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-   -   Lauftechnik: Warum »schön« laufen langsam macht (https://www.triathlon-szene.de/forum/showthread.php?t=21724)

aecids 28.12.2011 10:27

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 690593)
(...) Eine verbesserte Muskulatur, z.B. der "Stiffness" der Laufmuskeln, ermöglicht eine veränderte Lauftechnik. (...)

Wer seine Lauftechnik verbessern will, sollte das Bewegungsbild einer guten Lauftechnik im Hinterkopf haben, sie den Beinen aber nicht aufzwingen – außer in kurzen Trainingseinheiten, die speziell der Lauftechnik gewidmet sind, z.B. Lauf-ABC, siehe Film von Marcel Bischof im Filmarchiv. (...)

...um den Federeffekt (-> "stiffness") zu optimieren und dynamisch flexibel zu bleiben, sollten Sprungübungen (Plyometrics) und kurze Sprints im Training nicht vernachlässigt werden.
So empfiehlt es sich, zumindest ab und an nach Dauerläufen noch einige gesteigerte Sprints und Sprünge durchzuführen. Und auch Triathleten sollten ab und an (z.B. alle drei Wochen) eine spezifische Einheit bestehend aus Einlaufen - Lauf-ABC mit Steigerungen - Sprünge - Sprints- Auslaufen absolvieren.
Wichtig ist dabei für Langzeitausdauersportler wie Triathleten, die Sprints so kurz zu wählen, dass man eine anaerobe Belastung weitgehend vermeidet, um keinen Verlust an aerober Kapazität hervorzurufen. Als Inspiration können folgender Artikel und folgendes Video dienen:

http://runningtimes.com/Print.aspx?articleID=19514
http://youtu.be/N3NOGp9lP1w

Ein weiterer Vorteil von Sprüngen und Sprints ist, dass man hierdurch automatisch und dynamisch die Muskulatur zwischen Rumpf und Oberschenkel dehnt. Dies führt auf lange Sicht zu einem größeren "Schrittwinkel" (stride angle; Winkel zwischen den Oberschenkeln bei geöffnetem Schritt beim Abdruck) und ermöglicht somit eine größere Schrittlänge, ohne - wie bei statischen Dehnübungen - an "stiffness" zu verlieren.

Mehr dazu und auch zum immer wieder auftauchenden Thema "Aktiver vs. passiver Laufstil" gibt's hier:
http://www.scienceofrunning.com/2011...-you-will.html

PS: Noch drei weiterführende Links zum Thema (Übunge, Warm-Ups, Sprünge, ...):
http://www.leichtathletik.de/index.php?SiteID=831
http://www.coachjayjohnson.com/2009/...ro-and-part-1/
http://www.coachjayjohnson.com/2009/...-part-3-and-4/

aecids 28.12.2011 10:41

Zitat:

Zitat von captain hook (Beitrag 690652)
dass da viele hinten raus richtig gut werden dürfte unter anderem daran liegen, dass es ein enormes ausdauervermögen braucht, was sich halt mal nicht so nebenbei entwickelt. in den meisten fällen kommen die heros der langen strecken von den kürzeren. da haben sie sich die motorischen fähigkeiten angeeignet (zusammen mit kraft und schnelligkeit) und diese werden nun im nachhinein mit immer mehr ausdauer versehen. schaut euch mal die unterdistanzleistungen dieser läufer an, die die mit 18 oder 19 jahren schon abgeliefert haben.

Der erste Teil deiner Hypothese lässt sich weiter untermauern:

http://www.scienceofrunning.com/2011...g-to-kick.html
http://bit.ly/AfricanRunners (herunterscrollen bis "Part 3")

Der zweite Teil hinkt jedoch:
Eine grundlegende Fitness bedingt durch ein massiv anderes Alltagsleben in Kenia/Äthiopien spielt eine große Rolle. Die Ausdauer müssen sich die Läufer somit nicht erst nach der Jugendausbildung aneigenen, sondern bringen einen hohen Anteil bereits aus ihrem täglichen Leben mit auf die Laufstrecke.
Die Unterdistanzleistungen sind daher durchaus mit den europäischen/amerikanischen Läufern vergleichbar, doch bringen die Afrikaner so viel Grundlage mit, dass sie durch kurzfristige Anpassungen im Training (spezielle Einheiten über eine Dauer von wenigen Wochen) z.B. in einem 5000 m Rennen zwischen 1000 und 3500 m im sog. "steady state" - also bei konstantem Laktatwert - laufen können (vgl. Link 2). Bei westlichen Läufern steigt der Wert währenddessen munter weiter und spätestens am Schluss ziehen sie dann den kürzeren.

Fazit: Wir leben körperlich von Geburt an zu bequem.

4SeasonBiker 28.12.2011 11:04

Den Film habe ich gesehen, den Gedankengang finde ich interessant - aber die Schlußfolgerung kann ich nicht nachvollziehen bzw. komme zu einer anderen. Mal der Reihe nach:

1. Es gibt eine absolut gesehen effizienteste Lauftechnik, gekennzeichnet durch hohe Schrittfrequenz und geringen Vertikalhub.

2. Es gibt eine individuell gesehen effizienteste Lauftechnik. Das ist das Bewegungsmuster, das der Läufer in vielen Trainingsstunden perfektioniert hat. Die Muskeln sind auf genau dieses Bewegungsmuster hin trainiert und arbeiten in genau diesem Bewegungsablauf am ökonomischsten.

Im Film habe ich das so verstanden, von 2. käme man nach 1. nur durch noch mehr Trainingskilometer, unterstützt durch kurzes Lauf ABC. Aber der Läufer hat doch u.U. doch schon tausende Trainingskilometer, und ein eingeschliffenes Bewegungsmuster zu verändern ist extrem aufwändig (siehe Schwimmen).

Für mich ist die Schlußfolgerung daher, die absolut effizienteste Lauftechnik sollte so lange trainiert werden, bis sie auch die individuell effizienteste ist. Bis also die Muskeln im neuen Bewegungsmuster genau so ökonomisch arbeiten, wie sie es vorher im alten Bewegungsmuster getan haben. Dann dürfte der Sauerstoffverbrauch auch geringer sein als vorher.

Natürlich ist die Frage, wer will zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Ziel die Lauftechnik umstellen. Diese radikale Umstellung wäre der schnellste Weg zur absolut effizientesten Lauftechnik, das muss aber nicht das individuelle Optimum sein.

Klugschnacker 28.12.2011 11:32

Zitat:

Zitat von captain hook (Beitrag 690652)
zu 1) das glaube ich nicht. das ziel dürfte sein, die richtige mischung aus den richtigen trainingsinhalten zusammenzuwürfeln (kraft, ausdauer und schnelligkeit). wenn man ständig semierholt im schlurfschritt durch die gegend wackelt, wird man sich nie den laufstil einer gazelle aneignen. da schleift man höchstens den schlurfschritt im gehirn ein und der letzte rest dynamik verschwindet aus den bewegung.

Ökonomisiert wird das Tempo, das häufig trainiert wird. Wer im Wettkampftempo eines 800m-Laufs wie eine Gazelle läuft, hat noch lange keinen ökonomischen Marathonschritt. Umgekehrt gilt das gleiche.

Zitat:

Zitat von captain hook (Beitrag 690652)
inzwischen sind sogar die großen und richtig schnellen marathonsieger deutlich unter 30 jahre alt. wenn man sich die ergebnisse der juniorenweltmeisterschaften oder die junioren weltrekorde anschaut, spricht das ebenfalls nicht so richtig für die these, dass man erst im alter durch die motorischen lernprozesse schnell wird. ist es nicht vielmehr so, dass es gerade in den motorisch anspruchsvollen sportarten wie z.b. turnen oder eiskunstlauf gerade die jungen sportler sind, die deutlich vorne liegen? beim schwimmen übrigens auch...

Dass heute vermehrt junge Athleten (vorwiegend Kenianer) in der Weltspitze der Marathonläufer mitmischen, liegt vor allem daran, dass sie des Geldes wegen bereits sehr früh die Karriere eines Straßenläufers einschlagen. Sie gehen nicht mehr den Umweg über zwei Jahrzehnte Bahnlaufen. Deshalb sind sie bereits in jungen Jahren auf die langen Strecken spezialisiert (=ökonomisiert). Beim Turnen spielt das Körpergewicht und die Flexibilität den Jungen in die Karten, beim Schwimmen die maximale Sauerstoffaufnahme.

Zitat:

Zitat von captain hook (Beitrag 690652)
dass da viele hinten raus richtig gut werden dürfte unter anderem daran liegen, dass es ein enormes ausdauervermögen braucht, was sich halt mal nicht so nebenbei entwickelt. in den meisten fällen kommen die heros der langen strecken von den kürzeren. da haben sie sich die motorischen fähigkeiten angeeignet (zusammen mit kraft und schnelligkeit) und diese werden nun im nachhinein mit immer mehr ausdauer versehen. schaut euch mal die unterdistanzleistungen dieser läufer an, die die mit 18 oder 19 jahren schon abgeliefert haben.

Die Ausdauer auf den langen Strecken hängt aber entscheidend von der Ökonomie ab. Es ist eine vielfach belegte Tatsache, dass bei Radfahrern und Läufern die Ökonomie mit den Jahren besser wird: Eine identische Leistung wird über die Jahre hinweg mit einem immer geringeren Sauerstoff- oder Energieverbrauch erbracht. Prominente Beispiele sind Paula Radcliffe und Lance Armstrong. Es ist nicht so, dass diese Athleten in jungen Jahren, als sie über kürzere Distanzen schnelle Rennen machten, die beste Ökonomie gehabt hätten, und noch noch "Ausdauer" oben drauf packen.

Zitat:

Zitat von captain hook (Beitrag 690652)
schön zu sehen, dass es andersherum nicht geht. auch in D gab es zu früheren zeiten gute junioren z.b. über 10km, die schon in frühen jahren mit vielen kilometern dort ein gutes niveau erreichten. allerdings fehlte in so gut wie jedem fall die grundschnelligkeit und eben die motorik für schnellere geschwindigkeiten. und mit einer 14:20min über 5km kann man vielleicht schon mit 18 jahren unter 30min laufen, aber schneller wird man dann nicht mehr und damit sind irgendwann auch bei 10km die grenzen gesetzt.

Es gibt auch für den umgekehrten Fall zahllose Beispiele, bei dem die Athleten auf kurzen Distanzen top waren, auf langen Distanzen aber nie vergleichbare Leistungen erbringen konnten. Ich glaube nicht, dass dabei motorische Gründe im Vordergrund stehen.

Viele Grüße!:Blumen:
Arne

P.S.: Groß- und Kleinschreibung wäre nett, dann kann man Deine Beiträge leichter lesen!:Blumen:

FuXX 28.12.2011 11:35

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 690593)
Die Studie besagt für mein Verständnis, dass Körper und Gehirn sehr eng zusammenspielen. Für die aktuellen Gegebenheiten eines Körpers (seine Kraft, seine Motorik etc.) findet das Gehirn die optimal ökonomische Lauftechnik von selbst. Ändert man willentlich diese unbewusst gefundene Technik, ergibt sich eine Verschlechterung. Mit anderen Worten: Änderungen an der Lauftechnik durch "bewusstes" Laufen mit einer willentlich festgelegten Technik funktioniert nicht bzw. ergibt keine Verbesserung der Ökonomie.

Glaub ich nicht und bin mir auch nicht sicher ob die Studie das aussagt.

Da gibt es auch ganz andere Erfahrungen von Leuten die bewusst den Stil verändert haben, erstmal langsamer wurden und dann deutlich schneller.

Es ist aber sicher richtig, dass John Doe nicht genau so laufen kann wie Mutai, Makau oder Gebrselassie - das gibt die Muskulatur einfach nicht her. Das ist aber ja nicht das Gleiche wie zu behaupten der für die Muskulatur optimale Laufstil stelle sich automatisch ein.

Klugschnacker 28.12.2011 11:44

Zitat:

Zitat von FuXX (Beitrag 690696)
Glaub ich nicht und bin mir auch nicht sicher ob die Studie das aussagt.

Da gibt es auch ganz andere Erfahrungen von Leuten die bewusst den Stil verändert haben, erstmal langsamer wurden und dann deutlich schneller.

Da wäre die Frage zu stellen, warum genau sie schneller wurden. Die anderen Variablen ihres Trainings sind wohl kaum identisch geblieben. Es könnte auch sein, dass sich der Laufstil einfach mit den Trainingskilometern (auch im Wettkampftempo) von selbst verbessert hat. Der Athlet ist dann irrtümlich der Meinung, er selbst habe auf der bewussten Eben diese Verbesserung herbeigeführt.

Wenn jeder sich einfach den Laufstil aneignete, den er persönlich für den besten hält, und diesen dann einschleift, hätten wir bei Spitzenläufern ein breites Spektrum an Lauftechniken zu bestaunen. Tatsächlich laufen sie aber mit geringer individueller Streuung recht ähnlich. Warum? Weil das Gehirn diejenige Lauftechnik von selbst findet, bei der für ein gegebenes Lauftempo am wenigsten Sauerstoff verbraucht wird.

Grüße!
Arne

3-rad 28.12.2011 12:04

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 690697)
bei Spitzenläufern ein breites Spektrum an Lauftechniken zu bestaunen. Tatsächlich laufen sie aber mit geringer individueller Streuung recht ähnlich.

Ich glaube hier geht aber nicht um die Spitzenläufer.
Man kann sie natürlich als gutes Beispiel für tolle Lauftechnik heranziehen aber wir sind hier im Forum und auch in der Läufer/Triathleten-Welt doch Lichtjahre von denen entfernt (von einigen Ausnahmen mal abgesehen)
Ich erinnere mich da gerne an den Ironwar in dem Dave Scott über seine Lauftechnik und die seines Rivalen Mark Allen urteilte.
Beide waren wie wir alle wissen zu Fuß flott unterwegs, die Solo-Marathonzeit sind beide (glaube ich) schuldig geblieben.

Dave:
"Mark läuft wie eine Gazelle während ich mich wie ein angeschossener Büffel bewege"

Wenn man die beiden nebeneinander herlaufen sieht, weiß man was gemeint ist.
Im folgenden äußerte er die Vermutung, dass seine Technik für seine Zwecke (schnell Laufen nach dem Radeln) scheinbar sehr ökonomisch sei.

Klugschnacker 28.12.2011 12:13

Seid vorsichtig mit naiven Vorstellungen zur Lauftechnik. Das Gehirn steuert dabei eine im Detail sehr komplexe zyklische Bewegung. Als Beispiel möchte ich Euch ein Video zeigen vom mit Abstand ökonomischsten Läufer, den man bisher vermessen hat, den Weltrekordler über die Halbmarathon-Distanz Zersenay Tadese.

Er benötigte nur rund 150ml Sauerstoff pro Kilometer und Kilogramm Körpergewicht bei einem Tempo nahe bei 3min/km. Übliche Werte in der Weltspitze liegen bei 190ml/km/kg. Die Effizienz, mit der Tadese läuft, ist spektakulär. Betrachtet man jedoch seinen Laufstil, ist man enttäuscht: Er rennt wie ein Kicker mit viel Bewegung im Oberkörper, zumindest in Vergleich mit anderen afrikanischen Spitzenläufern. Hier ist ein Video von seinem HM-Weltrekord in Lissabon, in dem man das gut sehen kann.

Die Frage ist, wie kam Tadese zu diesem besonders ökonomischen Laufstil? Sein Stil ist recht unorthodox und ich bezweifle, dass ihm das jemand so empfohlen hat. Die von mir in der Sendung vorgestellte Studie legt den Schluss nahe, dass das Gehirn auf der unbewussten Ebene diesen Stil entwickelte. Und da es sich um den ökonomischsten bisher untersuchten Läufer handelt, darf man nicht davon ausgehen, er wäre mit einem anderen Stil noch besser.

Grüße,
Arne


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