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ThomasG 08.03.2018 09:41

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1365834)
Das Ziel der deutschen Wähler ist es doch, in Zukunft mehr materiellen Wohlstand zu haben als heute. Ihre Zielsetzung ist also identisch mit der Zielsetzung der Superreichen. Gedanken an eine sozialere Wirtschaftsweise sind doch nur bei jenen attraktiv, die denken, sie würden selbst materiell davon profitieren. Um Gerechtigkeit geht es in Wahrheit nicht, sondern um persönlichen Profit.

Was nützt materieller Wohlstand, wenn ich mich in einem Umfeld befinde, in dem ich mich nicht wohl fühle?
Ich denke, ein Großteil der Menschen fühlt sich in einer Umgebung wohl, in der es nicht allzu große soziale Unterschiede gibt.
Meiner Ansicht nach würden viele sehr gerne auf einen Teil ihres materiellen Wohlstandes verzichten, wenn sie so dazu beitragen könnten, dass es ihren Mitmenschen im Mittel so gut geht, dass man freundlicher, friedlicher, offener, weniger aggressiv und voreingenommen usw. usf. miteinander umgeht.

Mirko 08.03.2018 09:47

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1365863)
Meiner Ansicht nach würden viele sehr gerne auf einen Teil ihres materiellen Wohlstandes verzichten, wenn sie so dazu beitragen könnten, dass es ihren Mitmenschen im Mittel so gut geht, dass man freundlicher, friedlicher, offener, weniger agressiv und voreingenommen usw. usf. miteinander umgeht.

Das halte ich für Wunschdenken. Wenn du 100 Deutsche fragst ob sie gerne 50€ mehr Steuern im Monat bezahlen würden und dieses Geld für Soziale Hilfe ausgegeben wird, was denkst du wie viele da freiwillig mitmachen würden? Ich tippe auf 2 oder 3. :(

Klar gibt's das, Klugschnacker und Keko traue ich das hier zum Beispiel durchaus zu. Aber von "viele" zu sprechen halte ich leider für übertrieben.

qbz 08.03.2018 11:19

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1365834)
(Hervorhebungen im Zitat von mir)

Ich meine, diese sympathischen Gedanken sind in Deutschland nicht umsetzbar.

Das Ziel der deutschen Wähler ist es doch, in Zukunft mehr materiellen Wohlstand zu haben als heute. Ihre Zielsetzung ist also identisch mit der Zielsetzung der Superreichen. Gedanken an eine sozialere Wirtschaftsweise sind doch nur bei jenen attraktiv, die denken, sie würden selbst materiell davon profitieren. Um Gerechtigkeit geht es in Wahrheit nicht, sondern um persönlichen Profit.

Die Deutschen würden dumm aus der Wäsche schauen, wenn sie zu einer auf globale Gerechtigkeit zielenden Wirtschaftsweise wechseln würden. Oder glaubt jemand ernsthaft, wir Deutschen hätten mehr im Säckel, wenn wir im Interesse der Weltgemeinschaft wirtschaften müssten? Oder gar im Interesse zukünftiger Generationen?

Die debattierten Stellschrauben, die Volkswirtschaftler für möglich halten, um mehr Gerechtigkeit auf der Welt zu bekommen, sind natürlich sehr vielfältig, zu vielfältig, um sie in einem einzigen Forumskommentar darzustellen. Auf jeden Fall wäre es sachlich völlig falsch, als oberste Prämisse davon auszugehen, wie Du es tust, es bestünde generell eine identische Zielsetzung zwischen den Superreichen und der Mittelschicht. Selbst zwischen den Superreichen existieren unterschiedliche Interessen. Geht es um die Verteilung des Kuchens, je nach Branchen, trotz aller Verflechtungen und Absprachen, wird mit harten Bandagen gekämpft.

1.
Um die Vermögen der Superreichen zu beschneiden, erwähnte ich als eine Stellschraube das Schliessen von Steuerschlupflöchern. In DE werden pro Jahr ca. 100 Milliarden Euro Steuern hinterzogen (der Sozialhaushalt beträgt ca. 130 Milliarden pro Jahr) , für Europa gibt die Statistik ca. 1,5 Billionen Dollar an.
https://de.statista.com/statistik/da...-weltregionen/.

Was mit der Schweiz teilweise gelang, sollte auch mit den anderen Steueroasen weltweit möglich sein. (z.B. durch einen kompletten Boykott incl. der Konten zur Kooperation zu zwingen als letzte Massnahme.)
https://www.boeckler.de/41281_41291.htm

2.
Nach der Finanzkrise 2008 schlotterten vielen die Knie. Der folgende Kommentar stand nicht etwa in einer linken Zeitung, sondern in der NZZ zur Tagung des neoliberalen Lobby-Netzwerkes der Mont Pèlerin Society 2009:

"Wenn sich eine ganze Gesellschaft aufs Kasino verlegt, hilft kein Stimulierungspaket mehr. Dann braucht es einen gesellschaftlichen Turnaround.

Not tut ein neues Fundament für alle Finanzmarkt-Teilnehmer, das die Zyklus-Verstärkung unterbindet. So sind die knappen Mittel wieder für nachhaltige Investitionen statt für Gambling einzusetzen. Banken als dienstleistende Unternehmen sind dann weder Universalbanken noch riesengross. Ihre Eigenmittel brauchen sie für ihre Dienstleistungen. Der Mensch, in seiner Gier oder was immer, ändert sich nicht. Doch Regeln seines Zusammenlebens können sehr wohl geändert werden – im Finanzmarkt hoffentlich bald drastischer als bis anhin ins Auge gefasst.
"
https://www.nzz.ch/tagung_der_mont_p...iety-1.2468957
Würden solche Änderungen der breiten Mittelschicht schaden? Bestimmt nicht! Sie bezahlen für die nächste, tiefere Krise, die 100 % kommen wird.

3.
Ich stimme Dir in gewisser Hinsicht auch zu: Die sog. Industrieländer besitzen technologisch, wissenschaftlich und industriell natürlich einen Vorsprung, den kleine und wenig oder veraltet industriealisierte Wirtschaftsräume selten allein aufholen können, ohne dass es geplant geschieht. Möglich ist es, wenn man will, wie das Beispiel der ehemaligen Ostblockstaaten und der östlichen Bundesländer zeigt, oder natürlich für sehr grosse Wirtschaftsräume wie China. Für eine bestimmte Zeit mag das zu Einbussen bei den Industrieländern führen, die aber zeitlich begrenzt wären, bis quasi weltweit ähnliche Produktions- und Profitbedingungen für das Kapital herrschen, die übergrosse Extraprofite inform riesiger Lohn- / Steuer- / Umweltstandardunterschiede ausschliessen. Wir bekämen weltweite Wachstumseffekte!

4.
Globale Abrüstung und mit den freiwerdenden Mitteln ein Fonds für Bildung und zur Förderung wirtschaftlich schwacher Regionen z.B.

Klugschnacker 08.03.2018 12:14

qbz, natürlich soll jeder seine Steuern zahlen; Schlupflöcher sind zu schließen.

Das muss für beide Seiten gelten: Die wohlhabenden Netto-Einzahler sollen ihre Steuern zahlen, und die Netto-Leistungsempfänger sollen diese Leistungen nicht missbräuchlich abrufen. (Etwa, wenn ein gesunder und arbeitsfähiger Mensch zugunsten einer optimierten Work-Life-Balance nur noch halbtags arbeiten würde, und dadurch von jenen profitiert, die ganztags malochen.)

Ich wollte auf folgendes hinaus:

Nehmen wir fiktiv an, ein selbständiger Architekt zahlt pro Jahr 50.000 Euro Steuern. Ein städtischer Angestellter zahlt pro Jahr ein Zehntel davon, also 5.000 Euro.

Was ist nun gerecht? Wie müsste man die Steuerlast der beiden verändern, um mehr Gerechtigkeit zu schaffen? Wäre folgende Steuerlast gerechter:
Selbständiger Architekt 55.000 Euro Steuern pro Jahr
Angestellter 3.000 Euro Steuern pro Jahr
oder sogar
Selbständiger Architekt 60.000 Euro Steuern pro Jahr
Angestellter 1.000 Euro Steuern pro Jahr
Worauf ich hinaus will: Wir haben gar kein objektives Kriterium, welche Verteilung von Steuerlasten oder Einkommen nun gerecht sei. Alle Parteien in diesem Spiel, also sowohl die Netto-Einzahler als auch die Netto-Empfänger des Umverteilungssystems, sind überzeugt, es würde genau dann gerechter, wenn die eigene Situation sich verbessert. Die Motivation beider Lager ist identisch, nämlich profitorientiert.

Dass jede Schicht die Einkommensgerechtigkeit über das Wohlergehen der eigenen Schicht definiert, sah man vor wenigen Seiten daran, dass ich von User Körbel persönlich beschimpft wurde, nur Stunden nachdem ich die Meinung äußerte, die eigene Schicht müsse unter Umständen etwas abgeben. Dieses Verhalten wird noch grotesker dadurch, dass er mich (ohne jegliches Wissen) zu den Netto-Einzahlern des Umverteilungssystems zählt, von deren Steuern dieses System letztlich lebt.

Wie willst Du jetzt mit lauter Egoisten ein altruistisches Wirtschaftssystem etablieren?
:Blumen:

tandem65 08.03.2018 12:51

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1365906)
Nehmen wir fiktiv an, ein selbständiger Architekt zahlt pro Jahr 50.000 Euro Steuern. Ein städtischer Angestellter zahlt pro Jahr ein Zehntel davon, also 5.000 Euro.

Was ist nun gerecht? Wie müsste man die Steuerlast der beiden verändern, um mehr Gerechtigkeit zu schaffen? Wäre folgende Steuerlast gerechter:
Selbständiger Architekt 55.000 Euro Steuern pro Jahr
Angestellter 3.000 Euro Steuern pro Jahr
oder sogar
Selbständiger Architekt 60.000 Euro Steuern pro Jahr
Angestellter 1.000 Euro Steuern pro Jahr
Worauf ich hinaus will: Wir haben gar kein objektives Kriterium, welche Verteilung von Steuerlasten oder Einkommen nun gerecht sei.

Nun, da ja bei das gleiche Einkommen haben und sich die beiden fiktiven Menschen sich lediglich durch ihren Status Selbstständigkeit unterscheiden zu scheinen, Geschlecht bin ich mir nicht sicher. Scheint mir keins der 3 Szenarien auch nur annähernd gerecht zu sein. Mein Mitleid hat der Selbstständige. :Cheese:

Neginroeb 08.03.2018 13:05

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1365906)
Selbständiger Architekt 55.000 Euro Steuern pro Jahr
Angestellter 3.000 Euro Steuern pro Jahr
oder sogar
Selbständiger Architekt 60.000 Euro Steuern pro Jahr
Angestellter 1.000 Euro Steuern pro Jahr

Haben die beide das gleiche Einkommen? Warum soll der Selbständige dann mehr zahlen?

Im übrigen haben wir durch das progressive Steuersystem bereits eine ziemliche Umverteilung im Gesetz verankert.

Klugschnacker 08.03.2018 13:17

Zitat:

Zitat von Neginroeb (Beitrag 1365914)
Haben die beide das gleiche Einkommen?

Natürlich nicht.

Neginroeb 08.03.2018 13:19

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1365921)
Natürlich nicht.

Dann verstehe ich das Beispiel nicht.


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