Zitat:
Zitat von Pascal
(Beitrag 1228153)
Ich kann mich in die Denkweise die Du nachstellt gut einfühlen. Was wäre die bessere oder richtigere Alternative oder Vorgehensweise bei einem Schicksalsschlag zu agieren? Was tröstet Eltern, die ihr Kind in jungen Jahren verloren haben durch Krankheit oder Unfall ? Die Ratio sich zuzusprechen "Shit happens"? Wie würdest Du solchen Eltern Trost und Beistand zusprechen?
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Es gibt keine allgemein "bessere" oder gar "richtigere" Vorgehensweise, nur eine, die zum Betroffenen paßt, ihm hilft, ihm gerecht wird. Ich kann mit der Art Trost und Halt, wie es tief religiöse Menschen in Gott finden, nichts anfangen - wer aber darin Trost und Halt findet, bewältigt seine Krise ggf. leichter, als ich, das mag ja sein. Aber es entzieht sich meiner Vorstellungskraft, wie man als Eltern schwerkranker, schwertsbehinderter Kinder darin ein Beweis für die Güte eines höheren Wesens sehen kann, und es nicht als Zeichen einer vollkommenen Gleichgültigkeit der Menschheit gegenüber, vorausgesetzt es gibt dieses höhere Wesen.
Ich habe selbst einen behinderten Sohn. Ich habe durch meinen Sohn gelernt, die Prioritäten im Leben zu verschieben, sich über Sachen zu freuen, die andere nicht mal bemerken, Sorgen, die anderen schlaflose Nächte verursachen, als lächerliche Kleinigkeiten zu betrachten. Mir hat Trost und Beistand gegeben, mich mit anderen Betroffenen auszutauschen, und zu erkennen, daß man immer etwas bewegen, etwas ändern, etwas tun kann - ich finde meinen Halt darin, daß ich die Möglichkeit habe, etwas zu tun und zu gestalten, und wenn es noch so wenig ist. Ich bin nicht hilflos einem bösen Schicksal ausgeliefert.
Ich habe durch meinen Sohn sehr viele verschiedene Menschen kennengelernt mit ähnlichen, oft viel schlimmeren Geschichten. Viele finden ihren Halt in einer (für mich unverständlichen) Verzerrung der Realität: das behinderte Kind sein ein besonders Geschenk (Gottes), das das Leben bereichert. Sie betrachten ihr Leben oft als "wertvoller" als das normaler Familien, es wird alles schöngeredet, und dabei sogar oft das Leiden des Kindes ausgeblendet. Diese Sichtweise wird oft aggressiv verteidigt, mir wurde oft eine bedindertenfeindliche Gesinnung vorgeworfen, weil ich die Behinderung als solche betrachte.
Was ich damit sagen will: jeder muß seinen eigenen Weg finden, mit sowas fertig zu werden. Die Kunst von Seelsorgern muß es sein, für jeden die richtigen Worte, richtigen Ideen zu finden - ich glaube, es gibt kaum einen schwereren Beruf, mit einer größeren Verantwortung.