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marse 16.07.2021 21:02

Eine Freundin aus Harare fragte mich heute besorgt, ob meine Familie wohlauf sei - sie hat in den sozialen Medien über die Flut gelesen.

Normalerweise richte ich solche Fragen gen Süden, wenn Simbabwe, Südafrika, Mosambique usw. wieder einmal von Dürren, Wirbelstürmen, Erdrutschen, Herbsheerwurmbefall, sowie sämtlichen El Nino, La Nina-Ereignissen und ständigen Unruhen (Inflation, kein Treibstoff, Ausgangs- und Berufssperren wegen Corona usw. usf.) heimgesucht werden.

Nun also andersherum.

Ich habe ihr auf whatsapp in knappen Sätzen zu erklären versucht, dass wir im Osten (Chemnitz) das schönste - etwas schwüle - Sommerwetter haben, während der Westen aufgrund eines Atlantiktiefs seit Tagen im Starkregen ertrinkt.

Ein Satz lautete: es könnte mit dem Klimawandel zusammenhängen oder nur eine traurige Kette zufälliger Einzelereignisse sein - ich weiß es nicht.

Natürlich liegt es am Klimawandel, genauer an der Erderwärmung! Egal wie oft und ausdauernd uns dies Modellierer, Klimaforscher, Meteorologen zu erklären versuchen, wir vergessen es einfach immer wieder, weil es komplex ist und nicht in unsere intuitives Denksystem 1 (Kahnemann) passt.

Wer kann denn schon auswendig beim Mittagessen in der Kantine über sich vergrößernde Mäander des Jetstreams referieren?
Oder fehlerfrei erklären, dass die Meeresspiegel (ja, mehrere - sie steigen unterschiedlich) steigen, weil die Antarktis und das Grönlandschild, nicht aber die Arktis, schmelzen? (Eis in Wasser verändert aufgrund der unterschiedlichen Dichte nicht den Spiegel).
Mich treibt auch immer noch die Frage um, ob Bangladesch nun durch den steigenden Meeresspiegel ertrinken wird oder ob es Land dazugewinnt, weil sich mitten im Indischen Ozean ein riesiges Loch befindet (optisch wie eine Gravitationskuhle). Dieser Strudel ist dort schon immer und wird von der Corioliskraft gebildet. Wenn sich aber durch die Erderwärmung unsere komplexen Luftströme verändern, kann das Einfluss auf die Corioliskraft haben und sich dieser Strudel auflösen, also mit Wasser füllen - das müsste doch dann von den Rändern, also Indien und Bangladesh kommen, oder?

Die Katastrophe in RP und NRW hat mich wieder zum Nachdenken gebracht - folgende Artikel erklären die Zusammenhänge sehr gut:


https://www.spektrum.de/news/unwetter-die-faktoren-hinter-den-vernichtenden-sturzfluten/1895908?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE


https://www.spiegel.de/wissenschaft/...4-58a6ef96223b

Der zugrundeliegende Mechanismus wird durch die Clausius-Clapeyron-Gleichung erklärt: feuchtegesättigte Luftmasse enthält pro Grad Erwärmung sieben Prozent mehr Wasserdampf.
Diese labilen Luftmassen steigen schnell auf, kühlen schnell ab, kondensieren sehr schnell und fallen sturzartig als dicke Regentropfen zur Erde. Auf unseren verdichteten (und diese Saison bereits gesättigten) Böden fließt das Wasser oberflächlich ab. Immer größerer Wassermassen regnen sich in wenigen Tagen ab, danach kann es durchaus für viele Wochen wieder zu Trockenperioden kommen.

Im Alias Fernsehpodcast aus dem Frühjahr hat eine Klimaforscherin folgende Aussage getroffen:

Wenn sie sich die Problematik rein wissenschaftlich anschaut - ohne irgendjemand Hoffnung mach zu wollen, sondern einfach nur auf ihre Daten und Modelle schaut - dann muss sie festhalten, dass es vorbei ist - das Thema ist durch...

Hafu 16.07.2021 21:22

Zitat:

Zitat von sybenwurz (Beitrag 1611634)
...
Ich weiss nicht mehr wo, aber ich hab dieser Tage gelesen, dass rund 80Jahre vergehen würden, wenn wir jetzt _wirksame_ Massnahmen ergreifen würden, um die klimatischen Bedingungen in für die Menschheit positiver Weise zu beeinflussen.

Es würde dem Planeten (und v.a. der Menschheit die ihn bewohnt inklusive der Natur) schon viel helfen, wenn wir den jetzigen rapiden Co2-Anstieg zumindest signifikant bremsen würden und damit mögliche Kipppunkte vermeiden könnten.

Das ist der Konsens des Pariser Klimaschutzabkommen, der wissenschaftlich (mit einer gewissen "Mehrheitsmeinung" abgesichert ist. Die Erderwärmung lässt sich mit geeigneten Maßnahmen auf 2° begrenzen.

Erst 30 Jahre lang die Wissenschaftsmeinung zu ignorieren und dann kurz bevor es noch möglich ist, zu behaupten, dass es jetzt ohnehin nichts mehr bringen würde, das Ruder herumzureißen ist eine nihilistische und sehr gefährliche Argumentation, die aber besser im Klimawandelthread aufgehoben ist und dort diskutiert werden sollte, da es hier ja eher um die konkrete Starkregenkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz gehen sollte.:Blumen:

Mo77 16.07.2021 21:23

Hafu hat es richtig gemacht. Das wichtigste an einer Immobilie ist die Lage.
Wenn man erbt ist es halt nicht beeinflussbar.
Aus meiner Sicht stellt die flächenversiegelung ein großes Problem dar. Die Böden sind gar nicht mehr in der Lage viel aufzunehmen.
Früher ist nicht so viel kaputt gegangen. Es gab einfach nicht so viel. Die Keller konnten bedingt besser mit Feuchtigkeit umgehen. Die ganze elektrik ist heute sehr anfällig.
Ich gehe persönlich auch davon aus, dass alles extremer wird. Das Wetter inklusive.
Eine weltweite Deindustralisierung ist nicht zwingend mehrheitsfähig.
Bleibt spannend.




Wetterereignisse der letzten 2000 Jahre

LidlRacer 16.07.2021 21:34

Zitat:

Zitat von sybenwurz (Beitrag 1611634)
Ich weiss nicht mehr wo, aber ich hab dieser Tage gelesen, dass rund 80Jahre vergehen würden, wenn wir jetzt _wirksame_ Massnahmen ergreifen würden, um die klimatischen Bedingungen in für die Menschheit positiver Weise zu beeinflussen.

Lauterbach erwähnte auch 80 Jahre:
"Das Hochwasser zerstört, was Menschen sich in Jahrzehnten aufgebaut haben. Es hinterlässt Tote und Traumatisierte. Jedes Einzelschicksal zählt, auf jede Rettung kommt es an. Wir müssen Deutschland besser vor Klimawandel schützen. Die Gefahr steigt noch für mindestens 80 Jahre"
https://twitter.com/Karl_Lauterbach/...23775975059461

Am 13. Juli auch schon - aber dort unglücklicher formuliert, weil man meinen könnte, es wäre sinnlos, etwas dagegen zu tun:
"Feuer in Kalifornien zeigen, wie weit Klimawandel schon ist. Der Süden Europas wird bald ähnliche Probleme haben. Viele verstehen nicht, dass es jetzt mindestens 80 Jahre schlimmer wird, egal was wir tun. Keine Generation hat Klima mehr geschadet als wir"
https://twitter.com/Karl_Lauterbach/...78642849595392

Die Quelle und die genaue Aussage bzgl. der 80 Jahre würde mich interessieren, hab ich aber (noch) nicht gefunden ...

JENS-KLEVE 16.07.2021 21:42

Wichtiger als CO2 Maßnahmen sind die bereits angesprochenen Hochwasser Schutzmaßnahmen. Hochwasser Wellen müssen beim Peak entschärft werden.
- Weniger versiegeln
- Mehr naturnahe Schlaufen zum Abbremsen der Fliessgeschwindigkeit
- Ausweichflächen für beginnende Hochwasser
- Polderflächen mit computergestützten Toren
- Regenwasser Management in jedem Ort

Am Rhein macht man das erfolgreich sogar länderübergreifend seit den 90er Jahren und viele Nebenflüsse sind ebenfalls involviert.
Zukünftig wird es nun wichtig, die erfolgreichen Maßnahmen nicht nur an jedem großen Fluss, sondern an jedem kleinen umsetzen. Denn durch Starkregen Ereignisse kann jeder Bach temporär zum Fluss werden.

LidlRacer 16.07.2021 21:48

Auch hier Lauterbach im Video bei Illner:
https://twitter.com/maybritillner/st...28206469492738

Quelle und Erklärung fehlen weiterhin ...

Aber grobe Erklärung kann man sich denken:
Da wir ja nicht von heute auf morgen die Treibhausgasemissionen reduzieren werden, steigt der Gehalt in der Atmosphäre auf jeden Fall noch viele Jahre lang an.
Und wenn wir dann irgendwann mehr oder weniger bei Null ankommen, verschwinden diese Treibhausgase ja auch nur langsam aus der Atmosphäre, so dass der Gehalt noch lange über dem heutigen Niveau bleiben wird.
Dazu kommen noch Effekte durch Kipppunkte, die sich nicht oder kaum rückgängig machen lassen.

qbz 16.07.2021 22:07

Eigentlich sind die Konzepte und Möglichkeiten, was man zum Schutz gegen hochwasserführende Flüsse und Bäche tun kann, seit langem bekannt, genauso bekannt wie die Folgen der Erwärmung inbezug auf Starkregen, Stürme, Dürre, Trockenheit.

Mich verwundert es nur, weshalb man bisher mancherorts nichts bzw. viel zu wenig vorbeugend für den Hochwasserschutz getan hat, trotz der Erfahrungen der letzten Jahrzehnte.

Auch hätte ich es nie erwartet, dass in DE, einem Land wo überall meteorologische und hydrologische Daten massenhaft erhoben werden, an so vielen Orten bei einem einzigen Wetterereignis über 100 Menschen (plus ?) wegen eines Hochwassers sterben. Irgend etwas muss vor und zu Beginn und während des jetzigen Hochwassers / der Sturzfluten strukturell, organisatorisch, informatorisch, präventiv usf. falsch gelaufen sein mit dem prioritären Schutz der Bevölkerung. Es wäre für mich das allererste Ziel und für die Zukunft viel errreicht, wenn in vergleichbaren Situationen keine Menschen mehr ihr Leben verlieren müssen.

Feanor 16.07.2021 22:08

Zitat:

Zitat von JENS-KLEVE (Beitrag 1611642)
Wichtiger als CO2 Maßnahmen sind die bereits angesprochenen Hochwasser Schutzmaßnahmen. Hochwasser Wellen müssen beim Peak entschärft werden.
- Weniger versiegeln
- Mehr naturnahe Schlaufen zum Abbremsen der Fliessgeschwindigkeit
- Ausweichflächen für beginnende Hochwasser
- Polderflächen mit computergestützten Toren
- Regenwasser Management in jedem Ort

Am Rhein macht man das erfolgreich sogar länderübergreifend seit den 90er Jahren und viele Nebenflüsse sind ebenfalls involviert.
Zukünftig wird es nun wichtig, die erfolgreichen Maßnahmen nicht nur an jedem großen Fluss, sondern an jedem kleinen umsetzen. Denn durch Starkregen Ereignisse kann jeder Bach temporär zum Fluss werden.

Hättest Du den einleitenden Satz weggelassen, würde ich Dir zustimmen. So hört es sich an wie "der Patient stirbt, lässt uns ein Pflaster drauf machen"


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