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Ja, manche Kinder sind natürlich schlauer (oder vertrauensseliger) als andere. Und manche Eltern sind geschickter (oder weniger geschickt) als andere, um sich als Weihnachtsmann zu präsentieren.
Mein Punkt ist, dass die Kinder nicht auf sich alleine gestellt sind, die Wahrheit herauszufinden; sondern dass die Erwachsenen dabei eine Rolle spielen. Eltern könnten ihre Kinder aktiv unterstützen oder aktiv behindern. Antike Mythen als tatsächliche Wahrheiten auszugeben ist eine solche aktive Behinderung bei der Wahrheitssuche, und vielleicht beschädigt es auch die gedanklichen Werkzeuge, diese Unterscheidung irgendwann selbst zu treffen. Wenn die Zaubergeschichten aus der Bibel wahr sind, warum sollen dann Horoskope falsch sein? Das ist der Unterschied zum netten Vorlesen von Märchen, bei denen die Tante stets beruhigend versichert: "Das ist natürlich nur ein Märchen, ihr braucht keine Angst zu haben". Stattdessen wird in bedeutungsvollem Ton versichert: "Nehmt Euch in acht vor dem Teufel! Sonst holt er Euch und wirft Euch ins Feuer!" Das ist übrigens die offizielle Lehre, sowohl bei Katholiken als auch bei Protestanten. |
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Ein Jahr nach Luther wurde Zwingli, der Zürcher Reformator, geboren. Er kam als Bauernsohn und studierter Mönch/Priester über die Ablehnung des Söldnerwesens (vor allem Bauernsöhne traten in fremde Kriegsdienste, weil nur der Erstgeborene den Hof erbte), über das Studium der griechischen Bibeltexte und die Ablehnung des Zölibats (Zwingli hatte Frau und Kinder) zur Kritik an der Römischen Kirche, Luther über die Kritik am Ablasshandel (am erkauften Eintritt in den Himmel). Calvin, der 1 Generation später lebte, und vor seinem Bürgermeisteramt in Genf die Evangelen (Luther) in Frankreich verteidigte, hatte noch andere Gründe. Luther, Zwingli und später auch Calvin wurden direkt oder indirekt in die damaligen Herrschaftsverhältnisse eingebunden, Zwingli als Bürgermeister im Bündnis mit dem herrschenden Bürgertum in Zürich, Luther im Bündnis mit papst-/ablasskritischen Fürsten. Man verbündete sich einerseits hauptsächlich gegen die Macht der römischen Kirche, die gebrochen werden sollte, und andererseits in DE gegen die aufständischen Bauern und in Zürich gegen die Täufer. Ohne diese Bündnisse hätten Luther und Zwingli als Ketzer ihr Leben verwirkt und die Fürsten bzw. das Bürgertum wären weiter unter der Macht der römischen Kirche gestanden. Später sprachen sich die Reformatoren selbst für Todesurteile gegen Aufständische (Luther), Täufer (Zwingli), Ketzer (Calvin) aus. Reformierte Gläubige trennen dieses Unrecht in meinen Augen von der reformatorischen Christenlehre, genauso wie für Demokraten heute die Lehre von der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit durch die Guillotine und den Terror der franzöischen Revolution eigentlich nicht infrage gestellt ist. |
qbz, danke für das informative Posting. Wenn ich Dich richtig verstehe, plädierst Du im letzten Absatz dafür, die guten Dinge von Luther nicht über die paar schlechten Begleiterscheinungen zu vergessen. Sondern man soll beides trennen -- so täten es auch die Gläubigen.
Was hältst Du von folgenden zwei Einwänden: Erstens, die guten Aspekte von Luther basieren auf einem Hirngespinst, nämlich dass er (Luther) besser über das Himmelreich und dessen Funktionsweise bescheid wüsste als der Papst und dessen Gefolgschaft. Seine theologischen Thesen unterscheiden sich jedoch in ihrer Wirrheit in nichts von zehntausenden anderer ebenso wirrer theologischer Thesen. Insofern ist mir nicht ersichtlich, worin seine Leistung besteht, die ihn über andere hinaushebt. Zweitens, die schlechten Aspekte von Luther sind in einer Weise ausgeprägt und betont, dass wir sie nicht als kleine lässliche Irrtümer bezeichnen können, schon gar nicht, wenn wir heute wissen, wozu es geführt hat. Seine Hetze ist zentraler Bestandteil seiner Arbeit und Lehre. Es ist also nicht vergleichbar mit einem Wissenschaftler, der rein privat etwas seltsame Ansichten hatte, die wir angesichts seiner mathematischen Leistungen nicht weiter beachten sollten. Sondern bei Luther geht es um seine Weltsicht, und genau diese Weltsicht ist zu jeder Zeit asozial* gewesen -- auch zur Zeit von Luther, lediglich mit Ausnahme einer kleinen geographischen Region in Zentraleuropa, und auch dort nur unter Christen. Überall sonst auf der Welt, und zu jedem Zeitpunkt, hätte man über seine Hetze genau das gedacht, was wir heute darüber denken. *Luther über Schwangerschaften: "Ob die Frauen sich aber auch müde und zuletzt tot tragen, das schadet nichts. Lass sie nur tot tragen, sie sind darum da." |
Was ist aber mit den aus heutiger Sicht positive Dingen der Reformation? Es wird ja auch nicht Martin Luther als Person gefeiert, sondern die Reformation. Ich habe in den letzten Tagen kaum Artikel über Luther gelesen, in denen nicht auch auf seine negativen Ansichten hingewiesen wurde. Aber Luther und die Reformation nur darauf zu beschränken, ist auch ein wenig einfältig gedacht. Ohne Luther und seine Übersetzung der Bibel hätte es nicht diese Entwicklung der deutschen Sprache gegeben. Durch die Lutherbibel wurde der Buchdruck auch forciert. Es gab vor Luther auch schon genügend Übersetzungen der Bibel, nur sind sie nicht bekannt geworden. Luther hatte das Glück, dass zur selben Zeit Gutenberg den Buchdruck entwickelt hat. Luther hat sich auch sehr für die Schulbildung eingesetzt, was für die Zeit durchaus auch revolutionär einzuordnen wäre. Wie hätte sich die Welt/Europa entwickelt ohne die Reformation? Vielleicht hätte es keinen Bauernkrieg gegeben, vielleicht auch kein 30 jähriger Krieg. Aber die damalige Unterdrückung und Macht der katholischen Kirche wäre uneingeschränkt weitergegangen. Keine Ahnung ob das nun positiv oder negativ anzusehen gewesen wäre. Ich will Martin Luther nicht als Heiliger darstellen oder dargestellt wissen, aber die Reformation eben nur darauf zu beschränken ist nicht richtig. Die Reformation nur auf den Antisemitismus von Luther und seinen, aus heutiger Sicht, radikalen Ansichten zu beschränken, ist schon etwas sehr einseitig gedacht.
QBZ hat die Französische Revolution angesprochen. Mit derselben Denkweise könnte man auch durchaus die Demokratie negativ darstellen. Radikal gesprochen... :) |
Das sind interessante Was-wäre-wenn-Spekulationen. Buchdruck, Schulbildung, Sprache...
Ob da wirklich etwas dran ist, zeigt ein Vergleich mit jenen Regionen, in denen Luther abgelehnt wurde oder unbekannt blieb. Ist beispielsweise im katholischen Bayern der Buchdruck, die Schulbildung oder die Sprache weniger entwickelt? Okay, die Sprache — das stimmt. Aber der Rest? Würdest Du sagen, dass Wittenstein durch Luther einen Vorteil hatte bei Buchdruck, Schulbildung und Sprache gegenüber nicht-protestantischen Städten wie Rom, London, Barcelona, Paris, Peking, St. Petersburg oder Wien? Dass Luther die deutsche Sprache geprägt hätte, ist übrigens ein Märchen. Sein altdeutsches Kauderwelsch (leicht per Google zu finden) ist überhaupt nicht vergleichbar mit dem späteren Hochdeutsch. Dieses wurde eher von den Gebrüdern Grimm und anderen geprägt und standardisiert. Ich sage übrigens nicht, man solle bei Luther nur das Negative sehen. Ich sage, man soll Positives wie Negatives gegeneinander aufwiegen. Bislang sind jedoch keine belastbaren und nachweisbaren positiven Dinge genannt worden. Stattdessen sind Geschichten aus dem Jenseits und aus der Unterwelt genannt worden, die er als Rechtfertigung für kirchenpolitische Scharmützel ausgab — exakt so, wie seine Gegner es taten. Der Verdacht, Luther habe sich dies frei ausgedacht, wurde nicht ausgeräumt. Der Unterschied zu zehntausend anderen Unterwelt-Märchen wurde nicht plausibel gemacht. Es ist ja nicht so, als hätte es keine Gelegenheit gegeben, diese Fragen zu beantworten. Die Antworten blieben jedoch aus, und am allerwenigsten finden wir diese Antworten in den Schriften von Luther. |
Richtig, es sind Spekulationen. Aber nichts anderes können wir rückblickend. Oder kannst du sagen, wenn dies oder das nicht stattgefunden hätte, wäre dies und das passiert? Zumindest im Bezug auf die Reformation.
Natürlich hat vom Buchdruck auch Bayern und die katholische Kirche profitiert. Luther hat eine für damalige Zeit Sprach- und Bild gewaltige Bibel übersetzt, die Gutenberg vervielfältigt hat. Dieses bunte Buch mit schön anzusehender Schrift und Ornamenten hat die damaligen Menschen fasziniert, sie haben sich vorlesen lassen und Menschen denen es möglich war, hat sich der Wunsch entwickelt Lesen zu lernen um dieses Buch mit seinen Farben lesen zu können. Menschen, denen Lesen und Schreiben in ihrer Zeit sonst vielleicht nicht so wichtig gewesen wäre. Dadurch ist der Buchdruck ja auch bekannt geworden, Gutenberg bzw. seine Nachfolger haben von der Lutherbibel profitiert. Dadurch hat sich auch die deutsche Sprache entwickelt. Natürlich wurde im 16. Jahrhundert noch anders gesprochen und geschrieben als wir es heute kennen. Die Sprache hat sich immer weiter entwickelt und wird es in Zukunft auch. Aber manche Redewendungen von damals haben sich erhalten und sind teilweise wohl auf Luther zurück zu führen. Wenn Gutenberg statt der Lutherbibel z.B. eine wissenschaftliche Abhandlung von Wasserstoffmolekülen mit Formeln statt farbigen Ornamenten gehabt hätte, behaupte ich, hätte sich der Buchdruck nie so schnell entwickelt. Vielleicht hätte es keine Französische Revolution gegeben, manche Wissenschaftler hätten ihre Forschungen nicht publik machen können, wir hätten heutzutage morgens keine Zeitung im Briefkasten und Internet gebe es auch nicht. Ok, natürlich sehr viel Spekulation. Aber seht es doch nicht alles so einseitig. Vieles hängt zusammen. :Blumen: |
Ich möchte mal was Positives zu Luther beisteuern.
Luthers wichtigster Gedanke dreht sich darum, wie Sünden vergeben werden. Wer genau vergibt die Sünden: der Priester oder Gott selbst? Wer stellt die Regeln dazu auf: der Papst oder Gott? Kann der Papst also einen Ablasshandel betreiben, wodurch Sünden getilgt werden? Kann der Papst das jenseitige Schicksal von bereits Verstorbenen ändern, indem man ihm etwas bezahlt? Wie begründet der Papst seine angebliche Autorität, und kraft welcher Zauberei kann er ins Jenseits eingreifen? Luther kommt zu dem Schluss, dass es keinen anderen Vermittler zwischen Gott und dem Menschen gäbe als allein die Bibel. Die Auslegung der Bibel ist ebenfalls eine Sache zwischen Gott und den Menschen. Dies suggeriert eine große Freiheit. Aber es ist eben nur eine Suggestion in der Rückschau, da wir dies heute als „Religionsfreiheit“ missverstehen. Wie Luther jedoch über Nicht-Christen dachte, haben wir bereits erörtert: Man solle sie umbringen, denn das wäre schließlich gerecht. Luther wandte sich lediglich gegen eine bestimmte Kirchen-Hierarchie, die zentralistisch wie eine absolute Monarchie organisiert war, und wo alles von Papst ausging. Es war also vor allem eine (kirchen-) politische Freiheit, ein Gerangel verschiedener Hierarchien innerhalb der Gläubigen. Weder die verarmten Bauern noch sonstwer wurde „frei“, weder rechtlich noch geistig. Man durfte jedoch die Bibel nach Gutdünken auslegen — sie aber nicht ablehnen. Wer sie aus freiem Geiste ablehnte, brauchte feuerfeste Kleidung. Ich erkenne also an, dass Luther den Mut hatte, sich gegen den christlichen Monarchen aufzulehnen, und dass er erkannte, dass der Papst im Grunde so viel weiß (und kann) wie jeder andere Theologe. Was er jedoch nicht begriff, ist der simple Umstand, dass die Theologen insgesamt völlig ahnungslos sind, was die Welt, den Kosmos und das Jenseits angeht, und das betrifft auch ihn selbst. Im Grunde hätte er das erkennen müssen, denn wenn er begriff, dass der Papst nichts weiß: wieso sollte er dann selbst etwas wissen? Zu dieser Selbsterkenntnis konnte er sich jedoch nicht durchringen, und deswegen bleibt er letztlich nur einer der vielen religiösen Quacksalber. Seine grandiose Idee, dass die eigene Erlösung/Vergebung nur von Gottes Gnade abhängt (und nicht von Ablasszahlungen oder Geboten), ist uralt. Es steht bereits im ältesten Teil des Neuen Testaments, nämlich in den Paulus-Briefen. Für keinen der damaligen Theologen waren also Luthers Begründungen neu. Denn genau diese Überlegung trennte damals das alte Judentum von neuen Christentum. Es ist das Fundament des Christentums und keineswegs die schlaue Erfindung von Luther. Er forderte es lediglich ein. |
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Du müsstest doch mindestens irgendeine protestantische Region finden, in der sich Unterschiede zu nicht-protestantischen Regionen zeigen lassen. Denn das behauptest Du ja: Dass es einen Unterschied gab. Also müsstest Du doch einen solchen Unterschied demonstrieren können, oder ist das spitzfindig? Wie kannst Du für Dich selbst sichergehen, dass es sich bei Deinen Ansichten nicht nur um Wunschdenken handelt? |
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:Huhu: |
Hier mal eine Demonstration der atheistischen Langeweile und der spirituellen Leere:
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Kurze Nachfrage zwischendurch, da ich über die Suche nichts finden konnte.
Wurde hier schon einmal über die Ausgaben der Kirche diskutiert? Bzw. gibt es unabhängige Statistiken über die Ausgaben der Kirchensteuer? |
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Zitat: Nur 8 % der Kirchensteuern kommen sozialen Zwecken zu. […] Die Daten wurden von kompetenten kirchlichen Stellen nicht bestritten, in den letzten Jahren sogar vielfach bestätigt, z.B. von WiSo (ZDF, 4.3.92), Monitor (ARD, 11.5.92 u. 24.2.94), dem Spiegel (10.1.94 u. 6.3.95), Focus (30.12.96) sowie innerkirchlich in der Kirchenfunksendung Die Kirche und die Kohle (BR III, 28.5.92), in Weltbild (11.1.91), in der Kirchenzeitung der Erzdiözese Köln (21.9.90) durch den Finanzdirektor und Generalvikar Feldhoff, in Doppelpunkt (ZDF, 29.4.93) durch den Paderborner Theologieprofessor Eicher, vom Kirchenfinanzexperten Peter Wingert in der Fernsehdokumentation Die Wohlfahrts-GmbH (ARD, 3.11.94), in der Dokumentation Die Kirche und ihr Geld vom Münchner Evangelischen Kirchentag vom 26.5.90 u.a. In den letzten Jahren vermieden die Kirchen offizielle Angaben, um das Thema aus der Diskussion zu bringen, doch alle Andeutungen ergaben übereinstimmend, dass der Ausgaben-Anteil für Soziales seit 1995 sogar noch gesunken ist (vgl. Panorama, 17.10.2002). Es wird hier und da geschrieben, dass ca. 2/3 des Geldes fürs Kirchenpersonal verwendet wird. Ich denke, dass es sehr schwierig ist, da unabhängige Erhebungen zu finden. Die Kirche ist da nicht sonderlich transparent, wenn es um die Kohle geht... |
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Und was meinst du mit Wunschdenken? Die Reformation hat stattgefunden, der Buchdruck hat sich entwickelt, die Wissenschaft hat sich entwickelt. Es gab Kriege die meist wegen religiösen Gründen geführt worden sind. Es gab Verfolgungen, unter dem Zeichen des Kreuzes. Alles hängt doch zusammen in unserer Geschichte. Und die Reformation ist ein sehr großer und bedeutender Teil von all dem. Und dieses Ereignis wurde am Dienstag geehrt. Und nicht Martin Luther als Person. Habe ich irgendwelche Wunschgedanken formuliert? |
Naja, Du sagst, dass die Reformation "ein sehr großer und bedeutender Teil von all dem" gewesen wäre. Doch Belege lassen sich nicht finden. Weder beim Buchdruck, noch bei Schulbildung, noch bei der deutschen Sprache ließen sich bis jetzt irgendwelche Unterschiede zu anderen Regionen ausmachen, die von der Reformation nicht betroffen waren; weder innerhalb Deutschlands, noch im Vergleich zu fernen Ländern wie z.B. in Asien, Australien, Griechenland, Russland und dem ganzen Rest der Welt, wo Martin Luther bis heute unbekannt ist.
Auch die Reformation selbst ist ein lokal sehr begrenztes Phänomen. Im Grunde betrifft es ein paar deutsche Provinzen. Kirchenspaltungen gab's früher schon jede Menge: Kirche von Konstantinopel (Ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel)...und das sind noch nichtmal alle, sondern nur die Ost-Kirchen. Die Kirchenspaltung durch Martin Luther ist also nur ein weiteres unter vielen ähnlichen Ereignissen, von denen die meisten von uns noch nie etwas gehört haben, weil sie so unbedeutend sind. Warum soll ausgerechnet die Spaltung durch Luther bedeutender sein? |
Servus!
Weil oben zum Thema Moral - aus meiner Sicht zumindest missverständlich - geschrieben wurde, habe ich dazu eine ergänzende, evtl. erklärende Bemerkung: :Blumen: Moral selbst bewertet nicht, sondern ist rein normativ. Moral gibt einen Handlungsrahmen vor, der in verschiedenen Gruppen gerne auch unterschiedlich sein kann. Im Iran z.B. ist der moralische Handlungsrahmen in vielen Teilen sicher ein anderer als in der Bundesrepublik (Umgang mit Ehebrecherinnen z.B.). Oder was die Frage nach Verzehr von Menschenfleisch oder der Asche der Toten angeht - auch dazu gibt es auf der Welt in einigen Ecken (z.B. Papua-Neuguinea oder Amazonasgebiet) noch andere Ansichten wie in den meisten Teilen der übrigen Welt. Es gibt also keine allgemeine Moral. Immanuel Kant ist in dem Versuch eine allgemeine Moral zu formulieren sehr weit gekommen, ist aber letztlich an der Frage gescheitert, wer den nun diejenige Person sein soll, die das allgemeine Gesetz festlegt. Die Weltgemeinschaft hat das auch längst erkannt und versucht einen minimalen allgemein gültigen Handlungsrahmen zu schaffen, mit dem sich alle, ja wenigstens fast alle einverstanden erklären: Die Menschenrechte. Wie gut bzw. schlecht das auf der Welt funktioniert kann man täglich sehen/lesen/hören. Moralische Bewertung hingegen ist subjektiv und auch emotional. Subjektiv ist einsichtig, dazu gibt es genügend Texte in der Philosophie und Experimente in der Psychologie (viele kennen das Experiment mit dem Zug, der Weiche, den Arbeitern und dem Kind). Emotional ist da spannender, das ist eine moralische Bewertung aber vor allem aus zweierlei Gründen. Einmal weil der Verstand ja in überwiegendem Maße nicht die Entscheidungen trifft, sondern nur die Sachverhalte analysiert und Fakten für die Entscheidung liefert. Entschieden wird dann durch das Gefühl. Das was David Hume ja bereits im 18. Jahrhundert formuliert hat, wird durch Psychologie (das Zugexperiment kann abgewandelt werden um das zu zeigen) und Hirnforschung heute unterstützt - Neuropsychologie ist ein hoch aufschlussreiches Fach,wenn man sich für den Menschen interessiert. Ebenfalls, und das ist der zweite Grund, die Sache des freien Willens (eine wichtige „Errungenschaft“ der Aufklärung) ist durch letztere Disziplinien, nochmals in die Kritik geraten: Es gibt wohl Experimente die zeigen, dass wir auf gewisse Weise das wollen was wir tun und nicht das tun was wir wollen. Um zu verstehen - und ich weiß, ich wiederhole mich - warum die Welt so ist wie sie ist und wo man ansetzen kann um sie zu verbessern ist es unabdingbar den Menschen zu verstehen. Und ich meine mit Welt ausdrücklich nicht die Dinge jeglichen Maßstabes, sondern die Tatsachen die vom Menschen geschaffen werden (1 Die Welt ist alles, was der Fall ist. 1.1 Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge). Um also zu verstehen warum der Mensch als Induviduum so handelt wie er es tut und warum Gruppen so handeln wie sie es tun - undzwar sehr oft wider besseren Wissens - muss man sich mit der Individualpsychologie bzw. der Gruppen-/Sozialpsychologie auseinandersetzen. Oder im Kontext des Threads: Warum sind ca. 2/3 der Weltbevölkerung auf irgendeine Art gläubig, obwohl Wissen und Naturwissenschaft existiert und dieses Wissen für einen großen Teil auch zugänglich ist? Viele liebe Grüße Helmut |
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Übrigens: Nochmal zum Thema „festlegen des allgemeinen Gesetzes“.
Es gibt ja nicht wenige Stimmen, die eine Verbreitung solcher „allgemeinen Gesetzeswerke (aka Wektanschauungen)“ - man beachte den Plural - als ideologischen Imperialismus bezeichnen. Sei es nun ob man Religionen meint, Wirtschaftssysteme, politische Systeme, Sozialsysteme oder auch den Szientismus. Allen voran, zumindest was politische, wirtschaftliche und soziale Systeme anbelangt ist ja bekanntlich Herr Jakob Augstein junior. Wer ihn nicht kennt: Der ist sowas wie der Vorzeigeintellektuelle der linken Bourgeoisie und der Aluhutträger. ;) Außerdem Spiegel Erbe und Herausgeber der linken Zeitung „Der Freitag“ LG Helmut |
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Natürlich interessiert die Reformation in Russland niemand. Genauso wenig wie uns in Deutschland die verschiedenen Arten der orthodoxen Kirche interessiert. Es gab viele verschiedene Abspaltungen der Kirche, brauchst du ja auch nicht nach Asien gehen. Nehme doch nur Anglikanische Kirche in England. Ich rede aber von der Reformation aus der die Evangelische Kirche mit ihren weiteren Abzweigungen hervorging. Und das interessiert vor allem Deutschland, Mitteleuropa und Skandinavien. Asien mal gar nicht. Und wenn du nach Belegen fragst, gebe du doch Belege wie unsere Welt heute aussehe wenn Luther und seine Ansichten damals im Kerker gelandet wären und die Reformation komplett niedergeschlagen wäre. Wie wäre dann die Geschichte Deutschlands und Mitteleuropas gewesen? Welchen Einfluss hätte dann die Kirche heute auf unser Leben. Gibt es einen Beleg das sich der Buchdruck ohne die Reformation so entwickelt hätte? Und komme jetzt nicht mit Asien, da hat sich das Drucken auch auf anderen Wegen entwickelt. Ich rede nur von Deutschland und Europa. |
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Gutenberg war schon tot als Luther geboren wurde. :Lachanfall: |
Zur Moral:
Manche sagen, Moral wurde vom Menschen geschaffen (und ist deswegen willkürlich). Manche sagen, Moral wurde von Gott vorgegeben (und ist deshalb verbindlich). Manche sagen, eine bestimmte Handlung sei moralisch, andere bestreiten es. Dies alles trennt uns voneinander. Was eint uns? Was wir alle gemeinsam haben, ist die Notwendigkeit, miteinander auszukommen. Wir müssen einen gemeinsamen Nenner finden, auf den wir uns alle einigen können, auch wenn dieser gemeinsame Nenner womöglich winzig ist. Wie gelingt uns das? Die abrahamitischen Religionen versuchen, die ganze Welt auf einen einzigen Gesetzgeber einzuschwören und dadurch eine Einigung zu erzielen. Dieses Ansinnen ist bislang gescheitert. Wir müssten etwas finden, was für alle Menschen und für alle Religionen gleich aussieht, egal von welcher Perspektive man es betrachtet. Ich finde, Fakten könnten dieser gemeinsame Nenner sein, auf dem dann alles weitere aufbaut. Deswegen ist das Ansinnen der Religionen nicht hilfreich, immer ausgefeiltere Theologien zu entwickeln. Deswegen war auch Martin Luther mit seiner Version nicht hilfreich. Es hat zu mehr Uneinigkeit geführt und nicht zu mehr Einigkeit. Hilfreich ist, zu den Wurzeln zurückzukehren und erstmal eine solide Grundlage zu schaffen. Genau das macht die Wissenschaft. Sollten wir je eine gemeinsame Moral entwickeln, dann wird sie auf den Erkenntnissen der Wissenschaft basieren. |
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Anders als Du behauptest, hat die Reformation keineswegs überall stattgefunden. Mindestens dort müsste man einen Unterschied feststellen können. Dass Du Buchdruck, Schulbildung und Sprachentwicklung einem einzigen Mann zuschreibst, der diese Ziele (wenn überhaupt) nur nebenher verfolgte, ist eine gewagte These. Ein direkter Zusammenhang (wie er bei Buchdruck und Gutenberg besteht) ist nicht erkennbar. Sorry, aber wenn Du überhaupt keine Belege anführen kannst, überzeugt mich Dein Argument nicht. Ich bin durchaus offen für Belege. |
Servus Jörn!
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Ich kenne das Thema Moral nur als Thema der Philosophie einigermaßen gut. Nur dazu kann ich auch wirklich was beitragen. Ich denke aber auch zu wissen - evtl. interessiert das für eigene Recherchen - auch, dass manche Wissenschaftler Moral als Nebenprodukt von kognitiven Funktionen sehen, das im Zuge der Evolution entstanden sei. Sie schreiben dem Menschen eine Art genetische „Moralgrundausstattung“ zu. Soweit ich weiß, geht man davon aus, dass diese Grundausstattung von der Evolution zum Zwecke der Kooperation mit anderen frühzeitlichen Menschen „produziert“ (sagt man das so?) wurde. Zitat:
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Im übrigen meiner bescheidenen Meinung nach so eine gemeinsame Moral auch gar nicht nötig bzw. ich bin nicht sicher ob dies nötig wäre. Das ist eine schwere Frage finde ich. Es müsste ja eine Instanz geben, die diese allgemeinen Gesetze gibt. Da ich nicht an einen gesetzgebenden Gott glaube, tue ich mich damit schwer. Ich persönlich habe zunächst keinerlei Probleme damit, wenn andere Menschengruppen andere moralische Habdlungsmaxima haben als ich das habe. Freilich habe ich hier auch Grenzen. Allerdings habe ich mit meinen eigenen Grenzen auch Probleme, denn vor dem Hintergrund des o.g. ideologische Imperalismus scheinen mir meine Grenzen grenzwertig dogmatisch. :( Mit welchem Recht wollen wir den Kanibalen Papua-Neuguinea verbieten Menschenfleisch zu essen, weil es ggf. unmoralisch ist? Liebe Grüße Helmut |
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Die "neue geistliche Ordnung" Luther's beendete in einigen Fürstentümern die damals sehr grosse Macht des Papstes sowie der Römischen Kirche und lieferte für diese Zwecke die Gnaden-Lehre, die Du ja umschrieben hast. Er predigte herrschaftsbejahendes Verhalten gegenüber den weltlichen Mächten und Kritik an der päpstlichen Aneignung der Seelen. Ich denke, darüber kann es eigentlich keinen Streit geben, dass die Römische Kirche eine konservative bis reaktionäre Herrschaft zum damaligen Zeitpunkt in Europa darstellte und die Beschneidung ihres Einflusses durch Luther's Ablasskritik insofern als progressiv und die Bauernaufstände als revolutionär zu werten sind. Verbündete sich Luther mit den feudalen Fürsten, suchten Zwingli und Calvin hingegen die Unterstützung des herrschenden Bürgertums in den Städten Zürich und Genf (beide als Stadtbürgermeister), dem Träger der späteren bürgerlichen Revolutionen. Die Zwinglianer und Calvinisten beschäftigten sich anders als Luther auch mit neuen weltlichen Gesetzen (Puritanismus, Arbeitsethik). Die (calvinistischen) Hugenotten in Frankreich forderten später z.B. die Trennung von Staat und Religion sowie die Religionsfreiheit. Der Calvinismus wirkte vor allem in den angelsächsischen Sprachraum nicht nur als Religion und geflohene Hugenotten beeinflussten auch Friedrich den Grossen und das preussische Staatswesen. Man kann natürlich mit sehr guten Gründen der Meinung sein, dass die Abschaffung des mittelalterlichen, durch die Römische Kirche eingeführten Zinsverbotes in der italienischen Renaissance den Kapitalismus und das Ende des Mittelalters viel stärker beförderte als das Wirken von Luther. Und den Reformationsfeiertag zeitgemäss durch einen Zinsfeiertag ersetzen, ehrlicherweise. ;) Ps: Darüber, dass die Lutherbibel die Entstehung der (früh)neuhochdeutschen Sprache beeinflusste, wie Schussel schreibt, bestehen keine Zweifel. Zwingli übersetzte die Bibel, die bekannte Zürcher-Bibel ins Alemannische (mittelhochdeutsche), weshalb sie und Zwingli ausserhalb dieses Sprachraumes halt keine Verbreitung fanden. |
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"Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern." ;) |
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Gerade unsere Generation (bzw. eigentlich noch ein bisschen davor :-) ) hat doch extrem gegen all das wofür unserer Eltern standen rebeliert. Wenn in den 60er Jahren z.b. die Kirchen voll waren sind sie Heute leer. Die Erziehung der Elterngeneration ist total in die Hose gegangen. Und wenn sich Heute in D jemand für Spiritualität interssiert, findet er das eher im Budsimus als in der katholischen Kirche. |
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"Helmut erklärt uns die Welt, es kommt aber darauf an, über das Stadium der Reflektion hinauszugehen. ";) Autor: Trimichokles Übrigens Lidlracer: Gutenberg lebt! Da hast du dich geirrt. Macht ja nichts, denn Errare humanum est, wie der Lateiner zu sagen pflegt :) Beweis: http://www.bild.de/themen/personen/k...3094.bild.html |
Servus qbz,
:Cheese: Den Spruch kenne ich, klingt auch irgendwie richtig ;) Zu Feuerbach kann ich aber nix sagen, habe nie was von dem gelesen. Da, wie gesagt, die Geisteswissenschaften (die Philodophie in dem Falle) nicht erfolgreich waren im Verändern der Welt, kann es gut sein, dass er an seinem eigenen Anspruch gescheitert ist :Lachen2: Eine gute, praktisch relevante und vor allem brandaktuelle Fragestellung, auf die man Moralphilosopie anwenden kann ist: „Ist eine Obergrenze für Flüchlinge moralisch vertretbar?“ Welche Position (ich meine nicht die Politische) habt ihr denn zu der Fragestellung? Liebe Grüße Helmut |
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Auch Voltaire und Rousseau haben in meine Augen die Welt verändert. Sie haben Vorlagen/ Ideen für neue Gesellschaftsformen geliefert, die Poltiker dann in Verfassungen z.b. gegossen haben. Sie selbst haben den Kampf nicht geführt aber die intelektuellen Vorraussetzungen geschaffen, dass sich die Gesellschaft verändert hat, vom Feudalismus weg. Sie selbst haben die Veränderungen nicht durchgeführt. Einstein hat die Atombombe (und die KWKs und das GPS) aber auch nicht gebaut, sondern nur die wissenschaftlichen Grundlagen entwickelt. Auch er hat die Welt verändert. |
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Um dieser Moral dienen zu dürfen sind sehr hohe Hürden vorgeschaltet. In DE ein NC von 1,3 im allgemeinen Abitur, um überhaupt erst einmal damit anfangen zu dürfen eine geisteswissenschaftliche Ausbildung absolvieren zu können. Dabei fragt jedoch die Psychologie nur nach dem wie, d.h. wie die Welt beschaffen ist. Das warum ist Gegenstand von Philosophie. Neben dem M. Sc. braucht es dann noch einen Dr. Phil. Für 99,999% der Menschen ist das Lesen von religiösen Schriften, in dem vergleichsweise einfachere Verhaltenskodizes dargelegt sind, praktikabler. Nach der APA kostet das Stinkefinger zeigen 1500,- EUR, nach dem Gesetz § 185 StGb 500 EUR und nach der Bibel Null Euro. Ist doch fein so. D.h. wenn jemals so eine Moral existieren wird, dann auf Basis von Liebe, auf Basis von Liebe und Vergebung, und nicht etwa auf Basis kalkulatorischer Größen. Hat übrigens auch schon ein großer Welt- und Weisheitslehrer vor über 2000 Jahren dargelegt ;). Vergebung ist auch die einzige Möglichkeit den Nahost-Konflikt zu lösen. Mit Moral kommst du im nahen Osten nicht so weit, da mache ich (fast) jede Wette. |
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Liebe und Vergebung geht auch ohne Religion. MfG Matthias P.s.: Man kann nur Philosoph werden mit einem NC von 1.3? Versteh ich dich da richtig? |
Sers MattF,
ich verstehe was du meinst und stimme dir in deiner Sichtweise auch zu. :Blumen: Ich stelle gerade fest, ich habe mich darüber hinaus auch wirklich schlecht ausgedrückt. Wenn ich „die Welt verändern“ schreibe, denke ich eigentlich „das Leben der Menschen auf der Welt verbessern“. Sorry dafür! LG Helmut |
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Grützi Trimichi P.S.: ich meinte ein abgeschlossenes Doppelstudium. Für Philo allein greift nicht die APA. Grund u.a.: Philo führt keine empirische, naturwissenschaftliche Forschung durch, sie belegt ihre Aussagen nicht in der Praxis, wie man hier sehr schön (mit Bezug auf den Fussball-Thread) im Video versinnbildlicht sehen kann... https://www.youtube.com/watch?v=71l1KytVNcY |
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was meinst Du dabei mit "politischer" im Unterschied zu "moralischer" Position. Gibt es da einen Unterschied in der Frage, ob man Flüchtlingen Asyl gewährt? Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als in der Schweiz kritische Schweizer in den 80ziger Jahren anfingen, ihr Land dafür zu kritisieren, dass es während des 2. Weltkrieges die Grenzen zu DE auch für Flüchtlinge (Juden) schloss (mit Armee), obwohl man spätestens nach 1942 wusste, dass diese in DE ermordet werden. Bekannt wurde die Problematik durch den Film: "Das Boot ist voll" "Der Bundesrat, das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement und die Spitzen der Armee wussten im Sommer 1942, dass den zurückgewiesenen Flüchtlingen die Deportation nach Osteuropa und damit der Tod drohte. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund, die Hilfswerke, Teile der Bevölkerung und der sozialdemokratische Nationalrat David Farbstein protestierten vehement gegen die Grenzschliessung.[39]" Aufgrund solcher Erfahrungen muss Asyl für alle Flüchtlinge gelten und wer illegal vom Leben bedrohte Flüchtlinge schützt (im Kirchenasyl z.B., um auf das Topic zu kommen ;) ) handelt IMHO human, politisch aber vielleicht illegal. Herzlichen Gruss, qbz |
Der Mensch überschätzt sich, wenn er glaubt, er könne langfristig selbst festlegen, was moralisch oder unmoralisch sei. Tatsächlich kann er das weder durch die Religion, noch auf andere Weise. Moral entwickelt sich langfristig von selbst. Aus diesem Grund finden wir überall auf der Welt dieselbe Moral. Die bestehenden Unterschiede sind Feinheiten.
Denn was wir "Moral" nennen, ist nichts anderes als die jeweils erfolgreichste Strategie. Sie wird dann abgelöst, wenn sich eine noch erfolgreichere Strategie findet, die dann ihrerseits als "Moral" bezeichnet wird. Eine solche Strategie lautet quer durch alle menschlichen Kulturen, aber auch unter Affen, Fledermäusen etc.: "Begegne anderen stets Kooperationsbereit, aber wehre Dich, wenn Du angegriffen wirst". Diese Strategie ist erfolgreicher als andere Strategien. Ein Beispiel für eine andere Strategie lautet: "Greife stets sofort an und sichere Dir Deinen unmittelbaren Vorteil". Ein gegenteiliges Beispiel: "Weiche Konflikten stets aus und ergreife immer die Flucht". Die Balance zwischen Aggression und Friedfertigkeit, zwischen Egoismus und Altruismus, zwischen kurzfristigen und langfristigem Benefit, stellt sich über eine kulturelle Evolution von selbst ein. Das erfolgreichste Verhalten (die erfolgreichste Strategie) setzt sich durch. Wir nennen das dann "Moral". Diesen Mechanismus findet man nicht nur bei der Entstehung und Weiterentwicklung der Moral, sondern bei allen kulturellen Entwicklungen. Warum brach der Kommunismus zusammen? Weil andere Wirtschaftsweisen (Strategien) erfolgreicher waren. Aus demselben Grund weichen Monarchien den Demokratien. Warum gibt es nur sehr wenige Gottesstaaten, warum sind die fundamentalchristlichen Gemeinschaften der USA sehr klein? Weil sich andere Strategien erfolgreicher ausbreiten. Deshalb entscheiden sich unsere Moralbegriffe etwas von denen der Mormonen. Nicht weil sie "besser" wären, sondern weil sie einen größeren Ausbreitungserfolg hatten. Gesellschaften oder Gruppen mit erfolgreichen Strategien wirken an ihren Grenzen zu anderen Gruppen ansteckend. So breiten sich erfolgreiche Strategien aus. Wir überlasten die Religionen auf unnötige und unfaire Weise, wenn wir erwarten, sie könnten uns eine tragfähige Moral (Verhaltensstrategie) liefern. Religion kann Impulse geben. Alles weitere entwickelt sich. |
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Und die paar die es gibt, gibt es nur wg.Sondereffekten, konkret weil die Öl unter der Wüste gefunden haben und nicht real wirtschaften müssen für ihr Geld. Müssten die ihren Wohlstand selber erarbeiten, wären sie längst weg vom Fenster. MfG Matthias |
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Es lohnt sich, darüber nachzudenken, ob solche Verallgemeinerungen nicht mit bestimmter ideologischer Absicht postuliert werden, z.B. um zu verdecken, dass diejenigen, welche herrschen, jeweils eine andere Moral haben, abgeleitet von ihren Interessen, als diejenigen, die beherrscht werden. Wäre es anders, würden wohl kaum jede Minute auf der Welt Menschen verhungern. Ich würde eher postulieren, dass Moral rein interessengeleitet ist und die Interessen einzelner Schichten wiederum von den wirtschaftlichen Verhältnissen abhängen, die z.B. im Kapitalisums nicht mehr unter der Kontrolle der Menschen stehen. Für menschliche Kleingruppen ohne starre Hierarchien in psychologischen und spielstrategischen Laborsituationen mögen die genannten allgemeinen Strategiewertungen bestimmt zutreffen. Auch sehe ich in der Kooperation und der Vergesellschaftung von Arbeit ein bestimmendes, allgemeines Moment der menschlichen Entwicklung, wobei halt seit der Entstehung von "Reichen" die Kooperation in konkreten Herrschaftsverhältnissen erfolgt, in denen sich die Moral der Herrschenden (z.B. der Pharaonen) und der Unterdrückten (der Sklaven in dem Fall) doch wesentlich unterscheidet. |
Arne hat nicht behauptet, dass diese Strategie allgem im Tierreich herrscht sondern nur beispielsweise bei Affen z.b..
Da die meisten Tiere keine Kultur haben, sind entsprechende Vergleiche auch nur anekdotisch. Es heißt auch nicht, dass es die einzige mögliche Strategie ist. Es ist allerdings die die sich im Moment herausgebildet hat. Eine Strategie muss im übrigen auch nicht 100% der Individuen einer Gruppe helfen um erfolgreich zu sein, sondern nur den meisten. Das ist ein Grund dafür, dass Menschen verhungern, nicht dass es eine Herrscherkaste gibt, die dafür sorgt dass Menschen verhungern. Im übrigem verhungern immer weniger Menschen, wir sind also auf dem richtigen Weg. |
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