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Jörn 23.06.2017 16:28

keko, ich teile Deine Kritik daran, dass auf der Welt vieles falsch läuft. Jedoch halte ich die Art, wie Du damit argumentierst, für zumeist rhetorisch. Du kannst damit für und gegen „alles“ argumentieren.

Um die Welt besser zu machen, muss man steuern. Um in die gewünschte Richtung steuern zu können, benötigt man korrekte Informationen über die Welt. Und die liefert die Wissenschaft und nicht die Religion.

An dieser Stelle passt Arnes Posting darüber, dass wir uns laut Bibel die Welt mit all ihrem Getier untertan machen sollen. Der Mensch steht im Zentrum. Es ist nicht verhandelbar. Durch die Wissenschaft lernen wir jedoch etwas über unsere tatsächliche Stellung in der Welt, und darüber, dass Säugetiere Leid empfinden können. Dadurch ändert sich unser Umgang mit diesen Tieren, etwa, dass immer mehr Menschen über die Bedingungen der Tierhaltung nachdenken, oder sie komplett ablehnen.

Das ist das Ergebnis von wissenschaftlich erlangten Informationen und dem freien Nachdenken ohne religiöse Bevormundung.

Keine Zeit vor uns war in Deutschland so sozial, so rücksichtsvoll gegenüber Schwächeren, so tolerant gegenüber Anderen, so offen, so gerecht, so friedlich, so lebenswert. Ist da noch Luft nach oben? Jede Menge! Aber die Amtskirchen ziehen in die exakt gegenteilige Richtung. Sie wollen nur eins, nämlich: zurück.

Papst Benedikt hält ja sogar die Demokratie für einen Irrweg, den man korrigieren müsse.

Jörn 23.06.2017 16:50

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1311450)
„der Glaube, dass das Leben nicht mit dem Tod endet" (stellvertretend für weitere Glaubenssätze aus den verschiedenen Religionen) helfen, Ängste abzubauen.

Das finde ich eine rhetorisch sehr geschickte Argumentation. Du legst überzeugend dar, dass Religion in der Lage ist, Ängste abzubauen, und führst ein Beispiel an, dem alle sofort zustimmen, nämlich die Angst vor dem Tod.

Hier ist der Fehler: Wenn Du ein System daraufhin untersuchst, ob es Ängste abbaut, dann musst Du auch untersuchen, ob es Ängste aufbaut. Und die Kirchen haben den ganzen Höllen-Klimbim ja überhaupt erst erfunden, sowie den Sünden-Quatsch und die zahlreichen Unterwelt-Märchen.

Kein vernünftiger Mensch würde eine Feuerwehr loben, die ihre Brände zuvor selbst entfacht hat.

Es ist außerdem nicht zutreffend, dass religiöse Menschen keine Angst vor dem Tod hätten.

tandem65 23.06.2017 17:58

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1311457)
Und die Kirchen haben den ganzen Höllen-Klimbim ja überhaupt erst erfunden, sowie den Sünden-Quatsch und die zahlreichen Unterwelt-Märchen.

Gut daß ich jetzt weiß weshalb ich Angst vor dem Tod habe. Danke sehr!

Klugschnacker 23.06.2017 18:26

Zitat:

Zitat von tandem65 (Beitrag 1311467)
Gut daß ich jetzt weiß weshalb ich Angst vor dem Tod habe. Danke sehr!

Ich finde es schade, dass Du an dieser Diskussion nur in Form von schnippischen Kommentaren teilnimmst. Immerhin bist Du einer der ganz wenigen hier, welche die Bibel gelesen haben und das kennen, was sie verteidigen oder kritisieren. Ich würde sehr gerne Deine Meinung zu den sachlichen Argumenten der Religionskritiker hören. Darüber hinaus würde mich auch Deine Kritik an den großen Kirchen interessieren.

Davon abgesehen finde ich, dass die Beschäftigung mit dem Glauben in diesem Thread auch seitens der Kritiker ein Niveau hat, welches man als gläubiger Mensch akzeptieren können müsste.
:Blumen:

captainbeefheart 23.06.2017 19:15

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1311457)
Das finde ich eine rhetorisch sehr geschickte Argumentation. Du legst überzeugend dar, dass Religion in der Lage ist, Ängste abzubauen, und führst ein Beispiel an, dem alle sofort zustimmen, nämlich die Angst vor dem Tod.

Hier ist der Fehler: Wenn Du ein System daraufhin untersuchst, ob es Ängste abbaut, dann musst Du auch untersuchen, ob es Ängste aufbaut. Und die Kirchen haben den ganzen Höllen-Klimbim ja überhaupt erst erfunden, sowie den Sünden-Quatsch und die zahlreichen Unterwelt-Märchen.

Kein vernünftiger Mensch würde eine Feuerwehr loben, die ihre Brände zuvor selbst entfacht hat.

Es ist außerdem nicht zutreffend, dass religiöse Menschen keine Angst vor dem Tod hätten.

Erneut scheinst Du Dich für das tatsächlich Geschriebene anderer wenig zu interessieren.

Meine Beispiele waren explizit auf "Religion" als Sammelbegriff der vielen Religionen bezogen, also nicht allein auf das Christentum. Es gibt genügend Religionen, die kein Höllenbild haben, Du verengst die Diskussion nur gerne darauf. Ist das auch ein rhetorischer Trick? Wäre schön, wenn Du genauso akribisch die Worte Deiner Mit-Diskutanden aufnimmst, wie die der Bibel.

Und für Religionen ist die These recht valide, dass sie Angstabbaiend wirken kann.

Das gilt auch für das Chriszentum. Ich vermute es gibt deutlich weniger Christen, die sich tatsächlich vor der Hölle fürchten, als solche, die Trost oder ähnliches für die Frage des Todes finden.

Jörn 23.06.2017 19:31

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1311478)
Ich vermute es gibt deutlich weniger Christen, die sich tatsächlich vor der Hölle fürchten, als solche, die Trost oder ähnliches für die Frage des Todes finden.

Rhetorik. Christen, die sich nicht vor der Hölle fürchten, weil sie an dessen reale Existenz nicht glauben, sind keine Christen. Das sagt Papst Johannes Paul II, der kürzlich selig und heilig gesprochen wurde, das Zitat habe ich vor zwei Seiten angegeben. Das sagt außerdem Papst Benedikt, der ausdrücklich betont, dass die Hölle ein realer Ort ist, hinter dem man die Tür schließen kann.

Der Vatikan schreibt im Katechismus:
1035 Die Lehre der Kirche sagt, daß es eine Hölle gibt und daß sie ewig dauert. Die Seelen derer, die im Stand der Todsünde sterben, kommen sogleich nach dem Tod in die Unterwelt, wo sie die Qualen der Hölle erleiden, „das ewige Feuer".
Wir brauchen also nicht darüber zu debattieren, ob Christen an die Hölle glauben. Kurioserweise landest Du aber gerade dann in der Hölle, wenn Du dessen Existenz bestreitest.

Falls jemand einwendet, dass das Alte Testament durch das Neue Testament ersetzt wurde: Die Hölle ist eine Idee des Neuen Testaments. Der freundliche Jesus wies darauf hin, dass man Ungläubige „in den Ofen werfen“ (Mt 13,41-42) und thermisch verwerten würde.

„Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer!“ (Zitat Jesus, Mt 25,41 :Liebe:)

captainbeefheart 24.06.2017 08:59

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1311482)
Rhetorik. Christen, die sich nicht vor der Hölle fürchten, weil sie an dessen reale Existenz nicht glauben, sind keine Christen. Das sagt Papst Johannes Paul II, der kürzlich selig und heilig gesprochen wurde, das Zitat habe ich vor zwei Seiten angegeben. Das sagt außerdem Papst Benedikt, der ausdrücklich betont, dass die Hölle ein realer Ort ist, hinter dem man die Tür schließen kann.

Anstatt sich mit der eigentlichen These auseinanderzusetzen, die sich explizit auf Religion und nicht auf das Christentum bezieht, kommst Du wieder mit Bibel- und Katechismusfixierten Aussagen, die gar nichts mit der These zu tun haben. Ich habe den Eindruck es geht Dir tatsächlich darum, Dein breites Bibelwissen und Deine Ablehnung der (rk) Kirche bei egal welchem Stichwort loszuwerden. Diskussion, finde ich, geht anders.

Klugschnacker 24.06.2017 10:22

Anscheinend sind wir jetzt bei der Frage angekommen, welche Auswirkungen die Religionen haben. Speziell ging es zuletzt um den Aspekt, welche sie auf die Gläubigen haben. An anderer Stelle hatten wir bereits darüber diskutiert, welche Auswirkungen sie auf diejenigen Menschen haben, die durch den jeweiligen Glauben diskriminiert und benachteiligt werden.

Zweifellos sind das wichtige Aspekte. Für mich stehen sie aber nicht an erster Stelle. Für mich geht es in erster Linie darum, ob der Wahrheitsanspruch des Christentums gerechtfertigt ist. Wahr oder eben nicht wahr – das ist für mich das entscheidende Kriterium. Sobald diese Frage beantwortet ist, ergibt sich alles weitere.

Die Einsicht, dass es keine Hexen gibt und nie gab, beendet sofort alle Diskussion über mögliche positive Aspekte des Hexenglaubens für die Gesellschaft. Fakten sind also wichtig. Sie sind nicht durch Fiktionen zu ersetzen, ganz gleich wie gut sie ursprünglich gemeint sein mögen.

Mich wundert gelegentlich, wie wenig Wert in dieser Debatte auf Tatsachen gelegt wird. War Jesus der Sohn des Schöpfers des Weltalls? Beruht die Bibel auf Tatsachen oder auf erfundenen Geschichten? Das sind für mich die entscheidenden Fragen. Es ist wichtig, sie Schritt für Schritt zu klären, ohne sich von jenen schwindlig reden zu lassen, die diese Auseinandersetzung fürchten oder ablehnen.

Die Kirchen weigern sich, die Lehre des Christentums mit der Wahrheit zu konfrontieren, die wir heute zu erkennen in der Lage sind. Daher sollten die Gläubigen die Prüfung der christlichen Lehre selbst übernehmen. In vielen Fällen tun sie das bereits – kaum noch jemand hält beispielsweise die Taufe von Babys für eine Notwendigkeit, um dem ewigen Höllenfeuer zu entkommen. Diesen Weg kann man als gläubiger Mensch weiter beschreiten. Religionskritiker könnte man dabei als eine Unterstützung sehen, die helfen, die eigenen Argumente für die christliche Lehre zu prüfen.

Ich hoffe daher, dass auch die Gläubigen, die hier mitlesen, von den vorgebrachten Argumenten beider Seiten profitieren, auch von denen der Kritiker. Umgekehrt lernen auch die Kritiker hinzu, die ja mit Christen, Moslems, Hindus, Buddhisten und so weiter auf diesem kleiner werdendem Planeten auskommen müssen und wollen.

captainbeefheart 24.06.2017 10:54

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1311532)
Anscheinend sind wir jetzt bei der Frage angekommen, welche Auswirkungen die Religionen haben. Speziell ging es zuletzt um den Aspekt, welche sie auf die Gläubigen haben. An anderer Stelle hatten wir bereits darüber diskutiert, welche Auswirkungen sie auf diejenigen Menschen haben, die durch den jeweiligen Glauben diskriminiert und benachteiligt werden.

Zweifellos sind das wichtige Aspekte.

Jedes System hat seine Dysfunktionen, ebenso wie es Funktionen hat. Das ist bei der Naturwissenschaft genauso. Genmanipulierte Pflanzen? Hat gefährliche und produktive Seiten.

Mir ging es jetzt nach der seitenlangen Abrechnung mit der Bibel und den institutionellen Vertetern der rk Kirche um die Frage, warum - trotz dieser offensichtlichen Widersprüche - Religion (weiter gefasst als die Jörn mit dem Fokus auf die rk Kirche / Religion das tut) weltweit offensichtlich so relevant ist und bleibt.

Hier nochmals meine Thesen:

Wenn ich die Diskussion hier reflektiere und zur Kenntnis nehme, dass Religion (die vielen verschiedenen Religionen) weltweit weiterhin einen hohen Stellenwert hat, auch wenn es berechtigte Zweifel an den verschiedenen religiösen Systemaussagen gibt, kann ich mir das nur entlang dieser Thesen erklären:

1. Religion bedient ein individualpsychologisches Transzendenz- und Zugehörigkeitsbebefürfnis. Außerdem hilft es bei Ängsten.

2. Religion wirkt soziologisch gemeinschaftsstiftend.

3. Religion bietet weltanschauliche Deutungen und moralische Wertmaßstäbe.

ziel 24.06.2017 11:15

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1311532)
Anscheinend sind wir jetzt bei der Frage angekommen, welche Auswirkungen die Religionen haben. Speziell ging es zuletzt um den Aspekt, welche sie auf die Gläubigen haben. An anderer Stelle hatten wir bereits darüber diskutiert, welche Auswirkungen sie auf diejenigen Menschen haben, die durch den jeweiligen Glauben diskriminiert und benachteiligt werden.

Zweifellos sind das wichtige Aspekte. Für mich stehen sie aber nicht an erster Stelle. Für mich geht es in erster Linie darum, ob der Wahrheitsanspruch des Christentums gerechtfertigt ist. Wahr oder eben nicht wahr – das ist für mich das entscheidende Kriterium. Sobald diese Frage beantwortet ist, ergibt sich alles weitere.

Die Einsicht, dass es keine Hexen gibt und nie gab, beendet sofort alle Diskussion über mögliche positive Aspekte des Hexenglaubens für die Gesellschaft. Fakten sind also wichtig. Sie sind nicht durch Fiktionen zu ersetzen, ganz gleich wie gut sie ursprünglich gemeint sein mögen.

Mich wundert gelegentlich, wie wenig Wert in dieser Debatte auf Tatsachen gelegt wird. War Jesus der Sohn des Schöpfers des Weltalls? Beruht die Bibel auf Tatsachen oder auf erfundenen Geschichten? Das sind für mich die entscheidenden Fragen. Es ist wichtig, sie Schritt für Schritt zu klären, ohne sich von jenen schwindlig reden zu lassen, die diese Auseinandersetzung fürchten oder ablehnen.

Die Kirchen weigern sich, die Lehre des Christentums mit der Wahrheit zu konfrontieren, die wir heute zu erkennen in der Lage sind. Daher sollten die Gläubigen die Prüfung der christlichen Lehre selbst übernehmen. In vielen Fällen tun sie das bereits – kaum noch jemand hält beispielsweise die Taufe von Babys für eine Notwendigkeit, um dem ewigen Höllenfeuer zu entkommen. Diesen Weg kann man als gläubiger Mensch weiter beschreiten. Religionskritiker könnte man dabei als eine Unterstützung sehen, die helfen, die eigenen Argumente für die christliche Lehre zu prüfen.

Ich hoffe daher, dass auch die Gläubigen, die hier mitlesen, von den vorgebrachten Argumenten beider Seiten profitieren, auch von denen der Kritiker. Umgekehrt lernen auch die Kritiker hinzu, die ja mit Christen, Moslems, Hindus, Buddhisten und so weiter auf diesem kleiner werdendem Planeten auskommen müssen und wollen.

Ich kann dich und Jörn,
ja gut verstehen.
Aber was ich nicht verstehen kann, und das macht mich traurig.

Das ihr das, was ihr den Religionen und Gläubigen vorwerft, in genau der selben, radikalen und diskriminierender weise versucht klarzumachen.

Und ihr deshalb im enddefekt, genau so gut oder Böse wie alle anderen auch seid.
Euch ist nichts Heilig, bzw. habt keine emphatie oder versucht euch in Gläubige hinein zu verseztzen.

Ihr behauptet, jahrelang die Bibel Studiert zu haben. Mit demErgebnis, das angeblich kein einziges Wort der Bibel stimmen kann.

Das kann wirklich nicht euer ernst sein!

Ihr beleidigt Gott und die Bibel, weil ihr genau wisst, dass ihr das einfach so machen könnt. Ohne protest.

Macht das mal über den Koran bzw. Islam. Oder andere Religionen!!!!

Das traut ihr euch nicht!

Das kann ich dann echt nicht mehr nachvollziehen, und vor allem so respektlos,
ihr wollt doch besser sein als die Religionen...........oder verstehe ich euch falsch?:(

Klugschnacker 24.06.2017 11:45

Zitat:

Zitat von ziel (Beitrag 1311544)
Ich kann dich und Jörn,
ja gut verstehen. Aber was ich nicht verstehen kann, und das macht mich traurig.

Das ihr das, was ihr den Religionen und Gläubigen vorwerft, in genau der selben, radikalen und diskriminierender weise versucht klarzumachen. Und ihr deshalb im enddefekt, genau so gut oder Böse wie alle anderen auch seid. Euch ist nichts Heilig, bzw. habt keine emphatie oder versucht euch in Gläubige hinein zu verseztzen.

Ihr behauptet, jahrelang die Bibel Studiert zu haben. Mit demErgebnis, das angeblich kein einziges Wort der Bibel stimmen kann. Das kann wirklich nicht euer ernst sein!

Ihr beleidigt Gott und die Bibel, weil ihr genau wisst, dass ihr das einfach so machen könnt. Ohne protest. Macht das mal über den Koran bzw. Islam. Oder andere Religionen!!!! Das traut ihr euch nicht!

Das kann ich dann echt nicht mehr nachvollziehen, und vor allem so respektlos,
ihr wollt doch besser sein als die Religionen...........oder verstehe ich euch falsch?
:(

Ja, mich verstehst Du falsch.:Blumen:

Ich habe nicht jahrelang die Bibel studiert, und ich habe nie behauptet, jedes Wort darin sei falsch. Es ist aber eine allgemein akzeptierte Tatsache, dass etliche Aussagen darin sachlich falsch sind. Im Prinzip genügt es, wenn eine einzige Aussage darin falsch wäre, um die Behauptung, die Bibel sei das Wort Gottes, infrage zu stellen.

Recht hast Du sicher in der Einschätzung, ich sei nicht besser oder schlechter als alle anderen. Gerne überlasse ich dieses Urteil anderen Menschen. Ganz gewiss habe ich jedoch meine Fehler, einige davon sind mir durchaus bewusst. Dass ich jedoch keine Empathie hätte, weil ich den Wert von Fakten anders einschätze als Du, und die damit verbundenen Zweifel an den Offenbarungen eines Abraham, Mose oder Noah ausdrücke, finde ich etwas weit hergeholt.

Kann man den Schöpfer des Weltalls beleidigen? Oder eine Schriftensammlung aus der Antike? Ich denke nicht, bin aber dankbar, dass ich in einer Gesellschaft und einer Zeit lebe, in der es erlaubt ist, Religionen, religiöse Institutionen und religiöse Botschaften zu hinterfragen und zu kritisieren. Du hast recht, im Iran oder in Ägypten würde ich das wahrscheinlich nicht öffentlich tun. Nicht wegen der Überzeugungskraft der religiösen Lehre, sondern wegen der Gewaltbereitschaft der Gläubigen. Immerhin würde ich dort mit dem Tod bestraft.

Mein Respekt gegenüber den Religionen und den Gläubigen besteht darin, dass ich mich damit auseinandersetze. Sie könnten mir ja auch vollkommen egal sein, wie der Mehrzahl der Taufscheinchristen und den meisten Atheisten. Du hast ja vermutlich auch schon festgestellt, dass es fast allen Deinen Zeitgenossen vollkommen schnuppe ist, was Moses über Völkermord dachte, oder Augustinus über das gottgefällige Sexualleben. Ich habe mir immerhin die Mühe gemacht, nachzusehen, ob in der Prädikatenlogik ein Argument zugunsten einer gottgegeben Moral liegen könne. Ich habe mich mit der Bibel beschäftigt und kenne zahlreiche Argumente beider Seiten im Detail. Verdient das nicht seitens der Gläubigen etwas Respekt, auch wenn ich zu anderen Schlüssen gelange?

Last not least bitte ich Dich zu berücksichtigen, welchen Respekt die Religionen den Anders- oder Nichtgläubigen entgegenbringen. Auch die Bibel ist hier nicht zimperlich. Es geht um nicht weniger als seelische und körperliche Qualen bis in alle Ewigkeit.

Zarathustra 24.06.2017 12:06

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1311532)
...Für mich geht es in erster Linie darum, ob der Wahrheitsanspruch des Christentums gerechtfertigt ist. Wahr oder eben nicht wahr – das ist für mich das entscheidende Kriterium. ....


„Dicit ei Pilatus: Quid est veritas?“

Dazu wäre es zuerst erforderlich den Wahrheits- und Wirklichkeitsbegriff der Religionen zu klären, z.B. so wie es der Religionswissenschaftler Seiwert hier tut:

https://www.gko.uni-leipzig.de/filea...r_Wahrheit.pdf


Ggf. wird sich dabei herausstellen, daß die von captainbeefheart genannten Aspekte für die Einschätzung des Wahrheitsanspruches nicht außer Acht gelassen werden können.

Klugschnacker 24.06.2017 12:35

Ich sage es ungern, Zarathustra, aber das ist leider Unsinn.

Nimm als Beispiel die unbestreitbare Tatsache, dass jede Nacht Millionen Motten auf spiralförmigen Flugbahnen in künstliche Lichtquellen stürzen und sich dort verbrennen.

Ich könnte nun die These aufstellen, dass dieses Verhalten einen Sinn haben müsse. Sonst würden nicht alle Motten weltweit sich fortwährend so verhalten. Sie sind ja geradezu wild auf diesen Flug und lassen sich kaum davon abhalten. Was also sei das Gute und Wichtige am Flug der Motte in die Straßenlaterne? Und daraus leite ich dann einen metaphysischen Wahrheitsbegriff ab.

In Wahrheit will die Motte überhaupt nichts von der Straßenlaterne. Sie zu umkreisen hat für die Motte keinerlei Sinn. Der Sinn liegt an ganz anderer Stelle: Motten orientieren sich bei ihrem nächtlichen Flug an den Sternen. Sie fliegen geradeaus, indem sie einen Stern immer im gleichbleibenden Winkel sehen. Dafür haben ihre Facettenaugen eine spezielle Vorrichtung. Durch die Anwesenheit einer Straßenlaterne geraten sie jedoch fatalerweise auf eine spiralförmige Umlaufbahn um die Laterne und landen zuletzt in ihrem Zentrum. Fazit: Eine sinnvolle Einrichtung der Natur, die Orientierung an Lichtquellen, kann im unpassenden Kontext (Straßenlaterne) zu Unsinn führen.

Jetzt zum Menschen:

Menschen sind zur Herausbildung großer Gemeinschaften fähig. Dabei hilft ihnen ihre Fähigkeit zum fiktiven Denken. Das fördert den Zusammenhalt. Wenn sie sich also gemeinsam einbilden, dieser oder jener sei ein König, der kraft seiner Geburt über alle herrschen dürfe, hält das Gemeinschaften von mehreren Millionen Individuen zusammen. Die gleiche Wirkung haben fiktive Konstrukte wie jene, einer gemeinsamen "Nation" anzugehören, was uns alle eint und gegen andere abgrenzt.

Die Fähigkeit zum fiktiven Denken war der entscheidende Vorteil, den der Homo sapiens gegenüber dem Neandertaler hatte. Denn fiktives Denken, der Glaube an abstrakte Dinge wie König, Nation, Götter, Belohnungen im Jenseits etc. erlaubten Gruppengrößen von vielen tausend Individuen. Der Neandertaler brachte es nur auf Gruppengrößen von 50-150 Individuen, bevor sie in Untergruppen zerfiel. Jeder musste jeden kennen.

Was uns demnach nützt, ist unsere Fähigkeit zum fiktiven Denken. Wir können eine Banknote so behandeln, als sei sie tatsächlich etwas wert, und alle machen mit. Die Fähigkeit zum fiktiven Denken bringt unsere Gemeinschaft zusammen.

Sie ist aber auch der Nährboden, auf dem sich die Religionen entwickelt haben. Die Religionen sind jedoch nicht die tiefere Ursache für den Zusammenhalt von Gemeinschaften, sondern eine Folge unserer Fähigkeit zum fiktiven Denken. So wie der Spiralflug der Motte eine Folge ihrer Art und Weise ist, sich bei Nacht zu orientieren.

Wer dies missversteht und dann auch noch den Wahrheitsbegriff auf diesem Missverständnis gründet, liegt daneben.

anlot 24.06.2017 12:39

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1311406)
Das sehe ich genauso!
Deshalb ja auch meine Frage, wo die Vernunft ist, wenn wir z.B. Tiere industriell schlachten, damit unsere Bäuche noch dicker werden. Das frage ich deshalb, weil ich hier im Thread den Eindruck habe, als würden wir ohne Religion immer vernünftiger. Ich sehe nicht, dass wir irgendwie vernünftiger werden (mit etwas Abstand betrachtet).
Wir rümpfen die Nase über Menschen, die vor 800 Jahren für "Gott" in den Krieg zogen und unterbuttern im Jahr 2017 Menschen im Namen unseres neuen Gottes (des Geldes). Wir finden manches vernünftiger, weil wir davon profitieren.

Ich erkenne den Zusammenhang mit dem ursprünglichen Thema nicht. Es ging doch nicht darum, dass wir generell immer vernünftiger werden, sondern dass wir aufgrund einer besser ausgebildeten Vernunft heute beurteilen können, dass vieles aus der Bibel schlicht unwahr ist.

Hat für mich jedoch nichts damit zu tun, dass man dennoch unvernünftiges tut. Ich denke du vermischst hier zwei unterschiedliche Themen.

anlot 24.06.2017 12:59

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1311553)
Ich sage es ungern, Zarathustra, aber das ist leider Unsinn.

Nimm als Beispiel die unbestreitbare Tatsache, dass jede Nacht Millionen Motten auf spiralförmigen Flugbahnen in künstliche Lichtquellen stürzen und sich dort verbrennen.

Ich könnte nun die These aufstellen, dass dieses Verhalten einen Sinn haben müsse. Sonst würden nicht alle Motten weltweit sich fortwährend so verhalten. Sie sind ja geradezu wild auf diesen Flug und lassen sich kaum davon abhalten. Was also sei das Gute und Wichtige am Flug der Motte in die Straßenlaterne? Und daraus leite ich dann einen metaphysischen Wahrheitsbegriff ab.

In Wahrheit will die Motte überhaupt nichts von der Straßenlaterne. Sie zu umkreisen hat für die Motte keinerlei Sinn. Der Sinn liegt an ganz anderer Stelle: Motten orientieren sich bei ihrem nächtlichen Flug an den Sternen. Sie fliegen geradeaus, indem sie einen Stern immer im gleichbleibenden Winkel sehen. Dafür haben ihre Facettenaugen eine spezielle Vorrichtung. Durch die Anwesenheit einer Straßenlaterne geraten sie jedoch fatalerweise auf eine spiralförmige Umlaufbahn um die Laterne und landen zuletzt in ihrem Zentrum. Fazit: Eine sinnvolle Einrichtung der Natur, die Orientierung an Lichtquellen, kann im unpassenden Kontext (Straßenlaterne) zu Unsinn führen.

Jetzt zum Menschen:

Menschen sind zur Herausbildung großer Gemeinschaften fähig. Dabei hilft ihnen ihre Fähigkeit zum fiktiven Denken. Das fördert den Zusammenhalt. Wenn sie sich also gemeinsam einbilden, dieser oder jener sei ein König, der kraft seiner Geburt über alle herrschen dürfe, hält das Gemeinschaften von mehreren Millionen Individuen zusammen. Die gleiche Wirkung haben fiktive Konstrukte wie jene, einer gemeinsamen "Nation" anzugehören, was uns alle eint und gegen andere abgrenzt.

Die Fähigkeit zum fiktiven Denken war der entscheidende Vorteil, den der Homo sapiens gegenüber dem Neandertaler hatte. Denn fiktives Denken, der Glaube an abstrakte Dinge wie König, Nation, Götter, Belohnungen im Jenseits etc. erlaubten Gruppengrößen von vielen tausend Individuen. Der Neandertaler brachte es nur auf Gruppengrößen von 50-150 Individuen, bevor sie in Untergruppen zerfiel. Jeder musste jeden kennen.

Was uns demnach nützt, ist unsere Fähigkeit zum fiktiven Denken. Wir können eine Banknote so behandeln, als sei sie tatsächlich etwas wert, und alle machen mit. Die Fähigkeit zum fiktiven Denken bringt unsere Gemeinschaft zusammen.

Sie ist aber auch der Nährboden, auf dem sich die Religionen entwickelt haben. Die Religionen sind jedoch nicht die tiefere Ursache für den Zusammenhalt von Gemeinschaften, sondern eine Folge unserer Fähigkeit zum fiktiven Denken. So wie der Spiralflug der Motte eine Folge ihrer Art und Weise ist, sich bei Nacht zu orientieren.

Wer dies missversteht und dann auch noch den Wahrheitsbegriff auf diesem Missverständnis gründet, liegt daneben.


Sehr schön argumentiert Arne. Respekt. Wer es nun immer noch nicht verstanden hat, dem ist wohl schlicht nicht helfen. ;-)

anlot 24.06.2017 13:04

Zitat:

Zitat von ziel (Beitrag 1311544)
Ich kann dich und Jörn,
ja gut verstehen.
Aber was ich nicht verstehen kann, und das macht mich traurig.

Das ihr das, was ihr den Religionen und Gläubigen vorwerft, in genau der selben, radikalen und diskriminierender weise versucht klarzumachen.

Und ihr deshalb im enddefekt, genau so gut oder Böse wie alle anderen auch seid.
Euch ist nichts Heilig, bzw. habt keine emphatie oder versucht euch in Gläubige hinein zu verseztzen.

Ihr behauptet, jahrelang die Bibel Studiert zu haben. Mit demErgebnis, das angeblich kein einziges Wort der Bibel stimmen kann.

Das kann wirklich nicht euer ernst sein!

Ihr beleidigt Gott und die Bibel, weil ihr genau wisst, dass ihr das einfach so machen könnt. Ohne protest.

Macht das mal über den Koran bzw. Islam. Oder andere Religionen!!!!

Das traut ihr euch nicht!

Das kann ich dann echt nicht mehr nachvollziehen, und vor allem so respektlos,
ihr wollt doch besser sein als die Religionen...........oder verstehe ich euch falsch?:(

Mit fehlt an Deinem Einwand ein Vorschlag, wie man deiner Meinung nach, respektvoll mit der Religion und der Bibel umgehen soll? Darf man Aussagen dieser auf Ihren Wahrheitsgehalt überprüfen? Ja oder Nein? Falls ja, müsste dies doch auf nachvollziehbaren Fakten geschehen, oder?

Und genau dies tun Jörn und Klugschnacker. Ich kann Deine Vorwürfe daher nicht ansatzweise nachvollziehen. Sorry.

Zarathustra 24.06.2017 13:31

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1311553)
...
Wer dies missversteht und dann auch noch den Wahrheitsbegriff auf diesem Missverständnis gründet, liegt daneben.


Das Mißerständnis liegt auf Deiner Seite. Ich habe überhaupt nichts auf irgendetwas gegründet. Ich habe diejenigen, die den Wahrheitsanspruch der Religion prüfen wollen, dazu aufgefordert zunächst zu klären, worin dieser Anspruch überhaupt besteht. (Daß das nicht so trivial ist, zeigt unabhängig davon, ob man in der Sache mit ihm übereinstimmt, der Aufsatz des Religionswissenschaftlers und die mitabgedruckte, darauffolgende Diskussion.)

Wenn Du das ablehnst und weiterhin unreflektiert der Religion einen Wahrheitsanspruch unterstellen möchtest, den sie in der Form möglicherweise gar nicht hat, kann ich das zwar nicht verhindern. Die Grundlage zu einer vernünftigen Diskussion ist aber m. E. in diesem Falle nicht gegeben.

Du übersiehst, daß es innerhalb dessen, was Du fiktives Denken nennst, zahlreiche verschiedene Wahrheitsansprüche mit ihren jeweils eigenen Kriterien faktisch gibt, die bestehen können, ohne in direkter Abhängigkeit von irgendwelchen Naturtatsachen zu sein. Mit Motten hat das freilich nichts zu tun...

ziel 24.06.2017 13:51

Zitat:

Zitat von anlot (Beitrag 1311557)
Mit fehlt an Deinem Einwand ein Vorschlag, wie man deiner Meinung nach, respektvoll mit der Religion und der Bibel umgehen soll? Darf man Aussagen dieser auf Ihren Wahrheitsgehalt überprüfen? Ja oder Nein? Falls ja, müsste dies doch auf nachvollziehbaren Fakten geschehen, oder?

Und genau dies tun Jörn und Klugschnacker. Ich kann Deine Vorwürfe daher nicht ansatzweise nachvollziehen. Sorry.

Es kommt immer auf das wie an..........
es haben sich hier schon einige verabschiedet. Warum wohl?

Was ist Emphatie, was ist Liebe, was ist nächstenliebe......für Atheisten?

Liebe deinen nächsten wie dich selbst.

Was könnte das für einen Menschen bedeuten wenn er das wörtliich versucht umzusetzen.

Wenn er Trauert, wenn er Todkrank ist.....?

Das sind fragen......nicht nur Theroretisches diskutieren.
Versuchen umzusetzten.

Was gibt uns das Jahr 20017 darauf für eine Antwort......was die Wissenschaft.

Sorry, ich bin da jetzt sehr Emotional. Und mir geht es ziemlich nah.

Werde mich hier zurückziehen und euch weiter gefühllos und Atheistisch weiter diskuttieren lassen:confused:

Jörn 24.06.2017 14:29

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1311517)
Ich habe den Eindruck es geht Dir tatsächlich darum, Dein breites Bibelwissen und Deine Ablehnung der (rk) Kirche bei egal welchem Stichwort loszuwerden. Diskussion, finde ich, geht anders.

Du hast behauptet, Christen würden womöglich keine Angst mehr vor der Hölle haben. Ich habe daraufhin die Führer der Christenheit zitiert, die genau das Gegenteil sagen. Nun sagst Du: „Diskussion geht anders“.

captainbeefheart 24.06.2017 14:45

Zitat:

Zitat von ziel (Beitrag 1311562)
Es kommt immer auf das wie an..........
es haben sich hier schon einige verabschiedet. Warum wohl?

Was ist Emphatie, was ist Liebe, was ist nächstenliebe......für Atheisten?

Liebe deinen nächsten wie dich selbst.

Was könnte das für einen Menschen bedeuten wenn er das wörtliich versucht umzusetzen.

Wenn er Trauert, wenn er Todkrank ist.....?

Das sind fragen......nicht nur Theroretisches diskutieren.
Versuchen umzusetzten.

Was gibt uns das Jahr 20017 darauf für eine Antwort......was die Wissenschaft.

Sorry, ich bin da jetzt sehr Emotional. Und mir geht es ziemlich nah.

Werde mich hier zurückziehen und euch weiter gefühllos und Atheistisch weiter diskuttieren lassen:confused:

Wäre schade, weil, soweit ich es beurteilen kann, Du einer der wenigen bzw. der einzige bekennende Christ bist, der sich beteiligt.

Ich kann es aber auch nachvollziehen, denn die verwendete Sprache ist schon für mich Nicht-Gläubigen manchmal abwertend, für Dich wird das nochmal wahrscheinlich schärfer wirken.

Matthias75 24.06.2017 14:48

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1311566)
Du hast behauptet, Christen würden womöglich keine Angst mehr vor der Hölle haben. Ich habe daraufhin die Führer der Christenheit zitiert, die genau das Gegenteil sagen. Nun sagst Du: „Diskussion geht anders“.

Das stimmt nicht.

Seine Aussagen waren:
Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1311269)
1. Religion bedient ein individualpsychologisches Transzendenz- und Zugehörigkeitsbebefürfnis. Außerdem hilft es bei Ängsten.

und
Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1311450)
"der Glaube, dass das Leben nicht mit dem Tod endet" (stellvertretend für weitere Glaubenssätze aus den verschiedenen Religionen) helfen, Ängste abzubauen..

De Bezug zum Christentum sowie die Gleichsetzung von Angst vor dem Tod und Angst vor der Hölle kam von dir.
Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1311457)
Das finde ich eine rhetorisch sehr geschickte Argumentation. Du legst überzeugend dar, dass Religion in der Lage ist, Ängste abzubauen, und führst ein Beispiel an, dem alle sofort zustimmen, nämlich die Angst vor dem Tod.

Hier ist der Fehler: Wenn Du ein System daraufhin untersuchst, ob es Ängste abbaut, dann musst Du auch untersuchen, ob es Ängste aufbaut. Und die Kirchen haben den ganzen Höllen-Klimbim ja überhaupt erst erfunden, sowie den Sünden-Quatsch und die zahlreichen Unterwelt-Märchen.

M.

captainbeefheart 24.06.2017 14:52

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1311566)
Du hast behauptet, Christen würden womöglich keine Angst mehr vor der Hölle haben. Ich habe daraufhin die Führer der Christenheit zitiert, die genau das Gegenteil sagen. Nun sagst Du: „Diskussion geht anders“.

Nein das habe ich nicht. Ich habe weder vom Christentum, noch von der Hölle geschrieben. Mein Ursprungspost #6996 lautet:

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1311269)
Wenn ich die Diskussion hier reflektiere und zur Kenntnis nehme, dass Religion (die vielen verschiedenen Religionen) weltweit weiterhin einen hohen Stellenwert hat, auch wenn es berechtigte Zweifel an den verschiedenen religiösen Systemaussagen gibt, kann ich mir das nur entlang dieser Thesen erklären:

1. Religion bedient ein individualpsychologisches Transzendenz- und Zugehörigkeitsbebefürfnis. Außerdem hilft es bei Ängsten.

2. Religion wirkt soziologisch gemeinschaftsstiftend.

3. Religion bietet weltanschauliche Deutungen und moralische Wertmaßstäbe.

In Deiner Antwort darauf hast Du - wie so oft - reflexartig Bibel, Christentum und Hölle ins Spiel gebracht. Und erst dann habe ich - auf Deine Antwort hin - eine Vermutung, keine Behauptung geäußert.

captainbeefheart 24.06.2017 14:55

Zitat:

Zitat von Matthias75 (Beitrag 1311570)
Das stimmt nicht.

Seine Aussagen waren:

und


De Bezug zum Christentum sowie die Gleichsetzung von Angst vor dem Tod und Angst vor der Hölle kam von dir.


M.

Danke Matthias.

Es ist echt schwer zu diskutieren, wenn explizite Aussagen immer wieder ignoriert werden bzw. krass umgedeutet werde. Ist das selektive Wahrnehmung?

Jörn 24.06.2017 14:59

Zitat:

Zitat von ziel (Beitrag 1311544)
vor allem so respektlos(

Du müsstest nach meiner Meinung darauf achten, dass die Forderung nach gegenseitigem Respekt nicht dazu missbraucht wird, Leute an der Untersuchung der Wahrheit zu hindern. Oder daran, die Wahrheit auszusprechen. Oder daran, Scharlatane als solche zu entlarven.

Kann man den Kommunismus beleidigen?

Von allen Argumenten finde ich die Forderung nach Respekt das Schwächste. Es ist die letzte Ausflucht, die noch bleibt, wenn alle sachlichen Argumente gescheitert sind.

In genau dieser Situation befindet sich das Christentum. Der christliche Theologie war eine Mischung aus mythischen und philosophischen Vorstellungen der jeweiligen Zeit. Dieses Fundament ist mit der Zeit weggebrochen:
  • Die Philosophie hat seitdem den philosophischen Anteil der Theologie komplett widerlegt, d.h. sie hat die logischen Widersprüche aufgedeckt. Niemand hält die philosophischen Argumente von Augustinus oder Thomas von Aquin noch für stichhaltig.
  • Die Wissenschaft hat seit 1800 zusätzlich das faktische Fundament komplett zerstört.

Seitdem steht das Christentum nackt da. Niemand benutzt noch „Gottesbeweise“ (Philosophie) oder leitet vom Lauf der Sterne (Wissenschaft) irgendetwas ab.

Stattdessen heißt es nun: Man muss allein mit dem Herzen glauben, Argumente sind egal. Darin steckt aber nichts weiter als die komplette Kapitulation vor vernünftigen Argumenten. Diese sind alle gescheitert. Nur deswegen sind sie plötzlich egal. Vor dem Jahr 1700 haben die großen Kirchenlehrer noch ganz anders argumentiert, da gab es noch jede Menge Argumente.

Es ist also kein Zufall, dass wir nun hören, man dürfe „aus Respekt“ keine Kritik am Christentum äußern, weil sich ein altes Buch sonst beleidigt fühlen könnte (hilfsweise wird ein „altes Mütterchen“ hervorgekramt).

Jörn 24.06.2017 15:02

Zitat:

Zitat von Matthias75 (Beitrag 1311570)
Das stimmt nicht. De Bezug zum Christentum sowie die Gleichsetzung von Angst vor dem Tod und Angst vor der Hölle kam von dir.

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1311571)
Nein das habe ich nicht. Ich habe weder vom Christentum, noch von der Hölle geschrieben.

Ihr schreibt beide, niemand hätte von Hölle und Christentum geschrieben. Das hier ist das Zitat von captainbeefheart; er bezieht sich eindeutig auf die Christen und die Hölle:

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1311478)
Ich vermute es gibt deutlich weniger Christen, die sich tatsächlich vor der Hölle fürchten, als solche, die Trost oder ähnliches für die Frage des Todes finden.

Es war also korrekt, dass ich mich darauf bezog.

Matthias75 24.06.2017 15:12

Beitrag #7042

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1311457)
Hier ist der Fehler: Wenn Du ein System daraufhin untersuchst, ob es Ängste abbaut, dann musst Du auch untersuchen, ob es Ängste aufbaut. Und die Kirchen haben den ganzen Höllen-Klimbim ja überhaupt erst erfunden, sowie den Sünden-Quatsch und die zahlreichen Unterwelt-Märchen.

Beitrag #7045

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1311478)
Ich vermute es gibt deutlich weniger Christen, die sich tatsächlich vor der Hölle fürchten, als solche, die Trost oder ähnliches für die Frage des Todes finden.

Der Bezug zum Christentum und zur Hölle stammt also ursprünglich von dir. Er hat lediglich in einem Beitrag auf deine Aussage reagiert. Seine ursprüngliche Aussage (Beitrag #6996) bezog sich auf die Angst vor dem Tod und auf Religionen allgemein. Die Gleichsetzungen "Religion = Christentum" und "Angst vor dem Tod = Angst vor der Hölle" kamen von dir.

M.

Jörn 24.06.2017 16:19

Hallo M., ich verstehe Dein Argument nicht. Würdest Du argumentieren, dass es bei einer Debatte über Angst nicht angebracht ist, darüber nachzudenken, wer oder was diese Angst überhaupt eingeführt hat? Mein Argument besteht darin, dass Religionen die Ängste überhaupt erst geschürt haben, die sie zu beseitigen vorgeben; das lässt sich auch historisch nachverfolgen. Bist Du der Meinung, dass diese historische Forschung irrt, und dass die Menschen schon immer Angst vor einem jenseitigen Weltgericht und dem Fegefeuer hatten? Moses, Abraham und Noah wussten noch nichts von einem Jenseits; vermutlich hatten sie deswegen auch keine Angst davor, oder doch?

Zweitens, was hältst Du von folgendem Argument: Wenn die Notwendigkeit besteht, Trost zu spenden, dann beweist das, dass die Angst noch vorhanden ist; ansonsten bräuchte es keinen Trost. Folglich kann man nicht behaupten, die Religionen würden die Angst beseitigen; sondern sie wird nur ergänzt. Diese Ergänzung kann nur in dem Maße wirksam sein, wie Angst groß war. Um also den Trost zu vergrößern, muss man zuvor die Angst vergrößern.

Matthias75 24.06.2017 16:49

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1311581)
Hallo M., ich verstehe Dein Argument nicht. Würdest Du argumentieren, dass es bei einer Debatte über Angst nicht angebracht ist, darüber nachzudenken, wer oder was diese Angst überhaupt eingeführt hat? Mein Argument besteht darin, dass Religionen die Ängste überhaupt erst geschürt haben, die sie zu beseitigen vorgeben; das lässt sich auch historisch nachverfolgen. Bist Du der Meinung, dass diese historische Forschung irrt, und dass die Menschen schon immer Angst vor einem jenseitigen Weltgericht und dem Fegefeuer hatten? Moses, Abraham und Noah wussten noch nichts von einem Jenseits; vermutlich hatten sie deswegen auch keine Angst davor, oder doch?

1. Du hast die allgemeinen Aussagen von captainbeefheart in deinem Sinne uminterpretiert (Angst vor dem Tod = angst vor der Hölle) und dann auf das Christentum bezogen, obwohl sie allgemeiner gemeint waren. Wie ich schon öfter angemahnt habe: Trenne genauer, was du kritisieren bzw. angreifen willst.

2. Um mal in der Aussage ins Detail zu gehen: Du behauptest, dass die Angst vor dem Tod durch die Kirche bzw. das Christentum geschürt wurden, indem sie die Hölle eingeführt haben. Diese Aussage bezweifle ich. Annähernd jede Religion, auch z.B. die Griechen und Römer mit ihrer Götterwelt oder fernöstliche Religionen haben eine Lösung auf die Frage des "danach". Haben diese alle die Angst vor dem Jenseits geschürt? Oder ist es nicht vielmehr eine Grundangst, dass nach dem Leben einfach "nichts" mehr kommt, die für viele schwer zu ertragen ist und die dazu führt, nach einer Antwort zu suchen, die den Gedanken für sie erträglicher macht. Einzelne Religionen haben sich diese Angst dann zu eigen gemacht und gesagt: "Klar wartet auf euch das ewige Leben, das Nirvana oder was auch immer, aber ihr müsst dazu..."

Bitte genau lesen: Ich bezweifle nicht, das Religionen sich die Angst vor dem Tod zunutze gemacht haben und durch die Einführung einer Hölle, eines Fegefeuers etc. Einfluss auf die Menschen nehmen. Anders als du bin ich aber der Meinung, dass die Angst vor dem Ungewissen des Todes vorher da war und der Mensch darauf eine Antwort gesucht hat.

Historisch macht es auch wenig Sinn, wenn man eine Hölle eingeführt aber noch gar nicht geklärt hat, dass überhaupt etwas nach dem Tod kommt...

M.

Jörn 24.06.2017 17:10

Zitat:

Zitat von Matthias75 (Beitrag 1311584)
Annähernd jede Religion, auch z.B. die Griechen und Römer mit ihrer Götterwelt oder fernöstliche Religionen haben eine Lösung auf die Frage des "danach".

Die Frage nach dem „danach“ steht aber doch gar nicht zur Debatte? Zur Debatte stehen Ängste. Es muss also um Ängste bezüglich des Leben nach dem Tode gehen; und dies ist eine relativ neue Idee.

Zwar stimmt es, dass aus unserer heutigen Sicht viele Religionen einen Unterweltgedanken haben, bei dem Angst eine Rolle spielt. Geht man jedoch weiter zurück, um zu untersuchen, wann diese Unterweltgedanken einflossen und welche Quellen dafür verwendet wurden, dann stellt man fest, dass dieser Unterweltgedanke in den betreffenden Religionen zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt eingeführt wurde, und vorher nicht bestand.

Das Christentum enstammt dem Judentum; dort kannte man keine Hölle und schon gar keinen Teufel. Noch heute lachen die Juden über diese Vorstellung anstatt Angst zu haben. Das beweist, dass wir hier eine Religion vorfinden, die die Frage nach dem „Danach“ nicht mit einer Angstphantasie beantwortet.

Aus dem Judentum formte sich mit ägyptischen und babylonischen Einflüssen das Christentum. In der ägyptischen Mystik haben wir den Unterweltgedanken, aber noch keine Hölle. Also keinen Gegensatz von Gut und Böse. Dieser Dualismus entstammt einer bestimmten griechischen Philosophie (und keineswegs einer Theologie). Der griechische Einfluss war entscheidend für viele Ideen des Christentums. Es war eine bestimmte Mode zu einer bestimmten Zeit.

Dieses Zusammenfließen von ägyptischen, babylonischen, alt-jüdischen und griechischen Einflüssen ist die Ursache für die Angst vor Bestrafung nach dem Tod. Den genannten Einzelströmungen war diese Angst fremd. Er entstand zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Später kam man auf die Idee, eine Befreiung von dieser Angst zu begründen. Das geschah spät, später als das Urchristentum. Die Jesus-Worte von der Hölle sind relativ späte Einfügungen, von denen die Urgemeinde nichts wusste. Augustinus formulierte die Theorie von der durch Sünde gerechtfertigten Hölle einerseits, und der Erlösung durch Jesus andererseits, etwa um das Jahr 400. Er bediente sich dabei wie schon gesagt diverser griechischer Philosophien.

Diese Beispiele zeigen, dass Ängste von Religionen konstruiert und hinzugefügt wurden, und dass Religion keineswegs per se die Funktion hatte, diese schon immer vorhandenen Ängste zu mildern. Die Ängste waren nicht schon immer vorhanden; vorhanden war Trauer um Verstorbene. Die neuen Ängste waren eine späte Erfindung von ganz bestimmten, zeitlich und lokal begrenzten Strömungen.

LidlRacer 24.06.2017 19:14

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1311550)
„Dicit ei Pilatus: Quid est veritas?“

Dazu wäre es zuerst erforderlich den Wahrheits- und Wirklichkeitsbegriff der Religionen zu klären, z.B. so wie es der Religionswissenschaftler Seiwert hier tut:

https://www.gko.uni-leipzig.de/filea...r_Wahrheit.pdf


Ggf. wird sich dabei herausstellen, daß die von captainbeefheart genannten Aspekte für die Einschätzung des Wahrheitsanspruches nicht außer Acht gelassen werden können.

TLDNR (jedenfalls nicht vollständig)

Hier wollte bisher niemand Euren Begriffshaarspaltereien folgen, und das wird wohl auch weiterhin nicht passieren.

Wenn in der Bibel Unfug steht, bleibt es Unfug, auch wenn irgendwer sich spezielle Wahrheits- und Wirklichkeitsbegriffe ausdenkt.

Matthias75 24.06.2017 20:26

Schön, dass wir und zumindest einig sind, dass die Frage nach dem "Kommt etwas nach dem Tod?" zuerst geklärt werden musste, bevor man zur Frage "Wie mache ich das Leben nach dem Tod möglichst angenehm?" kommen konnte. :Blumen:

Andersrum hätte es auch keinen Sinn gemacht. Wie will ich jemand Angst vor der Hölle machen, dem es grundsätzlich egal ist, was nach seinem Tod passiert.

Nun zu deiner Frage:
Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1311589)
Die Frage nach dem „danach“ steht aber doch gar nicht zur Debatte? Zur Debatte stehen Ängste. Es muss also um Ängste bezüglich des Leben nach dem Tode gehen; und dies ist eine relativ neue Idee.

Captainbeefhearts These, warum Religionen weiterhin einen hohen Stellenwert haben, war:
Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1311269)
1. Religion bedient ein individualpsychologisches Transzendenz- und Zugehörigkeitsbebefürfnis. Außerdem hilft es bei Ängsten.

Deine Antwort war:
Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1311276)
1. Religion hilft keineswegs bei Ängsten, sondern schürt sie. Die angebliche Hilfe ist nur vorgetäuscht. Vor allem werden Leute verdammt und bedroht.

Diese These geht an der Fragestellung von Captainbeefheart vorbei. Das von dir angesprochene Schüren von Ängste ("sonst kommst du in die Hölle!") kann erst greifen, wenn derjenige bereits an das Leben nach dem Tod glaubt, also die Grundidee der Religion zum Leben nach dem Tod angenommen hat.

Deine These - "Religion schürt Ängste" - kann also nicht erklären, wieso sich Menschen auch heute noch den unterschiedlichen Religionen zuwenden. Ganz bestimmt nicht, weil die Religion ihnen Angst macht.

Hier greift eher die These von Captainbeefheart. Die Menschen suchen Antworten, weil sie Angst haben. Diese Angst, die Captainbeefheart meinte, ist, so meine These, die Grundangst, was "danach" kommt bzw. dass danach nicht ist bzw. sein könnte. Die Unterscheidung in "danach" und "Angst" ist daher falsch, die Angst betrifft direkt die Frage nach dem "danach". Der suchende Mensch möchte zunächst eine Antwort, ob bzw. die Antwort dass etwas danach kommt. Erst danach kann die Frage kommen was bzw. wie das "danach" ist.

Auf die erste Frage sucht er eine Antwort und sucht diese vermutlich eher bei den Religionen, weil die naturwissenschaftliche Antwort "nichts" ihn nicht beruhigt bzw. nicht die insgeheim gewünschte Antwort ist. Die Idee, dass es ein Leben nach dem Tod gibt, hat für viele sicher etwas beruhigendes, sowohl für das eigene Ableben wie auch das Ableben nahestehender Personen, da diese nicht mit einem Schlag "weg" sind. Dieser Gedanke mag für dich nicht nachvollziehbar oder irrational, das Versprechen der Kirchen auf ein ewiges Leben für dich Scharlatanerie sein etc., ich denke aber, dass dies für viele ein sehr tröstender Gedanke ist und sie sich deshalb mit einer Religion bzw. dem Grundidee der jeweiligen Religion anfreunden können, denn die Angst vor dem Nichts wird den Menschen erstmal genommen.

Das ist, was Captainbeefheart meinte. Vielleicht keine perfekte These, aber immerhin eine These.

Deine These, dass Religion auch Ängste schürt, der ich auch grundsätzlich bereits zugestimmt habe, greift an einem anderen Punkt an, erklärt aber nicht, wieso sich Menschen der Religion zuwenden.

Wie schon gesagt, mir ist egal, woran irgendjemand glaubt. Wenn du aber jemand von der Sinnlosigkeit seines Glaubens überzeugen willst, musst du erst der Frage auf den Grund gehen, woher der Glaube kommt und wieso derjenige glaubt. Deine These gehen sehr oft davon aus, dass die Kirche die Grundlage des Glaubens geschaffen hat. Ich gehe davon aus, dass sich, egal bei welcher Religion, der Glaube zuerst entwickelt hat und erst später eine Institution entstand, um diesen Glauben zu kanalisieren und irgendwann dann auch für sich zu nutzen.

M.

Vicky 24.06.2017 20:42

Um mal zum Thema zurück zu kehren. Das schrieb ich übrigens zum Thema, warum Menschen Religionen noch immer leben.

Zitat:

Zitat von Vicky (Beitrag 1308122)
Ich persönlich glaube (höchst persönliche, völlig unwissenschaftliche Meinung :Cheese: ), dass Religion für Menschen so etwas wie Tradition ist. Eine (womöglich die einzige) echte Konstante im Leben der Menschen. Alles verändert sich, nur die Religion nicht. Deshalb nehmen die Menschen die vielen Widersprüche in Kauf, ignorieren sie eher. Es geht also weniger um den Inhalt der Religion, sondern vielmehr um ... nun ja... so ein paar Bräuche zu zelebrieren. Konstante im Leben, die es eben in 20, 30, 40 Jahre noch gibt. Kaum eine Beziehung hält heutzutage noch so lange. Da suchen die Menschen halt etwas, das sich nicht so schnell ändert... Viele sind mit diesem Leben auf der Überholspur überfordert.

Die meisten bekommen doch Religion vom Elternhaus mit auf den Weg. Sie halten aus Tradition daran fest. Es ist sicher nur eine mögliche Variante für ganz verschiedene Erklärungen.

Jörn 24.06.2017 21:56

Zitat:

Zitat von Matthias75 (Beitrag 1311610)
Schön, dass wir und zumindest einig sind, dass die Frage nach dem "Kommt etwas nach dem Tod?" zuerst geklärt werden musste, bevor man zur Frage "Wie mache ich das Leben nach dem Tod möglichst angenehm?" kommen konnte. (...)

Du beschreibst das Henne-Ei-Problem. Ich bin nicht sicher, ob es lohnt, dieses "Problem" weiter zu verfolgen, es sei denn, es wäre für Dich von zentraler Wichtigkeit. Aus anderen Zusammenhängen wissen wir bereits, dass die Henne-Ei-Frage eine sinnlose Frage ist, die anders gestellt werden muss, wenn sie sich nicht im Kreis drehen soll.

Religiöse Inhalte entwickeln sich mit der Zeit. Die heutigen Christen glauben, die Inhalte wären auf einen Schlag von Mose und Jesus verkündet worden, so wie wir sie heute kennen. Du fügst hinzu, dass es eine Antwort auf bereits bestehende Ängste gewesen sein müsste (erst das Bedürfnis, dann die Befriedigung). In Wahrheit haben sich die Inhalte jedoch "Zug um Zug" entwickelt; der eine Zug war die Antwort auf den anderen, und so weiter.

Das Christentum durchlief mehrere Phasen. Zuerst war von einem ewigen Leben überhaupt nicht die Rede. Man starb, und das war's. Später entwickelte Paulus die Theorie, unsere Sünden würden durch den Tod von Jesus vergeben und man erlangte das ewige Leben. Wer genau? Alle Christen, egal was sie taten, sofern sie sich nur zu Jesus bekannten. In beiden Phasen gab es keinen Grund zur Angst: Entweder es war einfach Schluss, oder man lebte ewig in Glorie. Eben darin bestand die "Frohe Botschaft" des Neuen Testaments. Wozu also Angst haben?

Die Angst wurde in der nächsten Phase durch Augustinus eingeführt, im Jahr 396, der plötzlich darlegte, dass keineswegs alle Christen das ewige Leben bekommen würden; im Gegenteil, die meisten würden es nicht bekommen. Die Ungläubigen sowieso nicht, aber auch die meisten Christen nicht. Erst dadurch entstand die Angst, man dürfe nicht als Sünder sterben, sondern müsse mit weißer Weste vor das große Gericht treten. Vor diesem Datum gab es die Angst nicht.

Wenn uns diese Ängste angeboren wären, dann hätte es nicht bis zum Jahr 396 gedauert, dass jemand darauf hinweist. Übrigens sind Augustins Schriften ein schäumendes Meer aus Wahnsinn und Dummheit. Die Erbsünde, die Sexualmoral und die Geringschätzung der Frau in den christlichen Kirchen basieren bis heute auf seinen Schriften. Weder Moses noch Jesus haben je von einer Erbsünde gesprochen oder eine Sexualmoral formuliert. Christen denken bis heute, das stünde alles in der Bibel.

Klugschnacker 24.06.2017 21:58

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1311589)
Zwar stimmt es, dass aus unserer heutigen Sicht viele Religionen einen Unterweltgedanken haben, bei dem Angst eine Rolle spielt. Geht man jedoch weiter zurück, um zu untersuchen, wann diese Unterweltgedanken einflossen und welche Quellen dafür verwendet wurden, dann stellt man fest, dass dieser Unterweltgedanke in den betreffenden Religionen zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt eingeführt wurde, und vorher nicht bestand. …

Danke für dieses interessante Posting!

Matthias75 24.06.2017 22:45

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1311617)
Die Angst wurde in der nächsten Phase durch Augustinus eingeführt, im Jahr 396, der plötzlich darlegte, dass keineswegs alle Christen das ewige Leben bekommen würden; ... Vor diesem Datum gab es die Angst nicht.

Wenn uns diese Ängste angeboren wären, dann hätte es nicht bis zum Jahr 396 gedauert, dass jemand darauf hinweist.

Du argumentiert wieder an meiner Antwort vorbei (und mal wieder nur mit Bezug auf das Christentum,obwohl die These von Captainbeefheart nicht auf eine Religion beschränkt war). Ich bezog mich auf eine allgemeine Angst vor dem Tod. Du bist wieder bei der Angst vor der Hölle.

Nochmal: Die Fragestellung war: Warum haben Religionen auch heute einen hohen Stellenwert?

Captainbeefheart hat eine These aufgestellt, die du angezweifelt hast, wobei deine Argumentation an seiner These vorbei ging. Die Angst vor der Hölle wird niemand dazu bringen, einer Religion beizutreten, da sie bereits den Glauben an ein ewiges Leben, also an die Religion, voraussetzt. Diese Angst kann sich eine Religion nur zunutze machen, wenn sie die Gläubigen vorher für sich gewonnen hat. Das war aber die ursprüngliche Fragestellung: Was bewegt Menschen, einer Religion beizutreten?

Du kannst jetzt gerne den nächsten wissenschaftlichen oder historischen Exkurs starten. Was die Fragestellung, die Captainbeefheart angesprochen hat und auf die ich mich bezog, angeht, gingen deine letzten Beiträge aber am Thema vorbei.

M.

Ich glaube auch nicht, dass die von mir genannten Ängste angeboren sind, sondern sich mit dem Denken entwickeln. Der Mensch hat sich irgendwann als Individuum mit eigenen Verstand begriffen. Ab diesem Zeitpunkt war die Frage nicht mehr weit, ob dieser Verstand an den Körper gebunden ist.

Zarathustra 24.06.2017 22:52

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1311605)
TLDNR (jedenfalls nicht vollständig)


Schade, ich hätte nämlich stark damit gerechnet, gerade von Dir eine qualifizierte Einschätzung zu der Problematik zu erhalten!



Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1311605)
Hier wollte bisher niemand Euren Begriffshaarspaltereien folgen, und das wird wohl auch weiterhin nicht passieren.


Den Überblick und die hellseherischen Fähigkeiten bewundere ich zwar, muß aber bezüglich der vermuteten Absichten enttäuschen: Auf Follower bin ich gar nicht aus.


Im Übrigen scheint mir, wenn ich den Gesprächsverlauf anschaue, der Hinweis auf so manche ganz einfache Begriffsdifferenzierung nötiger zu sein als Du Dir vielleicht wünschen magst, z.B.:

Angst vor dem Tod ≠ Angst vor der Hölle.

Jörn 24.06.2017 23:14

M., Du kritisierst, dass ich mich nicht "allgemein" auf die Religion beziehe und stattdessen nur das Christentum berücksichtige.

Wenn eine These allgemein richtig ist, dann ist sie auch im konkreten Fall richtig. Wenn die Prüfung im konkreten Fall fehlschlägt, dann ist auch die allgemeine These widerlegt. Aus diesem Grund argumentiere ich gerne konkret.

Um "allgemein" über die vielen Religionen zu urteilen, müsste ich die Mehrzahl davon gründlich kennen; außerdem die Rahmenbedingungen, in denen sie wirksam sind. Dazu bin ich nicht imstande. Von mir aus können alle, die sich besser auskennen, weiterhin "allgemein" debattieren, und ich werde dann sehen, ob ich eine Übereinstimmung im konkreten Fall des Christentums erkennen kann.


Zitat:

Zitat von Matthias75 (Beitrag 1311620)
Die Angst vor der Hölle wird niemand dazu bringen, einer Religion beizutreten, da sie bereits den Glauben an ein ewiges Leben, also an die Religion, voraussetzt. Diese Angst kann sich eine Religion nur zunutze machen, wenn sie die Gläubigen vorher für sich gewonnen hat. Das war aber die ursprüngliche Fragestellung: Was bewegt Menschen, einer Religion beizutreten?

Es geht Zug im Zug. Die Leute waren bereits gläubig, abergläubisch, oder mystisch. Diesen Schritt hatten sie bereits vollzogen; oft einfach aus Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, aus Tradition, oder weil die Gesetze es verlangten. Später wurden neue Inhalte hinzugefügt, etwa weil bestimmte Einflüsse durch Eroberungen in eine Kultur getragen wurden, oder weil Aristoteles plötzlich wieder "in" war, oder weil Handelsreisende etwas erzählten, oder weil die Jesus-Legende sich ausbreitete.

Deswegen habe ich beschrieben, wie ein bereits bestehender Glaube (das Judentum) Schritt für Schritt verändert wurde. Es war nicht so, wie Du behauptest, dass ein Henne-Ei-Problem bestand. Sondern die Dinge rückten langsam und gemeinsam (!) in die heutige Position: die Gläubigen ebenso wie die Inhalte, an die sie glauben; die Angst ebenso wie deren Auflösung.

Eine Religion kann Problem und Lösung auch gleichzeitig als Paket anbieten. Es muss nicht zuerst das Problem ungelöst bestehen, und anschließend erfindet jemand eine Lösung. Die Römer hatten keinen Bedarf an Hölle und Erbsünde. Es war nicht so, dass sie einen unerfüllten Bedarf hatten, und plötzlich erschien das Christentum mit der Lösung. Verdammnis und Erlösung wurden gleichzeitig versichert und überzeugten als Einheit. Jene Leute, die an Erlösung interessiert waren, wussten zuvor überhaupt nicht, dass sie verdammt waren. Verdammnis und Erlösung wurde ihnen zur gleichen Zeit verabreicht. (Gewalt hat ebenfalls geholfen, falls die Gläubigen sich widerspenstig zeigten.)

Klugschnacker 24.06.2017 23:15

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1311622)
Angst vor dem Tod ≠ Angst vor der Hölle.

Ja, und? Das wissen wir doch alle. Die Angst vor den Tod kommt aus dem Selbsterhaltungstrieb und ist angeboren. Das Christentum macht sich das zunutze und steigert diese Angst. Von dieser speziellen Angst ist hier die Rede. Sie ist nicht angeboren sondern kulturell erworben.

Deshalb hat die katholische Kirche den Ablasshandel betreiben können. Sie nahm Geld von den Menschen für das Versprechen, dass die Qualen im Jenseits entsprechend kürzer ausfallen.

Mit diesem Betrug wurden märchenhafte Summen verdient. Denn die Kirche kassierte die Kleriker ab: Diese mussten zunächst die Rechte von der Kirche erwerben, natürlich gegen Geld. Wer besonders viel zahlte, erwarb damit das Recht, besonders viel Sünden "abzulassen" und gutgläubige Menschen besonders stark abzukassieren.

(Ablässe gibt es übrigens ganz offiziell in der katholischen Kirche auch heute. Das Handbuch der Ablässe wurde zuletzt im Jahr 1999 aufgelegt. Wer’s nicht glaubt, schaut bei Wikipedia.)

Es gibt theologische Arbeiten aus vergangenen Jahrhunderten, die sich mit der Frage beschäftigen, wie bei einer schweren Geburt zu verfahren sei. Angenommen, es besteht die Gefahr, dass das noch ungeborene Baby die Geburt nicht überstehen könnte. Es würde dann ungetauft versterben und demnach in der Hölle landen, befürchtete man damals. Also schien es vernünftig, notfalls das Leben der Mutter zu opfern und den Embryo im letzten Moment aus der Mutter herauszuschneiden. Das hat zwar den Tod der Mutter zur Folge, jedoch ist diese bereits getauft und kommt nicht (sicher) in die Hölle. Also schien es vernünftig, zunächst das Baby vor der Hölle zu retten. Wie wir alle wissen, gab es damals keinerlei Betäubungsmittel.

Diese an paranoide Wahnvorstellungen grenzende Angst vor der Hölle war für die Menschen damals etwas ganz Konkretes. Luther soll mit einem Tintenfass nach dem Teufel geworfen haben. Diese Angst kommt ganz eindeutig aus der christlichen Theologie und sonst nirgendwo her.

Waren die Theologen, Ärzte und Hebammen vielleicht verrückt? Ganz sicher nicht, vielleicht waren es sogar ausgesprochen kluge und emphatische Menschen. Verrückt war jedoch ihr Glaube, der ihnen vormachte, dass selbst Neugeborene im ewigen Höllenfeuer landen, nur weil sie nicht getauft sind.

Zarathustra 24.06.2017 23:56

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1311624)
Ja, und? ...

Es ist ja sehr erfreulich, daß Du und Jörn sehr besorgt um die Ängste der Christen seid. Den anderen Gesprächsteilnehmern ging es aber in ihrer Argumentation um die Angst vor dem Tod, nach wiederholten Hinweisen ausdrücklich im Unterschied zur Angst vor der Hölle.


Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1311624)
Die Angst vor den Tod kommt aus dem Selbsterhaltungstrieb und ist angeboren. Das Christentum macht sich das zunutze und steigert diese Angst.

Das ist eine fast schon alberne Verkürzung der Zusammenhänge.

Jörn 25.06.2017 00:10

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1311627)
Es ist ja sehr erfreulich, daß Du und Jörn sehr besorgt um die Ängste der Christen seid. Den anderen Gesprächsteilnehmern ging es aber in ihrer Argumentation um die Angst vor dem Tod, nach wiederholten Hinweisen ausdrücklich im Unterschied zur Angst vor der Hölle.

Die Angst vor dem Tod (nicht vor dem Sterben) ist die Angst vor dem, was aus dem Tod resultiert. Im Christentum resultiert das Weiterleben im Jenseits, entweder in der Hölle oder im Himmel. Die Angst vor dem Tod ist also die Angst vor dieser Weichenstellung und dem Weiterleben in Himmel oder Hölle. Das ist jedenfalls die christliche Lesart, bzw. das, was das Christentum dieser Frage hinzugefügt hat. Es besteht ein Zusammenhang zwischen „Tod“ und „Hölle“. Dadurch ist es für die Frage relevant.


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