Zitat:
Zitat von keko#
(Beitrag 1364043)
Ich weiß nicht von welchen Punkten du sprichst.
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Na, diese Punkte von Schwarzfahrer, welche die Identität unserer deutschen Kultur ausmachen sollen:
Zitat:
Muttersprache, Geschichte, Musik, Literatur, Kunst der Menschen, der Gegend, in der ich sozialisiert wurde, oder wo ich länger lebe und dazugehöre), daraus abgeleitete Verhaltensweisen und (ungeschriebene) Regeln im Umgang miteinander: was finden wir angemessen, was unangemessen, Priorisierung von Werten (je nach Kultur große Unterschiede), aber auch gewisse Details wie welches Essen, welche Kleidung als "normal" gesehen werden und natürlich auch Traditionen, Brauchtum.
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Wir Deutschen (also zum Beispiel Du und ich) unterscheiden uns aber in diesen Punkten doch sehr stark. Es gibt hier in meinen Augen keine gemeinsame Identität. Im Einzelnen:
Die
Musik, Literatur und Kunst, die beispielsweise Du und ich für die Kultur dieses Landes als wesentlich erachten, ist ganz unterschiedlich. Ich könnte beispielsweise Joh. Seb. Bach und Günter Grass anführen, während Du in diesem fiktiven Beispiel vielleicht Schwierigkeiten hättest, Dich überhaupt an ein einziges Werk der beiden zu erinnern. Umgekehrt wäre es natürlich genauso.
Bei den Regeln des Umgangs miteinander finden wir diese Differenzen ebenso, zum Beispiel bei den Fragen nach der Ehe für alle und daraus abgeleiteten Rechten etc. Wir haben da keine "typisch deutsche" Position, die uns beiden gemeinsam wäre. – Eine Zugfahrt genügt, um die verschiedensten Formen an höflichem und unhöflichem Umgang miteinander zu erleben.
Auch bei der
Priorisierung von Werten haben sich in anderen Debatten bereits große Unterschiede gezeigt. Hat ein Lehrer das Recht, im Religionsunterricht Kinder anzulügen, oder muss anderen Werten eine höhere Priorität eingeräumt werden?
Essen, Kleidung, Traditionen, Brauchtum: Auch hier stehen wir auf unterschiedlichen Positionen. Ich halte beispielsweise den Feiertag an Maria Himmelfahrt, an dem man die "Tatsache" ehrt, Maria sei mitsamt ihres Leibes in den Himmel aufgefahren (wo ist sie da wohl angekommen?) für sehr peinlich; Dir hingegen sind diese Traditionen und Bräuche wichtig. Ich verzichte auf tierische Lebensmittel, Du nicht.
Deine und meine Positionen sind natürlich gleich "gut" oder gleich "schlecht". Es geht mir nicht um eine Wertung. Sondern ich will zeigen, dass eine deutsche Identität in großen Teilen eine Fiktion ist. Der eine sitzt an Mariä Himmelfahrt vor seinem Schweinebraten, hört Helene Fische und denkt sich zufrieden seufzend "Ah,
das ist Deutschland". Ein anderer wird schon bei der bloßen Vorstellung daran kotzen. Beide sind Deutsche.
Unterschätzt wird dabei aus meiner Sicht, die große Vielfalt, die wir in Deutschland haben. Ich halte sie für eine Stärke unserer Gesellschaft, nicht als Ausdruck eines Identitätsverlusts.
:Blumen: