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Ich persönlich sehe alle monotheistischen Religionen als mögliche Quelle von Fundamentalismus an. Die aktuelle historische Konstellation zeigt allerdings, daß der Islam dieses Potential tiefer ausschöpft, als jede andere Religion - was ja Deine Aufzählung auch bestätigt. Darum finde ich Religionskritik kurzsichtig und engstirnig, die sich auf die vergleichsweise harmlosen Vergehen der christlichen Kirchen folussiert, ohne die uns viel tiefer bedrohende Religions-Ideologie gleich zu behandeln. Ich fände es spannend, einer Diskussionsrunde über Religion beizuwohnen, bei der Jörn einem gläubigen Christen, einem Moslem und einem Juden gegenübersitzt. Und kommt mir nicht mit Whataboutism, Religionskritik in dieser absoluten Art ist für mich nur universell glaubhaft wenn sie also gegenüber allen Religionen vertreten wird. |
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Wie sieht das aus bei Juristen? Die meisten Menschen sind juristische Laien. Darauf wird jedoch keine Rücksicht genommen, weder vor Gericht noch in juristischen Debatten. Die Gerichte entscheiden völlig unabhängig davon, was man an den Stammtischen davon hält. Und die Juristen reden auf ihren Konferenzen unbekümmert auf einem Niveau, das von Laien kaum verstanden werden kann. Wie sieht das aus bei Medizinern? Die meisten Menschen sind medizinische Laien. Auch darauf wird keine Rücksicht genommen. In juristischen oder medizinischen Debatten sind "private Laien" eigentlich nur lästig, sofern sie alles auf sich selbst und ihre Tante beziehen. Die Anekdoten über die eigene Tante interessieren dort niemanden, sondern es geht um allgemeine Rechtsgüter, allgemeine Ansprüche oder Bakterien. Es wird zudem erwartet, dass man die letzten tausend Jahre nicht unter einem Stein verbracht hat, ansonsten kann man an der Debatte nicht teilnehmen. Für mich geht es bei der Theologie ebenfalls nicht um die Ansichten oder Gefühle einer Tante, sondern darum, ob es nachweisbar ist, dass die Behauptungen in der Bibel nicht zutreffen und folglich gelogen sind. Konkret: War das Jesusgrab voll oder leer? Ist der Papst ein Betrüger? Hierbei spielen private Befindlichkeiten keine Rolle. Wer das nicht akzeptieren kann, weil sein Lebensglück davon abhängt, sich einer objektiven Untersuchung zu entziehen, der kann einfach seiner Wege gehen und die Debatte meiden. Er wird vermutlich nie von mir hören. Du scheinst nun zu fordern, die Untersuchung und/oder die Debatte zu unterlassen, oder sie auf dem Niveau von privaten Laien zu führen. Das ist für mich eine Form von Fundamentalismus, wenn man den Begriff etwas dehnt. Fundamentalismus sucht Kritik zu verhindern. Damit kann ich nicht einverstanden sein. |
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Im NT wird die Opfer-Tradition dann auf einen zentralen Akt konzentriert: Das Kreuz symbolisiert das Menschenopfer. Gott opfert am Kreuz seinen Sohn. Christus als Opferlamm Gottes. Jutta Ranke-Heinemann hatte diese blutige Tradition immer in sehr drastischen Worten kritisiert, inbesondere dass dieser bei jedem Gottesdienst gehuldigt wird. Schon als Kind bekam ich eigentlich nie eine mich zufriedenstellende Antwort darauf, weshalb Gott seinen Sohn nicht am Kreuz vor dem Tod rettete, was ja in seiner Macht stehen würde. |
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aber der von Dir zitierte Kirchenmann sollte ja Joseph Ratzinger ersetzten, dessen Ansichten Du sinngemäß als Provokation gegenüber Katholiken bezeichnet hast. Es ging in meiner Frage also durchaus um einen Kleriker, dessen Standpunkte Du als kennzeichnend für den Glauben einer heutigen Mehrheit hältst – im Gegensatz zum Deiner Meinung nach randständigen Ratzinger. Deswegen fragte ich nach einem Kleriker aus der christlichen Mitte. Mein Eindruck ist, dass Du ohne große Mühen gar nicht in der Lage wärest, einen Kleriker zu benennen, der den christlichen Mainstream vertritt, weil Du Dich in dem Thema nicht auskennst. Deshalb hast Du Dir auf einer Zitate- und Grußkarten-Website etwas Griffiges von Luther rausgesucht, der Dir ansonsten ebenfalls unbekannt ist. |
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Könntest Du noch kurz ausführen, welche "vergleichsweise harmlosen Vergehen der christlichen Kirchen" Du meinst? Dann kann ich Dir präziser antworten. :Blumen: |
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Falls Gott die Sünden der Menschen vergeben wollte: Warum macht er das dann nicht einfach? Wozu braucht er zunächst die gewaltsame Opferung eines Unschuldigen? Noch wichtiger wäre für mich, falls ich Christ wäre, folgende Frage: Lässt sich meine Schuld auf einen anderen Menschen übertragen, der sie übernimmt und stellvertretend für mich ausbadet, wodurch ich selbst frei von Schuld werde? Mit anderen Worten: Was wäre das für ein Richter, der sich damit zufrieden gibt, anstelle des Täters einen Unschuldigen einzusperren und den Täter freizusprechen? Denn nur mit einem solchen Richter macht die Kreuzigung des unschuldigen Jesus einen Sinn. Mir scheint, das ist nach heutigen Maßstäben kein moralisch akzeptabler Vorgang. |
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Das klingt für mich so, als gäbe es einen wahren (oder guten) Kern, und gelegentlich würde fehlerhaft davon abgewichen. Es klingt so, als würde man einen guten Ursprung finden, wenn man die Verästelungen nur weit genug zurückverfolgen würde. Aber wie weit möchtest Du die Verästelungen zurückverfolgen? Schon die ältesten Texte sind nichts anderes als Lügen. Es wären Legenden, wenn nicht auf deren Wahrheitsgehalt bestanden würde — von Gläubigen. Es gibt keinen wahren und guten Kern. Vom ersten Buchstaben an sind die drei abrahamitischen Religionen gelogen. Insofern ist Religionskritik, die nur hier und da an ein paar Verfehlungen herumkritisiert, prinzipiell auf dem falschen Dampfer. Wer behauptet, das Christentum hätte einen wahren Kern, der müsste das auch allen anderen Mysterien oder Legenden zugestehen. Aber dann wird es doch etwas unübersichtlich. Meine Kritik trifft daher das Christentum ebenso wie den Islam. |
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Meine Erwartung, die Debatte über die Religions- und insbesondere Kirchen-kritik ohne Verachtung der Gläubigen oder des Glaubens an sich zu führen, kannst du in Deiner absoluten Sicht nicht nachvollziehen. Belassen wir es dabei, ich sage nichts mehr dazu. Übrigens, ein Mediziner, der nicht in der Lage ist, auf die Sicht des Patienten einzugehen, hat seinen Beruf auch verfehlt, ebenso wie ein Jurist, der sich nicht bewußt ist, wie "normale Menschen" die Rechtsprechung wahrnehmen. |
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