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blaho 08.06.2017 10:28

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1308725)
Mal ein Beispiel:

Martin Luther machte sich Gedanken über Kinder, die behindert auf die Welt gekommen waren. Er war überzeugt davon, dass hier der Teufel am Werk gewesen sei: Entweder habe die Mutter mit dem Satan Geschlechtsverkehr gehabt, wobei das behinderte Kind gezeugt worden sei. Oder das Kind sei nach der Geburt heimlich von Teufel ausgetauscht und der Mutter unterschoben worden.

Vor 75 Jahren hatte der ein oder andere Arzt andere Ideen mit demselben Augang für Mutter und Kind. Liegt wohl in der menschlichen Natur.

Klugschnacker 08.06.2017 11:35

Sein und Sollen können von mir aus auf einer abstrakten logischen Ebene getrennt sein. Die bloße Existenz der Dinge sagt uns nicht, wie wir uns verhalten sollen. Wendet man das aber auf konkrete Beispiele an, ergibt sich für mich Unsinn:

- Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.
- Du sollst Dir kein Bildnis machen
- Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen
- Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen
- Achte auf den Sabbat: Halte ihn heilig, wie es dir der Herr, dein Gott, zur Pflicht gemacht hat
- Du sollst Dich stundenlang vor einer Mauer verneigen
- Du sollst freitags kein Fleisch essen
- Du sollst am Karfreitag nicht tanzen gehen

Wenn man zu der Einsicht gelangt, dass es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Gott gibt, der das oben genannte von uns verlangt (Sein), kann man freilich trotzdem sagen: "Auch wenn es diesen Gott nicht gibt, heißt das noch lange nicht, dass die obigen Verhaltensgebote falsch sind (Sollen). Wer weiß? Vielleicht ist es auch ohne Gott gut, den Sabbat zu heiligen, sich vor einer Mauer zu verneigen und am Karfreitag das Tanzen zu verbieten? Sein und Sollen sind ja zweierlei!"

Das zeigt meiner Meinung nach, dass Sein und Sollen in der Lebenswirklichkeit der Menschen nicht völlig getrennt sind. Wenn die Kirche sagte: "Natürlich gibt es keinen Gott, das ist alles erfunden. Die Menschen sollten jedoch trotzdem die Kirchen finanzieren, oder sollen die Priester etwa arbeiten gehen?!". Die Menschen würden ihnen etwas husten, meinst Du nicht?
:Blumen:

captainbeefheart 08.06.2017 13:33

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1308770)
Das zeigt meiner Meinung nach, dass Sein und Sollen in der Lebenswirklichkeit der Menschen nicht völlig getrennt sind.

Das ist natürlich so. Handlungen (Sein) folgen Haltungen, in dem auch das Sollen von Menschen verankert sind. Und Handlungen prägen über die Zeit auch Haltungen aus. Darum ging es hier aber nicht.

Es ging um den Aspekt, ob die Argumentation "es gibt empirische Beweise, dass, was in der Bibel über Seins-Themen steht (überwiegend / vollständig) falsch ist", zu dem Schluss führt, dass damit auch (alle) die meisten normativen Aussagen der Bibel ebenfalls falsch oder irrelevant sind. Und dem ist nicht so.

Zarathustra 08.06.2017 14:09

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1308770)
...
Das zeigt meiner Meinung nach, dass Sein und Sollen in der Lebenswirklichkeit der Menschen nicht völlig getrennt sind. ...
:Blumen:


Ganz genau. Es kommt aber darauf an zu betonen, daß diese Verbindung von Menschen hergestellt, relativ willkürlich und von ihren Interessens- und Lebensumständen usw. abhängig ist.

Die Menschen wollen ja in der Regel Begründungen für ihre Ethik. Die Religion liefert eine solche Begründung, die ihre besondere Stabilität dadurch gewinnt, daß sie eine ganze, transzendente Seinsebene postuliert. Diese kann zwar leicht bekämpft werden überall dort, wo sie sich zu eng mit dem Empirischen verbundenen Aussagen hinreißen läßt, wie in dem Beispiel mit dem Teufel oder den Hexen. Da sie aber wesentlich ein reines Gedankengebilde darstellt, ist sie jederzeit flexibel genug, Widerlegungen solcher Art mehr oder weniger unbeschadet zu überstehen.

Wäre ich ein militanter Atheist, meine Folgerung sähe so aus: Die Religion in einzelnen Tatsachenfragen zu widerlegen ist nicht genug, um sie erfolgreich zu bekämpfen. Der Kern der Auseinandersetzung muß auf dem Feld der konkreten ethischen Fragen geführt werden. Sind die Antworten der Religion auf diesem Feld einmal besiegt, werden auch ihre Begründungen von alleine wegfallen.

Jörn 08.06.2017 14:35

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1308792)
Es ging um den Aspekt, ob die Argumentation "es gibt empirische Beweise, dass, was in der Bibel über Seins-Themen steht (überwiegend / vollständig) falsch ist", zu dem Schluss führt, dass damit auch (alle) die meisten normativen Aussagen der Bibel ebenfalls falsch oder irrelevant sind. Und dem ist nicht so.

Die Bibel stellt aber die Gebote (das Sollen) nicht unabhängig dar. Sondern die Gebote werden begründet (und verbunden) mit bestimmten Behauptungen (dem Sein). Beispielsweise wird behauptet, wir sollen an Gott glauben, weil Gott existiert. Das Wort "weil" stellt die Verbindung her, also sind Glaube (Sollen) und seine Existenz (Sein) verknüpft.

Man kann also keineswegs argumentieren, dass im Fall der Bibel die Gebote weiterhin gültig sein könnten, auch wenn die Tatsachenbehauptungen falsch wären. Durch die Verknüpfung stehen und fallen beide zusammen.

Lediglich wenn man es als von der Bibel abgehobenes logisches Konstrukt betrachtet, und diese Verknüpfung ignoriert, lassen sich Tatsachen von den Geboten trennen. Nur dann könnte man notfalls sagen, der Glaube an Gott wäre auch ohne seine Existenz sinnvoll. Aber die Bibel und die Menschen sind real und kein Konstrukt. Es besteht eine Verknüpfung von Geboten und Tatsachenbehauptungen. Diese Verknüpfung ist ein Teil des Konstrukts, und man kann nicht so tun, als gäbe es keine Verknüpfung.

qbz 08.06.2017 15:11

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1308809)
Lediglich wenn man es als von der Bibel abgehobenes logisches Konstrukt betrachtet, und diese Verknüpfung ignoriert, lassen sich Tatsachen von den Geboten trennen. Nur dann könnte man notfalls sagen, der Glaube an Gott wäre auch ohne seine Existenz sinnvoll. Aber die Bibel und die Menschen sind real und kein Konstrukt. Es besteht eine Verknüpfung von Geboten und Tatsachenbehauptungen. Diese Verknüpfung ist ein Teil des Konstrukts, und man kann nicht so tun, als gäbe es keine Verknüpfung.

Wer wie möglicherweise Zarathustra an das Humes Gesetz , einen Dualismus von Sein und Sollen glaubt ;) , kann schon eine solche Vernküpfung ablehnen. Es stehen sich dann einfach zwei unterschiedliche erkenntnistheoretische Positionen gegenüber, die man anerkennen muss, und wo ihr auf keinen gemeinsamen Nenner kommt. solange jeder auf der seinigen Position besteht.

waden 08.06.2017 17:17

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1308816)
Wer wie möglicherweise Zarathustra an das Humes Gesetz , einen Dualismus von Sein und Sollen glaubt ;) , kann schon eine solche Vernküpfung ablehnen. Es stehen sich dann einfach zwei unterschiedliche erkenntnistheoretische Positionen gegenüber, die man anerkennen muss, und wo ihr auf keinen gemeinsamen Nenner kommt. solange jeder auf der seinigen Position besteht.

Zarathustra bestreitet, wenn ich das richtig verstehe, Jörns Beweisführung ja nicht; er hält sie nur nicht ausreichend, um (wenn man das will) die Religion erfolgreich zu bekämpfen, sondern hält es für notwendig, die Diskussion möglichst ausschließlich auf dem Feld der ethischen Fragen zu führen. Arne hält dagegen, dass diese Trennung auf einer abstrakten Ebene reizvoll sein mag, aber in der praktischen Betrachtung nicht sinnvoll durchzuhalten ist. Insofern habe ich den Eindruck, dass eine gewisse und für mich auch interessante Klärung der Begriffe und Standpunkte stattgefunden hat (wenngleich ich bedaure, dass dabei vorübergehend reihenweise Teilnehmer abgesprungen sind).

Zarathustra weist ja auch auf den gesellschafts- und zeitgebundenen Aspekt ethischer Standpunkte (des Sollens) hin. Auch das Sollen der Religion unterliegt dabei erkennbar einem Wandel. Die normativen Aussagen der Bibel werden dann "zeitgemäß interpretiert". Die Soll-Aussagen ändern sich sozusagen mit dem Wandel des Seins und gehen ihm nicht voraus. Ich folge Arnes zuletzt vorgebrachter Argumentation.

captainbeefheart 08.06.2017 18:23

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1308830)
Zarathustra bestreitet, wenn ich das richtig verstehe, Jörns Beweisführung ja nicht; er hält sie nur nicht ausreichend, um (wenn man das will) die Religion erfolgreich zu bekämpfen, sondern hält es für notwendig, die Diskussion möglichst ausschließlich auf dem Feld der ethischen Fragen zu führen. Arne hält dagegen, dass diese Trennung auf einer abstrakten Ebene reizvoll sein mag, aber in der praktischen Betrachtung nicht sinnvoll durchzuhalten ist. Insofern habe ich den Eindruck, dass eine gewisse und für mich auch interessante Klärung der Begriffe und Standpunkte stattgefunden hat (wenngleich ich bedaure, dass dabei vorübergehend reihenweise Teilnehmer abgesprungen sind).

Zarathustra weist ja auch auf den gesellschafts- und zeitgebundenen Aspekt ethischer Standpunkte (des Sollens) hin. Auch das Sollen der Religion unterliegt dabei erkennbar einem Wandel. Die normativen Aussagen der Bibel werden dann "zeitgemäß interpretiert". Die Soll-Aussagen ändern sich sozusagen mit dem Wandel des Seins und gehen ihm nicht voraus. Ich folge Arnes zuletzt vorgebrachter Argumentation.

Integrierende und damit versöhnliche Zusammenfassung, Danke.

Dass das Normative den Handlungen folgt bzw. sich entlang derer verändert, ist das eine, es geht aber genauso in die andere Richtung. Denk an die Sozialisierung "im System", etwas, das hier ja auch schon angesprochen wurde, wenn Kinder der "Indoktrinierung" mit Religion durch die Eltern und der Schule ausgesetzt sind :-)

Vicky 08.06.2017 18:31

Zitat:

Zitat von waden (Beitrag 1308830)
Die normativen Aussagen der Bibel werden dann "zeitgemäß interpretiert". Die Soll-Aussagen ändern sich sozusagen mit dem Wandel des Seins und gehen ihm nicht voraus.

Ok... eine interessante Lektüre zum Wandel...

Zeitschrift "Der Theologe", Hrsg. Dieter Potzel, Ausgabe Nr. 3, So spricht Martin Luther - so spricht Jesus von Nazareth: Ein Vergleich, Wertheim 1998, zit. nach http://www.theologe.de/theologe3.htm, Fassung vom 27.1.2017

waden 08.06.2017 23:31

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1308837)
...es geht aber genauso in die andere Richtung. Denk an die Sozialisierung "im System" ...

Da gebe ich dir recht - ist das nicht ein weiterer Hinweis auf die praktische Verschränkung von Sein und Sollen?

waden 08.06.2017 23:34

Zitat:

Zitat von Vicky (Beitrag 1308838)
Ok... eine interessante Lektüre zum Wandel...

Puh! Ekelhaft. Und interessant.

Zarathustra 09.06.2017 12:34

Schwierigkeiten rühren offenbar auch daher, daß unzureichend zwischen der Existenzweise empirischer Gegenstände einerseits und andererseits ideeller Gegenstände unterschieden wird (Bsp. für Letzteres: „Es existiert ein Gott.“; „Es existieren negative Zahlen.“; „Es gibt eine Gerechtigkeit.“; etc.).

captainbeefheart 09.06.2017 13:39

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1308940)
Schwierigkeiten rühren offenbar auch daher, daß unzureichend zwischen der Existenzweise empirischer Gegenstände einerseits und andererseits ideeller Gegenstände unterschieden wird (Bsp. für Letzteres: „Es existiert ein Gott.“; „Es existieren negative Zahlen.“; „Es gibt eine Gerechtigkeit.“; etc.).

Guter Punkt. Begriffe, die sich zu einer ähnlich hitzigen Diskussion ebenso eigenen, wie alles was wir hier rund um "Gott" geschrieben haben, wären "Freiheit", "ewiges Leben" etc.

schnodo 09.06.2017 14:10

Wo wir es gerade von hitzigen Diskussionen haben, hier gibt es eine solche um die oft innige Verknüpfung von Kirche und Staat: Herxheim am Berg: Hochzeit unter Hitler-Glocke

Klugschnacker 09.06.2017 14:20

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1308940)
Schwierigkeiten rühren offenbar auch daher, daß unzureichend zwischen der Existenzweise empirischer Gegenstände einerseits und andererseits ideeller Gegenstände unterschieden wird (Bsp. für Letzteres: „Es existiert ein Gott.“; „Es existieren negative Zahlen.“; „Es gibt eine Gerechtigkeit.“; etc.).

Woher weißt Du das, Gott sei ein ideeller Gegenstand? Genauso gut könnte man das Gegenteil behaupten. In der Bibel steht, er habe mit Menschen gesprochen, Steintafeln überreicht, mit Steinen geworfen und sich die Füße gewaschen.

Ich denke nicht, dass Du etwas über die Gegenständlichkeit von Gott wissen kannst, oder unterschätze ich Dich da?
:Cheese: :Blumen:

qbz 09.06.2017 14:37

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1308940)
Schwierigkeiten rühren offenbar auch daher, daß unzureichend zwischen der Existenzweise empirischer Gegenstände einerseits und andererseits ideeller Gegenstände unterschieden wird (Bsp. für Letzteres: „Es existiert ein Gott.“; „Es existieren negative Zahlen.“; „Es gibt eine Gerechtigkeit.“; etc.).

Die Geschichten über einen Wanderprediger, der sich als Sohn Gottes bezeichnet (Jungfrauengeburt), Wunder vollbringt und nach seiner Ermordung wieder zum Leben aufersteht, handeln schon von konkret historischen Gegebenheiten, die von Wissenschaftlern auf ihren Wahrheitsgehalt hin so gut wie möglich überprüfbar sind, im Unterschied zu einer rein transzendenten, übernatürlichen Vorstellung / Idee Gottes.

Die Schwierigkeit" der Unterscheidung zwischen Transzendez / Immanenz schafft das Christentum gerade selbst und nicht die Kritiker, da Christen an den menschlichen Jesus-Gott glauben, an empirisch-wahrnehmbare physische Anzeichen Gott-Vaters sowie teilweise an einen real-existierenden empirisch identifizierbaren Teufel. Ein zentraler Streit der Reformation bezog sich darauf, ob es sich bei der Hostie und dem Wein nach dem Messeprozedere um den realen Leib, das reale Blut Christi handelt oder um ein Symbol. Zuallerst müsste das Christentum mit dem heute noch aktuellen Mummenschanz aufhören, nicht die Kritiker, welche ihn als solchen charakterisieren / deklarieren.

anlot 09.06.2017 14:58

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1308956)
Die Geschichten über einen Wanderprediger, der sich als Sohn Gottes bezeichnet (Jungfrauengeburt), Wunder vollbringt und nach seiner Ermordung wieder zum Leben aufersteht, handeln schon von konkret historischen Gegebenheiten, die von Wissenschaftlern auf ihren Wahrheitsgehalt hin so gut wie möglich überbrüfbar sind, im Unterschied zu einer rein transzendenten, übernatürlichen Vorstellung / Idee Gottes.

Die Schwierigkeit" der Unterscheidung zwischen Transzendez / Immanenz schafft das Christentum gerade selbst und nicht die Kritiker, da Christen an den menschlichen Jesus-Gott glauben, an empirisch-wahrnembare physische Anzeichen-Gott-Vaters sowie teilweise an einen real-existierenden empirisch identifizierbaren Teufel. Ein zentraler Streit der Reformation bezog sich darauf, ob es sich bei der Hostie und dem Wein nach dem Messeprozedere um den realen Leib, das reale Blut Christi handelt oder um ein Symbol. Zuallerst müsste das Christentum mit dem heute noch aktuellen Mummenschanz aufhören, nicht die Kritiker, welche ihn als solchen charakterisieren / deklarieren.

sehr schöner Post! Applaus.

Zarathustra 09.06.2017 15:33

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1308952)
Woher weißt Du das, Gott sei ein ideeller Gegenstand? ...

Aus derselben Quelle, aus der ich weiß, daß Zahlen ideelle Gegenstände sind; man könnte es begriffliches Unterscheidungsvermögen nennen.
(Es weiß doch jeder, daß die Götter sich in alle möglichen Lebewesen verwandeln können. Davon muß man sich nicht täuschen lassen.)



Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1308956)
... handeln schon von konkret historischen Gegebenheiten, die von Wissenschaftlern auf ihren Wahrheitsgehalt hin so gut wie möglich überbrüfbar sind...

Christen an den menschlichen Jesus-Gott glauben, an empirisch-wahrnembare physische Anzeichen-Gott-Vaters sowie teilweise an einen real-existierenden empirisch identifizierbaren Teufel...

... Zuallerst müsste das Christentum mit dem heute noch aktuellen Mummenschanz aufhören, nicht die Kritiker, welche ihn als solchen charakterisieren / deklarieren.

Das stimmt und ich versuche ja immer zu betonen, daß man Aberglaube von religiösem Gehalt unterscheiden muß.


Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1308956)
Die Schwierigkeit" der Unterscheidung zwischen Transzendez / Immanenz schafft das Christentum gerade selbst und nicht die Kritiker...

Es ist ja heute niemand gezwungen einen religiös bestimmten transzendenten Seinsbereich zu akzeptieren. Es ging mir nur um die Feststellung, daß (viele) Gläubige es tun. Dafür brauchen sie auch vor niemandem eine Rechtfertigung, solange sie daraus keine konkreten lebensweltlichen oder gar wissenschaftlichen Ansprüche anmelden.

waden 09.06.2017 15:45

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1308967)
Es ist ja heute niemand gezwungen einen religiös bestimmten transzendenten Seinsbereich zu akzeptieren. Es ging mir nur um die Feststellung, daß (viele) Gläubige es tun. Dafür brauchen sie auch vor niemandem eine Rechtfertigung, solange sie daraus keine konkreten lebensweltlichen oder gar wissenschaftlichen Ansprüche anmelden.

Ich bezweifle stark, dass es privaten (christlichen) Glauben ohne lebensweltlichen Anspruch gibt. Auch diese Trennung funktioniert nur theoretisch.

waden 09.06.2017 16:11

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1308967)
Das stimmt und ich versuche ja immer zu betonen, daß man Aberglaube von religiösem Gehalt unterscheiden muß.

Da bleibt von der Bibel aber nicht viel übrig... insofern finde ich Jörns Aufklärung in diesem Zusammenhang sehr hilfreich. Die Bibel bestand zu Beginn im Anspruch der Verfasser nur aus religiösem Gehalt. In dem Maße, in dem man sie nachprüfen und widerlegen kann, wird der Bereich des Nachprüfbaren kleiner. Ausgerechnet das ist die Essenz? ... das ist offensichtlich in dieser Festlegung ganz willkürlich - und auch ganz schön praktisch für die Kirche, dass der Aberglaube nicht die Essenz ist.

Dein Standpunkt scheint die begriffliche Grenzziehung zu sein - das ist, denke ich, inzwischen angekommen. Du hältst Sie für essenziell, ich oft für lebensfern. Sein und Sollen lassen sich in Denkaufgaben trennen - in der Entwicklung der christlichen Religionsgeschichte gab es jedoch immer Verschränkungen.

Klugschnacker 09.06.2017 17:31

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1308967)
Das stimmt und ich versuche ja immer zu betonen, daß man Aberglaube von religiösem Gehalt unterscheiden muß.

Worin besteht denn der Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Jörn 09.06.2017 18:56

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1308952)
Woher weißt Du das, Gott sei ein ideeller Gegenstand? Genauso gut könnte man das Gegenteil behaupten. In der Bibel steht, er habe mit Menschen gesprochen, Steintafeln überreicht, mit Steinen geworfen und sich die Füße gewaschen.

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1308967)
Aus derselben Quelle, aus der ich weiß, daß Zahlen ideelle Gegenstände sind; man könnte es begriffliches Unterscheidungsvermögen nennen.

So wie ich Zarathustra verstehe, sieht er „Religion“ als allgemeines Konzept; seine Thesen sind daher auf alle Religionen anwendbar, ohne sich um deren spezifischen Inhalte zu kümmern. Er nimmt quasi eine Vogelperspektive ein.

Den Gläubigen geht es aber nicht um diese Vogelperspektive, sondern ausschließlich um die spezifischen Inhalte ihrer Religion. Das bedeutet, dass man bei der Beurteilung dieser Perspektive auch (und vor allem) die Inhalte einbeziehen muss. Antworten ergeben sich aus dem Inhalt.

Vielleicht ist es an dieser Stelle hilfreich, sich einen Unterschied zwischen Religion (Konzept) und Glauben (konkrete Überzeugung) vorzustellen. Debatten über Religion als Konzept sind logische Gedankenübungen, während Debatten über den konkreten Glauben etwas mit unserer Gesellschaft zu tun haben. (Diese müssen übrigens nicht logisch sein, damit sie geglaubt werden.)

Auf welcher dieser beiden Seiten steht nun die Bibel?
  • Man kann die Bibel sehen als ein Zeugnis dafür, dass Menschen über Gott schreiben. Gott bleibt dabei ein ideeller Gegenstand. Die Aussage „Gott hat die Erde geschaffen“ sagt in diesem Fall nur aus, dass Menschen davon schreiben, und nicht, dass Gott tatsächlich etwas tat.
  • Oder man kann den Umstand berücksichtigen, dass Gott das Buch selbst verfasst und dessen Niederschrift organisiert hat. In diesem Fall spricht Gott selbst. Die Aussage: „Gott hat die Erde geschaffen“ wäre dann als konkrete Tatsache zu verstehen.

Die Kirche stellt sich auf den zweiten Standpunkt. Für die Kirche ist Gott der Urheber, also ist er konkret, und nicht nur ein Konzept. Die Bibel handelt nicht einfach von Menschen, die über Gott (oder ein Konzept) sprechen, sondern Gott spricht zu den Menschen – und er wählt dabei jene literarische Form, die ihm aufgrund seines unergründlich weisen Ratschluss angemessen erscheint. Auch wenn in der Bibel von Gott in der dritten Person berichtet wird, ist es dennoch Gott, der spricht. (Die entsprechenden Äußerungen des Vatikans habe ich bereits mehrfach zitiert.)

Das gesamte Alte Testament und das erste Drittel der Zehn Gebote werden so verstanden, dass Gott die Bühne betritt und sich der Menschheit zu erkennen gibt. „Ich bin der, der ich bin“ (das bedeutet der Name JAHWE) verkündet ebendies. Ab diesem Moment wird aus einem (möglicherweise vorhandenen) Konzept eine Realität. Gott tritt aus der Rolle der dritten Person (der, über den gesprochen wird) hinein in die Rolle der ersten Person (der, der spricht). Er offenbart nicht nur einen Haufen Gebote, sondern zuerst und vor allem sich selbst.

Gott als „ideeller Gegenstand“ (Zitat Zarathustra) scheidet im Fall der Bibel also aus, wenn man der offiziellen Auslegung der rk-Kirche folgt.

captainbeefheart 09.06.2017 19:32

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1309002)

Den Gläubigen geht es aber nicht um diese Vogelperspektive, sondern ausschließlich um die spezifischen Inhalte ihrer Religion. Das bedeutet, dass man bei der Beurteilung dieser Perspektive auch (und vor allem) die Inhalte einbeziehen muss. Antworten ergeben sich aus dem Inhalt.

.

Weder lassen sich "die Gläubigen" so verallgemeinern, noch das, was sie möglicherweise tun ("es geht Ihnen ausschließlich um spezifische Inhalte ihrer Religion").

Es wird solche auch geben. Meine These ist aber, dass es einen guten Teil geben wird, der sehr wohl, wie Zarathustra, willens und in der Lage ist, eine Beobachterperspektive einzunehmen und den religiösen Inhalt kritisch zu reflektieren. Des weiteren wird es welche geben, die sogar eine Beobachtung 2. Ordnung versuchen, also die Beobachtung beobachten. Und es wird auch welche geben, denen der Inhalt mehr oder weniger egal ist. Usw.

Ich weiß nicht, warum Du so generalisierst, das geht an der Lebenspraxis mindestens so vorbei, wie es für die Unterscheidung von Sollen und Sein unterstellt wurde.

waden 09.06.2017 19:34

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1309009)
Ich weiß nicht, warum Du so generalisierst, das geht an der Lebenspraxis mindestens so vorbei, wie es für die Unterscheidung von Sollen und Sein unterstellt wurde.

;-) Risiko der Generalisierung

Jörn 09.06.2017 20:29

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1309009)
Weder lassen sich "die Gläubigen" so verallgemeinern, noch das, was sie möglicherweise tun ("es geht Ihnen ausschließlich um spezifische Inhalte ihrer Religion").
(...)
Ich weiß nicht, warum Du so generalisierst, das geht an der Lebenspraxis mindestens so vorbei, wie es für die Unterscheidung von Sollen und Sein unterstellt wurde.

War mein Posting derart missverständlich?

Christen glauben an die Inhalte des Christentums. Sie glauben nicht an andere Inhalte, die dem Christentum widersprechen. Der Glaube hat also mit ganz bestimmten Inhalten zu tun. Das ist keine unzulässige Verallgemeinerung. Beispielsweise haben alle CDU-Mitglieder gemein, dass sie CDU-Mitglieder sind; und sie haben auch eine gemeinsame Vorsitzende.

Wer Religion lediglich als „Konzept“ betrachtet, der muss sich womöglich gar nicht mit inhaltlichen Einzelheiten befassen. Der könnte das Christentum und den Hinduismus gleichermaßen als „religiöses Konzept“ betrachten und dabei Aussagen treffen, die für beide Religionen zutreffend sind. Das ist zwar eine Verallgemeinerung, aber an dieser Stelle zulässig. Es ist nicht verboten, Religion als allgemeines Konzept zu betrachten.

Die Frage ist, ob es gesellschaftlich relevant ist, Religion als Konzept zu betrachten, oder ob es nur ein Gedankenspiel ist. Meine These ist, dass man eher den konkreten Glauben untersuchen muss, wenn es gesellschaftlich relevant sein soll. Dieser Glaube hat mit Inhalten zu tun, also kann man die Inhalte nicht völlig ignorieren. Die Vogelperspektive nützt hier nicht viel.

Legt man also die konkreten Inhalte des Christentums zugrunde, dann ist die These von einem rein ideellen Gott nicht haltbar, da die rk-Kirche ihr ausdrücklich widerspricht. Im Fall des konkreten Glaubens ist diese Frage also beantwortet. Die Kirche sagt, dass Gott kein ideelles Konzept ist.

Zarathustra 09.06.2017 20:56

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1309013)
... Die Kirche sagt, dass Gott kein ideelles Konzept ist.

Du übersiehst hier den grundlegenden Schritt eines jeden Idealismus, den auch die Kirche vollzieht: Sie erklärt die ideelle Welt zur wahren Realität und umgekehrt was man gewöhnlich in außerreligiösem Sinn als Realität versteht als bloßen Schein oder zumindest von geringerem Rang.

Zarathustra 09.06.2017 21:04

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1308988)
Worin besteht denn der Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Das ist eine wichtige Frage. Ich würde das etwa so sehen: Aberglaube ist eine falsche Einschätzung der Tatsachen (besonders bezüglich kausaler Zusammenhänge) und entspringt aus Furcht; relig. Glaube ist eine Beurteilung von Leben und Welt (=Tatsachen), z.B. die Schöpfung als göttliche, aus einer Haltung des Vertrauens.

Jörn 09.06.2017 21:06

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1309014)
Du übersiehst hier den grundlegenden Schritt eines jeden Idealismus, den auch die Kirche vollzieht: Sie erklärt die ideelle Welt zur wahren Realität und umgekehrt was man gewöhnlich in außerreligiösem Sinn als Realität versteht als bloßen Schein oder zumindest von geringerem Rang.

Nein, das übersehe ich nicht, aber es spielt keine Rolle.

Wenn Menschen daran glauben und danach handeln, dann ist dieser Glaube Realität. Diese Realität wird gesellschaftlich wirksam und dadurch relevant. Deswegen ist es Gegenstand einer gesellschaftlichen Debatte.

Der Thread startete ursprünglich als gesellschaftliche Debatte, ausgelöst durch konkretes Handeln, begründet durch tatsächlich geglaubte Inhalte. (Zwei katholisch geführte Krankenhäuser verweigerten den Einlass einer vergewaltigten Frau.) Danach veränderte sich die Debatte hin zu einem grammatikalisch-logischen Konstrukt, dem aber die gesellschaftliche Relevanz fehlt.

Man kann diese grammatikalisch-logische Betrachtung durchaus vornehmen, aber ich möchte auch darauf hinweisen, dass es gelegentlich als Vehikel der Scharlatanerie missbraucht wird. Nämlich dann, wenn die Debatte vom Konkreten verlagert wird ins Grammtikalische, mit der Absicht, die konkrete Debatte ins Leere laufen zu lassen. (Ich will niemandem im Forum diese Absicht unterstellen; außerhalb des Forums findet man diese Winkelzüge jedoch häufig.)
Beispiel: Bei der Debatte über die Homo-Ehe wäre es Scharlatanerie, zu antworten: „Wenden wir uns hierfür dem Wirklichkeitsbegriff zu, wie Hume ihn definierte – im Gegensatz zu Aristophanes oder, bewahre!, Christopherus von Ephemus, dessen Bücher, nebenbei bemerkt, schon damals überbewertet wurden, da sie ganz der polymorphen Welthaftigkeit einer transzendentalen Anschauungsebene verpflichtet waren.“
Ich finde, im Rahmen einer gesellschaftlichen Debatte brauchen sich die Betroffenen (die ihre staatlichen Rechte einfordern) nicht mit derlei Zeugs abspeisen lassen. Eine konkrete Frage muss auch konkret debattiert werden.

Klugschnacker 09.06.2017 21:38

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1308988)
Worin besteht denn der Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1309018)
Das ist eine wichtige Frage. Ich würde das etwa so sehen: Aberglaube ist eine falsche Einschätzung der Tatsachen (besonders bezüglich kausaler Zusammenhänge) und entspringt aus Furcht; relig. Glaube ist eine Beurteilung von Leben und Welt (=Tatsachen), z.B. die Schöpfung als göttliche, aus einer Haltung des Vertrauens.

Demnach macht das Wissen um Tatsachen den Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Zarathustra 09.06.2017 22:00

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1309022)
Demnach macht das Wissen um Tatsachen den Unterschied zwischen Glaube und Aberglaube?

Der Aberglaube bezieht eine falsche Position im Hinblick auf die Tatsachen; dem relig. Glauben sind die Tatsachen äußerlich; was er hinzufügt, ist eine bestimmte Bewertung oder eine bestimmte Beleuchtung.
Deshalb könnte der Papst z.B. prinzipiell jede neue Entdeckung über den Anfang des Universums akzeptieren und ihr dann gleich die passende Interpretation mitgeben. („...und davon war Gott die Ursache.“) Oder Luther hätte auch, nachdem er die wahren Ursachen für die Behinderungen von Kindern eingesehen hätte, immer noch behaupten können, sie seien des Teufels und müßten getötet werden.

Zarathustra 09.06.2017 22:04

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1309020)
...
Ich finde, im Rahmen einer gesellschaftlichen Debatte brauchen sich die Betroffenen (die ihre staatlichen Rechte einfordern) nicht mit derlei Zeugs abspeisen lassen. Eine konkrete Frage muss auch konkret debattiert werden.

Das sage ich ja schon die ganze Zeit: daß die wirkliche Außereinandersetzung in konkreten gesellschaftlichen Fragen stattfindet.

Wenn Du aber diese Debatte führen willst, solltest Du Deine Gegner auch jeweils konkret benennen und nicht mit zu groben Verallgemeinerungen arbeiten. Religion ist nunmal ein recht vielfältiges Phänomen und die Gläubigen eine recht inhomogene Gruppe.

Jörn 09.06.2017 22:31

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1309025)
Das sage ich ja schon die ganze Zeit: daß die wirkliche Außereinandersetzung in konkreten gesellschaftlichen Fragen stattfindet.

Wenn Du aber diese Debatte führen willst, solltest Du Deine Gegner auch jeweils konkret benennen und nicht mit zu groben Verallgemeinerungen arbeiten. Religion ist nunmal ein recht vielfältiges Phänomen und die Gläubigen eine recht inhomogene Gruppe.

Deswegen beziehe ich mich auf einen konkreten Glauben und dessen konkrete Inhalte. Und nicht auf ein sprachlich-logisches Gedankenspiel.

Jörn 09.06.2017 22:51

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1309024)
Deshalb könnte der Papst z.B. prinzipiell jede neue Entdeckung über den Anfang des Universums akzeptieren und ihr dann gleich die passende Interpretation mitgeben. („...und davon war Gott die Ursache.“)

Die Behauptung, jede wissenschaftliche Entdeckung könne ebenso gut mit Gott begründet werden, ist nur eine andere Formulierung von: „Ihr könnt nicht widerlegen, dass Gott hinter all dem steckt!“. Es ist der alte Existenzbeweis. Existenzbeweise sind jedoch logisch sinnlos, und auch alle Argumentationen, die darauf aufbauen. Ebensogut könnte ich behaupten, alle wissenschaftlichen Entdeckungen wären von meinem Hamster vorherbestimmt. Hier kann auch niemand das Gegenteil beweisen. Es ist ein sinnloses Argument.

Hier versteckt sich übrigens ein Trick. Es wird suggeriert, der Papst könne bei jeder Entdeckung immer behaupten, dass Gott die Ursache sei; folglich behielte der Papst die Deutungshoheit über die Ursachen. Dabei wird verschleiert, dass die christliche Religion nicht hinter die Ursache von Gott selbst zurückgehen kann. Die Frage nach der Ursache ist also eine Frage, die das Christentum gerade nicht beantworten kann. Folglich ist dies eine Argumentationslinie, die der Papst nicht gewinnen kann.

Der Papst hat deswegen keine plausible Interpretation von wissenschaftlichen Entdeckungen. Das Zitat oben würde diesen Umstand lediglich verschleiern.

Wenn Religion etwas anderes sein will als Aberglaube, dann muss ein positiver Beweis her, und nicht die hundertste Variante von "Ätsch, Ihr könnt das Gegenteil nicht beweisen!".

Zarathustra 09.06.2017 23:20

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1309028)
Die Behauptung...

Aus Deinen Ausführungen geht hervor, daß Du mein Beispiel nicht verstanden hast, und sie gehen an dem von mir Gesagten völlig vorbei. Das liegt wahrscheinlich an dem Wort Ursache.

Jörn 09.06.2017 23:50

Ich kann Dir verbindlich mitteilen, welche Interpretationen dem Papst zur Verfügung stehen, und welche nicht.

Der Papst kann nur solche Interpretationen verwenden, die sich der Überprüfung prinzipiell entziehen. Das sind die Grenzen seines Spielfelds.

Sollte der Papst jemals eine überprüfbare Behauptung verkünden, werden die Glocken weltweit für sieben Tage und sieben Nächte klingen, und das Himmelreich wird kommen.

Wir brauchen wohl nicht darauf zu warten.

Klugschnacker 10.06.2017 08:23

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1309024)
Der Aberglaube bezieht eine falsche Position im Hinblick auf die Tatsachen; dem relig. Glauben sind die Tatsachen äußerlich; was er hinzufügt, ist eine bestimmte Bewertung oder eine bestimmte Beleuchtung.
Deshalb könnte der Papst z.B. prinzipiell jede neue Entdeckung über den Anfang des Universums akzeptieren und ihr dann gleich die passende Interpretation mitgeben. („...und davon war Gott die Ursache.“) Oder Luther hätte auch, nachdem er die wahren Ursachen für die Behinderungen von Kindern eingesehen hätte, immer noch behaupten können, sie seien des Teufels und müßten getötet werden.

Religiöser Glaube bezieht sich nicht auf Tatsachen, genauso wenig wie Aberglaube. Die Unterscheidung zwischen Glaube und Aberglaube ist stets nur subjektiv und besteht darin, welcher Religion man selber angehört, bzw. was einem als Kind beigebracht wurde.

Dass Mohammed auf einem geflügelten Pferd von Mekka zu einer Kultstätte geflogen sei, oder mit einer Leiter in den Himmel gestiegen und wieder zurück, wird man als nicht glaubender Mensch kaum als Tatsache auffassen. Das gilt aber ebenso für die Behauptung, der Tischler aus Nazareth sei der Sohn Gottes und von den Toten auferstanden. Es handelt sich um religiös motivierte Fiktionen und damit um Aberglauben.

Damit eine Ideologie überhaupt als Religion gelten kann und nicht etwa als Weltanschauung wie der Kommunismus, braucht es einen Jenseitsbezug. Das Jenseits hat aber nicht den Rang einer Tatsache, welche dann von den Religionen lediglich gedeutet und interpretiert würde. Die Existenz eines Himmels und einer Hölle hat nicht den Rang einer Tatsache, sondern ist religiöse (=abergläubische) Fiktion.

Wäre der Unterschied zwischen dem Glauben und dem Aberglauben tatsächlich in der Akzeptanz von Tatsachen begründet, wären die Religionen sehr an Tatsachen interessiert. Das Gegenteil ist der Fall.

Religionen sehen sich durch Tatsachen außerordentlich bedroht. In den Zeiten, in denen die christlichen Kirchen ihre größte Macht besaßen, war es lebensgefährlich, ergebnisoffene Naturwissenschaft zu betreiben. Giordano Bruno wurde lebendigen Leibes verbrannt, weil er behauptete, die vielen tausend Sterne am Himmel seien ebenfalls Sonnen. Galileo Galilei wurde mit Folter und Verbrennen bedroht und bekam aus Gnade nur lebenslangen Hausarrest, weil er seine Aussagen widerrief. Er hatte behauptet, die Erde würde sich um die Sonne drehen. Für solche Verfolgungen und Bestrafungen unterhielt die Kirche bekanntlich eine eigene Behörde, die Heilige Inquisition.

Es stimmt daher nicht, dass sich die Religion vom Aberglaube dadurch unterscheide, dass erstere auf Tatsachen beruhe, und diesen Tatsachen lediglich eine spirituelle Deutung zukommen ließe. Die Bibel ist voll von Aberglauben, was aufgrund der noch unterentwickelten Wissenschaft zu Lebzeiten ihrer Autoren auch nicht verwunderlich ist.

Zarathustra 10.06.2017 10:45

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1309038)
...

Es stimmt daher nicht, dass sich die Religion vom Aberglaube dadurch unterscheide, dass erstere auf Tatsachen beruhe...

Das habe ich auch nicht behauptet.

Deine historischen Ausführungen widersprechen dem von mir Gesagten auch überhaupt nicht.

Wer den Aberglauben (innnerhalb und außerhalb der Religion) bekämpfen will, gegen den habe ich nichts einzuwenden, auch wenn er nichts von religiösem Glauben verstehen will.

LidlRacer 10.06.2017 11:09

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1309024)
dem relig. Glauben sind die Tatsachen äußerlich.

Diesen Satz habe ich nicht verstanden - Arne vielleicht auch nicht(?).

Kann mich nicht erinnern, dass mir schon mal etwas "äußerlich" war. Gut, Sonnenmilch vielleicht. :Cheese:

waden 10.06.2017 11:15

Zitat:

Zitat von Zarathustra (Beitrag 1309024)
Der Aberglaube bezieht eine falsche Position im Hinblick auf die Tatsachen; dem relig. Glauben sind die Tatsachen äußerlich; was er hinzufügt, ist eine bestimmte Bewertung oder eine bestimmte Beleuchtung.

Der Aberglaube verdreht Fakten, der reiligiöse Glaube pfeift auf Fakten
Ein so feiner Unterschied ...

anlot 10.06.2017 12:01

Zitat:

Zitat von LidlRacer (Beitrag 1309062)
Diesen Satz habe ich nicht verstanden - Arne vielleicht auch nicht(?).

Kann mich nicht erinnern, dass mir schon mal etwas "äußerlich" war. Gut, Sonnenmilch vielleicht. :Cheese:

Geht mir ebenso. Diese Redensweise ist mir auch fremd.

Zarathustra: vielleicht kannst Du deine Sätze etwas allgemein verständlicher ausdrücken?


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