triathlon-szene.de |  Europas aktivstes Triathlon  Forum

triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum (https://www.triathlon-szene.de/forum/index.php)
-   Politik, Religion & Gesellschaft (https://www.triathlon-szene.de/forum/forumdisplay.php?f=30)
-   -   Da fasse ich mir echt an den Kopf… (https://www.triathlon-szene.de/forum/showthread.php?t=26204)

qbz 01.12.2017 23:27

Zitat:

Zitat von tandem65 (Beitrag 1346380)
.....
Warum ist Selbstbefriedigung deiner Meinung nach Sünde?

Die freie katholische Enzyklopädie Kathpedia schreibt unter dem Begriff "Selbstbefriedigung":

Das kirchliche Lehramt in seiner langen und stets gleichbleibenden Überlieferung als auch das sittliche Empfinden der Gläubigen haben niemals gezögert, die Selbstbefriedigung als eine in sich schwere ordnungswidrige Handlung und Verstoß gegen die Keuschheit, zu brandmarken, weil „der frei gewollte Gebrauch der Geschlechtskraft, aus welchem Motiv er auch immer geschieht, außerhalb der normalen ehelichen Beziehungen seiner Zielsetzung wesentlich widerspricht“ (vgl. KKK 2352). Schon Thomas von Aquin zählte die Selbstbefriedigung zu den Lastern gegen die Natur.[4] Die frei gewollte "Selbstbefrieidgung" ist in 1 Kor 6,9 EU (Lustknaben) unter den Sünden, die vom Reiche Gottes ausschließen,[5] ebenso schließt sich der Mensch, bis zur aufrichtigen Beichte, von der sakramentalen Kommunion aus.[6]

In denselben Bereich gehört auch der Beitrag der Kathpedia zur Unzucht:
"Unzucht (biblisch, griech.: porneia) im weiten Sinn, bedeutet "ohne Zucht" und wird (umgangssprachlich) für jeden freiwilligen[1][2] Geschlechtsverkehr verwendet, der nicht dem heterosexuellem Umgang innerhalb der Ehe von Mann und Frau entspricht. [3]Unzucht ist eine schwere Sünde und schließt von der Kommunion und vom Himmelreich aus[4]. "Jede andere Sünde, die der Mensch tut, bleibt außerhalb des Leibes. Wer aber Unzucht treibt, versündigt sich gegen den eigenen Leib,[5] und ist Sklave des Fleischlichen. Unzucht ist ein Ausdruck des Lasters der Unkeuschheit. [6]

In unseren Regionen versündigen sich vermutlich die meisten katholisch getauften Jugendlichen wegen Selbstbefriedigung und vorgeblicher Unzucht. Die kath. Lehre bringt sie in schwere Gewissenskonflikte.

Jörn 01.12.2017 23:47

Man beachte: Sofern man nicht von "Gottes Reich" ausgeschlossen sein möchte (ewiges Höllenfeuer) muss man dem Dorfpfarrer jedes einzelne "Vorkommnis" beichten.

"Aufrichtige Beichte" meint, dass man keine sündhaften Details weglässt. Alles muss ausgesprochen werden.

Speziell vor der Kommunion muss vollständig gebeichtet werden, da diese sonst nicht "gilt".

Die Pflicht zur vollständigen Beichte betrifft übrigens auch Ehepaare, die auf irgendeine Weise verhüten.

Und Verlobte, bevor diese das Ehe-Sakrament erhalten. Da wollen wir im Detail wissen, was gelaufen ist.

Trimichi 02.12.2017 08:36

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1346399)

Und Verlobte, bevor diese das Ehe-Sakrament erhalten. Da wollen wir im Detail wissen, was gelaufen ist.

Das wird dann wohl ein längerer Aufsatz. Muss warten. Vorab eine kleiner Vorbericht.

Muss wohl wieder auf die Philippinen. Die Wahrscheinlichkeit das ich es wieder schaffe zu entkommen ist dieses mal größer. Ich erachte sie auf 80%. Letztes Mal waren es 40%. Ich hatte die kleine Gemeinde mit 11000 Seelen so "verhext", dass sie nicht mehr genau wussten wann Weihnachten ist, d.h. meine Uhr hatte GPS, nachdem die philippinische Regierung im Auftrag der Firma TIMEX (kannte damals eine adrette Dame die für Timex auf den Phil arbeitet...) dieses nach dem vorletzten Male freigeschaltet hatte, so hatte ich im Busch Signal, Zeitangabe und Kalender und konnte sicher sagen, welchen Tag und welche Zeit wir hatten. Im Gegensatz zu den Einheimischen, schließlich ging die Kirchturmuhr nicht mehr so genau...
Allerdings wurde ich von einheimischen Buschleuten mit Macheten bewaffnet zur Vernunft gebracht und habe auf Knien um mein Leben gefleht. Man hatte mich laufen lassen. Zu einer Gerichtsverhandlung kam es nicht.

Könnte ich ein Buch drüber schreiben. Mach ich vielleicht auch noch, wenn ich älter bin...

waden 02.12.2017 13:38

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1346419)
..Könnte ich ein Buch drüber schreiben. .

der Titel wäre dann "off topic"? Was hat Deine phiippinische Busch-Story mit dem Thema zu tun?

waden 02.12.2017 18:58

Ich möchte noch einmal auf den von qbz verlinkten Lohfink -Text eingehen, weil ich die dortige Argumentation interessant finde - sie begegnet einem ja immer wieder von Seiten der Kirche.

(es ist etwas lang geworden..sorry.. es waren ja auch pdf-13 Seiten)

„Den 11. September hat uns der Islam beschert“. An der Katholischen Akademie in Bayern kann man das offensichtlich widerspruchsfrei sagen. Eigentlich schon ein Hammer zu Beginn, dieser Satz. Da möchte ich doch gleich im gleichen Niveau antworten: „Die Kreuzzüge hat uns das Christentum beschert“ oder auch „den Judenhass hat uns das Christentum beschert“.


Lohfink nimmt sich den Begriff des Monotheismus vor: er sagt, dies sei keine Selbstbezeichnung, sondern sei erst im 17. Jahrhundert entwickelt worden. Mit definitorischen Übungen wie „verschiedene Erfahrungen des einen Gottes“ und „Einheit des Göttlichen im Polytheismus“ möchte er den Begriff Monotheismus entwerten, als läge er nicht im Wesen der Religionen selbst. Wie passt das zum ersten Gebot „Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“? Es ist lächerlich, zu versuchen, über Begrifflichkeiten dem Christentum den monotheistischen Charakter abzusprechen.

Lohfinks nächstes Argument ist die Gewalt selbst, die sich überall zeige, wo Menschen sind. Dies gelte insbesondere für die Zeit, in der das Alte Testament entstanden sei. Das faktische Israel sei zum großen Teil und lange Zeit hindurch polytheistisch gewissen. Bereits in dieser Zeit habe in allen Legenden Gewalt geherrscht. Die Gewalttat „Vernichtungsweihe“, als „die Ausrottung der Bevölkerung einer eroberten Stadt“ als „Opfergabe an die eigene Gottheit“ sei keine Erfindung Israels, sondern gang und gäbe gewesen. Auch in den polytheistischen Ländern Ägypten und Azur mit ihren Weltherrschaftsideologien habe die Gewalt geherrscht.

Dieser Betrachtung kann ich etwas abgewinnen: der biblische Text wurde nunmal von Menschen in dieser Zeit verfasst. Die Bibel ist ein historischer Text. Lohfink selbst schreibt „Für den Historiker ist eine zeitgenössische Inschrift, die man unter der Erde gefunden hat, eine viel zuverlässigere Quelle als eine Erzählung in einem biblischen Buch, die der literarischen Gattung nach lange nur als Sage umging, erst Jahrhunderte nach den Ereignissen niedergeschrieben und uns nur in noch späteren literarischen Darstellungen erhalten ist“ Diese Argumentation benutzt er, um die Historizität der Aussagen zur Gewalt aus der Bibel anzuzweifeln.



Lohfink erklärt dann allerdings wie die Bibel als heiliges Buch richtig zu lesen sei (offenbar erkennt er keinen Widerspruch zu seiner vorherigen Aussage, es seien menschliche Texte vor zeitgebundenem Hintergrund).

„Man muß heilige Bücher so lesen, wie sie in ihrer Rezeptionsgemeinschaft selbst gelesen wurden und werden. Das Alte Testament, einmal zum Kanon geworden, ist deshalb als Einheit zu lesen. Seine Bücher selbst stammen aus verschiedenen Epochen und spiegeln verschiedene Weltsichten. Als Teile des Kanons wachsen sie jedoch zur Einheit zusammen, treten ins Gespräch miteinander und stimmen sich in ihren Aussagen aufeinander ab“

Diese Forderung ist kühn. Der „Dialog der Teile des Kanons miteinander“ ist eine „elegante“ Möglichkeit, die eklatanten Widersprüche der Textteile zueinander aufzulösen. Dabei ist Erklärung viel einfacher: Menschen zu unterschiedlichen Zeiten haben Unterschiedliches geschrieben. Natürlich kann ich so nachvollziehen, wie er das Buch verstanden wissen will. Aber könnte er selbst diesem Anspruch auch z.B. bei einem hinduistischen Text folgen? Ich sehe die Notwendigkeit, dem zu folgen, um seine Gedanken nachzuvollziehen - aber teilen kann ich sie nur deswegen nicht.

Gott habe die Welt als Paradies geschaffen, der Mensch habe die Gewalt ins Spiel gebracht, die mit Gottes Hilfe durch „legitime“ Gegengewalt gebändigt worden sei. Die zweite neue Welt (nach der Sintflut) habe Gott „mit eingebauter Gewalt im begrenzten Maß" geschaffen. „Diese Aussagen der biblischen Urgeschichte […] beanspruchen Geltung. Um die Gewalt zu bändigen, ist leider Gewalt vonnöten.“ Und später schreibt er von „legitimer Gewalt Israels“.

„Das Alte Testament in der Fülle seiner Texte ist nun das höchstkomplizierte Zeugnis des für Israel selbst nötigen Weges aus der Gewalt“ Dann wählt er unterschiedliche Textbeispiele aus dem AT, um einen Weg zu beschreiben, den aus der Gewalt. Das ist eine wünschenswerte Sicht, aber natürlich eine zeitgebundene, dem 21. Jh. verhafteter Blick. ("Schwerter zu Pflugscharen"). Die Kirchengeschichte zeigt, zu welch eklatant anderen Auslegungen man kommen kann, und welche Arten von Gewalt über Jahrhunderte mit ebenso elaborierten Interpretationen üblich waren.

Mit welcher Kompetenz ist Herr Lohfink ausgestattet, dass ich seiner Interpretation vertrauen soll und nicht einer ganz anderen?

In diesem Zusammenhang würde mich noch interessieren, wie er den elegant ausgeklammerten Begriff des Auserwählten Volkes im Sinne des AT, des NT, des Judentums und des Islam interpretiert. Wer ist jetzt auserwählt?

(Wer es bis hierhin gelesen hat - danke fürs Lesen:Blumen: )

qbz 02.12.2017 20:27

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1346490)
...........
„Man muß heilige Bücher so lesen, wie sie in ihrer Rezeptionsgemeinschaft selbst gelesen wurden und werden. Das Alte Testament, einmal zum Kanon geworden, ist deshalb als Einheit zu lesen. Seine Bücher selbst stammen aus verschiedenen Epochen und spiegeln verschiedene Weltsichten. Als Teile des Kanons wachsen sie jedoch zur Einheit zusammen, treten ins Gespräch miteinander und stimmen sich in ihren Aussagen aufeinander ab“

Diese Forderung ist kühn. Der „Dialog der Teile des Kanons miteinander“ ist eine „elegante“ Möglichkeit, die eklatanten Widersprüche der Textteile zueinander aufzulösen. Dabei ist Erklärung viel einfacher: Menschen zu unterschiedlichen Zeiten haben Unterschiedliches geschrieben. Natürlich kann ich so nachvollziehen, wie er das Buch verstanden wissen will. Aber könnte er selbst diesem Anspruch auch z.B. bei einem hinduistischen Text folgen? Ich sehe die Notwendigkeit, dem zu folgen, um seine Gedanken nachzuvollziehen - aber teilen kann ich sie nur deswegen nicht.

Lohfink bezieht sich mit diesem AT-Verständnis auf eine ganz bestimmte wissenschaftliche Richtung der Bibelforschung, die davon ausgeht, dass einzelne Bücher im 6. Jahrhundert v. Chr. redaktionell überarbeitet / verändert wurden und wir heute überarbeitete Texte lesen.

"Als Deuteronomistisches Geschichtswerk ( abgekürzt DtrG) bezeichnet die historisch-kritische Bibelwissenschaft eine angenommene theologische Redaktion, die einige Bücher der Bibel miteinander verband.[1] Die Hauptbearbeitung fand im 6. Jahrhundert v. Chr. statt, wahrscheinlich im Babylonischen Exil; zumindest Teile können jedoch auch in Palästina geschrieben oder bearbeitet worden sein."

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1346490)
Gott habe die Welt als Paradies geschaffen, der Mensch habe die Gewalt ins Spiel gebracht, die mit Gottes Hilfe durch „legitime“ Gegengewalt gebändigt worden sei. Die zweite neue Welt (nach der Sintflut) habe Gott „mit eingebauter Gewalt im begrenzten Maß" geschaffen. „Diese Aussagen der biblischen Urgeschichte […] beanspruchen Geltung. Um die Gewalt zu bändigen, ist leider Gewalt vonnöten.“ Und später schreibt er von „legitimer Gewalt Israels“.
.....
„Das Alte Testament in der Fülle seiner Texte ist nun das höchstkomplizierte Zeugnis des für Israel selbst nötigen Weges aus der Gewalt“
......

Meiner Ansicht nach arbeitet Lohfink anhand der AT-Texte ein Menschenbild heraus oder interpretiert es hinein, das den Menschen als ein im Ursprung der Menschheitsgeschichte gewalttätiges, aggressives, triebhaftes, archaisches Wesen ansieht, welches erst im Laufe der Jahrtausende durch göttliche und staatliche Gewalten gebändigt, sozialisiert wurde. Analoge Sichtweisen findet man auch bei anderen Kulturkritikern z.B. Psychoanalytiker (Freud).

Klugschnacker 02.12.2017 20:34

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1346490)
Wer es bis hierhin gelesen hat - danke fürs Lesen :Blumen:

Danke für’s Schreiben.

Sehr klug und treffen geschrieben, ich habe es 2x gelesen. :Blumen:

Klugschnacker 02.12.2017 20:47

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1346490)
Gott habe die Welt als Paradies geschaffen, der Mensch habe die Gewalt ins Spiel gebracht, die mit Gottes Hilfe durch „legitime“ Gegengewalt gebändigt worden sei. Die zweite neue Welt (nach der Sintflut) habe Gott „mit eingebauter Gewalt im begrenzten Maß" geschaffen. „Diese Aussagen der biblischen Urgeschichte […] beanspruchen Geltung. Um die Gewalt zu bändigen, ist leider Gewalt vonnöten.“ Und später schreibt er von „legitimer Gewalt Israels“.

Danke für die Wiedergabe dieser Passage.

Es stellt sich die Frage: Warum hat Gott nach der Sintflut eine Welt mit (begrenzter) Gegengewalt zur menschlichen Gewalttätigkeit geschaffen? Warum hat er nicht kraft seiner Allmacht die menschliche Gewalt abgeschafft und damit das Problem an der Wurzel gepackt?

Mit dem freien Willen der Menschen zu argumentieren funktioniert nicht, denn Gottes Gegengewalt schränkt die Freiheit der Menschen ebenso ein.

Erhellend ist für mich ein Blick auf das Tierreich: Tiere leben in einer Welt von unfassbarer Gewalt und Grausamkeit. Sie fressen sich gegenseitig bei lebendigem Leib auf oder sterben an Hunger oder Parasiten. Was hat Gott gegen die Gewalt der Tiere unternommen? Kaninchen leben die meiste Zeit unterirdisch in Höhlen, um nicht lebendig gefressen zu werden. Gott gab ihnen die Fähigkeit, zeitlebens in Erdhöhlen zu verbringen. Gleichzeitig schärfte er die Sinne und Fähigkeiten ihrer Jäger, sie dennoch zu erwischen.

Hier sehen wir keinen gütigen Gott, sondern einen Rüstungswettlauf. Nur die Stärksten kommen durch. Dasselbe Prinzip wirkt bei "göttlicher Gegengewalt" zur Gewalt des Menschen. Der Stärkere setzt sich durch.

Jörn 02.12.2017 20:54

Danke, waden. Mir gefallen längere Postings.

Meiner Meinung nach geht es Lohfink darum, dass bei seinen Argumenten genau das heraus kommt, was er zuvor an Prämissen hineingeschmuggelt hat.

Die Forderung, man müsse das Alte Testament als „Kanon“ lesen, und zudem so, wie sie von den Lesern eben verstanden wurden, sagt nichts weiter, als dass die Interpretation der Leser (oder bestimmter Leser) automatisch richtig ist. Wie auch immer die Leser die Texte auffassten — so ist es richtig. Warum? Weil Lohmann ein uraltes Argument hinein mogelt, nämlich das der Teleologie.

Damit ist gemeint, dass Gott bereits zuvor wusste, wie die Leser die Texte auffassen würden. Deswegen hat er sie so verfasst, dass die Leser die von ihm gewünschten Schlüsse zogen. Also sind diese Schlüsse die Grundlage für weitere Betrachtungen, und nicht der genaue Wortlaut.

Und zu unserem grenzenlosen Glück weiß Lohmann, wie die Menschen vor 3.000 oder 2.000 Jahren die Texte verstanden haben. Die Menschen damals haben selbstverständlich gesagt: „Natürlich hat nicht Gott eine Dürre geschickt, sondern logischerweise handelt es sich um eine Hochdruckphase in den unteren Luftschichten, die mit dem Golfstrom zusammenhängen; falls wir eine Jungfrau opfern, dann geschieht das rein symbolisch!“

————

Lohfink geht es auch überhaupt nicht darum, die Motivation von Gott herauszufinden. Sondern es geht ihm darum, eine bereits gezogene Schlussfolgerung plausibel erscheinen zu lassen. Da jedoch die vielen Gräueltaten schwarz auf weiß in der Bibel stehen, kommt er zur Verblüffung seiner Zuhörer zu der Erkenntnis, dass die Gräueltaten gar nicht so gräulich waren, und zudem dienten sie einem guten Zweck. Überhaupt ist alles, was Gott tut, ziemlich dufte.

Sein Gott ist jedoch allmächtig, und er hätte jede beliebige Methode verwenden können. Gewalt war überhaupt nicht nötig. Er wäre dabei auch nicht an die Gesetze der Logik gebunden gewesen. Mehr noch, er hätte die Situation gar nicht erst entstehen lassen müssen.

Jörn 02.12.2017 21:35

Prämisse: Gott ist super.
Problem: Seine Bibel ist leider ziemlich scheiße.

Lösung: Gott ist super, und die Bibel ist gar nicht sooo scheiße!

waden 02.12.2017 21:38

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1346508)
Lohfink bezieht sich mit diesem AT-Verständnis auf eine ganz bestimmte wissenschaftliche Richtung der Bibelforschung...

Meiner Ansicht nach arbeitet Lohfink anhand der AT-Texte ein Menschenbild heraus oder interpretiert es hinein, das den Menschen als ein im Ursprung der Menschheitsgeschichte gewalttätiges, aggressives, triebhaftes, archaisches Wesen ansieht, welches erst im Laufe der Jahrtausende durch göttliche und staatliche Gewalten gebändigt, sozialisiert wurde. Analoge Sichtweisen findet man auch bei anderen Kulturkritikern z.B. Psychoanalytiker (Freud).

Ja, so hatte ich ihn auch verstanden. Es ist sein Menschenbild, das er heraus - oder hinein-interpretiert. Ich nehme an, dass Freuds analoge Sichtweise ohne göttlichen Offenbarungstext auskommt?

waden 02.12.2017 21:46

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1346513)
Es stellt sich die Frage: Warum hat Gott nach der Sintflut eine Welt mit (begrenzter) Gegengewalt zur menschlichen Gewalttätigkeit geschaffen? Warum hat er nicht kraft seiner Allmacht die menschliche Gewalt abgeschafft und damit das Problem an der Wurzel gepackt?

Warum hat er das nicht gemacht, der zugleich Allmächtige und Allgütige? Ich weiß es nicht.

Ich nehme an, dass im Sinne Lohfinks der Begriff der Sünde eine Rolle spielt: Nachdem der Mensch das Paradies verbockt hat (mit Eigenschaften, die Gott ihm gab, die er aber offensichtlich nicht benutzen hätte dürfen), hat Gott dem Menschen nach der Sintflut eine zweite Chance gegeben, aber mit schlechteren Bedingungen - mit "notwendiger Gewalt und legitimer Gegengewalt". Und dann hat er ihm das Christentum gegeben, damit er aus der Gewalt herauswachsen kann.

Ich empfinde das als Wunschdenken. Wenn man heilige Texte so verwendet, besteht freilich ein sehr großer Interpretationsspielraum - je nach Wunsch.

waden 02.12.2017 21:51

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1346514)
Sein Gott ist jedoch allmächtig, und er hätte jede beliebige Methode verwenden können. Gewalt war überhaupt nicht nötig. Er wäre dabei auch nicht an die Gesetze der Logik gebunden gewesen.

Hier sehe ich die gleiche Kernfrage: Warum sollte ein Allmächtiger und zugleich Allgütiger all das machen? Wofür brauchte es im Paradies überhaupt die Versuchung? Hat Gott das Paradies als Prüfungssituation geschaffen?

Jörn 02.12.2017 22:03

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1346508)
Meiner Ansicht nach arbeitet Lohfink anhand der AT-Texte ein Menschenbild heraus oder interpretiert es hinein, das den Menschen als ein im Ursprung der Menschheitsgeschichte gewalttätiges, aggressives, triebhaftes, archaisches Wesen ansieht, ...

Du schreibst, dass Lohfink ein gewalttätiges Menschenbild aus dem AT ableitet oder es hineininterpretiert.

In beiden Fällen stellt sich die Frage, warum er das tut.

Was hältst Du von folgender Hypothese: Lohfink geht gar nicht vom Menschen aus (dessen Verhalten in der Bibel erklärungsbedürftig ist); sondern er geht von Gott aus (dessen Verhalten ebenso erklärungsbedürftig ist).

Das angeblich schlechte Verhalten der Menschen wäre dann nur ein Vorwand, um die Übeltaten von Jahwe zu rechtfertigen. Das würde auch zu seinem restlichen Text passen, der ja versucht, Gott reinzuwachsen.

In der Bibel findet man keine allzugroßen Sünden der Menschen in ihrem Alltagsleben; meist sind diese ohnehin von Jahwe angeordnet, vor allem, wenn es bestialisch wird. Der große Übeltäter ist Gott selbst. Menschen werden vor allem als Opfer göttlicher Macht dargestellt.

Nur zum Schein fragt Lohfink danach, warum die Bibel so brutal ist. Tatsächlich sucht er eine Begründung für die Brutalität von Gott. Seine Schlussfolgerung lautet, dass Gott erstens von den Umständen gezwungen wurde; und zweitens, dass die Bibel und die historischen Gegebenheiten so interpretiert werden müssen, dass ein guter Gott dabei herauskommt („es waren halt grausame Zeiten“). Die Menschen und die Bibel sind hierbei nur argumentative „Knetmasse“.

Klugschnacker 02.12.2017 22:16

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1346508)
Meiner Ansicht nach arbeitet Lohfink anhand der AT-Texte ein Menschenbild heraus oder interpretiert es hinein, das den Menschen als ein im Ursprung der Menschheitsgeschichte gewalttätiges, aggressives, triebhaftes, archaisches Wesen ansieht, welches erst im Laufe der Jahrtausende durch göttliche und staatliche Gewalten gebändigt, sozialisiert wurde. Analoge Sichtweisen findet man auch bei anderen Kulturkritikern z.B. Psychoanalytiker (Freud).

Der Ursprung der Menschheitsgeschichte ist jedoch von der Zeit des Alten Testaments 200.000 Jahre weit entfernt. Die Verfasser des Alten Testaments hatten keine Vorstellung davon – weder von den zeitlichen Abständen, noch von der Tatsache, dass der Mensch sich aus dem Tier (Affen) entwickelt hat. Ihr Geschichtsbewusstsein reichte einige Jahrhunderte, höchstens jedoch wenige Jahrtausende in die Vergangenheit zurück. Verkürzt man die Menschheitsgeschichte auf einen Tag, erscheint das Alte Testament um 23:42 Uhr.

In der Bibel sind die ersten Menschen, Adam und Eva, überaus menschlich und nicht animalisch dargestellt. Sie treten dem Tier, der Schlange, als Menschen gegenüber und bilden zu ihm einen Kontrast.

Menschen haben schon immer im sozialen Verband mit anderen Menschen gelebt. Soziale Regeln gibt es daher solange wie es Menschen gibt. Diese sozialen Verhaltensweisen entstehen von selbst, indem Menschen miteinander kooperieren. Kooperation setzt gemeinsame Interessen voraus. Ausgestoßen wird, wer unangemessen gewalttätig, unangemessen aggressiv oder triebhaft agiert. Auch die ersten Menschen verfügten daher zwangsläufig über eine Balance aus Eigennutz und Gemeinnutz.

Ich halte es für eine romantische Fiktion, wir Menschen seien von 0:00 bis 23:42 Uhr rasende Teufel gewesen und seien nun durch Religion etc. domestiziert. Dafür gibt es keine Belege.

Klugschnacker 02.12.2017 22:25

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1346527)
Nur zum Schein fragt Lohfink danach, warum die Bibel so brutal ist. Tatsächlich sucht er eine Begründung für die Brutalität von Gott. Seine Schlussfolgerung lautet, dass Gott erstens von den Umständen gezwungen wurde; und zweitens, dass die Bibel und die historischen Gegebenheiten so interpretiert werden müssen, dass ein guter Gott dabei herauskommt („es waren halt grausame Zeiten“). Die Menschen und die Bibel sind hierbei nur argumentative „Knetmasse“.

Ja, gut auf den Punkt gebracht. So scheint es mir auch.

@qbz: Ist es tatsächlich so, dass Lohfink in diesem PDF den Standpunkt der katholischen Kirche wiedergibt? Ich meine mich zu erinnern, dass Du deshalb auf ihn verwiesen hattest. Ist das tatsächlich so?
:Blumen:

qbz 02.12.2017 22:33

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1346522)
Ja, so hatte ich ihn auch verstanden. Es ist sein Menschenbild, das er heraus - oder hinein-interpretiert. Ich nehme an, dass Freuds analoge Sichtweise ohne göttlichen Offenbarungstext auskommt?

Er entwarf eine Triebtheorie mit den beiden Grundtrieben Libido-Aggressions-/Todestrieb, welche der kulturellen Zähmung bedürfen.

Die Frage stellt sich natürlich, weshalb haben die Menschen einen solchen Gott wie im AT geschaffen und weshalb glaubten sie an ihn.

qbz 02.12.2017 22:53

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1346531)

@qbz: Ist es tatsächlich so, dass Lohfink in diesem PDF den Standpunkt der katholischen Kirche wiedergibt? Ich meine mich zu erinnern, dass Du deshalb auf ihn verwiesen hattest. Ist das tatsächlich so?
:Blumen:

Er ist ein Repräsentant für katholische Theologen, die sich mit dem AT beschäftigen, weshalb ich ihn zur Frage: Monotheismus-Gewalt im AT anführte, und wird auch von anderen seines Faches zitiert.

Ein kirchenkritischer Bibelforscher würde an das Thema ganz anders herangehen, insofern vermute ich, dass er damit nicht im Widerspruch zur kath. Kirche steht, ohne es zu wissen, weil mir die Kenntnisse der einschlägigen Papstdekrete fehlen.

Klugschnacker 02.12.2017 22:59

Danke! :Blumen:

waden 02.12.2017 23:06

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1346536)
Er entwarf eine Triebtheorie mit den beiden Grundtrieben Libido-Aggressions-/Todestrieb, welche der kulturellen Zähmung bedürfen.

Freuds Denken und eine solche Theorie waren wohl auch nicht unbeeinflusst von seiner eigenen kulturellen Prägung.

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1346536)
Die Frage stellt sich natürlich, weshalb haben die Menschen einen solchen Gott wie im AT geschaffen und weshalb glaubten sie an ihn.

Ja, das ist eine interessante Frage. Es ist vielleicht der Wunsch nach dem starken Mann, der für Ordnung sorgt und allen seinen Platz zuweist, in der Person des Oberhirten, aus der Perspektive von Ziegenhirten in rauher Natur und roher sozialer Umgebung in dieser Zeit.

waden 02.12.2017 23:17

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1346529)
Ich halte es für eine romantische Fiktion, wir Menschen seien von 0:00 bis 23:42 Uhr rasende Teufel gewesen und seien nun durch Religion etc. domestiziert.

Wunschdenken aus der biblischen Knetmasse.

Klugschnacker 02.12.2017 23:28

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1346536)
Die Frage stellt sich natürlich, weshalb haben die Menschen einen solchen Gott wie im AT geschaffen und weshalb glaubten sie an ihn.

"Die Menschen" ist etwas ungenau. Es waren einige wenige. Ein kleines Volk am Ende der Welt, das im Kampf war mit anderen Völkern. Es schuf sich einen Gott, der ein starker Verbündeter war und seine Feinde in der Mythologie ausrottete.

Außerdem: Von den zahlreichen religiösen Strömungen und Varianten dieser Zeit schieden jeweils jene nach und nach aus, welche die eigene Verbreitung nicht zum Hauptziel hatten. Zwangsläufig ergab sich so ein eifersüchtiger, alleinherrschender Gott, der keine anderen Götter neben sich duldete und alle Zweifler und Andersdenkenden bedrohte.

Diese Radikalisierung bewährte sich nicht nur beim Christentum, sondern auch beim Islam. Beide sind heute diejenigen Religionen, die sich am weitesten verbreiten konnten, und die gegenüber anderen Religionen in tiefsitzender Weise intolerant sind.
Zweites Gebot: „Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.“

Viertes Gebot: „Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation; bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld.“
Noch deutlicher wird es, wenn man eine weniger bekannte Fassung der 10 Gebote betrachtet. Sie steht, als dritte Fassung, ebenfalls in der Bibel. Diesmal nicht in den Büchern Mose, sondern in Exodus:

Erstes Gebot: Du hüte dich aber, mit den Bewohnern des Landes, in das du kommst, einen Bund zu schließen; sie könnten dir sonst, wenn sie in deiner Mitte leben, zu einer Falle werden. Ihre Altäre sollt ihr vielmehr niederreißen, ihre Steinmale zerschlagen, ihre Kultpfähle umhauen.

Zweites Gebot: Du darfst dich nicht vor einem andern Gott niederwerfen. Denn Jahwe trägt den Namen «der Eifersüchtige»; ein eifersüchtiger Gott ist er.

Drittes Gebot: Hüte dich, einen Bund mit den Bewohnern des Landes zu schließen. Sonst werden sie dich einladen, wenn sie mit ihren Göttern Unzucht treiben und ihren Göttern Schlachtopfer darbringen, und du wirst von ihren Schlachtopfern essen. Du wirst von ihren Töchtern für deine Söhne Frauen nehmen; sie werden mit ihren Göttern Unzucht treiben und auch deine Söhne zur Unzucht mit ihren Göttern verführen.

Lesenswert, hier aber offtopic, ist das zehnte Gebot: Beim Schlachten sollst du das Blut meines Opfers nicht über gesäuertes Brot fließen lassen und vom Schlachttier des Paschafestes darf nichts bis zum Morgen liegen bleiben. Von den Erstlingsfrüchten deines Ackers sollst du die besten in das Haus des Herrn, deines Gottes, bringen. Das Junge einer Ziege sollst du nicht in der Milch seiner Mutter kochen.

Jörn 03.12.2017 06:10

Was denn, was denn? Kaum bin ich ein paar Stunden weg, schon steigt hier das Niveau!

Ziemlich viele gute Postings auf den letzten Seiten. Macht Spaß zu lesen.

Am besten gefiel mir das dritte Gebot in Arnes Posting, keine Unzucht mit Göttern zu treiben. Das wär‘ echt nicht nett.

waden 03.12.2017 16:52

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1346536)
Die Frage stellt sich natürlich, weshalb haben die Menschen einen solchen Gott wie im AT geschaffen und weshalb glaubten sie an ihn.

Hast Du selbst dazu eine Vermutung oder kennst Du eine schlüssige These?

Interessant finde ich auch die Frage, weshalb so viele Menschen heute noch an der Bibel mit dem gewalttätigen Gott festhalten. Das funktioniert oft mit entwaffnender Naivität und Fähigkeit zum Ausblenden. In der heutigen FAS wird Eintracht Frankfurts Trainer Niko Kovac interviewt. Da sagt er u.a. "...wenn man versucht, sich an der Bibel entlang zu hangeln, dann hat man alles was man braucht: Ehrlichkeit, Offenheit, Freundlichkeit, Respekt, Toleranz ... Man hört aus der Bibel auch immer nur Gutes. Nur der Mensch, der es umsetzen muss, interpretiert viele Dinge immer wieder etwas anders, als es in der Bibel oder auch im Koran steht." Er hat offensichtlich die besten Motive und führt, soweit ich es mitbekomme, ein ethisch vorbildliches Leben. Aber die Bibel kennt er offensichtlich nur in Auszügen. Nach eigenen Angaben geht er immerhin 40mal im Jahr sonntags in die Kirche.

Dort wird er offensichtlich über die Bibel informiert in einer Weise, wie es uns beispielsweise Lohfink zeigt: das "Zwei-Eins" aus AT und NT wird solange hin- und hergeknetet, bis das, was wir heute für ein ethisch gutes Leben halten, als göttlliches Gebot dargestellt werden kann.

Ich respektiere dabei übrigens die guten Folgen, die es hat, einmal in der Woche in sich zu gehen, und sich darauf zu besinnen, offen, ehrlich, freundlich respektvoll und tolerant zu handeln. Offensichtlich gibt es auch viele Menschen, die das so für sich aus den Gottesdiensten herausziehen, und das gehört zu der guten Wirkung.

Mir selbst fällt es allerdings schwer, so mit dem vorhandenen Wissen umzugehen. Bereits in vielen formelhaft aufgesagten Sätzen der Liturgie regt sich in mir soviel Widerspruch... und es fällt mir schwer, darüber hinwegzugehen. Im sonstigen Leben akzeptieren wir das auch nicht. Hinterfragen und kritisches Denken gelten als positiv, wenn es um andere Bereiche des Lebens geht. Und der Hinweis auf "heilige" Texte hilft mir angesichts des Wissens über die Entstehung auch nicht weiter.

Vicky 03.12.2017 19:08

Ich habe zwei Themen, die ich kürzlich gelesen habe und... die ich interessant fand:

1. Homosexualität im Vatikan

Die ehemalige Theologieprofessoren Dr. Uta-Ranke Heinemann geht von ca. 60 % homosexuellen Männern im Vatikan aus. Dabei wird das praktizierte Ausleben dieser sexuellen Orientierung gleichzeitig heftig bekämpft, und gemäß der Bibel der Kirche müssten die Betreffenden sogar hingerichtet werden. In der Bibel steht: „Wenn jemand bei einem Manne liegt, wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist, und sollen beide des Todes sterben“ (3. Mose 20, 13) Nun soll ja die Bibel verbindliches und reines Gotteswort sein und wer das nicht glaubt, wird dafür von der katholischen Kirche in eine angeblich ewige Hölle verflucht. Also muss man in der Kirche auch glauben, dass die Hinrichtung praktizierender Homosexueller „reines“ und „verbindliches“ Gotteswort ist. Folglich müssten die bibelgläubigen heterosexuellen Priester, wenn sie später nicht in die Hölle wollen, ihre homosexuell aktiven Kollegen hinrichten lassen. Oder doch zumindest aus ihrer Kirche ausschließen.

Dann wäre auch das Leben oder zumindest der Status von Alt-Papst Joseph Ratzinger womöglich nicht mehr sicher. Denn er soll laut dem Ex Vatikan-Würdenträger David Berger zu den 60 % gehören.

Die sexuelle Orientierung des Klerus im Vatikan ist dabei schon seit Jahrhunderten ein Thema. Als Martin Luther im 16. Jahrhundert im Vatikan die Stärkung seines Glaubens suchte, wurde seine Hoffnung enttäuscht. Er lernte unter anderem die „rasenden Papstesel“ in Rom kennen, wie er sich ausdrückte, von denen er später schrieb, sie „wissen auch nicht, ob sie Weiber oder Männer sind“ .

Ich habs hier gelesen und kopiert, weil ich es interessant fand.

2. Es gibt ihn doch - Der Exorzist...

Vatikan erkennt Exorzisten-Verein von Padre Amorth offiziell an - Die International Association of Exorcists (IAE) wurde vom Vatikan am 13.6.2014 voll kirchenrechtlich anerkannt, so der L´Osservatore Romano am 1.7.2014. Der IAE wurde von dem berüchtigten Vatikan-Exorzisten Gabriele Amorth in den 90er-Jahren gegründet und hat 2014 250 Mitglieder.
Der Exorzist Amorth zählt mit ca. 160.000 Exorzismen zu den erfahrensten vermeintlichen Teufelsaustreibern der Romkirche. Er ist auch ein Harry-Potter-Gegner, eine Roman- und Filmfigur, die für Amorth ein "Werkzeug des Satans" sei. Passend dazu gibt es umgekehrt Parallelen zwischen dem Papsttum und dem Potter-Gegner Lord Voldemort.

Täglich zahlreiche Teufelsaustreibungen in Deutschland / Deutscher Exorzismus-Experte der Vatikankirche: "Ich denke, ein Exorzismus sollte so normal sein wie die Kommunion" - "In der Bundesrepublik gibt es täglich zahlreiche Teufelsaustreibungen. Viele verlaufen brutal und können schlimme Folgen für die Betroffenen haben", schreibt focus.de am 18.4.2015. "Da gehen Menschen zugrunde", warnt der Journalist Marcus Wegner vor allem im Hinblick auf Exorzismen im evangelisch-evangelikalen Bereich. Er schätzt zwei bis drei katholische und sechs bis sieben evangelikale Exorzismen pro Tag.
Der Exorzismus Experte der Romkirche Pater Helmut Moll versucht hingegen, den Menschen, die Angst vor dem Praktiken der Kirche zu nehmen, da es klare "Faktoren" für eine Besessenheit gebe: "Ich denke, ein Exorzismus sollte so normal sein wie die Kommunion." (http://www.focus.de/panorama/welt/da...d_4621660.html)

HIER
gelesen.

qbz 03.12.2017 20:23

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1346667)
Hast Du selbst dazu eine Vermutung oder kennst Du eine schlüssige These?

Ich selber finde für eine Analyse zur Rolle der Gewalt im AT und weshalb die Menschen eine solche Gottesfigur erfanden die Religionskritik von Feuerbach und die Kritik von K. Marx an Feuerbach in seinen Feuerbachthesen wegweisend, aber auch Gedanken von Freud, der mit seiner Religionskritik auf Feuerbach aufbaute, interessant.

Individualpsychologie:
Offenbar schuf das jüdische Volk im AT einen Gott, der furchterregend, strafend, rachsüchtig, gewalttätig ist, andereits überträgt es gerade wegen dieser Macht ihm seinen Schutz (im Geiste). Es schildert die ehr-fürchtige Sichtweise eines kleinen, Gefahren ausgesetzten, schutzbedürftigen Kindes auf einen mächtigen, mit Strafe regierenden Familienpatriarchen, der die Feinde vernichtet.

Soziologie:
Hier müsste man entlang der Arbeitsteilung, der Ausdifferenzierung von Hierarchien sowie der Macht-/Ausbeutungs-/Unterdrückungsformen konkret herausarbeiten, wie die jüdische Religion als Eingottesreligion gegenüber dem antiken Polytheismus konkurrierte und die jüdischen Machtverhältnisse stützte. (Verhältnis von göttlichem zu weltlichem Recht). Offenbar gab sie dem jüdischen Volk auch eine ganz eigene ethnische Identität (Bund) gegenüber den Feinden.

Das Christentum zeichnet sich IMHO durch eine multiethnische Auffassung aus (das ethnisch-religiös definierte jüdische Volk wird quasi durch das christliche multiethnische Volk Gottes ersetzt), weshalb es sich im Unterschied zum jüdischen Glauben besser verbreiten konnte. Ca. 100 n.Chr. schlug Rom den jüdischen Aufstand nieder und die Juden lebten anschliessend bis in die Neuzeit überall auf der Welt bis zur jüdischen Neubesiedlung Palästinas in der Neuzeit.
Man könnte auch philosophieren, dass weltweit ausdehnende Handelsbeziehungen und Reiche (die erst ab einer bestimmten Produktivität entstehen, wo man Ressourcen für Verwaltung, Krieg, unproduktive Eliten, Kultur usf. abzweigt), die viele Völker umspannen, eine einheitliche, multiethnische, patriarchal-herschende Religion quasi zwangsläufig im Laufe der Zeit die regionalen, völkisch und stammesabhängigen Glaubensformen ablösen wie es inform des christlichen und osmanischen Reiches geschah.

Jörn 03.12.2017 20:40

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1346667)
Ich respektiere dabei übrigens die guten Folgen, die es hat, einmal in der Woche in sich zu gehen, und sich darauf zu besinnen, offen, ehrlich, freundlich respektvoll und tolerant zu handeln. Offensichtlich gibt es auch viele Menschen, die das so für sich aus den Gottesdiensten herausziehen, und das gehört zu der guten Wirkung.

Hallo waden, Du beschreibst die positive Wirkung, wenn man sich einmal pro Woche im Gottesdienst darauf besinnt, offen, ehrlich, freundlich, respektvoll und tolerant zu handeln.

Ich füge hinzu: Wenigstens diesen positiven Effekt, egal ob es Gott gibt oder nicht, müssen die Atheisten doch anerkennen?

Nö.

Zu Wirkungen gehört nämlich auch, dass sich Wirkungen nachweisen lassen. Die reine Einbildung der eigenen Vorzüglichkeit ist etwas anderes. Es sei denn, man würde mit „Wirkung“ eben diese Einbildung meinen. Sobald mit „Wirkung“ eine Auswirkung auf andere gemeint ist, müsste es Beweise geben. Wo sind sie?

Meine Skepsis nimmt seinen Ausgangspunkt in meinem persönlichen Bekanntenkreis. Das ist zwar nicht repräsentativ, aber ausreichend für einen ersten Verdacht. Jene meiner Bekannten, die in Kirchen beten, sind völlig ahnungslos, was Gesprächsthemen wie Ethik, Moral, Sinnstiftung, Toleranz (und seine Grenzen) angeht. Stets ergibt sich der Eindruck, dass sie die Pflicht, sich irgendwann mit diesen Themen auseinanderzusetzen, delegiert haben: Weil sie Christen sind, und weil im Christentum sicherlich schon mal jemand gründlich über diese Dinge nachgedacht hat, entfällt die Pflicht, dies selbst zu tun.

Ähnliches zeigt sich in diesem Thread. Verblüffende Stille herrscht bei Themen wie Moral oder Sinnstiftung. Kirchen haben diese Themen nämlich nicht nur innerhalb der Gesellschaft monopolisiert, sondern auch innerhalb der Gläubigen: Was Moral und Sinn ist, weiß nur der Bischof, und der kleine Gläubige soll sich da besser nicht einmischen, denn sonst wird er mit gelehrt klingendem lateinischen Nonsense überschüttet. Der kleine Gläubige soll stattdessen folgsam sein und sich keine eigenen Gedanken machen. Was Moral ist, wird alle 20 Jahre auf irgendeiner Konferenz festgelegt — und wehe, man kommt diesen Herrschaften in die Quere.

Kirchgänger sind nach meiner Beobachtung so felsenfest davon überzeugt, dass sie automatisch offen, ehrlich, freundlich, respektvoll und tolerant sind, dass sie erstens diese Annahme nicht überprüfen, und zweitens, dass sie recht wenig dafür tun.

Dass sie recht wenig dafür tun, sieht man auch daran, dass die Gläubigen bei praktisch allen gesellschaftlichen Veränderungen hin zu mehr Offenheit und Toleranz um 40 Jahre hinterher hinken. Auch für Ungläubige war es nicht ganz einfach, die Vorbehalte gegen Homosexuelle als Mumpitz zu erkennen; es erforderte, seinen eigenen Standpunkt zu überprüfen und zu ändern. Auch die gesellschaftliche Benachteiligung der Frauen war nicht einfach zu überwinden, denn es erforderte eine Änderung der eigenen Position. Dieses aktive Handeln und Sich-Bewegen ist genau das Gegenteil dessen, was wir bei Gläubigen und ihren offiziellen Vertretern finden. Dort sind Kondome immer noch ein Werk des Satans; Frauen sind dem Manne zwar wertgleich, aber immer noch untergeordnet; Homosexuelle sind immer noch verworfen. Ein Vergleich mit dem Jahr 1200 offenbart wenige Unterschiede, oder irre ich mich?

Wenn der Gottesdienst eine messbare Wirkung hätte, dann müsste dieser Teil der Bevölkerung messbar offener, ehrlicher, freundlicher, respektvoller und toleranter sein. Tatsächlich sind Gläubige als Bevölkerungsgruppe im besten Fall unscheinbar, wahrscheinlich jedoch auffällig unbeweglich. Ist es nicht unsere Alltagserfahrung, dass Leute umso starrköpfiger sind, desto mehr sie in die Kirche gehen? Es scheint mir direkt ein Klischee zu sein.

Sind sie ehrlicher? Wenigstens im Gottesdienst? Im Gottesdienst wird ausschließlich gelogen, und zwar von beiden Seiten, dem Vortragenden wie den Zuhörern. Kein Gläubiger glaubt den Quatsch, den der Pfarrer vorne verzapft, denn jeder Gläubige glaubt an etwas anderes. Nach meiner Beobachtung schalten die Zuhörer sowieso auf Durchzug, sobald die Predigt beginnt. Alle lügen sich gegenseitig in die Tasche, dass ihre Gebete irgendwas bewirken könnten. Es ist lediglich ein Vorwand, nichts Handfestes tun zu müssen, um die Welt zu verbessern. Immerhin haben wir gebetet! (Außerdem wird vor allem für das eigene Heil gebetet.)

Wie würde unsere Welt aussehen, wenn alle Gläubigen der Welt tatsächlich offener, ehrlicher, freundlicher, respektvoller und toleranter wären als andere? Es wäre eine fundamental andere Welt als die, die wir tatsächlich vorfinden.

Danke fürs Lesen!

:Blumen:

PS: Dein Posting fand ich insgesamt sehr lesenswert und gut begründet; dies stellt also nur eine andere Sichtweise eines einzelnen Details dar.

Jörn 03.12.2017 21:16

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1346724)
Individualpsychologie:
Offenbar schuf das jüdische Volk im AT einen Gott, der furchterregend, strafend, rachsüchtig, gewalttätig ist, andereits überträgt es gerade wegen dieser Macht ihm seinen Schutz (im Geiste). Es schildert die ehr-fürchtige Sichtweise eines kleinen, Gefahren ausgesetzten, schutzbedürftigen Kindes auf einen mächtigen, mit Strafe regierenden Familienpatriarchen, der die Feinde vernichtet.

Dem würde ich zustimmen, aber auch einen Gedanken hinzufügen:

Wie sicher können wir sein, dass der Glaube (oder das Schutzbedürfnis) tatsächlich die entscheidende Triebfeder war? Ich finde, man sollte dabei auch berücksichtigen, dass die Priesterkaste sehr davon profitierte. Gerade das Alte Testament listet in eeeeepischer Breite auf, welche Zahlungen an die Priester zu leisten sind. Könnte das nicht eine plausible Erklärung dafür sein, warum diese Regeln (und Jahwe ingesamt) so unerbittlich sind?

Gerade weil die Autorität der Priester einerseits nur erfunden war und die Priester andererseits finanziell davon abhingen, führt doch automatisch zu der Erfindung, dass jeder Zweifel und jeder Fehltritt sofort so unbarhmerzig geahndet wird, dass selbst der Versuch nicht empfehlenswert erschien. Wären die Regeln lax und der Fehltritt verzeihbar gewesen, wären die Priester schnell verhungert.

Außerdem: Wie erklärt es sich, dass dieses schutzbedürftige Volk folgenden zwei Thesen zustimmt:

A: Ich vernichte Eure Feinde erbarmungslos.
B: Liebt Eure Feinde.

Und: Warum erlosch der Glaube und die Macht der Priesterkaste nicht, als nach zahllosen Niederlagen offensichtlich wurde, dass Jahwe sein Volk keineswegs beschützen konnte?

waden 03.12.2017 22:15

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1346732)
Meine Skepsis nimmt seinen Ausgangspunkt in meinem persönlichen Bekanntenkreis. ... Weil sie Christen sind, und weil im Christentum sicherlich schon mal jemand gründlich über diese Dinge nachgedacht hat, entfällt die Pflicht, dies selbst zu tun.

Ähnliches zeigt sich in diesem Thread. ..der kleine Gläubige soll sich da besser nicht einmischen ... soll stattdessen folgsam sein und sich keine eigenen Gedanken machen. Was Moral ist, wird alle 20 Jahre auf irgendeiner Konferenz festgelegt — und wehe, man kommt diesen Herrschaften in die Quere.

Danke für Deine Bestätigung. Ansonsten stimme ich Deinen Analysen ja meist zu, aber hier sehe ich etwas anders:
Ich finde, dass Du hier zu streng mit allen Gläubigen gleichzeitig ins Gericht gehst. Sicherlich gibt es genau solche Kirchgänger, wie Du sie beschreibst. Allerdings gibt es auch Kirchgänger, die sich den genannten positiven Werten zwar mit einer nur hanebüchenen Begründung, aber dennoch verpflichtet fühlen. Wie sie es schaffen, mit den Widersprüchen umzugehen bzw. diese zu ignorieren, ist eine Sache. Deshalb können sie aber andererseits dennoch ein Leben führen, dass diesen Werten verpflichtet ist. Daran hindert ein regelmäßiger Kirchgang nicht kausal, da würde ich jetzt mit meinem ebensowenig repräsentativen Bekanntenkreis "kontern".

waden 03.12.2017 22:20

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1346744)
Außerdem: Wie erklärt es sich, dass dieses schutzbedürftige Volk folgenden zwei Thesen zustimmt:
A: Ich vernichte Eure Feinde erbarmungslos.
B: Liebt Eure Feinde.

Ja, das ist einer der vielen unauflösbaren Widersprüche. Lohfinks Idee der Auflösung wäre wohl, die "Texte miteinander in Dialog treten zu lassen", um dann eine Lösung zu finden, die zu heutigen Moralvorstellungen passt.

waden 03.12.2017 22:33

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1346724)
Ich selber finde für eine Analyse zur Rolle der Gewalt im AT und weshalb die Menschen eine solche Gottesfigur erfanden ...

Danke, sehr interessant. Den individualpsychologischen Teil kann ich gut nachvollziehen. Im soziologischen Teil finde ich insbes. die ethnische Identitätsstiftung interessant. Ist es eine diesbezüglich freiwillige ethnische Abgrenzung, welche in der weiteren Geschichte so üble Folgen hatte?
Zum Thema der Ausbreitung des Christentums fiel mir auf Reisen auf, dass das Christentum viele heidnische Gebräuche erfolgreich in christliche umdeutete (beispielsweise der Marienkult in Süditalien und Sizilien).

Jörn 03.12.2017 23:30

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1346755)
Ich finde, dass Du hier zu streng mit allen Gläubigen gleichzeitig ins Gericht gehst. (...) da würde ich jetzt mit meinem ebensowenig repräsentativen Bekanntenkreis "kontern".

Ja, pauschal ist meine Aussage dann, wenn man das einzelne Individuum betrachtet. Dann wäre eine Verallgemeinerung unzulässig und auch falsch. Sicherlich gibt es Gläubige, der gerade aus ihrem Glauben heraus eine Diskriminierung anderer Leute ablehnen (oder die ihre ohnehin vorhandene Überzeugung in den Glauben hineininterpretieren).

Was sagt uns das? Es sagt uns, dass Gläubige zu allen möglichen Themen auch alle möglichen Meinungen haben. Wenn jemand sich bemüht, dann ist der Grund egal. Dem stimme ich zu.

Aber auch die Vogelperspektive ist zulässig, quasi der Blick auf die Gläubigen als „Population“. Und aus dieser Perspektive sind Gläubige nicht toleranter, offener, ehrlicher oder wahrheitsliebender als andere. Allenfalls nimmt man sie gegenteilig wahr. Beispiele hatte ich schon genannt.

Ist es nicht erstaunlich, dass dies auf alle großen Religionen zutrifft? Dass Religion „als solche“ stets ein Hemmnis und nie ein Antrieb für Toleranz war (jedenfalls in größerem Maßstab)? Das ist meine Begründung dafür, warum die Vogelperspektive interessant und aussagekräftig ist. Die Wirkung der Gläubigen „als Population“ überstrahlt die Wirkung des Einzelnen.

Arne argumentiert, dass Religionen ein starkes Element der Ausbreitung haben müssen, sonst können sie nicht erfolgreich bestehen; und weiter, dass dies der Idee der Toleranz widerspricht. Erfolgreiche (weit ausgebreitete) Religionen werden also immer auch intolerant sein — mindestens in der Phase der Ausbreitung. Bei den Schriftreligionen ist diese Phase der Ausbreitung und deren Moral jedoch in unantastbaren Büchern verewigt.

Jörn 04.12.2017 00:09

Aus aktuellem Anlass und als Beispiel großer Toleranz weise ich auf die jüngsten Entwicklungen der Ökomene hin, also der toleranten Annäherung von Katholiken und Protestanten.

Nach 500 Jahren wird als epochale Großtat gefeiert, dass die beiden obersten deutschen Vertreter sich gegenseitig bei einer Messe besucht haben. Feierlich betonten beide die Wichtigkeit der Annäherung und der Toleranz.

Dieses völlig bedeutungslose, jedoch pompös gefeierte und vom ZDF live übertragene Großereignis findet ihr klägliches Ende im gemeinsamen Abendmahl. Es gibt nämlich keins. Es haben nämlich noch höhere und noch bedeutungsvollere Vertreter klargestellt, dass es kein gemeinsames Abendmahl geben könne und dürfe, weder jetzt noch in Zukunft.

Weil nämlich die Apostel, mit denen Jesus speiste, hätte es damals bereits eine Kirche gegeben, unzweifelhaft in die römisch-katholische Variante derselben eingetreten wären. Folglich könne es überhaupt kein evangelisches Abendmahl geben! Allenfalls dürften die evangelischen Gläubigen zuschauen. Aber nur von draußen, denn laut Bibel gab es beim Abenmahl keine ungläubigen Zuschauer. Zu essen gibt‘s also für die Protestanten nichts. Nichtmal eine Oblate.

Jörn 04.12.2017 06:20

Heute ist der 4. Dezember! Juhu! Es ist Barbara-Tag!

Die Heilige Barbara wird angerufen bei Blitz und Donner, außerdem ist sie die Schutzheilige der Artillerie. Ferner ist sie eine Schutzheilige der Feuerwehr, Bergleute, Geologen, Architekten, Maurer, Steinhauer, Zimmerleute, Dachdecker, Elektriker, Bauern, Metzger, Köche, Glockengießer, Totengräber, Hutmacher, Friseure, Waffenschmiede, Buchhändler, Bürstenbinder, Goldschmiede, Sprengmeister und Salpetersieder.

Hier ist die Geschichte (etwas gekürzt aus Wikipedia):
Barbara ließ sich gegen den Willen ihres Vaters taufen. Als ihr Vater davon erfuhr, beschloss er, seine Tochter zu töten. Barbara konnte in einen Felsspalt fliehen, der sich wie durch ein Wunder vor ihr öffnete. Sie wurde dennoch von einem Hirten verraten. Dieser wurde von Gott in einen Mistkäfer verwandelt.

Der Vater schlug sie und brachte sie zum römischen Statthalter Marcianus, der sie zum Tode verurteilte. In der Stadt wurde sie schließlich so grausam misshandelt, dass ihre Haut am Ende in Fetzen vom Körper hing. In der Gefängniszelle erschien ihr Jesus und heilte ihre Wunden. Der erbitterte Statthalter ließ sie in der Öffentlichkeit mit Keulen schlagen, die Brüste abschneiden und mit Fackeln foltern. Vor ihrem Tod betete Barbara, daraufhin erschien ein Engel und hüllte sie in ein schneeweiß leuchtendes Gewand. Letztendlich enthauptete der grausame Vater seine Tochter selbst. Er wurde kurz darauf vom Blitz getroffen und verbrannte.
Das allseits beliebte „Heiligenlexikon“ versichert, dass die magischen Kräfte von Frau Barbara inzwischen zweifelsfrei belegt wurden. Wodurch? Durch eine „Stimme vom Himmel“.

In Deutschland wurde das Gedächtnis an Frau Barbara jedoch herabgestuft und bekommt nur noch ein Gedächtnis 4. Klasse, d.h. das Gedächtnis ist nicht zwingend vorgeschrieben. Es handelt sich also um einen Gedächtnisschwund.

Wieso ist Frau Barbara die Schutzheilige für Friseure und Bürstenmacher? Weil, laut Wikipedia, das Wort „Barabara“ so ähnlich klingt wie „Barbarossa“. Und Herr Barbarossa hatte bekanntlich einen riesigen roten Bart.

waden 04.12.2017 09:02

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1346768)
JEs sagt uns, dass Gläubige zu allen möglichen Themen auch alle möglichen Meinungen haben. Wenn jemand sich bemüht, dann ist der Grund egal.

So hatte ich das gemeint. Und christlicher Glaube schließt dieses Bemühen nicht aus.

Du weist natürlich zu Recht darauf hin, welche moralischen Schwächen die Institution der Kirche und ihre Vertreter zeigen. Und insofern finde ich schwer verständlich, wie viel die gutwilligen Gläubigen ausblenden wollen und können. Letztlich blenden sie damit natürlich auch aus, dass sie insofern die institutionell angeordnete Intoleranz und sonstige fragwürdige bzw. ablehnungswürdige Kirchenmoral und -praxis unterstützen.

trithos 04.12.2017 10:04

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1346768)
Ja, pauschal ist meine Aussage dann, wenn man das einzelne Individuum betrachtet. Dann wäre eine Verallgemeinerung unzulässig und auch falsch. Sicherlich gibt es Gläubige, der gerade aus ihrem Glauben heraus eine Diskriminierung anderer Leute ablehnen (oder die ihre ohnehin vorhandene Überzeugung in den Glauben hineininterpretieren).

Was sagt uns das? Es sagt uns, dass Gläubige zu allen möglichen Themen auch alle möglichen Meinungen haben. Wenn jemand sich bemüht, dann ist der Grund egal. Dem stimme ich zu.

Aber auch die Vogelperspektive ist zulässig, quasi der Blick auf die Gläubigen als „Population“. Und aus dieser Perspektive sind Gläubige nicht toleranter, offener, ehrlicher oder wahrheitsliebender als andere. Allenfalls nimmt man sie gegenteilig wahr. Beispiele hatte ich schon genannt.

Ist es nicht erstaunlich, dass dies auf alle großen Religionen zutrifft? Dass Religion „als solche“ stets ein Hemmnis und nie ein Antrieb für Toleranz war (jedenfalls in größerem Maßstab)? Das ist meine Begründung dafür, warum die Vogelperspektive interessant und aussagekräftig ist. Die Wirkung der Gläubigen „als Population“ überstrahlt die Wirkung des Einzelnen.

Ich stimme Deiner Argumentation als einer möglichen Sichtweise durchaus zu, finde aber, dass Du es Dir bei der Beurteilung der "Gläubigen-Population" etwas zu einfach machst. Denn wenn Du verallgemeinern und dabei seriös bleiben willst, musst Du zwangsläufig belastbare und nachprüfbare Daten für Deine Verallgemeinerung anführen.

Es reicht nicht zu sagen: mein Eindruck ist, dass " ... Gläubige nicht toleranter, offener, ehrlicher oder wahrheitsliebender (sind) als andere. Allenfalls nimmt man sie gegenteilig wahr."

Ja Beispiele hast Du genannt. Aber es sind Beispiele, an Hand derer Du eine Hypothese entwickeln kannst und die ist dann prüfen - aber nicht mit zahlreichen weiteren Beispielen, sondern mit empirischen Studien. Vielleicht gibt es ja solche Studien auch schon? Ich finde es jedenfalls nicht okay, seinen eigenen Eindruck oder Bekanntenkreis als BELEG für eine Theorie anzusehen und so zu tun als hätte man damit schon die Wahrheit seiner Meinung bewiesen.

Ich will ja keinen Running Gag endlos im Kreis schicken, aber einmal geht´s noch ;) : das scheint mir ein rhetorischer Trick zu sein.

Jörn 04.12.2017 10:13

Hallo trithos! Gelten die offiziellen (aktuellen!) Schriften der zwei christlichen Kirchen in Deutschland als Beleg? Damit könnte ich die Rückständigkeit gegenüber dem Bevölkerungs-Konsens leicht belegen.

Ich könnte Dir auch Umfragen zu aktuellen gesellschaftlichen Debatten vorlegen, in denen Christen gesondert ausgewiesen werden. (Einige davon waren beim Thema "Ehe für alle" bereits in diesem Thread zitiert.)

Du könntest diese Daten aber auch leicht per Google finden.

Nur damit ich Dich richtig verstehe: Du suchst nach Belegen für die These, dass die großen Religionen (und ihre Anhänger) vor allem durch Intoleranz auffallen, richtig?

Klugschnacker 04.12.2017 10:14

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1346812)
Vielleicht gibt es ja solche Studien auch schon?

Spontan fällt mir diese hier ein:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/m...a-1061035.html

Stichwort "moral self-licensing", falls jemand mehr dazu googeln will. :Blumen:

MattF 04.12.2017 10:17

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1346812)

Es reicht nicht zu sagen: mein Eindruck ist, dass " ... Gläubige nicht toleranter, offener, ehrlicher oder wahrheitsliebender (sind) als andere. Allenfalls nimmt man sie gegenteilig wahr."


Wenn müssten aber eigentlich die Vertreter der Gläubigen beweisen, dass sie toleranter, offener, ehrlicher oder wahrheitsliebender sind als andere.

Ich sehe das auch nicht, dass Gläubige bessere Menschen sind.

MattF 04.12.2017 10:18

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1346818)
Spontan fällt mir diese hier ein:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/m...a-1061035.html:

Der ist gut! :Cheese:


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 18:38 Uhr.

Powered by vBulletin Version 3.6.1 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2025, Jelsoft Enterprises Ltd.