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Meine Empfehlung war eine eingehendere Beschäftigung mit den existierenden Konzepten zum Wahrheitsbegriff. |
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"Philosophie ist die Wissenschaft, über die man nicht reden kann, ohne sie selbst zu betreiben." - Carl Friedrich von Weizsäcker - |
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Vielleicht überlege ich mir eine ähnliche für die Psychologie ... :cool: Für heute erstmal allgemein danke fürs Gespräch und ¡buenas noches! ... :Huhu: Hab' noch ein bißchen zu tun ... |
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Ich sprach von den Ursachen, die zu moralischen Normen führen. Eine solche Norm wäre, alle Katholiken sind Bürger erster Klasse, Juden Bürger zweiter Klasse. So war das im Mittelalter und den meisten unserer Städte und Gemeinden. Ich kann jetzt nach den Ursachen fragen, die zu dieser Bewertung geführt haben. Es geht nicht darum, ob die Zweitklassigkeit jüdischer Bürger faktisch zutraf. In gleicher Weise kann ich nach den Ursachen fragen, die zu einem moralischen System führten, welches Minderheiten ausgrenzt, etwa homosexuelle Menschen. Es bedeutet nicht, dass die behauptete Minderwertigkeit eine Tatsache gewesen wäre. ---- Stell’ Dir zwei Gesellschaften vor, etwa Dorf 1 und Dorf 2. Beide haben unterschiedliche moralische Normen. Dorf 1 hält jede Form von Gewalt für falsch. Dorf 2 erlaubt das Töten von Bewohnern anderer Dörfer. Irgendwann werden die Bürger von Dorf 2 das andere Dorf überfallen und die meisten ihrer Einwohner totschlagen. Das moralische System von Dorf 2 überlebt und wird zur Norm. Das Dorf prosperiert und wird zur Stadt. Ringsum bilden sich neue Dörfer. Alle leben nach dem moralischen System, welches das Ermorden anderer Dorfbewohner erlaubt. Es dauert nicht lange, bis überall Mord und Totschlag herrscht, denn im Unterschied zu Dorf 1, das unbewaffnet war und auf Gewalt verzichtete, sind die jetzigen Dörfer aufgerüstet und im Kampf geschult. In jedem Konflikt gibt es bewaffnete Gegenwehr. Solche Schauplätze gibt es viele im ganzen Land. Nur einige wenige Landstriche lernen, dass sie die Gewalt beschränken müssen. Angriff ist ab sofort verboten. Erlaubt ist nur die Verteidigung. Das ermöglicht es den Bürgern, sich wieder mehr um ihre Arbeit zu kümmern. Die Gegend blüht wirtschaftlich auf, während die Dörfer vom Typ 2 sich gegenseitig abschlachten. So breitet sich ein neues moralisches System aus. Es kennt Gewalt, unterwirft die aber Regeln. Es ist erfolgreicher als die beiden anderen moralischen Systeme. Bald wird es zur Norm im ganzen Land. --- Das Beispiel soll modellhaft zeigen, wie sich moralische Systeme durch ihren Erfolg etablieren können. Es geht nicht um richtig oder falsch, wie bei Deiner Frage nach der Bewertung gleichgeschlechtlicher Liebe. Sondern um den Ausbreitungserfolg. Der Erfolg eines moralischen Systems kann biologisch-evolutionär sein, er kann kulturell sein (z.B. arbeitsteilige Gesellschaft und Kooperation versus Egoismus und Aggression) und er kann wirtschaftlicher Natur sein. So ungefähr meinte ich das. |
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Aber wie gehabt : Zitat:
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Also los: Jesus aus Nazareth wurde nach seinem Tod wieder lebendig. Er stieg aus seinem Grab, und nach 40 Tagen fuhr er gen Himmel auf, ohne eine Leiche zu hinterlassen. Weil er das tat, sind seine moralischen Ansichten für uns verbindlich. Welchen Wahrheitsbegriff legst Du hier zugrunde? Ich verstehe diese Geschichte mit dem literarischen Wahrheitsbegriff, und ich bestreite sie unter dem faktischen Wahrheitsbegriff. Was habe ich übersehen? Welcher Wahrheitsbegriff bringt uns dem Kern der Sache näher? Danke und bis Montag! :Blumen: |
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Diese moralischen Systeme haben sich entwickelt. Die Antwort, die Du suchst, ist der komplexe Mechanismus ihres Zustandekommens. Angenommen, ich fragte, warum Löwen zum Mord an Antilopen neigen. Daraufhin erklärt man mir die evolutiven Ursachen dieses Verhaltens. Ich erwidere: "Ihr sprecht von den Ursachen dieser Mordlust. Ich suche jedoch auf einer höheren Ebene nach einer Begründung. Wie begründet der Löwe, dass sein Verhalten gut ist, und nicht böse?". Sein Verhalten wurde deshalb zur Norm, weil es erfolgreich war und sich deshalb ausbreitete. Entscheidend ist der Ausbreitungserfolg. Die Begriffe Gut und Böse kommen erst nachträglich hinzu und etikettieren das moralische System, das sich erfolgreich ausbreiten konnte. Unsere Ansichten zur Sexualmoral sind so wie sie sind, weil sie sich erfolgreich in unserem Kulturkreis ausgebreitet haben. Erst nachträglich heften wir die Bewertungen gut und böse daran. Sie können sich deshalb auch ändern, teilweise bis in ihr Gegenteil. Früher war vorehelicher Sex eine Straftat, heute würde man jungen Paaren dazu raten (ich zumindest). Für Gut und Böse gibt es keine abstrakten Herleitungen, denn es sind Bewertungen im Wandel der Zeit. |
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Und da setzt die Idee "vom Kopf auf die Füsse" stellen an, das "Höhere" aus der Praxis der Menschen zu erklären, aus der Entwicklung der Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse. Am Beispiel des Wertes Gleichheit (und auch Freiheit) lässt sich z.B. sehr gut aufzeigen, dass es bestimmte gesellschaftlich-historische Bedingungen braucht, bis die Idee von der Gleichheit aller Menschen ein allgemein selbstverständlicher Wert geworden ist (und sich auch ein Kant damit dann philosophisch beschäftigt). Die Antike mit ihren Sklaven kannte solche Umstände noch nicht, weshalb auch kein Kant´scher Imparativ in der Antike gedacht wurde. Erst die Verallgemeinerung der Warenwirtschaft verankerte nämlich den moralischen Wert von der Gleichheit aller in den Köpfen aller Menschen. "Dass ... in der Form der Warenwerte alle Arbeiten als gleiche menschliche Arbeit und daher als gleichgeltend ausgedrückt sind, konnte Aristoteles nicht aus der Wertform herauslesen, weil die griechische Gesellschaft auf der Sklavenarbeit beruhte, daher die Ungleichheit der Menschen und ihrer Arbeitskräfte zur Naturbasis hatte. Das Geheimnis des Wertausdrucks (x Ware A = y Ware B), die Gleichheit und gleiche Gültigkeit aller Arbeiten, weil und insofern sie menschliche Arbeit überhaupt sind, kann nur entziffert werden, sobald der Begriff der menschlichen Gleichheit bereits die Festigkeit eines Volksvorurteils besitzt. Das ist aber erst möglich in einer Gesellschaft, worin die Warenform die allgemeine Form des Arbeitsprodukts, also auch das Verhältnis der Menschen zueinander als Warenbesitzer das herrschende gesellschaftliche Verhältnis ist." (K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 74) Und um auf die Religionen zurückzukommen. Auch die ethnischen, traditionellen (Natur)Religionen entsprechen bestimmten Lebensweisen von Völkern mit wenig Handelskontakt untereinander und geringem Entwicklungsstand des Handwerks, der Produktivkräfte und Arbeitsteilung, vorzugsweise Jäger und Sammler mit einem eher unmittelbaren Verhältnis zur Natur. |
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