macht wohl the grip?

2017 die letzte Aktivität hier. Schade.

DocTom 18.10.2024 12:37

Zitat:

Zitat von TriVet (Beitrag 1760782)
In einer Welt voll Unglück und Gram muss man den Trost der Gedichte mal wieder aktivieren.
...

:Danke: you made my friday...

Auch wenn wir oft differenter Ansicht sind, hier mal dickes Lob an Dich, den Thread reaktiviert zu haben.
Gute Sache, schönes WE allen
Thomas

H. Erhardt:
"Meine besten Witze hab ich erzählt,
das Publikum lächelte nur leicht gequält.
doch Heiterkeit ohne Maß und Ziel
erregte ich, als ich vom Fahrrad fiel."

TriVet 09.12.2024 18:07

Es nahen die besinnlichen Tage …:cool:

Zitat:

Zitat von pioto (Beitrag 55922)
Moin "the grip",

ich hoffe, deine Frau nimmt dir den letzten Satz nicht allzu übel...nicht dass es dir so ergeht wie dem Förster in folgendem Gedicht:

Weihnachtsgedicht a'la Loriot

Es blaut die Nacht, die Sternlein blinken
Schneeflöcklein leis' herniedersinken.
Auf Edeltännleins grünem Wipfel
häuft sich ein kleiner, weißer Zipfel.
Und dort, vom Fenster her, durchbricht
den tunklen Tann ein warmes Licht.

Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer
die Försterin im Herrenzimmer.
In dieser wunderschönen Nacht
hat sie den Förster umgebracht.
Er war ihr bei des Heimes Pflege
seit langer Zeit schon sehr im Wege.
Drum kam sie mit sich überein:
Am Niklasabend muß es sein.

Und als das Rehlein ging zur Ruh'
das Häslein tat die Augen zu,
erlegte sie - direkt von vorn -
den Gatten über Kimm' und Korn.
Vom Knall geweckt rümpft nur der Hase
zwei, drei, viermal die Schnuppernase
und ruhet weiter süß im Dunkeln
derweil die Sterne traulich funkeln.

Und in der guten Stube drinnen,
da läuft des Försters Blut von hinnen.
Nun muß die Försterin sich eilen,
den Gatten sauber zu zerteilen.
Schnell hat sie ihn bis auf die Knochen
nach Waidmannssitte aufgebrochen.
Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied,
was der Gemahl bisher vermied,
behält ein Teil Filet zurück
als festtägliches Bratenstück
und packt darauf - es geht auf vier -
die Reste in Geschenkpapier.

Da tönt's von fern wie Silberschellen,
im Dorfe hört man Hunde bellen.
Wer ist's, der in so später Nacht
im Schnee noch seine Runden macht?
Knecht Ruprecht kommt mit goldnem Schlitten
auf einem Hirsch herangeritten.
"He, gute Frau, habt Ihr noch Sachen,
die armen Menschen Freude machen?"

Des Försters Haus ist tief verschneit,
doch seine Frau ist schon bereit:
"Die sechs Pakete, heilger Mann,
's ist alles, was ich geben kann."

Die Silberschellen klingen leise,
Knecht Ruprecht macht sich auf die Reise.
Im Försterhaus die Kerze brennt,
ein Sternlein blinkt - es ist Advent!


Harm 09.12.2024 18:24

Maskenball im Hochgebirge
 
Eines schönen Abends wurden alle
Gäste des Hotels verrückt, und sie
rannten schlagerbrüllend aus der Halle
in die Dunkelheit und fuhren Ski.

Und sie sausten über weiße Hänge.
Und der Vollmond wurde förmlich fahl.
Und er zog sich staunend in die Länge.
So etwas sah er zum erstenmal.

Manche Frauen trugen nichts als Flitter.
Andre Frauen waren in Trikots.
Ein Fabrikdirektor kam als Ritter.
Und der Helm war ihm zwei Kopf zu groß.

Sieben Rehe starben auf der Stelle.
Diese armen Tiere traf der Schlag.
Möglich, daß es an der Jazzkapelle –
denn auch die war mitgefahren – lag.

Die Umgebung glich gefrornen Betten.
Auf die Abendkleider fiel der Reif.
Zähne klapperten wie Kastagnetten.
Frau von Cottas Brüste wurden steif.

Das Gebirge machte böse Miene.
Das Gebirge wollte seine Ruh.
Und mit einer mittleren Lawine
deckte es die blöde Bande zu.

Dieser Vorgang ist ganz leicht erklärlich.
Der Natur riß einfach die Geduld.
Andre Gründe hierfür gibt es schwerlich.
Den Verkehrsverein trifft keine Schuld.


Man begrub die kalten Herrn und Damen.
Und auch etwas Gutes war dabei:
für die Gäste, die am Mittwoch kamen,
wurden endlich ein paar Zimmer frei.

Erich Kästner
schließlich steht die Wintersportsaison vor der Tür

Verzeiht mir, falls das schon hier war, kann man aber nicht oft genug rezitieren

Harm 17.12.2024 10:04

Eugen Roth, Weidmans Heil:
 
Ein Mensch, schon vorgerückt an Jahren,
Entschließt sich dennoch, Schi zu fahren
Und zwar, weil er einmal erfuhr,
Daß in der Freiheit der Natur
Die Auswahl oft ganz unbeschreiblich
An Wesen, welche erstens weiblich
Und zweitens, dies verhältnismäßig
Sehr wohlgestalt und schöngesäßig.
Der Mensch beschließt, mit einem Wort,
Die Häschenjagd als Wintersport.

Doch was er trifft auf Übungshügeln,
Kann seine Sehnsucht nicht beflügeln.
Dort fällt ja stets, seit vielen Wintern,
Das gleiche Volk auf dicke Hintern.
Die Häschen ziehn zu seinem Schmerz
Sich immer höher alpenwärts,
Und sind auch leider unzertrennlich
Vereint mit Wesen, welche männlich.

Der Mensch, der leider nur ein Fretter
Und kein Beherrscher jener Bretter,
Die einzig hier die Welt bedeuten,
Vermag kein Häschen zu erbeuten,
Weshalb er, anstatt Schi zu laufen,
Ins Kurhaus geht, sich zu besaufen.


In meiner Kindheit haben mein Bruder, meine Mutter und ich uns oft geschämt, wenn mein Vater im Skiurlaub dieses und andere Gedichte zum X-ten Mal rezitierte. Nun fehlen die Gedichte (und mein Vater) irgendwie....

TriVet 17.12.2024 10:21

Zitat:

Zitat von Harm (Beitrag 1766980)
E[i]in Mensch, schon vorgerückt an Jahren,
Entschließt sich dennoch, Schi zu fahren....

Sehr schön, vielen Dank.:Blumen:

TriVet 23.12.2024 18:40

Weihnachten


Ich sehn‘ mich so nach einem Land

der Ruhe und Geborgenheit.

Ich glaub‘, ich hab’s einmal gekannt,

als ich den Sternenhimmel weit

und klar vor meinen Augen sah,

unendlich großes Weltenall.

Und etwas dann mit mir geschah:

Ich ahnte, spürte auf einmal,

daß alles: Sterne, Berg und Tal,

ob ferne Länder, fremdes Volk,

sei es der Mond, sei’s Sonnnenstrahl,

daß Regen, Schnee und jede Wolk,

daß all das in mir drin ich find,

verkleinert, einmalig und schön.

Ich muß gar nicht zu jedem hin,

ich spür das Schwingen, spür die Tön‘

ein’s jeden Dinges, nah und fern,

wenn ich mich öffne und werd‘ still

in Ehrfurcht vor dem großen Herrn,

der all dies schuf und halten will.

Ich glaube, das war der Moment,

den sicher jeder von euch kennt,

in dem der Mensch zur Lieb‘ bereit:

Ich glaub, da ist Weihnachten nicht weit!


Hermann Hesse

tuben 24.12.2024 15:33

Fritz J. Kopka
Zu singen auf den Bach-Choral
"Oh Haupt voll Blut und Wunden"

O Mensch voll Angst und Hochmut
Voll Lust und Lethargie
O Mensch unter dem Stahlhut
So ungeschützt wie nie
So nah an Macht und Ohnmacht
So drohend und bedroht
Es gilt nur Frieden machen
Kein anderes Gebot

Du wirst den Frieden finden
Nur hier auf diesem Stern
Kein noch so hoher Himmel
Wird einem Krieg sein fern
Kein Traum vom Überleben
Erlebt den Morgen noch
Es kann nur Frieden geben
Wer nicht verzagt: dennoch

Wer mag und kann, spielt dazu einen schönen, weihnachtlichen Gitarrensatz :)

sybenwurz 21.01.2025 20:59

Kein Sport. Nur zeitgemäss.

During the night a circus had come into town
But I saw no lion no tiger
Just an angry old clown
I stood by the window shaking in disbelief
Rubbing my eyes and praying to still be asleep
But I was wide awake when they gave him a crown

(Pernilla Kannapinn)

TriVet 30.04.2025 09:56

Eugen Roth passt immer:

Einbildung

Wir seh'n mit Grausen ringsherum:
die Leute werden alt und dumm.
Nur wir allein im weiten Kreise,
wir bleiben jung und werden weise.


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 03:43 Uhr.

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