triathlon-szene.de |  Europas aktivstes Triathlon  Forum

triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum (https://www.triathlon-szene.de/forum/index.php)
-   Politik, Religion & Gesellschaft (https://www.triathlon-szene.de/forum/forumdisplay.php?f=30)
-   -   Da fasse ich mir echt an den Kopf… (https://www.triathlon-szene.de/forum/showthread.php?t=26204)

Klugschnacker 10.07.2017 22:57

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1315299)
@ Z. Es werde Licht, sowohl die Sachen mit dem Sein/Sollen-Problem wie auch im letzten Absatz den vermutlichen Dreh und Angelpunkt der Debatte hier klar auf den Punkt gebracht. Danke. Jetzt bin ich gespannt.

m.

Das Sein/Sollen-Problem existiert nur in gewissen Grenzen und nicht allgemein. Es behauptet, dass man von den Fakten nicht zu den Verhaltensregeln gelangt. Beispiel: Das Vorhandensein von Tieren sagt uns nicht, wie wir uns ihnen gegenüber verhalten sollen.

Das ist in seiner allgemeinen Formulierung natürlich Quark, ist aber entschuldigt, weil Hume, sein Erfinder, die Evolution nicht berücksichtigen konnte. Wenn man sie kennt, wie es das Privileg unserer Zeit ist, entdeckt man leicht den Fehlschluss.

Wir sind Menschen unter anderen Menschen. Wir leben in Gesellschaften und sozialen Systemen, großen wie kleinen. Sind wir tatsächlich frei darin, zu entscheiden, wie wir miteinander umgehen sollen? Natürlich nicht. Denn die Evolution hat fein ausbalanciert, welches Verhalten erfolgreich ist und welches nicht.

Eine menschliche Kultur, die extrem aggressiv wäre, würde sich permanent in Kriege und innere Auseinandersetzungen verwickeln. Parallel existierende Kulturen, die kooperativer sind, gewännen die Oberhand, weil sie mehr Zeit in die Bildung ihrer Kinder investieren und ein erfolgreiches Wirtschaftssystem aufbauen, statt sich zu schlagen. Eine rein pazifistische Kultur hingegen würde irgendwann von einer anderen Kultur überrannt. Die kulturelle Evolution bringt also erfolgreiche Verhaltensweisen hervor.

Das Sein hat sich entwickelt und dabei eine biologische und vor allem kulturelle Evolution durchlaufen. In diesem Prozess entstand auch das Sollen. Beide gehen Hand in Hand. Unsere heutige Kultur existiert (Sein), weil sie erfolgreiche Strategien im Umgang miteinander (Sollen) hervorbrachte. Darum sind wir gerade so und so aggressiv, und so und so kooperativ, und so weiter. Abweichendes Verhalten hatte keinen Erfolg. Sein und Sollen, also Existenz und Verhalten, sind keine getrennten Dinge, sondern entwickeln sich miteinander.

Daraus folgt: Das Sein/Sollen-Problem ist kein logisches Gesetz, an dem jedes Argument gemessen werden könnte. Es trifft in Einzelfällen zu, ist aber allgemein falsch.

Jörn 10.07.2017 23:17

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315308)
Wenn ich diesen Satz höre [von der stillstehenden Erde], ist, wie bei vielen anderen religiösen Sätzen, mein erster Gedanke nicht: ob das wohl den überprüfbaren Tatsachen entspricht? Eher denke ich: Was für ein beeindruckendes Bild! Was es wohl bedeuten mag?

Hallo Z., Du sagst, es ginge bei dem Bild um die stillstehende Erde nicht um die Erdrotation als Tatsache, sondern es ginge um das Bild und dessen Bedeutung.

Dem stimme ich zu. Aber das bedeutet nicht, dass es sich der Überprüfung entzieht. Gerade wenn man das Bild interpretiert, muss man überprüfen, ob die Interpretation korrekt ist.

Ich vermute, das Bild bezieht sich auf eine berühmte Kampfhandlung im Alten Testament, und zwar im Buch Josua. (Josua ist der Nachfolger von Moses und von Gott selbst dazu bestimmt worden.) Gott führt höchstpersönlich die Armee der Israeliten an, um viele Städte zu erobern und alle dort lebenden Menschen zu töten. Nun ist es gar nicht so leicht, die Bevölkerung einer Stadt zu töten. Zumal manche Menschen fliehen werden, und das müsste man verhindern.

Deswegen hilft Gott, indem er die Sonne einige Zeit still stehen lässt (nicht die Erde, denn man dachte ja, die Erde stünde sowieso still), damit mehr Zeit bleibt, um die Bewohner zu schlachten. Für die flüchtende Bevölkerung hat er ebenfalls ein probates Mittel, denn er wirft Felsbrocken auf die Menschen, und die Bibel rühmt ihn dafür, er habe sogar mehr Menschen getötet als die israelitische Armee.
Josua 10,11-13:

Als sie auf der Flucht vor Israel an den Abhang von Bet-Horon kamen, warf der Herr große Steine auf sie vom Himmel her, bis nach Aseka hin, sodass viele umkamen. [Die Rede ist von bereits flüchtenden Menschen.]

Es kamen mehr durch die Hagelsteine um, als die Israeliten mit dem Schwert töteten.

(...) Und die Sonne blieb stehen und der Mond stand still, bis das Volk an seinen Feinden Rache genommen hatte. Das steht im «Buch des Aufrechten». Die Sonne blieb also mitten am Himmel stehen und ihr Untergang verzögerte sich, ungefähr einen ganzen Tag lang.
Die Bedeutung dieser Schrift besteht darin, den Gebietsanspruch der Israeliten in einer ganzen Region zu belegen, denn Gott selbst hat diese Städte mit ihnen erobert. Ich gebe Dir insofern Recht, dass man sich nicht zu sehr am Lauf der Sonne festhalten muss, sondern man kann den Gebietsanspruch (und woraus er sich ableitet) davon getrennt betrachten.

Aber die Tatsache, dass man den Text interpretiert, bedeutet nicht, dass er vor Kritik oder Überprüfung geschützt wäre. Man darf fragen, ob es die richtige Interpretation ist.

Nehmen wir an, man könnte nachweisen, dass es diese israelische Armee in dieser Form nie gegeben hat; und weiter, dass es keine der zahlreichen Schlachten (ich habe sie unten aufgeführt) gegeben haben kann. Dass also die ganze Geschichte nur Humbug ist. Dann wäre auch die Interpretation fragwürdig, man könne hier einen Gebietsanspruch begründen.

Die Interpretation ist also nicht unabhängig von Widersprüchen, die sich aus der Wirklichkeit ergeben.

-------



ZUGABE – nur für Bibelfans


Zur Erbauung der Mitleser zitiere ich hier den Verlauf der blutigen Schlacht aus dem Buch der Liebe. Man beachte, dass den Bewohnern der Städte nichts vorgeworfen wird. Sie leben einfach in den Städten, in denen die Israelis gerne leben würden. Daraufhin werden alle umgebracht, auch Kinder. Moralische Einwände werden nicht erwogen, und Gott gibt auch keine Hinweise darauf, warum das gerecht sein soll.

Am gleichen Tag nahm Josua Makkeda ein und erschlug seine Einwohner und seinen König mit scharfem Schwert. Er weihte sie und alles, was in der Stadt lebte, dem Untergang; niemand ließ er entkommen. Mit dem König von Makkeda machte er es, wie er es mit dem König von Jericho gemacht hatte.

29 Dann zog Josua mit ganz Israel von Makkeda weiter nach Libna und kämpfte gegen Libna. 30 Der Herr gab auch Libna und seinen König in die Gewalt Israels. Josua erschlug alles, was in ihm lebte, mit scharfem Schwert; niemand ließ er entkommen. Mit seinem König machte er es, wie er es mit dem König von Jericho gemacht hatte.

31 Dann zog Josua mit ganz Israel von Libna weiter nach Lachisch, belagerte die Stadt und griff sie an. 32 Und der Herr gab auch Lachisch in die Gewalt Israels. Josua nahm die Stadt am zweiten Tag ein. Er erschlug alles, was in ihr lebte, mit scharfem Schwert, genau so, wie er es mit Libna gemacht hatte.

33 Als Horam, der König von Geser, heranzog, um Lachisch zu helfen, schlug Josua auch ihn und sein Volk und ließ niemand übrig, der hätte entkommen können. 34 Dann zog Josua mit ganz Israel von Lachisch weiter nach Eglon. Sie belagerten die Stadt und griffen sie an. 35 Noch am gleichen Tag nahmen sie die Stadt ein und erschlugen ihre Einwohner mit scharfem Schwert. Alles, was in ihr lebte, weihte man noch am gleichen Tag dem Untergang, genau so, wie man es mit Lachisch gemacht hatte.

36 Von Eglon zog Josua mit ganz Israel nach Hebron hinauf und griff es an. 37 Sie nahmen die Stadt ein und erschlugen [ihren König und] alles, was in ihr lebte, ebenso die Einwohner aller ihrer Tochterstädte, mit scharfem Schwert; niemand ließ er entkommen, genau so, wie er es mit Eglon gemacht hatte. Er weihte die Stadt und alles, was in ihr lebte, dem Untergang.

38 Dann wandte sich Josua mit ganz Israel gegen Debir und griff die Stadt an. 39 Er eroberte die Stadt und ihre (Tochter)städte, nahm ihren König gefangen, erschlug ihre Einwohner mit scharfem Schwert und weihte alles, was in ihr lebte, dem Untergang; niemand ließ er entkommen. Wie er es mit Hebron und mit Libna und seinem König gemacht hatte, so machte er es auch mit Debir und seinem König.

40 So schlug Josua das ganze Land - das Bergland und den Negeb, die Schefela und ihre Ausläufer - mit allen seinen Königen. Niemand ließ er entkommen; alles, was lebte, weihte er dem Untergang, wie es der Herr, der Gott Israels, befohlen hatte.

41 Josua eroberte (das ganze Gebiet) von Kadesch-Barnea bis Gaza und ebenso das ganze Land Goschen und das Gebiet bis nach Gibeon. 42 Aller dieser Könige und ihrer Länder bemächtigte sich Josua mit einem Schlag; denn der Herr, der Gott Israels, kämpfte für Israel. 43 Dann kehrte Josua mit ganz Israel in das Lager nach Gilgal zurück.

merz 11.07.2017 12:20

Man könnte sich vorstellen, ein um Evolutionstheorie schlau gemachter Hume wende ein, dass aus der Tatsache, daß sich gewisse Verhaltensweise (Kooperation etwa) unter evolutionären Druck (vermutlich gelegentlich und zufällig (?)) ausbilden, erstmal nicht logisch folgt, daß diese auch gut ("gesollt" wie man so schön sagt) sind.

Das Sein/Sollen-Problem ist m.E. in erster Linie irgendwie schon eine ziemlich harte Nuss für Moralbegründungen, von dem man hoffen kann, man spürt es nicht so stark :)

m.

Klugschnacker 11.07.2017 12:42

Hume wird sich aber schwer tun, zu begründen, warum bei weltweit allen Kulturen mehr oder weniger die gleichen Dinge als gut oder schlecht gelten. Aber das führt uns wohl zu weit weg vom Thema des Threads.
:Blumen:

merz 11.07.2017 13:06

das ist richtig.
:Blumen:
m.

Zur Ehrenrettung Humes ein Versuch "in seinem Geiste":
Weil wir alle eine menschliche Natur mit ähnlichen Gefühlen teilen (hier kann ein Zirkelschluss drohen, muss aber nicht).

Zarathustra 11.07.2017 19:21

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315303)
Viele religiöse Aussagen lassen sich jedoch auf ihre Wahrheit überprüfen. Sie erweisen sich dann in aller Regel als falsch. Ist das denn wirklich einerlei?

Ich halte ich es insofern für einerlei als ich denke, daß das an einer Aussage empirisch Überprüfbare, so interessant es auch in anderer Hinsicht sein mag, nicht ihr spezifisch religiöser Gehalt ist.


_____

Achtung es folgt Wortklauberei!

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315303)
Ich meine, dass "Glauben" für die meisten Nichtphilosophen bedeutet: eine Sache für wahr halten.

Wikipedia ist anderer Ansicht. Unter dem Stichwort „Glaube“ steht:

„Das Wort Glaube [...] bezeichnet hier eine Grundhaltung des Vertrauens, v. a. im Kontext religiöser Überzeugungen.

Während der ähnliche Begriff „Religiosität“ die Ehrfurcht vor der Ordnung und Vielfalt in der Welt und die allgemeine Empfindung einer transzendenten (nicht erklär- oder beweisbaren) Wirklichkeit meint,[2] beinhaltet „Glaube“ das Überzeugtsein von der Lehre einer konkreten Religion (oder Philosophie).“

und etwas weiter:

„Für gläubige Christen gilt christlicher Glaube als keine antike oder mittelalterliche Vorstufe vom Wissen, sondern etwas vom Wesen her anderes. Damit ist auch kein bloßes Für-wahr-Halten, auch keine Vermutungsäußerung gemeint.“

Klugschnacker 11.07.2017 19:37

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315535)
„Das Wort Glaube [...] bezeichnet hier eine Grundhaltung des Vertrauens, v. a. im Kontext religiöser Überzeugungen."

Vertrauen worauf? Ich meine, das Vertrauen bezieht sich auf die Richtigkeit der Glaubensinhalte. An Marias Himmelfahrt zu glauben bedeutet, darauf zu vertrauen, dass dieser Vorgang stattgefunden hat (und nicht etwa das Gegenteil der Fall ist).

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315535)
"Damit ist auch kein bloßes Für-wahr-Halten, auch keine Vermutungsäußerung gemeint.“

Das widerspricht sich offensichtlich. Glauben hieße demnach: Vertrauen, aber nicht im Sinne von Für-wahr-Halten. In welchem Sinne denn dann? Gibt es ein Beispiel dafür, dass jemand etwas glaubt, ohne es für wahr zu halten oder zu vermuten?
:Blumen:

LidlRacer 11.07.2017 19:44

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315535)
Damit ist auch kein bloßes Für-wahr-Halten, auch keine Vermutungsäußerung gemeint.“

Das heißt nach meinem Verständnis, der religiöse Glaube geht (nach Ratzinger) über das "Für-wahr-Halten" hinaus und es gibt sogar eine [subjektive] Gewissheit dieser Wahrheit.

Zarathustra 11.07.2017 19:52

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315311)

Normative Fragen sind zwar beliebig und können durch die Wissenschaft nicht überprüft werden. (Deswegen könnte die Kirche den Begriff "Ehe" so definieren, wie sie lustig ist.) Jedoch ist das nicht die Position der Kirchen. ...

Daß sie beliebig wären, ist auch nicht meine Position, sondern, daß sie durch historisch konkret gegebene Machtverhältnisse und Interessen entschieden werden. Damit diese Entscheidung nicht so alleine dasteht, werden meist irgendwelche Geschichten oder Begründungen hinzugefügt. Die Kirchen verfahren hier so wie die meisten anderen mit Macht ausgestatteten Institutionen. Sofern sie sich tatsächlich auf empirische Ereignisse berufen ist daran aber nichts Religiöses. Erst wenn es sich um nicht-überprüfbare, transzendente Begründungen handelt, kommt das eigentlich Religiöse ins Spiel.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315311)
Das bedeutet, dass Deine These falsch ist, es handele sich um Kunst oder ein sonstwie von der Wirklichkeit unabhängiges Konstrukt. Der Vatikan sagt genau das Gegenteil.

Könntest Du mir die Frage beantworten, ob Du mir zustimmst, dass Deine These zumindest in Bezug auf die römisch-katholische Kirche nicht mehr haltbar ist?

Nein, darin stimme ich Dir nicht zu. Erstens sagte ich ja nicht, daß die Religion Kunst sei, sondern mit der Kunst eher verwandt als mit der Wissenschaft. Zweitens halte ich weder die Kunst noch die Religion für ein von der Wirklichkeit unabhängiges Konstrukt; im Gegenteil: Beide beschreiben Aspekte der Wirklichkeit.
(Ich vermute: Die Abgrenzung hat der Papst wohl als nötig empfunden, da zu dieser Zeit die Kunst nur noch als etwas rein Subjektives aufgefaßt wurde. Dagegen wollte er womöglich das Objektive der Religion hervorheben.)

Jörn 11.07.2017 20:29

Hallo Z., danke für die Klarstellung. Könntest Du bitte noch hinzufügen, ob es sich dabei um Deine persönliche Auffassung handelt, oder ob dies die offizielle Position einer größeren Kirche (etwa der römisch-katholischen oder evangelischen Kirche) ist?

Meine kirchlichen Quellen, die ich hier schon zahlreich angegeben habe, scheinen Deine Position nicht wiederzugeben. Für die rk-Kirche scheint es keine Trennung zwischen einer Art „Glaubenswelt“ und einer empirischen „Wissenschaftswelt“ zu geben, sondern es gibt nur eine einzige Welt und Wirklichkeit. Die Kirche legt größten Wert darauf, dass es nicht zwei abgeschlossene, berührungslose Blasen sind; und dass die Wirklichkeit (also das, was sich vor unseren Augen abspielt) sichtbar und messbar beeinflusst wird vom göttlichen Wirken. Beide sind verzahnt und interagieren miteinander, d.h. sie beeinflussen sich.

Ohne diese gegenseitige Beeinflussung funktioniert das Konzept der Sünde nicht. Was die Menschen tun, beeinflusst das Urteil Gottes. Und das Urteil Gottes hat Konsequenzen für den Menschen. Auch das Beten basiert darauf. Ich habe noch zwei weitere Beispiele, die den Vorzug haben, dass sie die offizielle Position des Vatikans wiedergeben.

Erstes Beispiel: Die Transsubstantiation. Hier werden Dinge aus der wirklichen Welt verändert, d.h. es wird die Brücke geschlagen zwischen einer „Glaubenswelt“ und einer „realen Welt“. Das beweist, dass beide Bereiche nicht getrennt und abgeschlossen sein können.
Beleg: Kath. Katechismus, 1376-1377:

„Transsubstantiation bedeutet die Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in die Substanz des Leibes Christi und der ganzen Substanz des Weines in die Substanz seines Blutes. Diese Verwandlung vollzieht sich im eucharistischen Gebet durch die Wirkkraft des Wortes Christi und das Handeln des Heiligen Geistes. Die sinnlich wahrnehmbaren Merkmale des Brotes und des Weines, also die „eucharistischen Gestalten“, bleiben jedoch unverändert.“
Es wird ausdrücklich betont, dass gewirkt und gehandelt wird, und zwar im Hier und Jetzt, und nicht nur als literarische, künstlerische Idee.

Zweites Beispiel: Die kath. Kirche sagt, dass göttliches Wirken sichtbar gemacht werden kann, und zwar durch die Handlungen der Kirche selbst. (Beispielsweise wäre der Katechismus von Gott geschenkt worden, und die Kirche hätte es sichtbar gemacht.) Auch hier wird betont, dass die Religion keine abgeschlossene Blase ist, sondern Gottes Arm erreicht die Welt und wird in ihr wirksam. (Quelle: Katechismus, 770-773)

Ich finde beim besten Willen keine kirchlichen Quellen für eine Trennung in einen religiösen und einen nicht-religiösen Bereich.

Zarathustra 11.07.2017 23:39

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315541)
Vertrauen worauf? Ich meine, das Vertrauen bezieht sich auf die Richtigkeit der Glaubensinhalte.

Vertrauen in die Glaubensinhalte. Deren Wahrheit, sofern davon die Rede, ist vorausgesetzt, wird nicht überprüft, ihr Gegenteil nicht in Erwägung gezogen. Sie kann daher nicht empirisch und von der Form des Für-wahr-Haltens sein, bei dem auch die mögliche Falschheit in Betracht kommen muß.


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315541)
An Marias Himmelfahrt zu glauben bedeutet, darauf zu vertrauen, dass dieser Vorgang stattgefunden hat (und nicht etwa das Gegenteil der Fall ist).

Marias Himmelfahrt hat, wenn überhaupt, einen bestimmten Sinn im System der christl. Lehre. Den Vorgang irgendwie empirisch prüfen zu wollen, halte ich für völlig absurd.


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315541)
Gibt es ein Beispiel dafür, dass jemand etwas glaubt, ohne es für wahr zu halten oder zu vermuten?
:Blumen:

Ich messe die Länge eines Tisches und vertraue dabei auf das Maßeinheitensystem meines Meterstabes, ohne jemals darüber nachzudenken, ob es das wahre Maßeinheitensystem ist oder Vermutungen darüber anzustellen.

Ich vertraue auf mein Gedächtnis.

Ich vertraue auf das Zahlensystem und darauf, daß ich zählen kann.

uvm.

Zarathustra 12.07.2017 00:14

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315319)
Unsere heutige Kultur existiert (Sein), weil sie erfolgreiche Strategien im Umgang miteinander (Sollen) hervorbrachte.


A: Ich hätte gerne das Auto von meinem Nachbarn. Darum werde ich ihn erschlagen und es mir nehmen.

B: Das darfst Du nicht tun!

A: Warum nicht?

B: Weil unsere heutige Kultur im Laufe der Evolution erfolgreiche Strategien im Umgang miteinander hervorbrachte, die es nicht erlauben, daß Du ein solches Vorhaben in die Tat umsetzt.

A: Ach so...

MattF 12.07.2017 00:16

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315607)


Ich messe die Länge eines Tisches und vertraue dabei auf das Maßeinheitensystem meines Meterstabes, ohne jemals darüber nachzudenken, ob es das wahre Maßeinheitensystem ist oder Vermutungen darüber anzustellen.

Ich denke da jedes Jahr drüber nach, wenn ich meine Studenten erkläre was Messen ist.

Und als Ingenieur sollte man da drüber nachdenken und nicht einfach irgendwas Messen nur weil es "so ist".

"Wer misst misst Misst."

Das kommt dabei raus, wenn man von obigem ausgeht.

Komplett weltfremd. Wenn Wissenschaftler oder Ingenieure so vorgingen gäbe es die komplette moderne Technik nicht.

Jörn 12.07.2017 00:37

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315607)
Marias Himmelfahrt hat, wenn überhaupt, einen bestimmten Sinn im System der christl. Lehre. Den Vorgang irgendwie empirisch prüfen zu wollen, halte ich für völlig absurd.


Wie ist die Reihenfolge? Wenn ich Dich richtig verstehe, sagst Du, dass ein Sinn vorhanden ist; diesem Sinn folgt eine bildhafte/literarische Ausschmückung. Zuerst war der Sinn vorhanden, und dieser Sinn erzeugt das Bild.

Wie sicher kannst Du sein, dass Du die Reihenfolge nicht umgedreht hast, damit es zu Deiner Schlussfolgerung passt? Nehmen wir als Beispiel die Kreuzigung von Jesus, da sich deren literarische Herkunft einfacher/kürzer beschreiben lässt.

Erst durch die Kreuzigung ergab sich die Notwendigkeit, dieser einen Sinn zu geben, der vorher nicht vorhanden war. Dieser Sinn würde seine Berechtigung verlieren, wenn sich herausstellte, dass die Kreuzigung nicht existierte.

Genau so schied sich das Christentum vom Judentum, und zwar durch die Paulus-Briefe. Vorausgesetzt wurde ein empirisches Ereignis, nämlich die Kreuzigung von Jesus Christus. Verblüffenderweise trafen Jesus Prophezeiungen nicht ein, denn er starb einen für die damaligen Juden schändlichen Tod, und das war‘s. Am Anfang stand nur dieses (angebliche) Faktum. Denn Sinn gab es nicht.

Paulus suchte dann nach einem plausiblen Grund und konstruierte die Theorie, Jesus wäre für die Sünden der Menschen gestorben. Zuvor hatte nie jemand etwas von einer derart absurden Idee gehört – weswegen die Juden auch bis heute nicht daran glauben. In keiner der damaligen Schriften und Prophezeiungen stand so etwas geschrieben. Im Gegenteil, bei Moses hieß es noch: „Verflucht ist, wer am Holze hängt!“.

Hier kann man also einwandfrei feststellen (und bei Paulus nachlesen), dass zuerst ein empirischer Fakt vorhanden war; erst danach strickte man die Theorie. Wäre der empirische Fakt anders ausgefallen, wäre auch die Theorie anders ausgefallen.

Ebenso bei Augustinus, dem wir die krude Sexuallehre und die Erbsündenlehre der kath. Kirche verdanken. Maria wird in der Bibel so gut wie nicht erwähnt, die Jungfernschaft ist dreien der vier Evangelien nicht bekannt, und im vierten ist es nur eine Randbemerkung, die aufgrund der Übersetzung unklar ist. Es spielt keine Rolle.

Jedoch nahm Augustinus an, es wäre ein Fakt und es spielte eine Rolle. Deswegen strickte er um diese angebliche Tatsache eine Lehre, die ihr einen Sinn gab. Hätten die Lektoren der Bibel andere Bücher in den Kanon aufgenommen, in denen Maria einfach die Mutter von Jesus und seinen Geschwistern war (so wie es in drei von vier Evangelien und den Paulus-Briefen steht), wäre die gesamte Lehre der christlichen Kirchen anders. Das zeigt, dass empirische Fakten an entscheidenen Stellen die Ursachen waren für nachfolgend aufgestellte Theorien.

Zarathustra 12.07.2017 00:46

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315556)
Hallo Z., danke für die Klarstellung. Könntest Du bitte noch hinzufügen, ob es sich dabei um Deine persönliche Auffassung handelt, oder ob dies die offizielle Position einer größeren Kirche (etwa der römisch-katholischen oder evangelischen Kirche) ist?

Hallo Jörn, zu meiner Auffassung bin ich durch langjähriges Studium meist philosophischer Texte und eigenes Nachdenken gelangt. Um die offiziellen Positionen der Kirchen habe ich mich dabei nicht gekümmert. Soweit sie mir aber bekannt sind, sehe ich keine größeren Widersprüche zu meiner Position, in der Frage, worum es bei der Religion geht.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315556)
Für die rk-Kirche scheint es keine Trennung zwischen einer Art „Glaubenswelt“ und einer empirischen „Wissenschaftswelt“ zu geben, sondern es gibt nur eine einzige Welt und Wirklichkeit.

Eine Trennung in verschiedene Welten habe ich auch nicht behauptet, sondern: Es gibt eine Wirklichkeit, die verschiedene Aspekte aufweist. Ein Aspekt dieser einen Wirklichkeit wird durch wissenschaftlich ermittelte Tatsachen beschrieben, ein anderer durch Kunst, wieder ein anderer durch Religion, usw.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315556)
Die Kirche legt größten Wert darauf, ... dass die Wirklichkeit (also das, was sich vor unseren Augen abspielt) sichtbar und messbar beeinflusst wird vom göttlichen Wirken.

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315556)

Erstes Beispiel:

„Transsubstantiation ... Die sinnlich wahrnehmbaren Merkmale ..., bleiben jedoch unverändert.“[/indent]
Es wird ausdrücklich betont, dass gewirkt und gehandelt wird, und zwar im Hier und Jetzt...

Vielleicht wird gehandelt und gewirkt im Hier und Jetzt, aber eben nicht sichtbar und meßbar, also nicht überprüfbar, nicht empirisch. Das Handeln und Wirken kann daher auch kein gewöhnliches sein.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315556)

Zweites Beispiel: Die kath. Kirche sagt, dass göttliches Wirken sichtbar gemacht werden kann, und zwar durch die Handlungen der Kirche selbst. ...
Ich finde beim besten Willen keine kirchlichen Quellen für eine Trennung in einen religiösen und einen nicht-religiösen Bereich.

Die Kirche nennt ihre Handlungen ein göttliches Wirken. Wir sehen nur die Handlungen der Kirche, ein göttliches Wirken selbst bleibt unsichtbar. Eine Wirklichkeit, zwei Aspekte.

MattF 12.07.2017 00:47

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315617)
Hier kann man also einwandfrei feststellen (und bei Paulus nachlesen), dass zuerst ein empirischer Fakt vorhanden war; erst danach strickte man die Theorie. Wäre der empirische Fakt anders ausgefallen, wäre auch die Theorie anders ausgefallen.

Gerade de Apostel zeigen ja, dass es in der Bibel nicht darum geht Wahrheiten zu verkünden die wären nämlich universell, sondern dass die Apostel gezielt auf ihre Zielgruppen eingehen und deren Erfahrungen, Gewohnheiten und Erwartungen aufgreifen, um sie vom Christentum zu überzeugen. Nichts anderes macht moderne Werbung und keiner käme wohl heute noch auf die Idee, Werbung als unabhängige und objektive Verbraucherinformation zu bezeichnen :Lachanfall:

Es geht darum möglichst viele Leute egal wie von einer Idee zu überzeugen.

Jörn 12.07.2017 01:09

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315618)
Eine Trennung in verschiedene Welten habe ich auch nicht behauptet, sondern: Es gibt eine Wirklichkeit, die verschiedene Aspekte aufweist. Ein Aspekt dieser einen Wirklichkeit wird durch wissenschaftlich ermittelte Tatsachen beschrieben, ein anderer durch Kunst, wieder ein anderer durch Religion, usw.

Selbst wenn es um unterschiedliche Aspekte der gleichen Sache geht, dürfen sie sich dennoch nicht widersprechen, zumindest nicht in der Existenz der Sache.

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315618)
Vielleicht wird gehandelt und gewirkt im Hier und Jetzt, aber eben nicht sichtbar und meßbar, also nicht überprüfbar, nicht empirisch. Das Handeln und Wirken kann daher auch kein gewöhnliches sein.

Deine Einteilung in „gewöhnlich und ungewöhnlich“ impliziert bereits das Ergebnis der Untersuchung, nämlich, ob überhaupt etwas „Ungewöhnliches“ existiert. Das gilt es aber erstmal nachzuweisen. Dass eine Sache nicht messbar ist, sagt nur, dass es nicht messbar ist. Man kann nicht einfach so behaupten, dass es daher „ungewöhnlich“ wäre.


Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315618)
Die Kirche nennt ihre Handlungen ein göttliches Wirken. Wir sehen nur die Handlungen der Kirche, ein göttliches Wirken selbst bleibt unsichtbar. Eine Wirklichkeit, zwei Aspekte.

Ist das womöglich eine nicht-falsifizierbare These? Wie willst Du herausfinden, ob ein (von mir aus Spaß erfundener) Aspekt überhaupt etwas mit der Wirklichkeit zu tun hat? Wenn es nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat, dann kann es auch kein Aspekt dieser Wirklichkeit sein. Deswegen muss zuerst bewiesen werden, dass es etwas mit der Wirklichkeit zu hat.

schnodo 12.07.2017 01:29

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1315615)
"Wer misst misst Misst."

Fast. :Lachen2:

Klugschnacker 12.07.2017 08:41

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315607)
Vertrauen in die Glaubensinhalte. Deren Wahrheit, sofern davon die Rede, ist vorausgesetzt, wird nicht überprüft, ihr Gegenteil nicht in Erwägung gezogen. Sie kann daher nicht empirisch und von der Form des Für-wahr-Haltens sein, bei dem auch die mögliche Falschheit in Betracht kommen muß.

War das nicht bisher Deine Definition von Aberglauben?

Klugschnacker 12.07.2017 12:16

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315613)
A: Ich hätte gerne das Auto von meinem Nachbarn. Darum werde ich ihn erschlagen und es mir nehmen.

B: Das darfst Du nicht tun!

A: Warum nicht?

B: Weil unsere heutige Kultur im Laufe der Evolution erfolgreiche Strategien im Umgang miteinander hervorbrachte, die es nicht erlauben, daß Du ein solches Vorhaben in die Tat umsetzt.

A: Ach so...

Stimmt genau! :Blumen:

Solche Normen (nicht stehlen, nicht töten etc.) entwickeln sich von selbst. Darum finden wir sie in allen Kulturen, in Manhattan genauso wie im Dschungel des Amazonas. Aus dem gleichen Grund, warum auch im Tierreich kooperative Verhaltensweisen existieren, existieren sie beim Menschen. Weil eine bestimmte Balance von Kooperation und Aggression für eine Gesellschaft erfolgreicher ist als ein abweichendes Verhalten.

Hume und seine Zeitgenossen konnten nicht wissen, woher komplexe Verhaltensweisen und Normen, etwa im Umgang miteinander, kommen. Sie hielten das alles für eine Erfindung der Menschen. Wir sind heute klüger und können daher erkennen, dass Humes Feststellung nur in eng umgrenzten Fällen gilt, nicht aber allgemein gültig ist. Ich erwähne es bloß, weil es einem häufig wie ein allgemein gültiges Naturgesetz vorgehalten wird – was es nicht ist.

"Sind Einhörner innen hohl?" Jeder erkennt sofort, dass sich eine Antwort darauf erübrigt, da die Frage eine falsche Voraussetzung enthält, nämlich die Existenz von Einhörnern. Jede Antwort darauf ist Nonsense. "Die Materie/Evolution kann keine Verhaltensnormen hervorbringen – woher kommen sie dann?" Das ist ebenso eine Frage mit einer nicht zutreffenden Voraussetzung im ersten Halbsatz. Deshalb sind auch die Antworten auf die Frage falsch.

Jörn 12.07.2017 17:54

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315607)
Vertrauen in die Glaubensinhalte. Deren Wahrheit, sofern davon die Rede, ist vorausgesetzt, wird nicht überprüft, ihr Gegenteil nicht in Erwägung gezogen. Sie kann daher nicht empirisch und von der Form des Für-wahr-Haltens sein, bei dem auch die mögliche Falschheit in Betracht kommen muß.

Dazu zwei Anmerkungen:

1. Du schreibst, es ginge rein um Vertrauen.

Warum gibt es dann die Bibel? Warum die vielen (angeblichen) Zeugenaussagen? Warum die Wunder? Diese Erzählungen wurden ja nur deswegen konstruiert, weil die Adressaten eben nicht vertrauen wollten, sondern weil diese nach Beweisen fragten. Würden die Gläubigen einfach nur glauben, dann hätten wir nicht ganze Bibliotheken von christlicher „Fachliteratur“, die Begründungen sind für ganz bestimmte Behauptungen. Wenn man einfach nur glauben würde, bräuchte es keine Begründungen. In den christlichen Bibliotheken finden wir aber nichts anderes als Begründungen.


2. Du schreibst, die Falschheit wird nicht in Erwägung gezogen.

Um einen Glauben für wahr zu halten, muss es einen konkreten Inhalt geben. Dieser Inhalt muss sich von anderen Inhalten abgrenzen. Man muss also in der Lage zu sein, zu sagen: „Dieser Inhalt gehört dazu, und dieser nicht“. Der Glaube kommt also nicht ohne eine Abwägung von Falsch und Richtig aus.

Das lässt sich übrigens an den vielen religiösen Konflikten demonstrieren, die auf den Konzilien ausgefochten wurden, und die keineswegs zu einer Einigung führten, sondern die dauernd weitere Aufspaltungen der Kirche zur Folge hatten. Hier in Deutschland kennt man vor allem den katholischen und den evangelischen Zweig, aber tatsächlich gibt es noch zahlreiche weitere Abspaltungen.

Martin Luther hatte eine sehr konkrete Vorstellung davon, was der „richtige“ Glaube sei und was „falsch“ wäre. Man kann also nicht behaupten, im Glauben würde die eventuelle Falschheit nicht in Erwägung gezogen.

schnodo 13.07.2017 07:52

Damit das Thema künstliche Intelligenz nicht ganz austrocknet, ein Hinweis auf ein Buch, das vom einem prominenten, frühen Opfer des technologischen Fortschritts geschrieben wurde. ;)
Zitat:

Wenn wir das Gefühl haben, von unserer eigenen Technologie überholt zu werden, dann ist der Grund dafür, dass wir uns nicht genügend anstrengen und bei unseren Zielen und Träumen nicht ambitioniert genug sind. Statt uns Sorgen darüber zu machen, was Maschinen tun könnten, sollten wir uns dafür interessieren, was sie immer noch nicht können.

Zarathustra 15.07.2017 01:12

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315621)
Selbst wenn es um unterschiedliche Aspekte der gleichen Sache geht, dürfen sie sich dennoch nicht widersprechen, zumindest nicht in der Existenz der Sache.

Vergleiche ein Gemälde und eine Photographie, die beide diesselbe Sache abbilden. Auf dem Gemälde können sich ohne weiteres Farbpunkte von einer bestimmten Farbe befinden, die an der entsprechenden Stelle auf der Photographie nicht existieren.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315621)
Deine Einteilung in „gewöhnlich und ungewöhnlich“ impliziert bereits das Ergebnis ...

Ich hätte auch schreiben können: Es kann kein Handeln im eigentlichen Sinne sein. Das bedeutet auch nicht die Existenz eines uneigentlichen Handelns.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315621)
Ist das womöglich eine nicht-falsifizierbare These?

Natürlich ist das nicht falsifizierbar. Eine These ist es ja auch nicht.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315621)
Wie willst Du herausfinden, ob ein (von mir aus Spaß erfundener) Aspekt überhaupt etwas mit der Wirklichkeit zu tun hat?

Die Frage ist schlecht gestellt. Ich muß gar nichts herausfinden, sondern mir nur bewußt machen: daß ich die Welt jeweils durch eine Brille (oder mehrere) betrachte, z.B. eine wissenschaftliche oder eine religiöse. Solltest Du eine andere erfinden und damit für Dich gute Ergebnisse erzielen, ist es genug Verbindung mit der Wirklichkeit.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315843)
Wenn man einfach nur glauben würde, bräuchte es keine Begründungen.

Das stimmt. Aber auch wenn vieles von dem von Dir Genannten in der Form einer Begründung auftreten mag, kann dies nicht seine Funktion sein, denn diese kann es gar nicht erfüllen. Wenn etwas außer der persönlichen religiösen Erfahrung wirklich als Begründung gebraucht oder verstanden wird, liegt m.E. ein Irrtum vor.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315843)
Man muss also in der Lage zu sein, zu sagen: „Dieser Inhalt gehört dazu, und dieser nicht“. Der Glaube kommt also nicht ohne eine Abwägung von Falsch und Richtig aus.

Ja, der zugehörige Inhalt ist richtig, der andere falsch. Die Abwägung darüber stellt aber anders als etwa in der Wissenschaft einen Sonderfall dar und findet im normalen Modus des Glaubens nicht oder sehr selten statt. Auch nicht alle Tage werden neue Kirchen gegründet.

Zarathustra 15.07.2017 01:19

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315655)
War das nicht bisher Deine Definition von Aberglauben?

Nein, dazu fehlt z. B. das Merkmal der gedachten, hinzukommenden Wirksamkeit.


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315746)
Stimmt genau! :Blumen:

Ich fürchte A wäre nicht überzeugt und würde sich zu Recht von seinem Vorhaben so nicht abbringen lassen. Eine Norm muß einen Handlungsgrund liefern, sonst ist es keine. Regelmäßigkeiten im Verhalten liefern aber nicht automatisch Handlungsgründe, darum sind sie etwas Anderes als Normen.
Selbst wenn man Deiner Erklärung auch für die Entstehung von Normen zustimmen würde, wäre die Bedingung nicht erfüllt, denn eine Entstehungsgeschichte liefert auch keine Handlungsgründe; die Erklärung der Entstehung ist nicht die Erklärung der Geltung.

Jörn 15.07.2017 02:12

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1316465)
(...)

Hallo Z., was Du skizzierst, hat mit dem Christentum nichts zu tun.

Die christlichen Kirchen (vor allem die römisch-katholische Kirche) stehen auf dem exakt gegenteiligen Standpunkt und drücken das auch unmissverständlich aus. Die christlichen Kirchen sagen, dass Glaube und Wirklichkeit nicht getrennt sind.

Belege dafür habe ich genannt, etwa den Katechismus, dazu diverse Schriften von Päpsten, außerdem Zitate aus der Bibel. Du hast keinerlei Belege aus dem kirchlichen Umfeld genannt (und auch sonst keine).

Du setzt in Deiner Argumentation eine Religion voraus, die nicht existiert. Ansonsten nenne bitte den Namen der Religion und Links zu offiziellen Schriften dieser Religion, die Deinen Standpunkt wiedergeben.

Zarathustra 15.07.2017 11:17

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1316468)
Hallo Z., was Du skizzierst, hat mit dem Christentum nichts zu tun.

Hallo Jörn, ähnlich denke ich über Deine Darstellung des Christentums.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1316468)
Die christlichen Kirchen sagen, dass Glaube und Wirklichkeit nicht getrennt sind.

Eine Trennung habe ich auch nicht behauptet.

Klugschnacker 15.07.2017 18:56

Jörn bat Dich um Belege, Zarathustra. Kannst Du welche liefern? Im Moment scheint es tatsächlich so, als verteidigtest Du Deine Privatreligion, nicht jedoch das Christentum der großen Kirchen. (Was ich nicht kritisiere, es ist ja Dein gutes Recht; jeder kann glauben, was er will.)

:Blumen:

merz 15.07.2017 23:20

kann es sein daß das dies letztlich außereinander ging bei dem Zitat aus dem 19. Jhd. daß alle Aussagen der Bibel als normale, realistisch wahrheitsfähige Tatsachenaussagen zu verstehen sind?

vielleicht geht es da zu einem "agree to disagree"?

m.
P.S.: ich fände es auch spannend, daß nochmal zu betrachten

keko# 16.07.2017 12:13

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1316562)
Jörn bat Dich um Belege, Zarathustra. Kannst Du welche liefern? Im Moment scheint es tatsächlich so, als verteidigtest Du Deine Privatreligion, nicht jedoch das Christentum der großen Kirchen. (Was ich nicht kritisiere, es ist ja Dein gutes Recht; jeder kann glauben, was er will.)

:Blumen:

Hi Klugschnacker, du akzeptierst eine Privatreligion wohl, aber zerrst sie dann doch immer wieder auf die Schlachtbank der Beschaffenheit der natürlichen Welt, willst Beweise und Wahrheiten. Das ist absolut legitm! Für mich aber langweilig und immergleich, da ich gerade gedankliche "Spinnereien" und die Möglichkleiten, was eine Religion aus Menschen machen kann (im positiven Sinne), sehr interessant finde. In meinen Augen würgst du damit eine weitere Diskussion ab, z.B. darüber wie Religionen in Zukunft aussehen könnten.

Zarathustra 16.07.2017 13:50

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1316562)
Jörn bat Dich um Belege, Zarathustra. Kannst Du welche liefern? Im Moment scheint es tatsächlich so, als verteidigtest Du Deine Privatreligion...

:Blumen:


Zunächst muß ich (erneut) dieses Mißverständnis ausräumen: Ich verteidige gar nichts, erst recht nicht eine Privatreligion. Ich versuche allgemeine Fragen wie etwa Was ist Religion? Was ist Glaube? zu erörtern.

Nun zur Frage, ob und inwiefern meine allgemeinen Ausführungen auf das Christentum zutreffen: Dagegen sprechen soll angeblich vor allem dessen Wahrheitsanspruch. Worin überhaupt dieser denn genau besteht, habe ich schon vor vielen Seiten vorgeschlagen zu prüfen, worauf nicht eingegangen und stattdessen auf die Hexendiskussion umgeschwenkt wurde. Die Prüfung ist allerdings nicht damit getan kreuz und quer einzelne Sätze mal für dieses mal für jenes als Belege heranzuziehen. Wer aber z.B. mal ein Buch von Augustinus liest, kann eigentlich nicht mehr auf die Idee kommen, sein für das Christentum behaupteter Wahrheitsanspruch sei auf empirische Tatsachen gegründet. Anfangen könnte man mit der Schrift „De vera religione“ und dabei auf seine Unterscheidung zwischen „fides historica et temporalis“ und „fides spiritualis et aeterna“ achten. Oder man könnte über die verschiedenen Weisen des Glaubens lesen in De trinitate, Buch VIII.

Klugschnacker 16.07.2017 15:05

Zarathustra, ich mag mich irren, aber mir scheint, Du lieferst hier erneut keine Belege, sondern nur Deine persönliche Einschätzung. Dazu der Hinweis, über den Wahrheitsanspruch der Kirchen könnten wir bei Augustinus nachlesen.

Die meisten von uns werden wohl die Auffassung vertreten, die Kirchen beziehen sich auf das Leben und Wirken von Jesus als historische Tatsache. So heißt es beispielsweise im "Glaubensbekenntnis":
Ich glaube an Gott, den Vater,
den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel; …
Der Hinweis auf Pontius Pilatus macht klar, dass es sich um ein historisches Ereignis handelt, nicht um einen Mythos. Ort, Datum und politische Verhältnisse sind hier eindeutig als Tatsachen angesprochen.

Ich finde es interessant, dass Du das bestreitest, indem Du auf den speziellen Wahrheitsbegriff der Kirchen verweist. Es ist aber schwer, Deinen Andeutungen diesbezüglich zu folgen. Ein alternativer Wahrheitsbegriff ist ja kein Pappenstiel, den man einfach so hin nimmt.
:Blumen:

Klugschnacker 16.07.2017 15:16

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1316656)
Hi Klugschnacker, du akzeptierst eine Privatreligion wohl, aber zerrst sie dann doch immer wieder auf die Schlachtbank der Beschaffenheit der natürlichen Welt, willst Beweise und Wahrheiten. Das ist absolut legitm! Für mich aber langweilig und immergleich, da ich gerade gedankliche "Spinnereien" und die Möglichkleiten, was eine Religion aus Menschen machen kann (im positiven Sinne), sehr interessant finde. In meinen Augen würgst du damit eine weitere Diskussion ab, z.B. darüber wie Religionen in Zukunft aussehen könnten.

Von mir aus können wir gerne über die Religionen der Zukunft sprechen.

Das Christentum der Gegenwart entstand aus dem Christentum der Vergangenheit. Die Veränderungen, die sich dabei vollzogen, sind in erster Linie von den Erkenntnissen aus Wissenschaft und Philosophie verursacht. Der Gebrauch unserer Vernunft ließ den Glauben entstehen, den Du heute verteidigst. Ebendiese Vernunft können wir nicht einfach abschalten. Daher wird auch der Glaube der Zukunft von der Vernunft beeinflusst sein.

Wenn Du sagst, das sei aber langweilig, kann ich mich aus diesem Teil der Debatte um des Unterhaltungswertes willen gerne heraushalten. Also, Feuer frei!
:Blumen:

Jörn 17.07.2017 18:53

Ich finde das Thema einer „Zukunftsreligion“ ebenfalls interessant und würde gerne mehr dazu lesen. Drei Fragen stellen sich mir spontan:

1. Was ist, wenn es zwei dieser Zukunfts-Religionen gibt, die sich widersprechen? Wie würde dieser Konflikt gelöst? Mit welchen Kriterien?

2. Wäre es zu erwarten, dass sich bestimmte Kern-Elemente mit der Zeit genau so entwickeln, wie in den antiken Religionen? (Blinder Glaube, Dogmatismus, Hierarchien, Streit um Auslegung, Ketzerei, Überhöhung bestimmter Personen zu Lasten anderer, usw.)

3. Auch eine Zukunfts-Religion wird irgendwann eine alte Religion sein. Für wahr gehaltene Inhalte werden widerlegt sein. Wäre die Religion davon abgekoppelt? Oder wäre sie nur ein kleines Schlauchboot an der Leine des Wissenschafts-Dampfers?

Zarathustra 17.07.2017 22:26

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1316706)
Du lieferst hier erneut keine Belege, sondern nur Deine persönliche Einschätzung. Dazu der Hinweis, über den Wahrheitsanspruch der Kirchen könnten wir bei Augustinus nachlesen.

Aus den zahlreichen Texten des Augustinus, von denen ich zwei nannte, kann wer sich dafür interessiert dessen Auffassungen darüber, was Religion, Glaube, Wahrheit, Wirklichkeit usw. seien, entnehmen. Was daran soll denn meine persönliche Einschätzung sein?


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1316706)
Die meisten von uns werden wohl die Auffassung vertreten, die Kirchen beziehen sich auf das Leben und Wirken von Jesus als historische Tatsache.

Ich dachte, es solle um die Auffassung der Kirche selbst gehen, nicht um persönliche Auffassungen.


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1316706)
... handelt, nicht um einen Mythos.

Das habe ich jedenfalls nicht behauptet.


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1316706)
Ein alternativer Wahrheitsbegriff ist ja kein Pappenstiel, den man einfach so hin nimmt.
:Blumen:

Das stimmt. In diesem Zusammenhang beklagte auch Ratzinger ständig die neuzeitliche Verkürzung des Vernunftbegriffs als Wurzel der Krise der gegenwärtigen Kultur und fordert eine Erweiterung desselben durch eine Anknüpfung an den der antiken und mittelalterlichen Philosophie. Man sollte das Ausmaß dieser Forderung auf keinen Fall zu gering einschätzen.

merz 17.07.2017 22:53

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1317087)
In diesem Zusammenhang beklagte auch Ratzinger ständig die neuzeitliche Verkürzung des Vernunftbegriffs als Wurzel der Krise der gegenwärtigen Kultur und fordert eine Erweiterung desselben durch eine Anknüpfung an den der antiken und mittelalterlichen Philosophie. Man sollte das Ausmaß dieser Forderung auf keinen Fall zu gering einschätzen.


Jetzt sind wird aber im 21. Jahrhundert, also Karten auf dem Tisch: Wieviele Wahrheiten und ihre "je unterschiedlichen" Quellen gibt es?
Wie weit reicht der entgrenzte Vernunftbegriff?
Müssen wir hinter Kant zurück :)?

m.

P.S.: Vielleicht sieht man dann auch die "Krise der gegenwärtigen Kultur", ich bin da irgendwie verblendet, wenn ich uns mit MA und Antike vergleiche.

Klugschnacker 17.07.2017 23:27

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1317087)
Aus den zahlreichen Texten des Augustinus, von denen ich zwei nannte, kann wer sich dafür interessiert dessen Auffassungen darüber, was Religion, Glaube, Wahrheit, Wirklichkeit usw. seien, entnehmen. Was daran soll denn meine persönliche Einschätzung sein?

Es ist insofern Deine persönliche Einschätzung, als dass Du Dich auf die Ansichten von Augustinus berufst. Unter den zahlreichen Meinungen über den Wahrheitsbegriff wählst Du die von Augustinus als maßgeblich aus. Die Meinungen anderer Denker haben für Dich weniger Gewicht.

Diese Gewichtung zugunsten von Augustinus ist Deine ganz persönliche Präferenz. Sie wird in der historisch-kritischen Bibelforschung nicht geteilt.

Augustinus sagte, dem Glauben gehe die rationale Prüfung der Glaubwürdigkeit voraus. Er war explizit der Meinung, dass niemand an etwas glauben werde, wenn er nicht zuvor eingesehen habe, dass es glaubwürdig ist (De praedestinatione sanctorum 2, 5).

Der Glaubensbegriff des Augustinus ist damit an die sinnlich erfahrbare Welt geknüpft, die einer rationalen Überprüfung zugänglich ist. Er verwendet keinen alternativen Wahrheitsbegriff, der es erlauben wurde, Fakten zu ignorieren.

(Freilich ignoriert er selbst fortwährend die Fakten. Denn er setzt die Existenz des christlichen Gottes und die Wahrheit der biblischen Texte stets einfach voraus. Sie sind nicht das Ergebnis seiner Überlegungen, sondern ihr Startpunkt. Die Fakten biegt er sich entsprechend zurecht.

Beispiel: In der Bibel werden zahlreiche Geschichten mehrfach erzählt. Seltsamerweise mit einander widersprechenden Fakten. Wie kann das sein, wenn Gott der Urheber dieser Texte sei? Augustinus zimmerte sich das zurecht, indem er Fakten verbog.)

Zarathustra 17.07.2017 23:48

Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1317094)
Wieviele Wahrheiten und ihre "je unterschiedlichen" Quellen gibt es?

Das läßt sich, fürchte ich, auch im 21. Jahrhundert nicht mit wenigen Worten beantworten. Es ging ja aber nicht um meine persönlichen, sondern um die Ansichten der Kirche.


Zitat:

Zitat von merz (Beitrag 1317094)
Wie weit reicht der entgrenzte Vernunftbegriff?
Müssen wir hinter Kant zurück :)?


Er ist nicht entgrenzt, sondern erweitert und reicht nach Ratzingers Auffassung soweit, daß er den Glauben an den christl. Gott miteinschließt, wozu wir natürlich weit hinter Kant zurück müßten.

Zarathustra 18.07.2017 00:37

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1317099)
Unter den zahlreichen Meinungen über den Wahrheitsbegriff wählst Du die von Augustinus als maßgeblich aus. Die Meinungen anderer Denker haben für Dich weniger Gewicht.

Diese Gewichtung zugunsten von Augustinus ist Deine ganz persönliche Präferenz.

Ich wurde nach einem maßgeblichen Vertreter der Kirche gefragt. Der letzte Papst berief sich ausdrücklich auf Augustinus und dessen Ansichten. Mit meinen Präferenzen hat das nichts zu tun.


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1317099)
Augustinus sagte, dem Glauben gehe die rationale Prüfung der Glaubwürdigkeit voraus. Er war explizit der Meinung, dass niemand an etwas glauben werde, wenn er nicht zuvor eingesehen habe, dass es glaubwürdig ist (De praedestinatione sanctorum 2, 5).

Der Glaubensbegriff des Augustinus ist damit an die sinnlich erfahrbare Welt geknüpft, die einer rationalen Überprüfung zugänglich ist.

Erstens folgt aus der Forderung nach einer rationalen Prüfung keine Verknüpfung mit dem sinnlich Erfahrbaren. Zweitens ist selbst wenn eine solche Verknüpfung zugestanden wird noch nicht geklärt, welche Wichtigkeit im Vergleich zu Anderem es für den Glauben haben soll. (Ich fürchte, mit solch grob fahrlässigen Interpretationsversuchen kommen wir bei Augustinus nicht weit.)


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1317099)
Er verwendet keinen alternativen Wahrheitsbegriff, der es erlauben wurde, Fakten zu ignorieren.

Das hat so auch keiner behauptet.

Jörn 18.07.2017 01:07

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1317103)
Ich wurde nach einem maßgeblichen Vertreter der Kirche gefragt.

Du wurdest gefragt, ob die Kirche offiziell den Standpunkt vertritt, dass man die Bibel und ihre Lehren nicht nach empirischen Maßstäben beurteilen könnte, und dass die dort gemachten Schilderungen nicht empirisch/weltlich zu verstehen wären. Ferner, dass der Versuch nicht statthaft wäre, die Schilderungen der Bibel empirisch zu untersuchen.

Dazu hast Du keinen Beleg gebracht. Dein vage gehaltener Verweis auf Augustinus gibt das nicht her, und obendrein ist es für die Frage nicht relevant, was irgendwer im Jahre 400 geschrieben hat. Entscheidend ist die aktuelle Lehrmeinung.

Das vage Zitat von Papst Benedikt steht dazu in keinem Zusammenhang; er meinte genau das Gegenteil von dem, was Du suggerierst. Er meint, dass die Lehre der Kirche wieder verbindlich sein müsste für das Hier und Jetzt, und dass man diese Lehren nicht abschwächen oder auf eine rein philosophische Ebene abschieben dürfe. Er besteht auf der wörtlichen und konkret gelebten Folgsamkeit im Alltag, also auf die Wirksamkeit des Glaubens im alltäglichen Leben.

qbz 18.07.2017 06:21

Amtswillkür eines Familienrichters: Scheidung vor Amtsgericht nur ohne Kopftuch: Familienrichter macht Syrerin Kleidervorschriften, obwohl das Neutralitätsgebot hier nicht gilt. Das provoziert Empörung bis in höchste Kreise.


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 20:23 Uhr.

Powered by vBulletin Version 3.6.1 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2025, Jelsoft Enterprises Ltd.