triathlon-szene.de |  Europas aktivstes Triathlon  Forum

triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum (https://www.triathlon-szene.de/forum/index.php)
-   Politik, Religion & Gesellschaft (https://www.triathlon-szene.de/forum/forumdisplay.php?f=30)
-   -   Da fasse ich mir echt an den Kopf… (https://www.triathlon-szene.de/forum/showthread.php?t=26204)

Jörn 25.05.2019 15:49

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1454218)
2. Jesus Christus ist der menschgewordene Sohn Gottes.

Dies ist Deine Antwort auf meine Bitte, eine These zu nennen, zu der es keine verschiedenen Meinungen innerhalb des Christentums geben würde. Denn ich hatte argumentiert, man würde zu praktisch jedem Standpunkt immer auch die gegenteilige Position innerhalb des Christentums finden.

Ich lasse Deine Bemerkung mal beiseite, dass abweichende Positionen eben nicht christlich wären und von vornherein keine Rolle spielten. (So kann man natürlich jeden Einwand entkräften.)

Ist Jesus der menschgewordene Sohn Gottes?

Bevor ich zu meinem Punkt komme, möchte ich den Mitlesern eine kurze Zusammenfassung geben, um was es geht. Es geht um zwei Fragen:

• Erstens, wie kann ein ewiger, unveränderlicher (weil bereits vollkommener) Gott überhaupt etwas "werden"? Wenn er etwas "wird": Wäre er dann noch unveränderlich, ewig und vollkommen? Dieses Problem (und einige andere) werden meist unter dem Stichwort "Präexistenz" debattiert.

• Zweitens, wie kann Gott/Jesus gleichzeitig Gott und Mensch sein? Dabei geht es vor allem um die Frage, ob Jesus am Kreuz gelitten hat wie ein Mensch, oder ob es ihm aufgrund seiner Göttlichkeit und seines Wissens um seine baldige Erlösung leichter fiel. Daran hängt die "Gültigkeit" seines Opfers (und damit der Loskauf der Menschen von ihren Sünden). Dieses Problem wird unter dem Stichwort "Zwei-Naturen-Lehre" (Dyophysitismus) debattiert.

----

Die Frage der "Menschwerdung" von Jesus ist eine der umstrittensten Thesen des Christentums. Es stimmt zwar, dass die These der "Menschwerdung" anhand eines päpstlichen Dogmas entschieden (aber nicht inhaltlich geklärt) wurde, und zwar auf dem "Konzil von Chalcedon" im Jahr 451. Aber bis dahin war die These hoch umstritten -- und sie war es erneut, als es nicht mehr lebensgefährlich war, dies zu äußern.

Ich hatte versprochen, dass ich moderne Kritiker nennen würde, und hier sind sie: Adolf von Harnack und Paul Althaus, beides sehr bekannte Theologen. Sie beziehen sich in ihrer Kritik hauptsächlich auf das Problem der Präexistenz.

Auch zeitgenössische Kritik um/nach dem Jahr 451 ist leicht zu finden. Es führte gar zur Spaltung der Kirche: Der altorientalische Teil der Kirche spaltete sich von der Reichskirche (katholisch und orthodox), später kam es zum Bruch mit den akakianischen und miaphysitischen Christen. In dieser Folge gab es wahre Massaker zwischen miaphysitischen und orthodoxen Gruppen innerhalb des Christentums.

Die Frage der "Menschwerdung" von Jesus streift einen sehr umfangreichen Bereich der Christologie, den ich hier nicht im Detail darstellen kann (außer, es wäre gewünscht). Wer Näheres erfahren möchte, schlage nach bei Wikipedia unter den Stichworten

- Präexistenz Christi
- Menschwerdung
- Konzil von Chalcedon
- und "Zwei-Naturen-Lehre" (Dyophysitismus).

-----

Fazit

Ob Jesus ein Wundertäter, eine von Gott herausgehobene Person, oder tatsächlich selbst Gott war, ist umstritten und war es zu jeder Zeit. Selbst die vier Evangelien in der Bibel zeichnen ein unterschiedliches Bild. Je später sie geschrieben wurden, desto göttlicher wurde Jesus, bis er im späten Johannes-Evangelium schließlich selbst Gott war (während er beim früh geschriebenen Markus-Evangelium noch jede Göttlichkeit empört von sich wies, weil dies nach jüdischem Glauben eine große Gotteslästerung gewesen wäre).

Auch unter Theologen war und ist umstritten, was diese ganzen Begriffe überhaupt bedeuten sollen. War Jesus halb Mensch, halb Gott? War er ein Gott, der ein Gastspiel als Mensch gab?

Wann begann seine (Jesus) Existenz? Begann sie mit Maria, oder gab es überhaupt keinen Beginn, weil er ewig existierte? Wenn Jesus schon ewig existierte, wieso kann man dann sagen, er wäre von Gott gezeugt worden?

Gab es während seines irdischen Gastspiels keinen Unterschied zu einem Menschen? Falls doch: War er dann wirklich ein Mensch oder eher ein "Gottmensch"? Aber was unterschied einen solchen "Gottmenschen" von Gott selbst? Fehlten ihm bestimmte Kenntnisse oder Fähigkeiten? War er nur "halb-allmächtig"?

Wenn Jesus selbst Gott war, warum spricht er dann von Gott in der dritten Person und stellt ihm Fragen: "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" (Mk 15,34; Mt 27,46) Wieso kann Jesus von Gott verlassen werden, wenn Jesus selbst Gott war?

Anhand dieser Fragen lässt sich leicht ablesen, warum es hier alle nur denkbaren Positionen gibt und geben muss. Die Darstellung, hier herrsche eine grundsätzliche Einigkeit unter Theologen, ist nicht plausibel und lässt sich leicht widerlegen.

Jörn 25.05.2019 20:13

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1452142)
Ich habe in einem früheren Posting dargelegt, dass Thomas von Aquin sogar behauptet, er wisse, aus welchem Material die Engel bestehen, wie sie sich fortbewegen und in welcher Sprache sie kommunizieren. Auf diesen Unsinn bist Du nicht weiter eingegangen. Warum nicht?

Dritter Versuch @Zarathustra

Klugschnacker 25.05.2019 21:02

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1454220)
Die Existenz Deines Blinddarms gegen die Existenz Gottes zu stellen, ist bestenfalls genauso plausibel wie in der Erhabenheit des Sternenhimmels ein Argument für ihn zu sehen.

Warum? Die Existenz meines Blinddarms ist eine Tatsache. Darin sind wir uns beide einig.

Das Vorhandensein dieses nutzlosen Organs wirft die Frage auf, ob ich damit das Erzeugnis eines vollkommenen Schöpfers sein kann. Denn es ist ein Beweis meiner Unvollkommenheit. Diese geht nicht auf irgendwelche Verfehlungen der Menschen (also von mir, von meinen Eltern oder von Adam und Eva) zurück. Sondern ich wurde unvollkommen erschaffen.

Ob es einen Gott gibt, weiß ich nicht und kann ich nicht wissen. Mein Argument zielt daher nicht auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines Gottes, sondern auf seine konkreten Eigenschaften gemäß der christlichen Gottesvorstellung. Behauptet wird seine Vollkommenheit. Wie passt da mein Blinddarm ins Bild?
:Blumen:

Stefan 25.05.2019 21:10

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1454368)
Das Vorhandensein dieses nutzlosen Organs wirft die Frage auf, ob ich damit das Erzeugnis eines vollkommenen Schöpfers sein kann.

In Eure Diskussion mische ich mich nicht ein, aber der Blinddarm ist kein "nutzloses Organ".

Jörn 25.05.2019 21:13

Ersatzweise: Warum haben Menschen Gene zur Produktion von Vitamin C, diese sind jedoch defekt? (Bei Affen sind sie funktionstüchtig.)

Klugschnacker 25.05.2019 21:20

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1454221)
Nein, die gesetzmäßen Vorgänge in der Natur zählen zu den mittelbar verursachten Vorgängen. Da Gott den Naturdingen eigene Ursächlichkeiten mitgegeben hat, sind jene untereinander jeweils ihre unmittelbaren Ursachen und Gott nur mittelbare Ursache. Die von Dir dargestellte Position nennt sich übrigens Okkasionalismus.

Nein, ich meine nicht den Okkasionalismus. Dieser Begriff meint etwas anderes, nämlich die Behauptung, der Geist könne nicht auf die Materie wirken. Etwa könne ein Willensakt (psychisch) keine Muskelkontraktion (physisch) bewirken. Folglich müsse jedesmal Gott eingreifen, um von einem Willen zu einer Handlung zu kommen.

Mir ging es um etwas anderes: Nämlich um Deine Behauptung, Gott sei nicht nur anfänglich, sondern fortwährend, in jedem Moment, die Ursache der Welt. Jetzt ist mir dieser Standpunkt insofern klarer geworden, als dass Du die physikalische Welt damit nicht meinst. Denn hier würden sich die Dinge gegenseitig unmittelbar verursachen. Gott sei hier nur eine "mittelbare" Ursache.

Kann sein oder auch nicht. Denn Gott bleibt ja, wenn ich Dich richtig verstehe, als mittelbarer Verursacher unsichtbar. Es handelt sich um ein rein gedankliches Konstrukt. Es ist nicht von seinem Gegenteil zu unterscheiden.

Klugschnacker 25.05.2019 21:22

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1454371)
Ersatzweise: Warum haben Menschen Gene zur Produktion von Vitamin C, diese sind jedoch defekt? (Bei Affen sind sie funktionstüchtig.)

Oder: Warum haben manche Tierarten, die unterirdisch in völliger Dunkelheit leben, Augenhöhlen?

Oder: Warum habe ich die Wirbelsäule eines Vierbeiners?

Jörn 25.05.2019 21:46

Oder: Warum hat Dieter Bohlen ein Gehirn?


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 15:16 Uhr.

Powered by vBulletin Version 3.6.1 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2025, Jelsoft Enterprises Ltd.