triathlon-szene.de |  Europas aktivstes Triathlon  Forum

triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum (https://www.triathlon-szene.de/forum/index.php)
-   Politik, Religion & Gesellschaft (https://www.triathlon-szene.de/forum/forumdisplay.php?f=30)
-   -   Gernhardt-Sportgedicht der Woche ... (https://www.triathlon-szene.de/forum/showthread.php?t=666)

the grip 11.12.2013 10:12

Konstantin Wecker:
 
Es duftet nach Akazien und
dein Lächeln duftet auch.
Die Winde meinen´s gut mit uns,
die Welt nimmt uns in Kauf.

Wir reden nicht, wir schweigen nicht,
wir sind ganz einfach da.
Wir spiegeln uns im Sommerlicht
und sind uns nah.

Als hätt´ ich dich noch nie gesehn,
verwirrt mich dein Gesicht.
Die Zeit mag ruhig zugrunde gehn.
Wir tun es sicher nicht.

Wir geben uns ganz absichtslos
und ohne tief ´ren Sinn
wie Wolken unterm Himmel ziehn
der Liebe hin.

Was immer mir der Wind erzählt,
der Mond und mein Klavier:
Sie singen nur das eine Lied,
sie singen nur von dir.

Sie kannten dich schon vor der Zeit,
bevor die Welt entstand.
Dein Name ist in jeden Baum,
in jeden Fels gebrannt.

Es gibt so viele Lieder über
diesen Augenblick,
voll Schwülstigkeit und Flieder und
mit wehem Blick zurück.

Doch all die schweren Worte,
sie sind nichts als gut gemeint.
Sie können nicht beschreiben,
was uns beide eint.

Das Laute schweigt, die Stille tönt.
Ich weiß nicht wer ich bin.
Und alles ist so unbestimmt
und sinnvoll ohne Sinn.

Die Welt ist wohl aus Nichts gemacht,
ganz leicht, wie nebenbei.
Und ohne dich bricht diese Welt
ganz sicherlich entzwei.

Was immer mir der Wind erzählt, ...

the grip 12.12.2013 10:29

Christian Morgenstern:
 
Der Korbstuhl

Was ich am Tage stumm gedacht,
vertraut er eifrig in der Nacht.

Mit Knisterwort und Flüsterwort
Erzählt er mein Geheimnis fort.

Dann schweigt er wieder lang und lauscht –
indes die Nacht gespenstisch rauscht.

Bis ihn der Bock von neuem stößt
Und sich sein Krampf in Krachen löst.

the grip 13.12.2013 10:11

Hermann Hesse:
 
Gleichnisse

Meine Liebe ist ein stilles Boot,
Das mit träumerischen Ruderschlägen
Einer dunklen Brandung treibt entgegen.

Meine Liebe ist ein jähes Licht,
Das durch schwarze, schwüle Nächte bricht
Und unselig wie ein Blitz verloht.

Meine Liebe ist ein krankes Kind,
Das bei Nacht in seinem Bette sinnt;
Und am Rand des Bettes steht der Tod.

the grip 14.12.2013 11:12

Berthold Viertel:
 
Schnee

Schnee war gestern plötzlich da – auf allen
Trüben Straßen, hell wie Unschuld, weiß,
Weich und wärmend, aus der Luft gefallen.
Und wir gingen – enger ward der Kreis,

Der uns heimlich aneinanderhält –
Mit gedämpftem Schritt, gedämpfter Seele,
Unverhofftes Lachen in der Kehle,
Durch des Schneefalls kindlich neue Welt.

Wir, die jetzt so ernste Frage quält,
Wurden schmiegsam, atemleicht, gelinder,
Lachten furchtlos, schneefroh, beinah Kinder –
O wie hat die kleine Freude uns gefehlt!

the grip 15.12.2013 10:46

Wilhelm Busch:
 
Mein kleinster Fehler ist der Neid. –
Aufrichtigkeit, Bescheidenheit,
Dienstfertigkeit und Frömmigkeit,
Obschon es herrlich schöne Gaben,
Die gönn' ich allen, die sie haben.

Nur wenn ich sehe, daß der Schlechte
Das kriegt, was ich gern selber möchte;
Nur wenn ich leider in der Nähe
So viele böse Menschen sehe,
Und wenn ich dann so oft bemerke,
Wie sie durch sittenlose Werke
Den lasterhaften Leib ergötzen,
Das freilich tut mich tief verletzen.

Sonst, wie gesagt, bin ich hienieden
Gottlobunddank so recht zufrieden.

the grip 17.12.2013 10:16

Wilhelm Busch:
 
Kritik des Herzens

Es saß in meiner Knabenzeit
Ein Fräulein jung und frisch
Im ausgeschnittnen grünen Kleid
Mir vis-á-vis bei Tisch.

Und wie´s denn so mit Kindern geht,
Sehr frömmig sind sie nie,
Ach, dacht ich oft beim Tischgebet,
Wie schön ist doch Marie!

the grip 18.12.2013 10:12

Johann Wolfgang Goethe:
 
Verschiedene Drohungen

Einst ging ich meinem Mädchen nach
Tief in den Wald hinein
Und fiel ihr um den Hals, und „ach!“
Droht sie, „ich werde schrei´n“

Da rief ich trotzig: Ha! Ich will
Den töten, der uns stört! –
„Still!“ lispelt sie, „Geliebter, still!
Daß ja dich niemand hört.“

the grip 19.12.2013 10:22

Joseph von Eichendorff:
 
Weihnachten

Markt und Straßen steh´n verlassen,
Still erleuchtet jedes Haus,
Sinnend geh´ ich durch die Gassen,
Alles sieht so festlich aus.

An den Fenstern haben Frauen
Buntes Spielzeug fromm geschmückt,
Tausend Kindlein steh´n und schauen,
Sind so wunderstill beglückt.

Und ich wandre aus den Mauern
Bis hinaus ins freie Feld,
Hehres Glänzen, heil´ges Schauern!
Wie so still und weit die Welt.

Sterne hoch die Kreise schlingen,
Aus des Schnees Einsamkeit
Steigt´s wie wunderbares Singen –
O du gnadenreiche Zeit.

the grip 20.12.2013 10:15

Wilhelm Busch:
 
Der Knoten

Als ich in Jugendtagen
Noch ohne Grübelei,
Da meint ich mit Behagen,
Mein Denken wäre frei.

Seitdem hab ich die Stirne
oft auf die Hand gestützt
Und fand, daß im Gehirne
Ein harter Knoten sitzt.

Mein Stolz der wurde kleiner.
Ich merkte mit Verdruß:
Es kann doch unsereiner
Nur denken, wie er muß.

the grip 21.12.2013 10:19

Goethe:
 
Erster Verlust

Ach, wer bringt die schönen Tage,
Jene Tage der ersten Liebe,
Ach, wer bringt nur eine Stunde
Jener holden Zeit zurück!

Einsam nähr‘ ich meine Wunde,
Und mit stets erneuter Klage
Traur‘ ich um‘s verlorne Glück.

Ach, wer bringt die schönen Tage,
Jene holde Zeit zurück!

the grip 22.12.2013 11:18

Wilhelm Busch:
 
Ich hab in einem alten Buch gelesen
Von einem Jüngling, welcher schlimm gewesen.
Er streut sein Hab und Gut in alle Winde.
Von Lust zu Lüsten und von Sünd zu Sünde,
In tollem Drang, in schrankenlosem Streben
Spornt er sein Roß hinein ins wilde Leben,
Bis ihn ein jäher Sturz vom Felsenrand
Dahingestreckt in Sand und Sonnenbrand,
Daß Ströme Bluts aus seinem Munde dringen
Und jede Hoffnung fast erloschen ist.

Ich aber hoffe – sagt hier der Chronist –
Die Gnade leiht dem Jüngling ihre Schwingen.

Im selben Buche hab ich auch gelesen
Von einem Manne, der honett gewesen.
Es war ein Mann, den die Gemeinde ehrte,
Der so von sechs bis acht sein Schöppchen leerte,
Der aus Prinzip nie einem etwas borgte,
Der emsig nur für Frau und Kinder sorgte;
Dazu ein proprer Mann der nie geflucht.
Der seine Kirche musterhaft besucht.
Kurzum, er hielt sein Rößlein stramm im Zügel,
Und war, wie man so sagt, ein guter Christ.

Ich fürchte nur – bemerkt hier der Chronist –
Dem Biedermanne wachsen keine Flügel.

the grip 23.12.2013 15:22

Anna Ritter:
 
Denkt euch

Denkt euch, ich habe das Christkind gesehen!
Es kam aus dem Walde, das Mützchen voll Schnee,
mit rotgefrorenem Näschen.
die kleinen Hände taten ihm weh;
denn es trug einen Sack, der war gar schwer,
schleppte und polterte hinter ihm her.
Was drin war, möchtet ihr wissen?
Ihr Naseweis, ihr Schelmenpack.

Meint ihr, er wäre offen, der Sack?
Zugebunden bis oben hin!
Doch war gewiß etwas Schönes drin.
Es roch so nach Äpfeln und Nüssen.

the grip 25.12.2013 10:11

Fridolin Tschudi:
 
Früher

Früher war der Winter strenger,
knirschend kalt und klirrend klar,
wiesenweiter, stubenenger,
flockenweiß und wunderbar…

Schneebedeckte Steinfiguren,
Pferdewiehern, Peitschenknall,
Schellenklingklang, Schlittenspuren
Und gedämpfter Widerhall…

Damals trug man Pelarinen,
Breeches und Manchestersamt,
und man sah durch die Gardinen
Glaslaternen, gelb entflammt…

Alle Freuden des Entdeckers
Kannten Nase, Aug und Ohr,
und der Duft des Zuckerbäckers
stieg das Treppenhaus empor…

Und er trug uns in die Ferne,
mandelsüß und honigweich,
bis ins Land der Zimmetsterne,
Traumgefild und Himmelreich.

Früher war der Winter strenger,
biswindscharf und bitterkalt;
doch wir lieben ihn je länger,
desto mehr – uns werden alt.

TriVet 25.12.2013 11:25

Bei den Gedichten vom 20./21. fiel mir der alte Walter Serner wieder ein:


Lockerlied

Einst als ich im Jugendzwinger
manches faule Rätsel biss,
hatt ich vorm Tyrannenfinger
einen ganz gewaltgen Schiss.

Jetzt da ich im Evening-Dresse
nur noch allerlockerst sprühe,
ist mir keine Miez zu kesse,
keine Tour macht mir noch Mühe.

Fest im Kopfe die Parole:
"Mia kann keener, nee, mia nich!"
fällt die Geste nach der Sohle:
"Alle könn mia inniglich!"


Walter Serner, 1918

the grip 26.12.2013 10:38

Gottfried Keller:
 
Erster Schnee

Wie nun alles stirbt und endet
Und das letzte Lindenblatt
Müd sich an die Erde wendet
In die warme Ruhestatt,
So auch unser Tun und Lassen,
Was uns zügellos erregt,
Unser Lieben, unser Hassen
Sei zum welken Lauf gelegt.

Reiner weißer Schnee, o schneie,
Decke beide Gräber zu,
Daß die Seele uns gedeihe
Still und kühl in Wintersruh!
Bald kommt jene Frühlingswende,
Die allein die Liebe weckt,
Wo der Haß umsonst die Hände
Dräuend aus dem Grabe streckt.

the grip 27.12.2013 12:15

Ror Wolf:
 
Wetterverhältnisse

es schneit, dann fällt der regen nieder,
dann schneit es, regnet es und schneit,
dann regnet es die ganze zeit,
es regnet und dann schneit es wieder.

the grip 28.12.2013 12:09

Erich Kästner:
 
Es läuten die Glocken

Wenn im Turm die Glocken läuten,
kann das vielerei bedeuten.
Erstens: daß ein Festtag ist.
Dann: daß du geboren bist.
Drittens: daß dich jemand liebt.
Viertens: daß dich´s nicht mehr gibt.
Kurz und gut, das Glockenleuten
Hat nur wenig zu bedeuten.

the grip 29.12.2013 12:11

Erich Kästner:
 
Was immer auch geschieht!

Was auch immer geschieht:
Nie dürft ihr so tief sinken,
von dem Kakao, durch den man euch zieht,
auch noch zu trinken!

the grip 30.12.2013 10:26

Joseph von Eichendorff:
 
Mondnacht

Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküßt,
daß sie im Blütenschimmer
von ihm nun träumen müßt.

Die Luft ging durch die Felder,
die Ähren wogen sacht,
es rauschten leis die Wälder,
so sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
flog durch die stillen Lande,
als flöge sie nach Haus.

the grip 01.01.2014 11:20

Achim von Arnim:
 
Neujahr

Altes Jahr, du ruhst in Frieden,
Deine Augen sind geschlossen;
Bist von uns so still geschieden
Hin zu himmlischen Genossen,
Und die neuen Jahre kommen,
Werden auch wie du vergehen,
Bis wir alle aufgenommen
Uns im letzten wiedersehen.
Wenn dies letzte angefangen,
Deutet sich dies Neujahrgrüßen,
Denn erkannt ist dies Verlangen,
Nach dem Wiedersehn und Küssen.

the grip 02.01.2014 10:47

Heinz Erhardt :
 
Urlaub im Urwald

Ich geh’ im Urwald für mich hin …
Wie schön, daß ich im Urwald bin:
Man kann hier noch so lange wandern,
ein Urbaum steht neben dem andern.
Und an den Bäumen, Blatt für Blatt,
hängt Urlaub. Schön, daß man ihn hat!

the grip 03.01.2014 10:32

Wilhelm Busch:
 
So Nicht

Ums Paradies ging eine Mauer
Hübsch hoch vom besten Marmelstein.
Der Kain, als ein Bub, ein schlauer,
Denkt sich: Ich komme doch hinein.

Er stieg hinauf zu diesem Zwecke
An einer Leiter mäuschenstumm.
Da schlich der Teufel um die Ecke
Und stieß ihn samt der Leiter um.

Der Vater Adam, der`s gesehen,
Sprach, während er ihn liegen ließ:
„Du Schlingel! Dir ist recht geschehen.
So kommt man nicht ins Paradies.

the grip 04.01.2014 10:53

Johann Wolfgang von Goethe:
 
Die Liebe wider Willen

Ich weiß es wohl, und spotte viel:
Ihr Mädchen seid voll Wankelmut!
Ihr liebet, wie im Kartenspiel,
Den David und den Alexander;
Sie sind ja Forcen miteinander,
Und die sind miteinander gut.

Doch bin ich elend wie zuvor,
Mit misanthropischem Gesicht,
Der Liebe Sklav, ein armer Tor!
Wie gern wär ich sie los, die Schmerzen!
Allein es sitzt zu tief im Herzen,
Und Spott vertreibt die Liebe nicht.

the grip 05.01.2014 12:57

Joachim Ringelnatz:
 
Der Glückwunsch
Ein Glückwunsch ging ins neue Jahr,
Ins Heute aus dem Gestern.
Man hörte ihn sylvestern.
Er war sich aber selbst nicht klar,
Wie eigentlich sein Hergang war
Und ob ihn die Vergangenheit
Bewegte oder neue Zeit.
Doch brachte er sich dar, und zwar
Undeutlich und verlegen.
Weil man ihn nicht so ganz verstand,
So drückte man sich froh die Hand
Und nahm ihn gern entgegen.

the grip 06.01.2014 10:52

Friedrich von Hagedorn:
 
Die Küsse

Als sich aus Eigennutz Elisse
Dem muntern Coridon ergab,
Nahm sie für einen ihrer Küsse
Ihm anfangs dreißig Schäfchen ab.

Am andern Tag erschien die Stunde,
Daß er den Tausch viel besser traf.
Sein Mund gewann von ihrem Munde
Schon dreißig Küsse für ein Schaf.

Der dritte Tag war zu beneiden:
Da gab die milde Schäferin
Um einen neuen Kuss mit Freuden
Ihm alle Schafe wieder hin.

Allein am vierten ging`s betrübter,
Indem sie Heerd` und Hund verhieß
Für einen Kuß, den ihr Geliebter
Umsonst an Doris überließ.

the grip 07.01.2014 10:34

Günter Grass:
 
Kirschen

Wenn die Liebe auf Stelzen
über die Kieswege stochert
und in die Bäume reicht,
möchte ich auch gerne Kirschen
in Kirschen als Kirschen erkennen,

nicht mehr mit Armen zu kurz,
mit Leitern, denen es immer
an einer Sprosse mangelt,
von Fallobst leben, Kompott.

Süß und süß, fast schwarz;
Amseln träumen so rot –
Wer küßt hier wen,
wenn die Liebe
auf Stelzen in Bäume reicht.

the grip 09.01.2014 10:34

Heinrich Heine:
 
Du schönes Fischermädchen,
Treibe den Kahn ans Land;
Komm zu mir und setzte dich nieder,
Wir kosen Hand in Hand.

Leg an mein Herz dein Köpfchen,
Und fürchte dich nicht so sehr,
Vertraust du dich doch sorglos
Täglich dem wilden Meer.

Mein Herz gleicht ganz dem Meere,
Hat Sturm und Ebb und Flut,
Und manche schöne Perle
In seiner Tiefe ruht.

bellamartha 09.01.2014 10:51

Hä?
 
Seltsam... Ich hatte gestern einen Beitrag hier rein geschrieben, unter den mit dem schönen Kirschen-Gedicht. Heute ist mein Beitrag weg. Wie geht denn so was?
Darf/Soll man hier nichts schreiben? Hat sich der Beitrag selbst gelöscht? War ich so verpeilt, dass ich was falsch gemacht habe oder er jetzt in einem anderen Thread steht?
Fragen über Fragen.

Viele Grüße
J.

the grip 09.01.2014 11:20

Zitat:

Zitat von bellamartha (Beitrag 999160)
Seltsam... Ich hatte gestern einen Beitrag hier rein geschrieben, unter den mit dem schönen Kirschen-Gedicht. Heute ist mein Beitrag weg. Wie geht denn so was?
Darf/Soll man hier nichts schreiben? Hat sich der Beitrag selbst gelöscht? War ich so verpeilt, dass ich was falsch gemacht habe oder er jetzt in einem anderen Thread steht?
Fragen über Fragen.

Viele Grüße
J.

Also ich war's nicht ;-) (hätte auch keine Berechtigung dazu) und Arne bestimmt auch nicht. Wohl falscher Thread.

bellamartha 09.01.2014 11:55

Na, dann noch mal.:)

Ich hatte aus aktuellem Anlass folgendes Gedich in Erinnerung rufen wollen, verfasst von Herrn Eduard Mörike:

Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist’s!
Dich hab´ ich vernommen!

the grip 11.01.2014 18:55

Johann Wolfgang von Goethe:
 
Frech und froh

Liebesqual verschmäht mein Herz,
Sanften Jammer, süßen Schmerz;
Nur vom Tüchtgen will ich wissen,
Heißem Äugeln, derben Küssen.
Sei ein armer Hund erfrischt
Von der Lust, mit Pein gemischt!
Mädchen, gib der frischen Brust
Nichts von Pein und alle Lust.

the grip 14.01.2014 09:57

Barbara Maria Kloos:
 
Bescheiden

Supermän
zu vögeln
wäre eine
schöne
Aufgabe.
Ein
gepflegter
Gartenzwerg
tuts auch

the grip 16.01.2014 10:26

Wilhelm Busch:
 
Mein Kind, es sind allhier die Dinge,
Gleichviel, ob große, ob geringe,
Im Wesentlichen so verpackt,
Daß man sie nicht wie Nüsse knackt.

Wie wolltest du dich unterwinden,
Kurzweg die Menschen zu ergründen.
Du kennst sie nur von außenwärts.
Du siehst die Weste, nicht das Herz.

the grip 18.01.2014 19:58

Christian Morgenstern:
 
Der Seufzer

Ein Seufzer lief Schlittschuh auf nächtlichem Eis
und träumte von Liebe und Freude.
Es war an dem Stadtwall, und schneeweiß
glänzten die Stadtwallgebäude.

Der Seufzer dacht an ein Maidelein
und blieb erglühend stehen.
Da schmolz die Eisbahn unter ihm ein -
und er sank - und ward nimmer gesehen.

the grip 21.01.2014 10:28

Matthias Claudius:
 
Der Mensch

Empfangen und genähret
Vom Weibe wunderbar
Kömmt er und sieht und höret,
Und nimmt des Trugs nicht wahr;
Gelüstet und begehret,
Und bringt sein Tränlein dar;
Verachtet, und verehret;
Hat Freude, und Gefahr;
Glaubt, zweifelt, wähnt und lehret,
Hält nichts, und alles wahr;
Erbauet, und zerstöret;
Und quält sich immerdar;
Schläft, wachet, wächst, und zehret;
Trägt braun und graues Haar;
Und alles dieses währet,
Wenn‘s hoch kommt, achtzig Jahr.

the grip 23.01.2014 10:13

Ralf Rothmann:
 
Mit der Brille auf der Nase

Hab mich im Griff
daß es wehtut, Baby
verirre mich selten
in tiefen Gefühlen
brauch alle Kraft
um bei Kräften zu bleiben
brauch jede Nacht
um im Trüben zu wühlen
bin für die Liebe verloren.
Das Tier in mir
hat Schlappohren.

the grip 26.01.2014 10:30

Ludwig Thoma:
 
Die weisen Juristen

Ja, ja, den Künstlern fehlt die Logik!
Sie genie´ßen nicht die rechte Pädagogik.
Ich denke von ihnen auch gering,
G’rad so, wie der Herr von Nieberding.
Es geht keiner auf die Universität,
Und lernet dortselbst von früh bis spät,
Wie dieses thut ein braver Jurist,
Der drei Jahre lang sauft und frißt,
Und die Mitgift der armen Schwestern,
Verjubelt in flotten Korpssemestern,
Bis er, weil es nicht anders geht,
Sich endlich mürrisch dazu versteht,
Und er lernt in zehn Wochen den ganzen Mist,
Den er bedarf als guter Jurist,
Um andere Leute gering zu schätzen
Und selber recht saudumm daher zu schwätzen.

the grip 28.01.2014 10:08

Richard Dehmel:
 
Hans im Glück

Hättest du mich doch gesehen,
wie ich durch den Sommer ging:
Augen bloß für meine Zehen,
böse jedem Schmetterling.
Glück und Unglück nannt´ ich dumm;
gott, wie ging ich Weiser krumm!

Jetzt ist Feld und Himmel grau,
und viel Unglück wird geschehen,
treulos Weib, geliebte Frau,
denn du hast mich angesehen,
und ich gehe wie ein Licht;
gott, wie leuchtet mein Gesicht!

the grip 30.01.2014 10:11

Wolf Wondratschek:
 
Mitternachts-Mandala

Ich liege im Bett
Und rundherum nur dunkle Nacht
Ich geh den Berg hoch
Um dort irgendjemand zu treffen
Der mir zeigt
Wie einfach es ist
Bei Sonnenaufgang wieder runterzugehn
Ins Tal

the grip 02.02.2014 10:51

Wilhelm Busch:
 
Mein Kind, es sind allhier die Dinge,
Gleichviel, ob große, ob geringe,
Im Wesentlichen so verpackt,
Daß man sie nicht wie Nüsse knackt.

Wie wolltest du dich unterwinden,
Kurzweg die Menschen zu ergründen.
Du kennst sie nur von außenwärts.
Du siehst die Weste, nicht das Herz


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 10:26 Uhr.

Powered by vBulletin Version 3.6.1 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2025, Jelsoft Enterprises Ltd.