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TriBlade 18.10.2016 18:24

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1265962)

Strittig ist hier doch "nur", ob "das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt". Alles andere ist klar erfüllt, und meiner Meinung nach auch dieser Punkt.

Dies ist der Kern des Problems, die geschützten Interessen können die beeinträchtigten nicht überwiegen. Bei beiden geht es um die Würde des Menschen, die eine Würde kann nicht die andere überwiegen. Man kann hier nicht aufzählen.

Daher keine Rechtfertigung. Die Frage ist ob es dem Piloten zumutbar war sich an Recht und Gesetz zu halten. Dazu §35 StGB entschuldigender Notstand. Tatbestandsmäßig und Rechtswidrig war die Tat aber auch schuldhaft?

LidlRacer 18.10.2016 19:27

Zur Frage der möglichen (oder auch nicht) Stadionräumung:

Ich weiß nicht, ob ich was überhört habe, aber mir scheint, es gab in diesem TV-Fall keine Kommunikation mit dem Piloten oder Entführer bzgl. des Ziels. Es wurde also allein aus der Flugbewegung auf das Ziel geschlossen. Es hieß, das Stadion könne innerhalb einer Viertelstunde evakuiert werden. Wenn wir mal vorsichtig eine Fluggeschwindigkeit von 500 km/h annehmen (die Germanwings z.B. war schneller), ist der Flieger eine Viertelstunde vor dem Aufprall 125 km entfernt. Da ist es völlig unmöglich, das Ziel auch nur annähernd vorherzusehen, zumal der Kurs jederzeit geändert werden kann.

Und wenn das Ziel unklar ist, kann man natürlich auch nicht abschießen.

Nebenbei:
Erinnere ich mich richtig, dass der Entführer den Piloten zwingen wollte, ins Stadion zu fliegen? Das scheint mir auch schwer vorstellbar. Wenn der Entführer nicht selbst fliegen kann, dürfte der Pilot eine Möglichkeit finden, die Maschine anderswo runterzubringen, wo es weniger Opfer gibt.

merz 18.10.2016 21:00

dann weicht die TV-Fassung, die ich nicht gesehen habe (trotz Martina Gedeck), von der Textfassung des Stücks, das ja landauf - landab gespielt wurde (ich hatte das Vergnügen) in wesentlichen Punkte ab - was die Befehlslage angeht und den Informationsstand des Piloten


die Meinung v. Schirachs selbst, k.A. ob das hier schon verlinkt wurde, ist übrigens eindeutig

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-112638562.html

(copy & paste in den Text der Staatsanwältin in "Terror" :))

m.
P.S.: Auchanochmal übrigens sind die beiden ersten Büchern von Schirachs m.E. richtig "must reads", über den Rest mag man so oder so urteilen

Stairway 18.10.2016 21:18

Würde mich interessieren: sollte der Pilot die Maschine nicht abschießen( was dann rechtens wäre) , wird er dann wegen Unterlassen der Hilfe zu 70.000 fachen Mord angeklagt??? Dann hat er praktisch in jedem Fall die A....Karte gezogen.Und was hätte die Nebenklägerin dann gesagt, wenn ihr Mann im Stadion gesessen hätte? Ganz ehrlich, da stimmt doch keine Rechtsprechung mehr.

Verstehe nicht wie man hier auf Schuldig plädieren kann.

merz 18.10.2016 21:27

Zitat:

Zitat von Stairway (Beitrag 1266007)
Verstehe nicht wie man hier auf Schuldig plädieren kann.

wenn man den ganzen Kant mal weglässt, wozu ich momentan tendieren würde, hängt das an Nuance des (Stück-)Textes.
Meiner Lesart (aus der Erinnerung) nach hat der Pilot keinen Befehl zum Abschuss und auch keine Freigabe zu tun, was er in der Situation für richtig hält und daneben keine Ahnung, was sich am Boden tut....

wenn man so ziemlich alles weglässt, ist es das Trolley-Problem
(https://de.wikipedia.org/wiki/Trolley-Problem) ein Klassiker der Ethik, experimentellen (Neuro-)Philosophie und Psychologie. Wie alles klassische in der Philosophie, hat das mal wieder keine Lösung, ein Lösungsansatz hier:

https://youtu.be/-N_RZJUAQY4

(SCNR)

m.

Stairway 18.10.2016 21:30

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1266010)
wenn man den ganzen Kant mal weglässt, wozu ich momentan tendieren würde, hängt das an NUance des (Stcük_)Textes. Meiner Lesart nach hat er keinen Befehl zum Abschuss aber auch keine Freigabe zu tun, was er für richtig hält und daneben keine Ahnung, was sich am Boden tut

wenn man so ziemlich alles weglässt, ist es das Trolley-Problem

m.

ich habe es nicht gesehen , schaue kaum noch TV .
Aber er hatte doch auch keinen ausdrücklichen Befehl nicht zu schießen? Oder liege ich da falsch?

merz 18.10.2016 21:42

wir haben es dann beide nicht im TV nicht gesehen, meiner Erinnerung an das Stück oder den Text nach, fragt der Pilot nach der Freigabe zum Abschuss, die er nicht bekommt.
(aber, und da wird die Erinnerung bei mir leider etwas dunkel), indem man ihm nicht antwortet

m.

P.S:: Edit: einmal kurz rumgefragt - die Sachlage im Stück scheint so, daß es klar den Befehl an den Piloten gibt, nicht abzuschiessen. Das ist jetzt wirklich ein bisschen "ungeschickt", dass es hier um Unterschiede in der Textfassung gehen könnte.

Stairway 18.10.2016 21:54

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1266015)
wir haben es dann beide nicht im TV nicht gesehen, meiner Erinnerung an das Stück oder den Text nach, fragt der Pilot nach der Freigabe zum Abschuss, die er nicht bekommt.
(aber, und da wird die Erinnerung bei mir leider etwas dunkel), indem man ihm nicht antwortet

m.

Ok ; danke.
Das deckt sich aber mit einem Bekannten , ist Patient bei meiner Frau schon sehr lange.
Zufällig ist der auch Jetpilot, war in Afghanistan. Er erzählt oft das die Sog. Führung keine " Eier" hat und sie oft allein gelassen werden mit ihren Entscheidungen.
Ist denn doch nicht so weit her geholt der Film gestern Abend
Wohl nach dem Motto " keiner will die Verantwortung übernehmen, der Pilot macht das schon"
Mir fehlt hier immer die "Rückendeckung" unseres Staates für unsere Soldaten und vor allem Polizisten. Was die Männer so durchmachen , vor allem in Großstädten - man ,man man.
Das sind auch nur Menschen und machen mal einen Fehler. Sich aber rechtfertigen wenn sie einen Schwerverbrecher erschießen ( sieh Axtmörder) ist zu ko..

RolandG 18.10.2016 22:06

Zitat:

Zitat von Stairway (Beitrag 1266007)
Würde mich interessieren: sollte der Pilot die Maschine nicht abschießen( was dann rechtens wäre) , wird er dann wegen Unterlassen der Hilfe zu 70.000 fachen Mord angeklagt??? Dann hat er praktisch in jedem Fall die A....Karte gezogen.Und was hätte die Nebenklägerin dann gesagt, wenn ihr Mann im Stadion gesessen hätte? Ganz ehrlich, da stimmt doch keine Rechtsprechung mehr.

Verstehe nicht wie man hier auf Schuldig plädieren kann.


Wird er natürlich nicht. Das ist kein Fall der unterlassenen Hilfeleistung.

Sowas ist der Grund, warum Urteile in Deutschland nicht per TED, sondern von Berufsrichtern gefällt werden. Dann stimmt auch die Rechtsprechung.

RolandG 18.10.2016 22:09

Zitat:

Zitat von Stairway (Beitrag 1266022)
Sich aber rechtfertigen wenn sie einen Schwerverbrecher erschießen ( sieh Axtmörder) ist zu ko..

Sich nach Schusswaffeneinsatz mit Todesfolge rechtfertigen zu müssen, ist ja wohl das Selbstverständlichste. So funktioniert das in einem Rechtsstaat.

Stairway 18.10.2016 22:14

Zitat:

Zitat von RolandG (Beitrag 1266026)
Sich nach Schusswaffeneinsatz mit Todesfolge rechtfertigen zu müssen, ist ja wohl das Selbstverständlichste. So funktioniert das in einem Rechtsstaat.

das sie was schreiben müssen , weiß ich auch und das die Sache untersucht wird.
Aber das sich Politiker dann hinstellen und dann sagen , "das hätte man doch auch anders lösen können"
Nein hätte man nicht , in dem Fall jedenfalls.

merz 18.10.2016 22:46

Zitat:

Zitat von Stairway (Beitrag 1266028)
Nein hätte man nicht , in dem Fall jedenfalls.

wenn das die ordentliche Untersuchung ergibt, ich weiss nicht, was der Sachstand ist, nehme aber sehr stark an, daß Du richtig liegst.

Ich glaube mit dieser Wendung sind wir dann bei einem anderen (realen) Fall inklusive einem Politiker-tweet. - die wären gut beraten (außer einem, der damit vielleicht seine Niederlage herbeischreibt :)), diese Twitter-Nutzung mal drastisch für sich einzuschränken.

Aber eigentlich wollte ich nur kurz dokumentiere, dass ich das "Edit" in meinem Post nach Deinem Zitat eingefügt habe -
Thematisch aber interessant wie gesagt: ungeschickt, daß sich zwischen Stücktext, Inszenierungen, Film und TV die Fakten verschieben.

m.

MatthiasM 19.10.2016 01:11

Ich war weder im Theaterstück noch habe ich mir den Film gegönnt.
ABER: Ich hab mich mit dem Problem schon lange befaßt. In dem Zusammenhang interessant zu lesen:
Depenheuer, Otto. Selbstbehauptung des Rechtsstaates. 2. Aufl.
Schönburger Gespräche zu Recht und Staat 8. Paderborn: Schöningh, 2007.
(Inhalt)


Vorausgeschickt: Nach abgeschlossenem Elektrotechnikstudium und der Auskunft, mit dieser Vorbildung im Wehrdienst z.B. Karriere als Richtschütze Raketenartillerie machen zu können (Hurra, der Mann am Knöpfchen, ggf. deutsche Lance mit taktischen US-Nuklearsprengköpfen, großartig:-(( ) war ich KDV (verweigert noch im Studium, 1991, als der Golfkrieg von Bush Senior losging) den Ersatzdienst nach dem Diplom geleistet. Dann gab es eine Phase, wo ich mir rückwirkend überlegt hätte, vielleicht doch Bundeswehr genommen zu haben (die ersten humanitären und ggf. Blauhelm-Einsätze noch vor der 2004 verkündeten Struck'schen am Hindukusch verteidigten deutschen Sicherheit). Spätestens mit der aktuellen Doktrin (siehe Weißbuch 2016) wäre ich in der gleichen Situation wahrscheinlich wieder KDV mit wortwörtlich derselben Begründung wie damals, eventuell aber inzwischen sogar Totalverweigerer mit allen Konsequenzen. Eine ganz alte KDV mit Prüfungsausschuß hätte ich möglicherweise versemmelt, weil ich im konkreten Fangfragenbeispiel (Freundin mit Dir allein im Wald und böser Mann und Du Knüppel und so..) selbstverständlich dem Angreifer den Schädel einschlagen würde. Für mich widerspruchsfrei zur KDV.
Der entscheidende Unterschied ist ja, im Wald hab ich nicht "Befehl ist Befehl".

OK, zum Thema:

WENN ich denn trotzdem in der konkreten Situation des Piloten Koch wäre? Ich weiß es nicht. Ich würde für mich nicht ausschließen, dann in letzter Sekunde, nein, nicht zu schießen, sondern mich vor der lebenslangen Schuld, etwas getan oder unterlassen zu haben, was falsch oder falscher ist, zu drücken und das Passagierflugzeug mit meinem Jet zu rammen, ohne jeden Gedanken, den Scheudersitz zu ziehen.

Schuldfrage für Major Koch? Verweigere die Beantwortung. Ratlose Enthaltung. So wie Major Koch nur das falsche oder das noch falschere machen konnte, sind beide Urteile falsch oder noch falscher.

lG Matthias, verzweifelter oder verzweifelnder Anarchopazifist.

Mo77 19.10.2016 09:49

Zitat:

Zitat von Stairway (Beitrag 1266028)
das sie was schreiben müssen , weiß ich auch und das die Sache untersucht wird.
Aber das sich Politiker dann hinstellen und dann sagen , "das hätte man doch auch anders lösen können"
Nein hätte man nicht , in dem Fall jedenfalls.

Wer und Wann?
Da bin ich mal gespannt.

Stairway 19.10.2016 10:13

Zitat:

Zitat von Mo77 (Beitrag 1266071)
Wer und Wann?
Da bin ich mal gespannt.

das weist du genau , die Aussage von Frau Kühnast zum Axt Mörder. Gibt noch mehr Beispiele.

http://www.faz.net/aktuell/politik/i...tz-14347242.ht

mum 19.10.2016 10:22

Zitat:

Zitat von Stairway (Beitrag 1266007)
Würde mich interessieren: sollte der Pilot die Maschine nicht abschießen( was dann rechtens wäre) , wird er dann wegen Unterlassen der Hilfe zu 70.000 fachen Mord angeklagt??? Dann hat er praktisch in jedem Fall die A....Karte gezogen.Und was hätte die Nebenklägerin dann gesagt, wenn ihr Mann im Stadion gesessen hätte? Ganz ehrlich, da stimmt doch keine Rechtsprechung mehr.

Verstehe nicht wie man hier auf Schuldig plädieren kann.

weil der pilot nur auf befehl handeln darf. den abschussbefehl hatte er nicht.

die "schuldigen" sind in diesem sinne die politiker.

toent doof - ist aber so.

Stairway 19.10.2016 10:26

Zitat:

Zitat von mum (Beitrag 1266080)
weil der pilot nur auf befehl handeln darf. den abschussbefehl hatte er nicht.

die "schuldigen" sind in diesem sinne die politiker.

toent doof - ist aber so.

Hatte ich weiter oben aber schon geschrieben das er auch keinen Befehl nicht zu schießen.
Mit der Schuldfrage sind wir uns ja dann einig, glaube ich.

Mo77 19.10.2016 11:38

Zitat:

Zitat von Stairway (Beitrag 1266077)
das weist du genau , die Aussage von Frau Kühnast zum Axt Mörder. Gibt noch mehr Beispiele.

http://www.faz.net/aktuell/politik/i...tz-14347242.ht

Du verdreht das ganze allerdings etwas.
Sie wirft eine Frage auf. (Meiner Meinung nach unangebracht und ungeschickt es zu tun bevor man sich informiert hat)
Du stellst es aber hin als ob sie behauptet hätte es wäre zwangsläufig auch anders gegangen.

Ist aber auch vollkommen oftoppic.
:Blumen:

Stairway 19.10.2016 11:44

Zitat:

Zitat von Mo77 (Beitrag 1266109)

Ist aber auch vollkommen oftoppic.
:Blumen:

ja das stimmt! deswegen lassen wir das , ich sehe es aber trotzdem anders als du. Und nun gehe ich laufen , wenn ich schon mal frei habe:)

RolandG 19.10.2016 11:47

Zitat:

Zitat von Stairway (Beitrag 1266082)
Hatte ich weiter oben aber schon geschrieben das er auch keinen Befehl nicht zu schießen.

Das ist ja auch nicht erforderlich. Dürfen staatliche Waffenträger etwa frei umherschießen, weil sie keinen konkreten Befehl haben, ihre Waffen nicht einzusetzen? Ne, natürlich nicht.

Der Nichteinsatz ist die Regel. Davon abzuweichen ist die Ausnahme, die einer Anweisung bedarf.

Stairway 19.10.2016 11:50

Zitat:

Zitat von RolandG (Beitrag 1266111)

Der Nichteinsatz ist die Regel. Davon abzuweichen ist die Ausnahme, die einer Anweisung bedarf.

das ist nicht ganz richtig, ich brauche als Polizist keine Anweisung wenn es sich um Notwehr handelt.

Mo77 19.10.2016 12:47

Zitat:

Zitat von Stairway (Beitrag 1266110)
ja das stimmt! deswegen lassen wir das , ich sehe es aber trotzdem anders als du. Und nun gehe ich laufen , wenn ich schon mal frei habe:)

Ja viel Spaß beim Laufen.
:dresche

RolandG 19.10.2016 13:20

Zitat:

Zitat von Stairway (Beitrag 1266112)
das ist nicht ganz richtig, ich brauche als Polizist keine Anweisung wenn es sich um Notwehr handelt.

In gewisser Weise schon. Die wird aber allgemein durch die Polizeigesetze der Länder gegeben. Vgl. z.B. für Hessen die §§ 60 ff. HSOG: http://www.polizeirecht.de/HSOG.htm#Allgemeine_Vorschriften_fuer_den_Schusswa ffengebrauch Einer Einzelfallanweisung bedarf es dann aber nicht mehr, das stimmt.

Im Fall lag aber ohnehin keine Notwehrsituation vor, so dass es eigentlich nicht darum geht.

flaix 19.10.2016 13:48

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1266015)
wir haben es dann beide nicht im TV nicht gesehen, meiner Erinnerung an das Stück oder den Text nach, fragt der Pilot nach der Freigabe zum Abschuss, die er nicht bekommt.
(aber, und da wird die Erinnerung bei mir leider etwas dunkel), indem man ihm nicht antwortet

m.

P.S:: Edit: einmal kurz rumgefragt - die Sachlage im Stück scheint so, daß es klar den Befehl an den Piloten gibt, nicht abzuschiessen. Das ist jetzt wirklich ein bisschen "ungeschickt", dass es hier um Unterschiede in der Textfassung gehen könnte.

hab gestern mal in die Mediathek reingeschaut. Die haben den 28 Minuten fliegen lassen und haben ohne weitere Kommunikation auf die Bildschirme gestarrt. Und dann hat er Eigeninitiative ergriffen.

Der Lidl hatte da gestern bei mir einen Punkt angestossen. Eine Anklage wegen Mordes ist nach der juristischen Definition von Mord völlig absurd.

LidlRacer 19.10.2016 14:03

Zitat:

Zitat von flaix (Beitrag 1266150)
Der Lidl hatte da gestern bei mir einen Punkt angestossen. Eine Anklage wegen Mordes ist nach der juristischen Definition von Mord völlig absurd.

Soo absurd auch wieder nicht.

"Mörder ist, wer

aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,

heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder

um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,

einen Menschen tötet."
https://dejure.org/gesetze/StGB/211.html

Die drei Bedingungsgruppen sind mit "oder" verknüpft, es reicht also eine Bedingung.
Die wäre hier das gemeingefährliche Mittel.

Demnach ist es eigentlich Mord. Fraglich bleibt nur, ob der hier ausnahmsweise entschuldbar ist.

RolandG 19.10.2016 15:40

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1266157)
Die wäre hier das gemeingefährliche Mittel.

Demnach ist es eigentlich Mord.

Nö, wäre es wohl eher nicht. Gemeingefährlich ist ein Mittel dann, wenn es der Täter im konkreten Fall nicht beherrschen kann und es eine Gefahr für eine unbestimmte Zahl von Menschen mit sich bringt.

Im Fall konnte der Pilot den Abschuss der Rakete beherrschen und die Anzahl der gefährdeten Menschen war auch klar. Spricht gegen die Gemeingefährlichkeit.

LidlRacer 19.10.2016 16:15

Zitat:

Zitat von RolandG (Beitrag 1266214)
Nö, wäre es wohl eher nicht. Gemeingefährlich ist ein Mittel dann, wenn es der Täter im konkreten Fall nicht beherrschen kann und es eine Gefahr für eine unbestimmte Zahl von Menschen mit sich bringt.

Im Fall konnte der Pilot den Abschuss der Rakete beherrschen und die Anzahl der gefährdeten Menschen war auch klar. Spricht gegen die Gemeingefährlichkeit.

Ich würde eher das Gegenteil behaupten:
Ganz offensichtlch werden hier Teile der Allgemeinheit - nämlich die Flugzeuginsassen und evtl. weitere Menschen am Boden - massivst gefährdet. Ob die Zahl berechenbar ist, dürfte irrelevant sein.

"Gemeingefährlich
Als gemeingefährlich werden im Rechtsjargon Handlungen und Situationen bezeichnet, die eine Gefahr nicht nur für einzelne bestimmte Personen, sondern für die Allgemeinheit darstellen.

Eine Handlung ist dann gemeingefährlich, wenn der Täter sie im Einzelfall nicht sicher zu beherrschen vermag und sie geeignet ist, Leib und Leben mehrerer Menschen zu gefährden.

Beispiele sind

der Einsatz von Sprengstoff
..."
https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeingef%C3%A4hrlich

Der "Täter" im Kampfjet kann die Situation offensichtlich nicht derart beherrschen, dass er nur den Entführer unschädlich macht und keinen anderen gefährdet.

Aber ich bin kein Jurist.
Du?

captain hook 19.10.2016 16:23

Zitat:

Zitat von RolandG (Beitrag 1266214)
Nö, wäre es wohl eher nicht. Gemeingefährlich ist ein Mittel dann, wenn es der Täter im konkreten Fall nicht beherrschen kann und es eine Gefahr für eine unbestimmte Zahl von Menschen mit sich bringt.

Im Fall konnte der Pilot den Abschuss der Rakete beherrschen und die Anzahl der gefährdeten Menschen war auch klar. Spricht gegen die Gemeingefährlichkeit.

Abschuss eines betankten Flugzeugs über bewohntem Gebiet ist eine kontrollierte Handlung mit absehbaren Folgen? Dazu fehlt mir die Phantasie.

flaix 19.10.2016 16:37

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1266157)
Soo absurd auch wieder nicht.

"Mörder ist, wer

aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,

heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder

um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,

einen Menschen tötet."
https://dejure.org/gesetze/StGB/211.html

Die drei Bedingungsgruppen sind mit "oder" verknüpft, es reicht also eine Bedingung.
Die wäre hier das gemeingefährliche Mittel.

Demnach ist es eigentlich Mord. Fraglich bleibt nur, ob der hier ausnahmsweise entschuldbar ist.

kann mM nach auf einen Soldaten nicht angewendet werden.
weil...hätten Sie ihn dann auch auf unterlassene Hilfelesitung mit Todesfolge in 70.000 Fällen verklagt ?

RolandG 19.10.2016 17:03

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1266231)
Ich würde eher das Gegenteil behaupten:
Ganz offensichtlch werden hier Teile der Allgemeinheit - nämlich die Flugzeuginsassen und evtl. weitere Menschen am Boden - massivst gefährdet. Ob die Zahl berechenbar ist, dürfte irrelevant sein.

"Gemeingefährlich
Als gemeingefährlich werden im Rechtsjargon Handlungen und Situationen bezeichnet, die eine Gefahr nicht nur für einzelne bestimmte Personen, sondern für die Allgemeinheit darstellen.

Eine Handlung ist dann gemeingefährlich, wenn der Täter sie im Einzelfall nicht sicher zu beherrschen vermag und sie geeignet ist, Leib und Leben mehrerer Menschen zu gefährden.

Beispiele sind

der Einsatz von Sprengstoff
..."
https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeingef%C3%A4hrlich

Der "Täter" im Kampfjet kann die Situation offensichtlich nicht derart beherrschen, dass er nur den Entführer unschädlich macht und keinen anderen gefährdet.

Aber ich bin kein Jurist.
Du?

Zitat:

Zitat von captain hook (Beitrag 1266234)
Abschuss eines betankten Flugzeugs über bewohntem Gebiet ist eine kontrollierte Handlung mit absehbaren Folgen? Dazu fehlt mir die Phantasie.

Zitat:

Zitat von flaix (Beitrag 1266241)
kann mM nach auf einen Soldaten nicht angewendet werden.
weil...hätten Sie ihn dann auch auf unterlassene Hilfelesitung mit Todesfolge in 70.000 Fällen verklagt ?



Ich zitiere mal den BGH-Richter Fischer:
Zitat:

Zweitens ist eine Lenkrakete in 30.000 Fuß Höhe vielleicht kein "gemeingefährliches Mittel", sondern einfach das Mittel der Wahl, um dieses Flugzeug abzuschießen. Mit dem Mordmerkmal ist es also nicht so weit her.
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeit...omplettansicht

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1266231)
Der "Täter" im Kampfjet kann die Situation offensichtlich nicht derart beherrschen, dass er nur den Entführer unschädlich macht und keinen anderen gefährdet.

Die Anführungszeichen brauchst Du nicht. Der Pilot ist Täter. Es geht doch bei diesem Mordmerkmal nicht darum, dass nur der Entführer gefährdet wird und nicht die anderen Passagiere. Sondern um eine Unberechenbarkeit. Wenn jemand irgendwo eine Bombe hochgehen lässt, wird idR nicht vorhersagbar sein, wie viele dadurch gefährdet sind. Wenn ein Flugzeug abgeschossen wird, weiß man, wie viele dadurch gefährdet werden. Die (All)Gemeinheit ist eben idR nicht gefährdet.

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1266231)
Aber ich bin kein Jurist.
Du?

Ja. Seit 20 Jahren Anwalt.

Zitat:

Zitat von flaix (Beitrag 1266241)
kann mM nach auf einen Soldaten nicht angewendet werden.
weil...hätten Sie ihn dann auch auf unterlassene Hilfelesitung mit Todesfolge in 70.000 Fällen verklagt ?

Natürlich nicht. Das ist schon weiter oben gefragt worden. Hier liegt kein Fall einer unterlassenen Hilfeleistung vor. Es geht weder um einen Unglücksfall noch um (all)gemeine Gefahr oder Not. Zudem fehlt es an der Zumutbarkeit der Hilfeleistung, da sie nur durch die rechtswidrige Tötung der Flugzeuginsassen hätte erbracht werden können.

zappa 19.10.2016 17:03

Die Diskussion kann ziemlich abgekürzt werden, wenn wir dem Kollegen Fischer aus "Der Zeit" folgen:

Der Pilot handelt in jedem Fall "rechtswidrig", gegen ein Verfassungsgerichtsurteil mit Gesetzesrang.

Die Frage der "Schuld" ist davon zu trennen, damit hat sich das Verfassungsgericht seinerzeit gar nicht befasst. Fischer: "Pilot Koch könnte also, wenn die Voraussetzungen vorliegen, ohne weiteres freigesprochen werden."

Voraussetzungen sind: "Schuldlosigkeit des einzelnen trotz Rechtswidrigkeit seiner Tat, auf der Grundlage einer umfassenden Bewertung seiner individuellen (!), persönlichen (!) Lage und der Zumutbarkeit (!) rechtmäßigen Verhaltens."

flaix 19.10.2016 17:14

Zitat:

Zitat von zappa (Beitrag 1266251)
Die Diskussion kann ziemlich abgekürzt werden, wenn wir dem Kollegen Fischer aus "Der Zeit" folgen:

Der Pilot handelt in jedem Fall "rechtswidrig", gegen ein Verfassungsgerichtsurteil mit Gesetzesrang.

Die Frage der "Schuld" ist davon zu trennen, damit hat sich das Verfassungsgericht seinerzeit gar nicht befasst. Fischer: "Pilot Koch könnte also, wenn die Voraussetzungen vorliegen, ohne weiteres freigesprochen werden."

Voraussetzungen sind: "Schuldlosigkeit des einzelnen trotz Rechtswidrigkeit seiner Tat, auf der Grundlage einer umfassenden Bewertung seiner individuellen (!), persönlichen (!) Lage und der Zumutbarkeit (!) rechtmäßigen Verhaltens."

hahahahaha, das nennst Du abkürzen?

flaix 19.10.2016 17:17

Zitat:

Zitat von RolandG (Beitrag 1266250)
.....

bitte mach es mal kurz für uns.
Schuldig? oder nein?

RolandG 19.10.2016 17:19

Diese Art der 140-Zeichen-Hau-ruck-Entscheidungen, wie Du sie anscheinend bevorzugst, gibt es nicht. Die Frage der Schuldhaftigkeit rechtswidrigen Handelns ist komplex.

zappa 19.10.2016 17:31

Zitat:

Zitat von flaix (Beitrag 1266256)
hahahahaha, das nennst Du abkürzen?

Ja, weil es so ist und wir 2 Sachverhalte trennen müssen.

Rechtswidrige Handlung: Ja.

Schuld: Kommt drauf an. Dazu müsste die individuelle persönliche Lage ausführlich erörtert werden, was der Film nicht ausreichend gemacht hat. Ebenso die Rahmenbedingungen im Detail. So wie der Film es sehr grob dargestellt hat, sehr wahrscheinlich "nicht schuldig".

Lies den Fischer Artikel, der ist lang, aber sehr gut und bislang weitgehend unwidersprochen.

flaix 19.10.2016 18:42

Zitat:

Zitat von RolandG (Beitrag 1266259)
Diese Art der 140-Zeichen-Hau-ruck-Entscheidungen, wie Du sie anscheinend bevorzugst, gibt es nicht. Die Frage der Schuldhaftigkeit rechtswidrigen Handelns ist komplex.

nenee, können schon auch 160 Zeichen sein.
Was ich gerne wissen wollte: ist er aus Sicht eines Juristen eher ein Mörder oder nein?
Wir reden ja hier alle hauptsächlich nur Quark.
Wollte nur wissen wofür Du dich entscheiden würdest auf Basis der vorliegenden Informationen
Mir leuchtet das Mörder-Konstrukt nicht ein.

RolandG 19.10.2016 20:05

Mordmerkmale sehe ich nicht verwirklicht.

Totschlagstatbestand wurde sicherlich rechtswidrig verwirklicht. Der Kernfrage bleibt die Schuldhaftigkeit. Das ist immer das Schwerste in solchen Fällen.

captain hook 19.10.2016 20:29

Zitat:

Zitat von RolandG (Beitrag 1266250)
Ich zitiere mal den BGH-Richter Fischer:

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeit...omplettansicht



.

Ich wollte nix behauptet haben. Ich habe ledigich in Frage gestellt, ob man bei einem Flugzeugabschuss über dicht besiedeltem Gebiet von einer kontrollierbaren Aktion ausgehen kann.

Ich find eine Projektion auf den Piloten eh eine Sauerei. Den da oben mit unklaren Anweisungen oder halben oder keinen "verhungern" zu lassen geht in meinen Augen garnicht. Zumal wenn man vorher am Boden Fakten schuf, zB dadurch, dass man das Stadion nicht räumte oder wissentlich die Situation nicht eindeutig so klärt, dass nicht in einer Stresssituation irgendwas übers Knie gebrochen werden muss. Schon deshalb kann man dem in meinen Augen eh keinen Vorwurf machen.

tomerswayler 19.10.2016 20:46

Zitat:

Zitat von captain hook (Beitrag 1266326)
Ich wollte nix behauptet haben. Ich habe ledigich in Frage gestellt, ob man bei einem Flugzeugabschuss über dicht besiedeltem Gebiet von einer kontrollierbaren Aktion ausgehen kann.

Hast du nicht aufgepasst, als es um Wurfparabeln in der Schule ging? ;)
Nördlich von München gibts relativ viele landwirtschaftliche Flächen...

captain hook 19.10.2016 21:39

Zitat:

Zitat von tomerswayler (Beitrag 1266336)
Hast du nicht aufgepasst, als es um Wurfparabeln in der Schule ging? ;)
Nördlich von München gibts relativ viele landwirtschaftliche Flächen...

Dann hoffe ich, dass man sich mit der Gewerkschaft der Terroristen darauf einigt, dass sowas nur in München stattfinden darf.


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