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Jörn 08.07.2017 19:31

Hallo keko, würdest Du mir inhaltlich recht geben? Mein Argument bestand darin, dass ein Pfarrer sich an das Glaubensbekenntnis halten muss, und dass dieses in einer Gemeinde nicht mehr unproblematisch ist, weil es ein Schmarrn ist. Speziell bei tragischen Todesfällen will kaum noch jemand ein Gefasel vom gütigen Gott hören, weil es nicht glaubwürdig ist.

Ich kann Dir versichern, dass ich sofort von meiner Linie abweichen werde, sobald entsprechende Beweise es erfordern. Findest Du das vernünftig und angemessen?

Klugschnacker 08.07.2017 20:00

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1314745)
@Klugschnacker, das war nicht beleidigend/persönlich gedacht, sondern ist einfach nur meine Meinung, die ich meinem Alter entsprechend Jörn auch direkt und unaufgeregt "in echt" sagen würde, daher auch die smilies).

Es ist aber persönlich, da Du kein Argument beisteuerst. Stattdessen formulierst Du Unterstellungen.

Klugschnacker 08.07.2017 20:08

Zitat:

Zitat von Rälph (Beitrag 1314662)
Gestern wurde eine gute Freundin von mir viel zu jung beerdigt. Es war eine würdige und ergreifende Trauerfeier.
Von Seiten mancher Diskussionsteilnehmer wird in diesem Thread oft angeführt, dass kirchliche Vertreter behaupten Informationen über Gott zu besitzen, die sie "nicht haben und nicht haben können". Gestern habe ich das völlig anders war genommen und das nicht zum ersten Mal an der Basis der Kirche. Die Verzweiflung, der Schmerz und die unbeantworteten Fragen rieben auch den Pfarrer auf. An einer Stelle der Trauerrede sagte er:
"Ist A. nun wirklich bei dir in deinem Haus, Herr? Ich...weiß...es...nicht... Aber glauben möchte ich es."

Dieser Pfarrer ist ein Suchender nach Gott. Er hat nicht mit Floskel wie "Du hast A. zu dir gerufen..." abgespeist, sondern den Schmerz geteilt. Und er ist das genaue Gegenteil des Bildes, was hier gelegentlich erzeugt wird. Von der tatsächlichen Existenz Gottes einmal völlig unabhängig, war die christliche Gemeinschaft gestern, ganz konkret, etwas absolut Gutes.

Traurige Grüße

Ralf

Der frühe Tod Deiner guten Freundin tut mir leid!

Es ist gut, wenn Menschen in so einer Situation zusammenkommen möchten und einen Rahmen dafür finden. Wer hätte etwas dagegen?

Ich sehe das unabhängig von der Frage, ob die christlichen Glaubensinhalte wahr sind. Mir geht es allein um diesen Punkt: Ob das, was behauptet wird, wahr ist.

Zarathustra 08.07.2017 20:28

Das sogenannte Argument von Jörn besteht in einer leider für ihn typischen Interpretationsfehlleistung, hier in Bezug auf Worte des Pfarrers. Weder äußert dieser in dem zitierten Satz einen Zweifel an der Existenz irgendeines Hauses, noch behauptet er irgendetwas nicht zu glauben.

Jörn 08.07.2017 20:41

Einverstanden, Zarathustra. Dann glaubt er es. Das ist sein gutes Recht.

Rälph wandte sich jedoch gegen die Behauptung, die Pfarrer könnten überhaupt nicht wissen, was sie zu wissen vorgeben. Deswegen zitierte er einen Pfarrer, der sagt: Ich weiß es tatsächlich nicht, aber ich würd‘s gerne glauben. Das widerspricht einem Eid, den er geschworen hat.

Was mich vor allem interessiert: Durch welche Methode ist der Pfarrer an sein angebliches Wissen (oder seinen Glauben) gelangt?

Klugschnacker 08.07.2017 20:47

Zitat:

Zitat von Rälph (Beitrag 1314662)
An einer Stelle der Trauerrede sagte er:
"Ist A. nun wirklich bei dir in deinem Haus, Herr? Ich...weiß...es...nicht... Aber glauben möchte ich es."

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1314782)
Das sogenannte Argument von Jörn besteht in einer leider für ihn typischen Interpretationsfehlleistung, hier in Bezug auf Worte des Pfarrers. Weder äußert dieser in dem zitierten Satz einen Zweifel an der Existenz irgendeines Hauses, noch behauptet er irgendetwas nicht zu glauben.

:Lachen2:
Das wäre ja sehr tröstlich für die Trauergemeinde: Der Pfarrer zweifelt nicht an dem Haus Gottes, sondern daran, dass die Verstorbene es dorthin geschafft hat. Die sich anbietenden Alternativen (Fegefeuer, Hölle) sind ja nicht sehr tröstlich.

Mir scheint, man darf annehmen, dass er es anders gemeint hat.
:Blumen:

Zarathustra 08.07.2017 21:14

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314786)
Ich weiß es tatsächlich nicht, aber ich würd‘s gerne glauben. Das widerspricht einem Eid, den er geschworen hat.

Welchem Eid sollte das denn widersprechen?


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314786)
Was mich vor allem interessiert: Durch welche Methode ist der Pfarrer an sein angebliches Wissen (oder seinen Glauben) gelangt?

Glauben, nicht Wissen (zwei sehr unterschiedliche Dinge!). Methoden sollten bekannt sein: Erziehung, Gewöhnung, Studium, Reflektion, usw.

Rälph 08.07.2017 21:19

Sorry, wenn ich hier vorgelegt habe und nun den Faden nicht wieder aufnehme, aber mir ist es doch zu persönlich und ich habe außerdem keine Lust, die Passion einzelner hier durch den Tod einer Freundin zu nähren.

Ich bin wieder draußen.

Zarathustra 08.07.2017 21:37

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1314788)
Mir scheint, man darf annehmen, dass er es anders gemeint hat.
:Blumen:

Immerhin. Denn der Pfarrer bezweifelt in den genannten Sätzen überhaupt nichts, außer den Anspruch ein Mensch könne wissen, was den Göttern ist.

Vicky 08.07.2017 21:45

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1314798)
Denn der Pfarrer bezweifelt in den genannten Sätzen überhaupt nichts, außer den Anspruch ein Mensch könne wissen, was den Göttern ist.

Tschuldigung, wenn ick mich hier kurz einmische. Ich verstehe den Satz nicht. Wie meinen???

Jörn 08.07.2017 22:02

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1314798)
Immerhin. Denn der Pfarrer bezweifelt in den genannten Sätzen überhaupt nichts, außer den Anspruch ein Mensch könne wissen, was den Göttern ist.

Ach so. Ein Mensch kann also nicht wissen, „was den Göttern ist“. Wieso weiß ein* Pfarrer, dass wir nicht wissen können, was „den Göttern ist“?

Hat er dazu eine bestimmte Expertise? Oder eine fachgerechte Ausbildung? Hat er es schonmal an einigen Göttern getestet, und wie sah der Test aus? Welche Götter wurden für diesen Test verwendet? Kann man es auf alle Götter übertragen, oder gibt es Sonderfälle?

Woher stammt unser umfangreiches Wissen über Götter, wenn wir angeblich nichts wissen können?

*Aus Respekt vor Rälph verwende ich die Bezeichnung „ein Pfarrer“, um es allgemein zu halten und von seinem konkreten Fall wegzugehen.

Klugschnacker 09.07.2017 01:22

Zitat:

Zitat von Rälph (Beitrag 1314794)
Sorry, wenn ich hier vorgelegt habe und nun den Faden nicht wieder aufnehme, aber mir ist es doch zu persönlich und ich habe außerdem keine Lust, die Passion einzelner hier durch den Tod einer Freundin zu nähren.

Diese Formulierung ist etwas unfair, Rälph. Der bedauernswerte Tod Deiner Freundin ist für die Argumente von niemandem hier eine Nahrung. Es ging durch Deinen Impuls allein um die Haltung des Pfarrers, die Du zugunsten Deiner eigenen Argumentation eingebracht hast.
:Blumen:

Zarathustra 09.07.2017 02:28

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314803)
Wieso weiß ein* Pfarrer, dass wir nicht wissen können, was „den Göttern ist“?

Er sagte, er wisse es nicht. Ich interpretierte, er zweifle, daß ein Mensch es wissen könne. Niemand behauptete, er wisse, daß wir es nicht wissen könnten.



Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314803)
Woher stammt unser umfangreiches Wissen über Götter, wenn wir angeblich nichts wissen können?

Es ist ein Glauben, kein Wissen. Glauben ≠ Wissen.

Manchmal wird der Glaube zwar auch als ein Wissen (oder sogar als eine höhere Form des Wissens) bezeichnet, was aber nichts daran ändert, daß die Merkmale des Glaubens vorhanden sind und nicht solche, die man bei Wissen im herkömmlichen Sinne antreffen würde.

Zu den Ursachen des Glaubens wurden in der Diskussion hier ja schon verschiedene Meinungen vorgebracht.

Jörn 09.07.2017 04:21

Du weist mich darauf hin, dass Glaube nicht Wissen sei. Ich übersehe mal die Provokation und betrachte nur das Argument: Ist es zutreffend, wenn ein Kleriker sagt, es handele sich eben nicht um Wissen, sondern nur um Glauben? Darf er das überhaupt?

Folgendes sagt die Kirche über das Verhältnis von Glauben und Wissen:
  • Die Kirche sagt, dass die Offenbarung den menschlichen Verstand so erhellt, dass die Wahrheit "von allen ohne Schwierigkeit, mit sicherer Gewissheit und ohne Beimischung eines Irrtums erkannt werden" könne. (Katechismus der kath. Kirche, Kompendium, Nr. 37)

Das bedeutet, dass der Glaube zu einer völligen Gewissheit wird. Es ist also falsch, zu behaupten, die Kirche würde nicht von "Wissen" sprechen. Sie tut es ausdrücklich.

Auch die Bibel sei "ohne Irrtum" (Nr. 101, gleiches Dokument), und agnostische Aussagen (also eine unentschiedene Haltung) wäre verboten (Nr. 2138).

Wenn ein Pfarrer also nur glaubt, aber nicht weiß, und wenn er womöglich unentschlossen über die Existenz oder Großartigkeit von Gott ist, dann verstößt er gegen die Lehre der kath. Kirche.

Die Frage, die sich dem Pfarrer stellt, nämlich, was nach dem Tod geschieht, wird von der Kirche eindeutig, irrtumsfrei und mit völliger Gewissheit gelehrt.

Meine Frage, woher die Kirche das alles wissen will, und welche Methoden dabei angewandt wurden, ist berechtigt.

Klugschnacker 09.07.2017 08:40

Ich denke, was Rälph an der Trauerfeier gut fand, hat nichts mit Theologie zu tun, sondern eher mit dem solidarischen Zusammenkommen von Menschen, die gemeinsam trauern, und in der Zeremonie dafür einen gemeinsamen Rahmen hatten. Zumindest verstehe ich es so.

Verwirrend wird es erst an der Stelle, wo herausgestellt wird, dass der Pfarrer nicht die üblichen christlichen Floskeln bemühte, sondern seine ehrlichen Zweifel auszudrücken schien, die einen am Sinn des Todes eines jungen Menschen beschleichen. Rälph hält das genau jenen hier vor, die diese Zweifel mit dem Pfarrer teilen.

Daher dann der berechtigte Hinweis, dass die katholische Kirche eine andere Position vertritt, als ich es nach der kurzen Schilderung von dem Pfarrer annehmen darf.

Ich wünsche Euch allen einen schönen Sonntag! :Blumen:

Zarathustra 09.07.2017 12:26

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314823)
...

Das bedeutet, dass der Glaube zu einer völligen Gewissheit wird. Es ist also falsch, zu behaupten, die Kirche würde nicht von "Wissen" sprechen. Sie tut es ausdrücklich.
...

Gewißheit ist nicht gleichzusetzen mit Wissen. (vgl. L. Wittgenstein: Über Gewißheit)



Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314823)
...
Wenn ein Pfarrer also nur glaubt, aber nicht weiß, und wenn er womöglich unentschlossen über die Existenz oder Großartigkeit von Gott ist, dann verstößt er gegen die Lehre der kath. Kirche.

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1314822)
Manchmal wird der Glaube zwar auch als ein Wissen (oder sogar als eine höhere Form des Wissens) bezeichnet, was aber nichts daran ändert, daß die Merkmale des Glaubens vorhanden sind und nicht solche, die man bei Wissen im herkömmlichen Sinne antreffen würde.

Außerdem hat Glauben nichts mit Unentschlossenheit zu tun. Eher im Gegenteil.

Jörn 09.07.2017 13:45

Hallo Z., eine Debatte hat etwas damit zu tun, dass man versteht, was die Teilnehmer meinen, um sich dann inhaltlich damit zu beschäftigen. Offenbar verstehst Du nicht, was ich meine; stellst aber keine Fragen dazu, sodass ich es klarstellen könnte.

Ehrlich gesagt begreife ich nicht, worin Dein Beitrag in den letzten Postings bestehen soll. Es scheint mir eher so, als läge Dein Interesse darin, die Debatte auszubremsen. Es scheint mir auch so, als würden Missverständnisse absichtlich konstruiert.

Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Teilnehmer sich die Bücher von Wittgenstein durchlesen werden, um zu erfahren, ob ich das Wort „Gewissheit“ in seinem Sinne benutzt habe. Die meisten Teilnehmer werden vermutlich zufrieden damit sein, dass ich es im allgemein üblichen Sinne verwende und hoffen jetzt auf ein inhaltlich gutes Gegenargument. Ich glaube nicht, dass jemand Lust hat, sich über Wittgenstein zu streiten.

Was ist eigentlich Dein Punkt, inhaltlich?

:Blumen:

Zarathustra 09.07.2017 17:07

Hallo Jörn,

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314935)
... das Wort „Gewissheit“ ... Die meisten Teilnehmer werden vermutlich zufrieden damit sein, dass ich es im allgemein üblichen Sinne verwende ...

Genau das trifft eben nicht zu, wie man z. B. in dem genannten Buch nachlesen kann, sofern man sich dafür interessiert, aber freilich nicht muß.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314935)
... Ehrlich gesagt begreife ich nicht, worin Dein Beitrag in den letzten Postings bestehen soll.

Mein Beitrag bestand darin Fehler in Deiner Argumentation aufzuweisen.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314935)
... Es scheint mir auch so, als würden Missverständnisse absichtlich konstruiert.

Dasselbe möchte ich Dir bezüglich Deiner Interpretation religiöser Aussagen vorwerfen. Meine Absicht dagegen war lediglich auf sachgemäße Differenzierungen hinzuweisen, die Du gewollt oder ungewollt einfach übergehst.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314935)
Was ist eigentlich Dein Punkt, inhaltlich?

:Blumen:

An Inhaltlichem scheint mir ehrlich gesagt deinerseits kaum ein wirkliches Interesse vorhanden zu sein. Es überwiegt die Polemik und das genannte Konstruieren von Mißverständnissen. Darum beschränke ich mich auf das gelegentliche Aufweisen von Argumentationsfehlern.

Klugschnacker 09.07.2017 17:19

Wenn ich es richtig verstanden habe, unterscheiden wir nun zwischen

- Aberglaube
- Glaube
- Glaubensgewissheit
- Wissenschaftsgläubigkeit
- Gewissheit
- Wissen

Leider bin ich nicht in der Lage, über die jeweiligen Abgrenzungen Auskunft zu geben. Falls jemand dazu in der Lage ist – wäre es möglich, sie hier kurz zu notieren? Ich finde es ansonsten müßig, über diese ungeklärten Feinheiten zu diskutieren.

Beispiel: Eine Person sagt, sie glaube an die Existenz des Erzengels Gabriel. Ein anderer hingegen stellt klar, er habe nicht nur den Glauben, sondern die Glaubensgewissheit, dass er existiert. Ein Beobachter aus Indien hält beide Standpunkte für Aberglauben. Wie kann man die Begriffe gegen einander abgrenzen?

Klugschnacker 09.07.2017 17:25

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1314981)
Es überwiegt die Polemik und das genannte Konstruieren von Mißverständnissen.

Wo siehst Du denn Polemik, gibt es dafür ein Beispiel? Mir scheint, Dich ärgert, dass Jörn die Argumente der Kirchen und der Bibel nennt.

Ich habe nicht Deine philosophische Bildung, aber mir scheint, dass Du erhebliche Mühe hast, die Argumente der Nichtglaubenden zu entkräften.

(Ich lese Deine Argumentationen gerne, vor allem dort, wo Du rein philosophisch (logisch) argumentierst. Wo Deine Argumente eine religiöse Färbung bekommen, finde ich sie weniger überzeugend. Fast wirkt es, was gingen Dein Denken und Dein Glauben in verschiedene Richtungen).
:Blumen:

Vicky 09.07.2017 17:30

Was genau soll denn "Glaubensgewissheit" sein? Dem Wortlaut nach würde ich behaupten, dass jemand die Gewissheit daran hat, dass er glaubt. An was ist erst einmal egal.

Gewissheit... = man ist sich sicher über etwas. Mit "Wissen" hat das nichts zu tun. Glaubensgewissheit ist also etwas höchstpersönliches und sehr subjektiv. Aber eigentlich erscheint es mir, dass es nur ein Synonym ist.

Aber ich hatte ja eigentlich gestern schon nach dem Sinn des Satzes gefragt, den ich noch immer nicht verstehe...

Zitat:

Denn der Pfarrer bezweifelt in den genannten Sätzen überhaupt nichts, außer den Anspruch ein Mensch könne wissen, was den Göttern ist.
Was den Göttern WAS ist?

Ich glaube, dass man hier und da gern etwas in Inhalte hineininterpretieren möchte und die Bedeutungen dann ein klein wenig überdeeeeeehnt.

Na... ich bin gespannt...

Jörn 09.07.2017 18:05

Duden:

Glaubensgewissheit: Gewissheit im Glauben, das Freisein von Zweifeln in seiner religiösen Überzeugung.

Gewissheit: etwas, was für jemanden unanzweifelbar eintritt oder sich unanzweifelbar in bestimmter Weise verhält; unanzweifelbare Sache.

Ich bin daher gewiss, dass ich die Begriffe so verwendet habe, dass sie allgemein verstanden werden.

Vicky 09.07.2017 18:10

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314989)
Duden:

Glaubensgewissheit: Gewissheit im Glauben, das Freisein von Zweifeln in seiner religiösen Überzeugung.
.

Also ist man sich eigentlich nur sicher (ohne Zweifel) zu glauben. Das hat aber nichts mit Wissen zu tun.

Jörn 09.07.2017 18:16

Duden:

Wissen =

1. durch eigene Erfahrung oder Mitteilung von außen Kenntnis von etwas/jemandem haben, sodass zuverlässige Aussagen gemacht werden können

2. über jemanden, etwas unterrichtet sein; sich einer Sache in ihrer Bedeutung, Tragweite, Auswirkung bewusst sein

3. (gehoben) davon Kenntnis haben, sicher sein, dass sich jemand/etwas in einem bestimmten Zustand, an einem bestimmten Ort o. Ä. befindet, sich etwas in bestimmter Weise verhält.

Klugschnacker 09.07.2017 18:47

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314989)
Duden:

Glaubensgewissheit: Gewissheit im Glauben, das Freisein von Zweifeln in seiner religiösen Überzeugung.

Aha. Mir scheint, damit rückt die Glaubensgewissheit etwas näher an den Aberglauben. So ergäbe sich diese Reihenfolge zum besseren Verständnis der Abgrenzungen:

- Aberglaube
- Glaubensgewissheit
- Glaube
- Wissenschaftsgläubigkeit
- Gewissheit
- Wissen

Nehmen wir als Beispiel für einen Aberglauben die Überzeugung, das Universum sei 6000 Jahre alt.
  • Aberglaube: "Das Universum ist 6000 Jahre alt"
  • Glaubensgewissheit: "Das Universum ist 6000 Jahre alt, daran gibt es für mich keinen vernünftigen Zweifel."
  • Glaube: "Ich glaube daran, dass das Universum ist 6000 Jahre alt ist, aber es gibt Raum für vernünftigen Zweifel." Diese Position ist IMO ähnlich zu der Aussage "ich weiß es nicht".
  • Gewissheit: "Wir können ohne vernünftigen Zweifel davon ausgehen, dass das Universum nicht 6000 Jahre alt ist"
  • Wissen: "Die Annahme, das Universum sei 6000 Jahre alt, ist widerlegt".

Kommt das ungefähr hin? :Blumen:

Jörn 10.07.2017 04:30

Warum gibt es Mischwörter, wie z.B. „Glaubensgewissheit“? Das ist ein Begriff, den es außerhalb der Religion nicht gibt. Der Begriff wurde also von den Religionen eingeführt.

Warum?

Im Johannes-Evangelium steht, dass der Glaube höher zu bewerten sei als das Wissen:
Selig sind die, die nicht sehen und doch glauben
Johannes 20, Vers 29

Mit diesem Spruch sagt Jesus zum ungläubigen Thomas (der die Wunden von Jesus befühlen wollte, um sicher zu sein, dass er kein Geist ist), dass jener Glaube, der nur auf Vertrauen basiert, höher zu bewerten ist, als ein Glaube, der eine vernünftige Abschätzung von Fakten vornimmt.
Im Katechimus der kath. Kirche steht sogar, dass der Glaube über der Vernunft steht. (Abschnitt 159)

Warum wurde also ein Begriff eingeführt, der den Glauben mit Wissen und Vernunft verbindet?

Ich stelle die Hypothese auf, dass die Mischwörter nur deswegen geschaffen wurden, um den Umstand zu verschleiern, dass es sich um Glauben handelt, der keinerlei faktische Grundlage hat. Es ist der Versuch, eine Gewissheit vorzugaukeln, die nicht existiert, und die auch auf Nachfrage nicht begründet werden kann.

Es gibt keinen triftigen Grund, warum die als „gewiss“ ausgegebenen Glaubensinhalte gewiss sein sollten. „Glaubensgewissheit“ ist vermutlich nur ein Synonym für „Wunschdenken“. Könnte man diese Behauptung widerlegen?

Eine Schlussfolgerung besteht vielleicht darin, dass man in einer Debatte dazu auffordert, diese Mischwörter zu vermeiden, weil sie genau jenen Unterschied zwischen Wissen und Glauben verschleiern, der für die Debatte notwendig ist. Wissen bedeutet, dass Beweise vorliegen. Glauben bedeutet, dass keine Beweise vorliegen. Man kann das nicht vermengen, es sei denn, man hätte vor, über den Unterschied hinwegzutäuschen.

Ich finde es auch eine Sache der Redlichkeit, dass Religionen nicht den Begriff „Wissen“ für ihren Glauben in Anspruch nehmen, egal in welcher Form. Glauben ist Glauben, und dazu sollte man auch stehen.

merz 10.07.2017 09:11

ganz gewiss übrigens sind glutenfreie Hostien verboten, genmanipulierte aber erlaubt

http://www.vatican.va/roman_curia/co...ristia_ge.html

(4.a)

m.

keko# 10.07.2017 11:07

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314762)
Hallo keko, würdest Du mir inhaltlich recht geben?

Inhaltlich ist das womöglich ok. Mein Taktgefühl würde es mir in diesem Fall allerdings verbieten, gleich so loszulegen.

Zarathustra 10.07.2017 13:06

Zitat:

Zitat von Vicky (Beitrag 1314984)
...
Aber ich hatte ja eigentlich gestern schon nach dem Sinn des Satzes gefragt, den ich noch immer nicht verstehe...


Was den Göttern WAS ist?

Ich hätte auch schreiben können: was die Götter tun und lassen.

Zarathustra 10.07.2017 13:08

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1314983)
Wo siehst Du denn Polemik, gibt es dafür ein Beispiel?

Typisch:

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1314762)
... das Glaubensbekenntnis ... weil es ein Schmarrn ist. Speziell bei tragischen Todesfällen will kaum noch jemand ein Gefasel vom gütigen Gott hören, weil es nicht glaubwürdig ist.




Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1314983)
... Mir scheint, Dich ärgert, dass Jörn die Argumente der Kirchen und der Bibel nennt.

Das Nennen ist sicherlich nicht das Problem. Eher die tendenziöse Form der Darstellung. Verärgert bin ich trotzdem nicht, aber schwer verwundert darüber, wie man es ernsthaft für einen sachlichen Beitrag zu einer Diskussion halten kann.

Zarathustra 10.07.2017 14:02

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315001)
... So ergäbe sich diese Reihenfolge zum besseren Verständnis der Abgrenzungen: ...

Also ich würde Deiner Charakterisierung der Begriffe nicht zustimmen wollen. Ich würde, um die Unterschiede zu verdeutlichen, immer denselben Satz nehmen. Die Unterschiede müssen sich dann aus der jeweils zu der Aussage eingenommenen Haltung ergeben. Beispielsweise würde im Falle des Aberglaubens ein bestimmter Ursache-Wirkung-Zusammenhang angenommen werden, was im Falle des religiösen Glaubens nicht zutrifft. Gewißheit drückt sich u.a. dadurch aus, daß ich nicht zweifle. Für empirisches Wissen kann ich Gründe nennen. Das normale Glauben beinhaltet eine Unsicherheit und Bereitschaft zur Überprüfung und mögl. Revidierung im Unterschied zum religiösen, dem dies nicht notwendig zukommt. Dagegen scheinen mir die Unterschiede zwischen religiösem Wissen und relig. Glauben schwer auszumachen. Usw.

Klugschnacker 10.07.2017 14:24

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315149)
Das Nennen ist sicherlich nicht das Problem. Eher die tendenziöse Form der Darstellung.

Sicher enthalten die Argumente und Darstellungen der verschiedenen Diskussionsparteien eine Tendenz. Man kann nicht erwarten, dass sie neutral sind. Stattdessen beziehen sie Stellung.

Ich finde die präzise Nennung der Standpunkte der katholischen oder evangelischen Kirche sinnvoll. Zum Beispiel, indem man die Bibel zitiert, oder die offizielle Auslegung der Bibel durch den Katechismus. Denn sehr viele Christen folgen meiner unmaßgeblichen Wahrnehmung nach einer persönlichen Light-Version des Christentums, an die sie glauben; sie picken sich nach eigenem Geschmack dieses oder jenes heraus und halten das Ergebnis für das Christentum.

Kritisiert man nun das Christentum, etwa für das Konzept ewig währender Höllenqualen bereits für kleinere Vergehen, fühlen sich die oben genannten Christen kritisiert, obwohl sie selbst nicht an die Hölle glauben und dieses Konzept ablehnen.

In diesem Durcheinander ganz individueller Glaubenskonstruktionen finde ich es hilfreich, sich immer wieder auf das zu beziehen, was tatsächlich in der Bibel steht und wie die darin enthaltene Botschaft von den Kirchen interpretiert wird.

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315149)
Verärgert bin ich trotzdem nicht, aber schwer verwundert darüber, wie man es ernsthaft für einen sachlichen Beitrag zu einer Diskussion halten kann.

Glauben ist von Aberglauben inhaltlich nicht zu unterscheiden. Dass die Erde in der Antike einen Tag lang still stand, ist für die Gläubigen Glaube und für alle anderen Aberglaube.

Wenn man das aus der Perspektive unseres heutigen Wissens angreift und dabei die Begriffe Unsinn, Quatsch, Blödsinn etc. benutzt, ist die Wortwahl natürlich der Ausdruck eines Gefühls. Sachlich ist es aber richtig, denn die Erde kann nicht stillgestanden haben.

Ist das Sprechen über Engel, Teufel, Götter, Heilige Geister, jungfräuliche Geburten und Himmelfahrten im Sinne von Tatsachen ein sachlicher Beitrag zu einer Diskussion, wenn gleichzeitig verlangt wird, diese Vorstellungen seien allgemein zu akzeptieren? Dass sich Kritik daran nicht schickt?

Mir scheint, dass es in unserer recht ernsthaften Auseinandersetzung sehr viele sachliche Argumente gab, auch von Jörn. In meinen Augen sind sie es durchaus wert, sich damit auseinanderzusetzen.

Jörn 10.07.2017 16:52

Hallo Z., ich würde Dir gerne meine Wortwahl erläutern, die Du als polemisch empfindest.

Nehmen wir an, auf einer wissenschaftlichen Tagung würde über die Beschaffenheit des Erdkerns debattiert, mit einer Unmenge an Daten, Zahlen und Messungen. Einer der Wissenschaftler äußert die These, die Erde sei im Innersten womöglich aus Käse.

Nun könnte man entgegnen, dass das spezifische Gewicht von Käse sich nicht deckt mit der Masse, die wir angesichts der Gravitation und der Erdrotation erwarten würden. Oder man könnte entgegnen, es wäre ein Schmarrn.

Wenn man sich für die vermeintlich polemische Ausdrucksweise entscheidet, fehlt zwar die Begründung (die in der sachlichen Ausdrucksweise enthalten war). Der sachlichen Ausdrucksweise fehlt jedoch auch etwas: Es fehlt die Einordnung, wie weit entfernt die These von dem ist, was man als vernünftig bezeichnen könnte.

Das Wort „Schmarrn“ bietet also ein Koordinatensystem und verortet die Käse-These innerhalb dieses Systems. Der angesprochene Wissenschaftler weiß dadurch, wo er steht, und wie weit die Wegstrecke ist, die vor ihm liegt.

Diese Einordnung wird in religiösen Debatten zu wenig berücksichtigt. Die Gläubigen unterliegen dadurch der Illusion, ihre Standpunkte seien ebenso ehrenwert wie die Standpunkte der Wissenschaft. Eine weitere Illusion besteht bei den offiziellen Vertretern der Kirchen, die davon überzeugt sind, sie wären weise Respektspersonen, vor denen sich der Pöbel zu verneigen hätte. Sie befinden sich aber in der Position des Wissenschaftlers, der behauptet, der Erdkern bestünde aus Käse.

Es ist daher keineswegs nur Polemik, sondern eine notwendige Einordnung, wenn man klar ausspricht, dass die Worte von Bischof Overbeck über die Ehe nichts weiter sind als Gefasel. Es ist die Weigerung, ihn als eine heilige Autorität anzuerkennen, solange er dafür keine Beweise vorlegt. Wenn er in einer Talkshow über die Homosexuellen faselt, dann nützt es überhaupt nichts, zwanzig wissenschaftliche Studien vorzulesen, bis alle eingeschlafen sind. Sondern es bringt die Sache exakt auf den Punkt, wenn eine dicke Frau aus dem Publikum ruft: „Ach, reden Sie doch nicht so einen Schmarrn daher!“.

Aus diesem Grund bestehen meine Postings einerseits aus Begründungen (weil diese der Polemik fehlen; deswegen zitiere ich häufig aus offiziellen Quellen). Andererseits weigere ich mich standhaft, dem Klerus einen unverdienten Respekt zu zollen, den er lediglich als Versteck missbraucht.

Wer Polemik verwendet, ist also nicht automatisch ein ungebildeter Trampel. Sondern im Gegenteil, man kann Polemik bewusst in seine Argumentation einbauen und diese damit erweitern. Argumente muss man natürlich trotzdem liefern, und das tue ich.

Jörn 10.07.2017 17:22

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315149)
schwer verwundert darüber, wie man es ernsthaft für einen sachlichen Beitrag zu einer Diskussion halten kann.

Du bist also schwer verwundert darüber, dass keine sachlichen Beiträge beigesteuert werden.

Ich würde es weiter präzisieren, nämlich dass „sachlich“ nicht bedeutet „inhaltlich“. Ich vermisse inhaltliche Beiträge, speziell von Dir. Mein Interesse daran habe ich ja schon oft zum Ausdruck gebracht.

Ich finde, es sollte eine gute Balance geben zwischen eigenen, inhaltlichen Beiträgen einerseits, und der Kritik an der Wortwahl anderer Teilnehmer andererseits. Wenn es nur um Wortklauberei geht, ohne sich an der inhaltlichen Debatte zu beteiligen, dann finde ich das nicht sonderlich unterhaltsam. Ich würde gerne mal wieder ein paar echte Argumente lesen, mit denen man sich argumentativ auseinandersetzen kann.

Zarathustra 10.07.2017 22:48

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315208)
Hallo Z., ich würde Dir gerne meine Wortwahl erläutern, die Du als polemisch empfindest.

...

Hallo Jörn, danke für die Erläuterung. Ich möchte darauf kurz zwei Dinge entgegnen:

Bei wissenschafltlichen Tagungen werden zur Klärung von empirischen Sachverhalten keine religiösen Argumente vorgetragen. Wäre dem doch so, wäre scharfe Kritik auch meiner Meinung nach angebracht, aber in Richtung der entsprechenden Adressaten. Der Vertreter der Religion als solcher ist aber nicht(!) in der Position eines Wissenschaftlers, der zufällig ein besonders schlechtes Argument hat. Sein Anliegen hat mit Wissenschaft nämlich gar nichts zu tun. Wenn er das anders sieht, täuscht er sich eben.

Normative Fragen, wie die nach der sogenannten Ehe für alle, sind aber keine Fragen nach empirischen Sachverhalten. Es handelt sich darum eine Vereinbarung zu treffen, wie wir Leben wollen. Das ergibt sich niemals von alleine aus den Tatsachen, sondern es muß eine wie auch immer zustandegekommene und von entsprechenden Machtverhältnissen gestützte Entscheidung den Ausschlag geben. Bei solchen Fragen reden Vertreter der Religionen oft mit (wie alle anderen Diskussionsteilnehmer, mal mit besseren mal mit schlechteren Argumenten), weil es Menschen gibt, die sich für ihre Position interessieren oder ihr sogar folgen.




Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315220)
...Wenn es nur um Wortklauberei geht, ohne sich an der inhaltlichen Debatte zu beteiligen, dann finde ich das nicht sonderlich unterhaltsam. ...

Wer steile Thesen mit Mängeln in der Argumentation vorträgt, muß mit Widerspruch rechnen.


Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1315220)
... Ich würde gerne mal wieder ein paar echte Argumente lesen, mit denen man sich argumentativ auseinandersetzen kann.

Das scheint mir ein Grundproblem der ganzen Diskussion zu sein: Du möchtest Argumente und überprüfbare Tatsachen. Die Religion ist aber weder eine argumentative Angelegenheit, noch hat sie mit überprüfbaren Tatsachen zu tun. Eher ist sie mit der Kunst als mit der Wissenschaft verwandt. Wenn man sie trotzdem daraufhin prüft, was natürlich nicht verboten ist, dann verhält man sich so als habe man den Witz der Sache nicht verstanden.

Vicky 10.07.2017 23:04

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315294)



Das scheint mir ein Grundproblem der ganzen Diskussion zu sein: Du möchtest Argumente und überprüfbare Tatsachen. Die Religion ist aber weder eine argumentative Angelegenheit, noch hat sie mit überprüfbaren Tatsachen zu tun. Eher ist sie mit der Kunst als mit der Wissenschaft verwandt. Wenn man sie trotzdem daraufhin prüft, was natürlich nicht verboten ist, dann verhält man sich so als habe man den Witz der Sache nicht verstanden.

Dann ist Religion eine ganz schön teure und lebensgefährliche Kunst. Ein Märchen für das viele Leute Steuern zahlen, die der Staat eintreibt, welches für sehr viele Vorurteile verantwortlich ist, für viele Tote, Ausgrenzung Diskriminierung und vieles mehr. Ich finde das wenig witzig.

merz 10.07.2017 23:11

@ Z. Es werde Licht, sowohl die Sachen mit dem Sein/Sollen-Problem wie auch im letzten Absatz den vermutlichen Dreh und Angelpunkt der Debatte hier klar auf den Punkt gebracht. Danke. Jetzt bin ich gespannt.

m.

Klugschnacker 10.07.2017 23:19

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1315294)
Das scheint mir ein Grundproblem der ganzen Diskussion zu sein: Du möchtest Argumente und überprüfbare Tatsachen. Die Religion ist aber weder eine argumentative Angelegenheit, noch hat sie mit überprüfbaren Tatsachen zu tun. Eher ist sie mit der Kunst als mit der Wissenschaft verwandt. Wenn man sie trotzdem daraufhin prüft, was natürlich nicht verboten ist, dann verhält man sich so als habe man den Witz der Sache nicht verstanden.

War das Grab Jesu nun leer oder nicht?

Du sagst, wer diese Frage stellt, habe den Witz der Sache nicht verstanden. Für mich ist sie jedoch entscheidend.

Du sagst, Religion habe nichts mit überprüfbaren Fakten zu tun. Viele religiöse Aussagen lassen sich jedoch auf ihre Wahrheit überprüfen. Sie erweisen sich dann in aller Regel als falsch. Ist das denn wirklich einerlei?

Ich meine, dass "Glauben" für die meisten Nichtphilosophen bedeutet: eine Sache für wahr halten. Darum hat Wissen und haben Fakten großen Einfluss auf das, was wir im Jahr 2017 noch aufrichtig glauben können.

Zarathustra 10.07.2017 23:22

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315162)
... Denn sehr viele Christen folgen meiner unmaßgeblichen Wahrnehmung nach einer persönlichen Light-Version des Christentums, an die sie glauben; sie picken sich nach eigenem Geschmack dieses oder jenes heraus und halten das Ergebnis für das Christentum.
...

Stimmt. Das Verhältnis der Menschen zu den Regeln ist in der Religion überhaupt nicht so wie im Mathematikunterricht, sondern eher so wie im Straßenverkehr. Der Glauben hat vielfältige Ausprägungen.


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315162)

Glauben ist von Aberglauben inhaltlich nicht zu unterscheiden.

Ich finde schon und habe in einem vorherigen Beitrag einen wesentlichen Unterschied genannt.


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315162)

Dass die Erde ... einen Tag lang still stand

Wenn ich diesen Satz höre, ist, wie bei vielen anderen religiösen Sätzen, mein erster Gedanke nicht: ob das wohl den überprüfbaren Tatsachen entspricht? Eher denke ich: Was für ein beeindruckendes Bild! Was es wohl bedeuten mag? Wer das nicht hört, hat für mich keine Ohren für diese Musik (was aber nicht weiter schlimm ist, da wir heute unter vielen Genres wählen dürfen).


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315162)

Ist das Sprechen über Engel, Teufel, Götter, Heilige Geister, jungfräuliche Geburten und Himmelfahrten im Sinne von Tatsachen ein sachlicher Beitrag zu einer Diskussion...?

Es wäre kein sachlicher Beitrag und Kritik berechtigt. Zunächst wäre aber im konkreten Fall zu prüfen, ob es sich tatsächlich um eine Tatsachenbehauptung handelt. An dieser Frage hängt sehr viel.



Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1315162)
Mir scheint, dass es in unserer recht ernsthaften Auseinandersetzung sehr viele sachliche Argumente gab, auch von Jörn. In meinen Augen sind sie es durchaus wert, sich damit auseinanderzusetzen.

Das finde ich allerdings auch.

Jörn 10.07.2017 23:26

Hallo Z., mein Beispiel mit dem Käse und dem Wissenschaftler meint nicht, dass ein Pfarrer ein Wissenschaftler wäre. Sondern mein Beispiel macht deutlich, dass bestimmte Begriffe die Abwegigkeit einer vorgebrachten These unterstreichen. Deswegen sind diese Begriffe auch erlaubt, auch dann, wenn sie polemisch klingen. Darum ging es.

Dass Religion und Wissenschaft sich nicht berühren, ist falsch.

Normative Fragen sind zwar beliebig und können durch die Wissenschaft nicht überprüft werden. (Deswegen könnte die Kirche den Begriff "Ehe" so definieren, wie sie lustig ist.) Jedoch ist das nicht die Position der Kirchen. Die Kirchen behaupten ja gerade nicht, dass es sich um beliebige Definitionen handeln würden. Sondern sie berufen sich auf empirische Ereignisse, die durch Zeugenaussagen belegt sind und schriftlich festgehalten wurden. Die Kirche beruft sich darauf, dass die normativen Festlegungen sich zwingend aus den Geschehnissen ergeben.

Es sind diese empirischen Ereignisse und deren Aufzeichnung, die von jedem überprüft und kritisiert werden können, der dazu Lust hat. Innerhalb des Klerus wird das ja ebenfalls getan, denn dort herrscht Mord und Totschlag über jede nur mögliche Glaubensfrage. Die Grundlage dieser Glaubensfragen sind empirische Dinge, nämlich die schriftliche Hinterlassenschaft, die jeder anfassen kann.

Deine These, dass die Religion vergleichbar wäre mit der Kunst (also völlig losgelöst wäre von Tatsachen), ist das Gegenteil dessen, was der Vatikan sagt.
Der Vatikan nimmt dazu sehr präzise Stellung:
  • Die Inhalte der Bibel sind keine Erfindungen von Dichtern.
  • Im Alten sowie Neuen Testament sind keine mystischen Erfindungen enthalten.
  • Jesus Christus ist keine mystische Erfindung.

Quelle: Papst Pius IX im Dokument "Syllabus errorum" von 1864, Paragraf 1, Abschnitt 7.

Originaltext: "Folgende Thesen gelten als geächtet: Die in der Heiligen Schrift dargelegten und erzählten Prophezeiungen und Wunder sind Erfindungen von Dichtern. Die Geheimnisse des Glaubens sind das Ergebnis aus philosophischen Forschungen. In den Büchern der beiden Testamente sind mystische Erfindungen enthalten. Jesus Christus selbst ist eine dieser mystischen Erfindungen."
Das bedeutet, dass Deine These falsch ist, es handele sich um Kunst oder ein sonstwie von der Wirklichkeit unabhängiges Konstrukt. Der Vatikan sagt genau das Gegenteil.

Könntest Du mir die Frage beantworten, ob Du mir zustimmst, dass Deine These zumindest in Bezug auf die römisch-katholische Kirche nicht mehr haltbar ist?

:Blumen:


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