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Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1598442)
Du Leute werden doch gehört. Sogar der Trainer des FC Bayern gibt vor einem Millionenpublikum seinen Senf zu Experten wie Karl Lauterbach ab, ohne rot zu werden.
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Etwas sagen zu können, und gehört zu werden, sind zwei Paar Stiefel. Allein Dein Zusatz, "ohne rot zu werden" suggeriert, daß schon die Äußerung für Dich nicht in Ordnung ist.
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Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1598442)
Wie stellst Du Dir das vor, soll der Bundestag zusammenkommen und abstimmen über die Ansichten von Karl Lauterbach, der WHO und Hansi Flick?
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Diese überpolarisierte Darstellung ist genau das, was ich an der Debatte unmöglich finde. Als ob es nur die kompetente Meinung von Lauterbach und WHO gegen absolute Laien gäbe. Tatsächlich geht es darum, daß die echten Alternativen zu Lauterbach & Co unter den pragmatischen Fachleuten wie Schrappe, Ioannidis oder auch Palmer zu suchen sind; daß diese Alternativen auch u.U. ein Laie wie Flick gut findet, diskreditiert sie nicht. Und ja, der Bundestag und die Regierung müßten diese Abwägung nachvollziehbar durchführen - davon war bisher kaum was zu sehen.
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Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1598442)
Oder wenn Dir bei einer schweren Krankheit eine äußerst riskante Behandlung vorgeschlagen wird – vom Hausmeister der Uniklinik. Die Fachärzte raten Dir hingegen mehrheitlich davon ab. Du kannst mir doch nicht erzählen, dass Du dann nur das Argument bewertest, nicht aber die Expertise der Personen insgesamt? Das nehme ich Dir nicht ab. (No offense).
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Mußt Du nicht. Ich gehe aber davon aus, daß jeder (auch ein Laie) Kenntnis von etwas sinnvollem haben kann. Wenn er also etwas sagt, überprüfe ich den Inhalt, und verwerfe es nicht, weil er nur Hausmeister ist (bei der Prüfung ist die Zahl der Fachleut egal, die Inhalt zählen). Ich verwerfe es vielleicht, wenn der Stil zu agressiv, propagandistisch oder unreflektiert ist, aber nicht wegen der "Laienhaftigkeit" der Person an sich, auch nicht, weil er evtl. zu einer unliebsamen Partei oder den Hells Angels gehört.
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Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1598442)
Das tun wir im Wesentlichen auch so. Schweden und Deutschland setzen beide auf die gleichen Mittel, nämlich Abstand und Impfen. Die Unterschiede sind klein und vor allem der höheren Bevölkerungsdichte in und um Deutschland geschuldet.
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Ich nehme Dir wiederum nicht ab, daß Du den Unterschied nicht erkennst: Aufklärung und Empfehlung gegen Zwangsmaßnahmen und polizeilich durchgesetzte Einschränkungen weit über das hinaus, was Schweden je hatte; wer darin einen kleinen Unterschied sieht, braucht wohl eine Brille. Und 80 % der Schweden lebt unter ähnlicher Bevölkerungsdichte um Stockholm, Göteborg und Malmö, wie die deutschen Ballungsgebiete.
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Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1598442)
Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit sind natürlich Voraussetzungen für jede Maßnahme. Das versteht sich von selbst. Als weiteres Kriterium kommt nach meiner Meinung jedoch die Konsensfähigkeit hinzu. Beispielsweise hat sich der Vorschlag, die ganz alten Patienten einfach ersticken zu lassen, als nicht konsensfähig erwiesen.
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Weil es sich von selbst versteht wurde der Mann im Innenministerium, der dies angeregt hat, versetzt und abgemahnt. Logisch. Und vom Vorschlag, alte Patienten einfach ersticken zu lassen weiß ich nichts. Ich weiß nur, daß in Ungarn zur Zeit erkannt wird, daß dort die extrem hohe Sterblichkeit u.a. damit zu tun hat, daß dort undifferenziert (und aus ungarischer Sicht anders, als in den meisten europäischen Ländern) jeder hoffnungslose Fall an die Beatmungsgeräte kommt, so daß todgeweihte Ü85-Patienten die Intensivstationen (mit 95 % Sterblichkeit) verstopfen, so daß die Versorgung der jüngeren Patienten zu kurz kommt. Italien hat anfangs auch diesen Fehler gemacht. Und wir hatten zuletzt auch Spanien als Beispiel für unterschiedlichen Umgang mit schwerstkranken Patienten - Intensivstation ist eben nicht für jeden die humanste Option - das hat nichts mit "ersticken lassen" zu tun.
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Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1598442)
Die Diskussion über den richtigen Weg wird jedoch bereits sehr intensiv geführt. In allen Medien geht es seit über einem Jahr um kaum etwas anderes. Minderheiten aller Couleur sind in dieser Debatte vertreten.
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Und werden durch die Bank, wenn sie keine härtere Vorgehensweise fordern, sondern Verhältnismäßigkeit anmahnen, in die Nähe von Verschwörungstheoretikern, Covidioten, u.ä.m. gerückt.
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Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1598442)
Dein letzter Satz ist aus meiner Sicht falsch. Beispiel: In manchen Ländern plädieren die Grünen für den Ausbau der Atomenergie. Dabei geht es ihnen um den Klimaschutz. Es ist nicht dasselbe, wenn ein antisemitischer, nationalistischer Politiker im Iran, der zudem den Geburtstag von Adolf Hilter zum Feiertag erklären möchte, den gleichen Vorschlag macht.
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Wiederum sehe ich es anders. Die aussage, daß Atomkraftwerke dem Klimaschutz helfen können, ist richtig, völlig unabhängig von der Person (lassen wir mal die Details über zwingender Notwendigkeit hier weg). Wenn man dem Iran diesen Weg des Klimaschutzes nicht erlauben sollte, dann nur weil die Sicherung von Frieden wichtiger ist, als Klimaschutz. Aber die Aussage stimmt. Punkt.
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Zitat von Klugschnacker
(Beitrag 1598442)
Das halte ich für eine weit übertriebene Darstellung. Wer "jegliche grundsätzliche Zweifel an aktuellen Mehrheitsmeinungen" äußert, würde in die Nähe von Nazis gerückt? Abweichende Meinungen würden mit mehr oder weniger Druck unterdrückt? Das scheint mir nicht den Tatsachen zu entsprechen. Ich respektiere Deinen Appell für eine rein sachliche, faktenbasierte Debatte. Die oben zitierte Formulierung ist Dir aber missraten, finde ich.
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Bedauere, aber es entspricht meiner Beobachtung; es wird leider zunehmend akzeptabel, nach Berufsverbot oder Entlassungen zu rufen (und auch durchzuführen), nur weil jemand unliebsame Meinungen öffentlich vertritt (faszinierend, wenn man sich an die "weg mit den Berufsverboten"-Zeit erinnert). Der Druck ist nicht staatlich, aber medial und sozial zunehmend, und nicht harmloser, bloß weil es nicht vom Staat direkt ausgeht.
Offene Diskussion und Meinungsfreiheit sind nur etwas Wert, wenn sie nicht nach Idi Amin interpretiert werden:
"There is freedom of speech, but I cannot guarantee freedom after speech."