Klugschnacker |
29.07.2015 10:17 |
Zitat:
Zitat von keko
(Beitrag 1151630)
Im Übrigen hinkt dein Vergleich dahingehend, weil ein Baum ja kaum eigene Entscheidungen treffen kann und nun mal da steht, wo er steht. Ein Mensch hat ein viel größerern Spielraum und Entscheidungsgewalt.
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Das ist sicher etwas dran. Aber welche Spielräume und Entscheidungen meinst Du dabei konkret? Sicher konnte Ullrich entscheiden, ob er an dem fraglichen Tag ins Auto steigt oder nicht. Dem entsprechend fordern sämtliche Teilnehmer dieser Diskussion zurecht, Jan müsse dafür bestraft werden.
Hat Jan entscheiden können, wie er erzogen wird und mit welchen Werten er aufwuchs? Konnte er, der in der DDR in Sportinternaten aufwuchs und von Jugend an nur (Rad-) Sportler und Trainer um sich herum hatte, eigene Werte entwickeln, die er den im Radport geltenden Werten hätte entgegenstellen können? Konnte er wirklich zwischen zwei Welten mit unterschiedlichen Wertesystemen frei entscheiden?
Hat Jan entschieden, ein Alkoholproblem zu entwickeln? Hat er entschieden, Depressionen und Angstzustände zu entwickeln, die mit Valium behandelt werden? Hat er entschieden, davon abhängig zu werden?
Ich denke, jede dieser Fragen lässt sich kontrovers diskutieren. Menschen sind freier als Bäume, aber sie sind weniger frei, als man vielleicht annehmen möchte. Schau Dir Dein eigenes Leben an. An vielen entscheidenden Weggabelungen hast Du bestenfalls vermeintlich, aber nicht tatsächlich frei wählen können. Wir laufen alle mehr oder weniger im Gleichschritt mit unserer Umgebung. Schule, Studium, bürgerlicher Beruf, kleine Familie, Wohnung, Auto – alles läuft konform unserer Erziehung und Sozialisierung. Und deshalb sieht das auch bei fast allen gleich aus. Wie kommen wir darauf, diese Synchronschwimmerei sei das Ergebnis unserer ureigenen Entscheidungen?
Wer in seinem bürgerlichen Leben mitmarschiert und nirgendwo aneckt, hätte vermutlich auch im System der Profisports fehlerfrei funktioniert.
Grüße,
Arne
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