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Trimichi 29.05.2017 15:49

Zitat:

Zitat von Stefan (Beitrag 1306865)
Ich hoffe, Arne löscht die Passagen und verpasst Trimichi eine Zwangspause.


Und schon wieder bin ich der Böse :-) Erdogan darf uns Deutschen (Türken inklusive) alle ungestraft Nazis nennen. :Cheese:

Immerhin hat Böhmermann sich das nicht gefallen lassen

Hier kann man das Schämhgedicht trotzdem sehen, obwohl es gelöscht wurde.

der link führt zu Worten wie "sackdoof, feige und verklemmt" usw.

https://www.merkur.de/politik/jan-bo...n-6309683.html

Klugschnacker 29.05.2017 17:30

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1306777)
Es ging mir nur darum, dass du und auch Jörn die ganze Zeit darstellt, wie unhaltbar der Glaube in der aufgeklärten Zeit ist (z.B. Religionsunterricht in der Schule) und du dann so etwas Absurdes wie ein Kopftuch mit "Leben und leben lassen" wegwischt und verharmlost. Das machst du schon wieder, indem du die Debatte als Petitesse ansiehst.

Vielleicht wird es durch (fiktive) Beispiel klarer:

Nehmen wir an, ich argumentierte gegen das Tabakrauchen. Es sei schädlich und außerdem ein Unding, dass dafür Werbung gemacht werden dürfe. Doch selbst wenn ich etwas gegen das Rauchen insgesamt habe, habe ich nichts gegen den einzelnen Raucher. Ob er raucht oder nicht, respektiere ich als seine persönliche Entscheidung.

Ich habe etwas gegen harte Drogen und finde den Handel damit kriminell. Ich habe aber nichts gegen den einzelnen Drogensüchtigen.

Verkehrsstaus finde ich lästig und rauben mir mitunter den letzten Nerv. Ich kritisiere die Regierung für ihre Verkehrspolitik. Ich habe etwas gegen Staus, aber nichts gegen die Menschen, die im Stau stehen.

Ich wende mich allgemein gegen den Glauben, wo er überprüfbar unwahr ist und andere Menschen diskriminiert oder Zwietracht unter die Menschen bringt. Ich wende mich aber nicht gegen den einzelnen Gläubigen, sofern er die Rechte anderer respektiert. Es ist sein persönliches Recht, auch Unwahres für wahr zu halten. Ich halte es ebenfalls für sein Recht, diesen Glauben durch sichtbare Symbole wie ein Kreuz an einer Halskette, den Habit einer Nonne oder ein Kopftuch sichtbar zu machen. Es ist auch sein Recht, sich stundenlang vor einer Mauer zu verneigen oder auf Holzplanken zu knien.

Falls Du also demnächst eine Baghwan Holzkette um den Hals oder eine jüdische Kippa auf dem Kopf hast, werde ich Dein Recht dazu verteidigen. Gleichzeitig werde ich alle für Lügner halten, die Dir weismachen, sie hätten privilegiertes Wissen darüber, welche Götter den Himmel bevölkern und was diese von uns wollen.

Ist es jetzt klarer?
:Blumen:

MattF 30.05.2017 10:18

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1306842)
An die Gegner eines Kopftuchverbotes für öffentliche Bedienstete: Wie hättet Ihr in den vergangenen 30 Jahren in der Türkei votiert? Für Erdogan, AKP und die MHP? Oder für die CHP (Kemalisten)?


Tja die Türkei ist ja auch gescheitert mit der säkularen Politik.
Man hat es komplett übertrieben und die Gläubigen nicht mitgenommen.

Jetzt schlägt das Pendel in die andere Richtung.

Was wir von der Türkei lernen können: Kopftücher verbieten und inrgendwann wieder im Gottestaat landen. So kann man es etwas plakativ ausgedrückt auch sehen.

qbz 30.05.2017 11:10

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1306973)
Tja die Türkei ist ja auch gescheitert mit der säkularen Politik.
Man hat es komplett übertrieben und die Gläubigen nicht mitgenommen.

Jetzt schlägt das Pendel in die andere Richtung.

Was wir von der Türkei lernen können: Kopftücher verbieten und inrgendwann wieder im Gottestaat landen. So kann man es etwas plakativ ausgedrückt auch sehen.

Das heisst, Du hättest konkret in der Türkei auf Seiten der islam-konservativen AKP für die Aufhebung des Kopftuchverbotes bei öffentlich Bediensteten und (Hoch) SchülerInnen votiert, das in der Türkei seit mehr als 70 Jahren (Atatürk) dort praktiziert wurde. Die fortschrittlichen Menschen in der Türkei fühlen sich von Europa zu Recht im Stich gelassen und sehen darin auch einen Grund für das Erstarken der islam-konservativen und nationalistischen Parteien.

noam 30.05.2017 11:36

Ich finde das ein Vergleich Türkei - Deutschland im Bezug auf den Islam unzulässig ist. Eher wäre ein Vergleich Türkei - Islam mit dem Christentun in Deutschland angebracht.



Solange man von angestellten des öffentlichen Dienst und Beamten einerseits erwartet ihre persönlichen Ansichten im öffentlichen Dienst der Neutralität wegen zu verbergen, genauso muss man das öffentliche zur Schau stellen von religiös/politischen Symbolen egal welcher Art verbieten. Man stelle sich den Bereitschaftspolizisten vor, der eine Wahlveranstaltung der Linken schützen soll, der öffentlich einen Tattoo / Anstecker einer schwarzen Sonne oder Odal Rune oder ähnliches trägt. Oder eine Politik- oder Geschichtslehrerin mit Kopftuch. Ist hier noch ausreichende politische Neutralität gewahrt?



Die Trennung zwischen Politik und Religion ist beim Christentum, zumindest in der Form wie ich es hier erfahre, vollzogen. Die geistlichen Führer machen keine Politik und mahnen den Gläubigen eher an, ethische und moralische Grundsätze, die auf dem Glauben aufbauen, zu leben. In der Politik wird dies zur Kenntnis genommen, vielleicht in gewissen Maßen auch berücksichtig, aber es sind halt tatsächlich völlig getrennte Systeme.

Der Islam ist allerdings für viele Menschen, dieses Glaubens auch politisch. Gerade die Türkei nutzt die Religion in Deutschland durch ein (politisch finanziertes) Netzwerk an Moscheen und Kulturvereinen, zur Wahlwerbung und sogar Spionage. In dem hier zB nur Imame eingesetzt werden, die durch die türkische Führung legitimiert sind.

So finde ich, dass das Tragen eines Kreuzes lediglich als Zeichen des Glaubens zu sehen ist, aber das Kopftuch sehr wohl eine politische Aussage haben kann. Da politische Aussagen im öffentlichen Dienst nichts zu suchen haben, kann es nicht zulässig sein, ein Kopftuch im öffentlichen Dienst zu tragen.

Springerstiefel / Bomberjacke haben für sich ja auch keine politische Aussage, aber würde man sich nicht fragen, ob es das richtige Outfit für einen Geschichtslehrer ist, der den Schülern die NS Zeit näher bringen soll?

Klugschnacker 30.05.2017 12:36

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 33


(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
Wenn wir dieses Recht eines gläubigen Menschen respektieren wollen, und zwar so sehr, dass wir es ins Grundgesetz schreiben, – ist es dann nicht widersprüchlich und affig, ihm das Tragen eines Symbols dieses Glaubens zu verbieten?

Ich sehe keinen relevanten Unterschied zwischen einer gläubigen Muslima mit oder ohne Kopftuch. Entscheidend ist der Glaube, nicht das Kopftuch. Wenn der Glaube erlaubt ist, muss das Kopftuch ebenfalls erlaubt sein.

(Ich hätte aber nichts dagegen, wenn wir Menschen, die an die ewige Glückseligkeit im Paradies glauben, vom roten Knopf einer Atombombe fern hielten.)

trithos 30.05.2017 12:55

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1307004)
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 33


(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
Wenn wir dieses Recht eines gläubigen Menschen respektieren wollen, und zwar so sehr, dass wir es ins Grundgesetz schreiben, – ist es dann nicht widersprüchlich und affig, ihm das Tragen eines Symbols dieses Glaubens zu verbieten?

Ich sehe keinen relevanten Unterschied zwischen einer gläubigen Muslima mit oder ohne Kopftuch. Entscheidend ist der Glaube, nicht das Kopftuch. Wenn der Glaube erlaubt ist, muss das Kopftuch ebenfalls erlaubt sein.

(Ich hätte aber nichts dagegen, wenn wir Menschen, die an die ewige Glückseligkeit im Paradies glauben, vom roten Knopf einer Atombombe fern hielten.)

Ich fürchte, Du wirst Verfassungsrichter werden müssen, um Deinen Standpunkt so durchzusetzen, wie es das Zitat von Dir nahelegt. Du weißt aber sicher ohnehin, dass die Sache etwas komplizierter ist. Das ist ja auch der Grund dafür, warum man darüber so herrlich streiten kann ;) .

Ich zitiere sinngemäß vom allwissenden "wikipedia" (Hervorhebung von mir):
Die Pflicht des Staates zur religiösen Neutralität gilt allerdings nur für den Staat. So wäre die Einführung eines Kopftuchverbots für Schülerinnen verfassungswidrig, da diese sich gegenüber dem Staat auf ihre Religionsfreiheit berufen könnten. Im Gegensatz dazu müssen Lehrer als Vertreter des Staates dessen religiöse Neutralität beachten .... Personen, die sich verbeamten lassen, begeben sich freiwillig in die staatliche Sphäre und können daher nicht mehr dasselbe Maß an „Freiheit vom Staat“ geltend machen wie andere Bürger.

Wikipedia-Artikel: "Religionsfreiheit in Deutschland", Kapitel "Weltanschauliche Neutralität des Staates"

MattF 30.05.2017 12:59

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1306984)
Das heisst, Du hättest konkret in der Türkei auf Seiten der islam-konservativen AKP für die Aufhebung des Kopftuchverbotes bei öffentlich Bediensteten und (Hoch) SchülerInnen votiert,

aus meinen Argumenten heraus.
Schuld am extermen Rückschlag des Pendesl sind die Kemalisten.
So schlau waren die letztlich halt auch nicht, haben z.b. das Kurdenproblem auch nicht gelöst.

Klugschnacker 30.05.2017 13:01

Ja, das kann ich so auch akzeptieren, trithos. Vorausgesetzt, es gibt ein Gesetz, welche das für alle gleich und verbindlich regelt.

Solange jedoch in öffentlichen Einrichtungen, welche ebenfalls den Staat repräsentieren, Kruzifixe hängen, verkraften wir auch das Kopftuch einer muslimischen Bürgerin.

MattF 30.05.2017 13:01

Mein Beitrag mit dem Turban wurde ja ignoriert. :-)

Wenn in GB ein Sikh mit Turban Richter werden kann oder Soldat, was der Fall ist, kann man das einer Muslima eigentlich mit keinem Argument verwehren.

MfG
Matthias

qbz 30.05.2017 13:30

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1307012)
aus meinen Argumenten heraus.
Schuld am extermen Rückschlag des Pendesl sind die Kemalisten.
So schlau waren die letztlich halt auch nicht, haben z.b. das Kurdenproblem auch nicht gelöst.

Offtopic:
Immerhin erreichte die CHP einen Waffenstillstand und ein Friedensabkommen. Davon ist heute Erdogan weit entfernt. Den Kemalisten für die Machtergreifung der AKP und Erdogan die Schuld zu geben, wäre so als ob man den Widerständlern und denjenigen, welche im Reichstag 1933 mit Nein votierten, die Schuld für die Machtergreifung der Nazis gäbe.

Ontopic:
Genau wegen dieser Deiner Haltung zum Kopftuchverbot fühlten sich die fortschrittlichen, liberalen, für einen säkularen Staat eintretenden Türken / Kurden von Europa allein gelassen.

Schwarzfahrer 30.05.2017 15:29

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1307004)
[ Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

Auch nicht, wenn diese Weltanschauung Werte vertritt und Ziele verfolgt, die anderen Paragraphen des Grundgesetzes zumidest nicht entsprechen, oder gar widersprechen?

Klugschnacker 30.05.2017 17:18

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1307045)
Auch nicht, wenn diese Weltanschauung Werte vertritt und Ziele verfolgt, die anderen Paragraphen des Grundgesetzes zumidest nicht entsprechen, oder gar widersprechen?

Meinst Du das Christentum?

Ja, ich denke, dass der Paragraf auch in diesem Fall gelten sollte, zumindest interpretiere ich so den Geist des Grundgesetzes. Eine Religion oder eine Weltanschauung ist ja eine Geisteshaltung, also eine innere Sache in einem Menschen.

Strafbare Taten müssen hingegen strafbar bleiben, da würde ich mir mehr Konsequenz in den Gesetzestexten und der Rechtsprechung wünschen. Beispielsweise steht für mich der Tierschutz von Säugetieren wie Rindern höher als der Glaube der jüdischen Religion, ihr Gott verlange das lebendige Verblutenlassen dieser Tiere durch einen tiefen Halsschnitt. Natürlich ohne jede Betäubung. Oder die fortwährende Diskriminierung gleichgeschlechtlich liebender Menschen durch die Anhänger des christlichen Glaubens, welche das Argument ins Feld führen, der Schöpfer des Universums sei dagegen. Auch hier könnte der Staat klare Kante zeigen und nicht große Teile unserer sozialen Infrastruktur (öffentliche Schulen, Krankenhäuser etc.) solchen Menschen überlassen. Die religiöse Indoktrinierung kleiner Kinder an Grundschulen steht für mich im Widerspruch zur Religionsfreiheit der Kinder, die der Staat zu garantieren hat. Kinder sind nämlich auch Bürger.

Es ist doch albern, vor diesem Hintergrund ein Kopftuch zu verbieten. In Deutschland wird kleinen Kindern aufgrund der religiösen Überzeugungen der Eltern am Penis rumgeschnippelt, Tiere werden bestialisch getötet, ganze Bevölkerungsgruppen werden diskriminiert. Unser Staat erlaubt das. Ein Kopftuch in einer Amtsstube führt aber zum großen Aufschrei. Wird da nicht mit zweierlei Maß gemessen?

Jörn 30.05.2017 18:05

»Religion ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält.«

Jörn 30.05.2017 18:56

Ich fand das Urteil des Verfassungsgericht bezüglich der NPD interessant. Dort hieß es, es reiche nicht aus, dass eine Sache im Prinzip gefährlich sei, sondern es muss auch das konkrete Potenzial des Erfolgs vorliegen. Und weil die NPD derzeit keine Aussicht auf Erfolg hat, muss sie auch nicht verboten werden.

Könnte man diese Logik nicht auch auf das Kopftuch anwenden? Könnte ein "Anwalt der Kopftuchträger" nicht billigerweise verlangen, dass zuerst das konkrete Potenzial einer Gefährdung nachgewiesen wird? Und dass es nicht ausreicht, sich theoretische Szenarien auszumalen, in denen es schädlich sein könnte?

Hier in Frankfurt spazieren bei Sonnenschein viele kleine Familien am Main entlang, darunter viele Familienväter in kurzen Hosen und mit Bauchansatz, die stolz einen Kinderwagen vor sich her schieben. Daneben eine modern gekleidete Frau, allerdings mit Kopftuch. Ich frage mich, was man diesen Leuten konkret vorwerfen will?

Reicht das Potenzial einer Schädlichkeit aus?

Wenn sich der Mann als Hassprediger entpuppt, dann gibt es dafür Gesetze. Wenn die Frau den Kindern im Kindergarten mit wirren Koran-Geschichten (oder wirren Bibel-Geschichten) Angst macht, dann beschweren sich hoffentlich die Eltern. Aber solange diese konkreten Vorwürfe überhaupt nicht erhoben werden, frage ich mich, womit ein Verbot konkret begründet werden soll?

-----

Ich würde gerne noch einen zweiten Vergleich in die Debatte werfen, obwohl das Posting schon recht lang ist.

Im Bundestag erfordern manche Beschlüsse eine einfache Mehrheit (51%) und manche Beschlüsse eine Zweidrittel-Mehrheit. Manche Dinge werden also ganz besonders vor dem Zugriff des Staates oder der Öffentlichkeit geschützt.

Für mich ist das Kopftuch so ein Fall. Auf der einen Seite stehen die persönlichen Freiheitsrechte des Individuums; und auf der anderen Seite steht das Interesse des Staates, einen Sachverhalt zu regeln. Wer gewinnt nun?

Ich persönlich bin gegen das Kopftuch, aber nicht zu 100%, sondern sind eher zu 55%. Und das reicht nach meiner Meinung nicht aus, um die Freiheitsrechte anderer zu beschneiden, die ich für mich selbst uneingeschränkt genießen will. Das bedeutet, dass ich für das Kopftuch votiere, obwohl ich es eigentlich blöd finde, und obwohl ich anerkenne, dass die "Gegenseite" durchaus gute Argumente vorbringt.

Um meine Ablehnung auf 70% zu steigern, müssten die Verfehlungen der Muslime wirklich gravierend, konkret und nachweisbar sein. Außerdem müsste plausibel gemacht werden, dass ein Kopftuch-Verbot etwas daran ändern wird. Und es darf die Gleichberechtigungs-Grundsätze nicht verletzen, d.h. der nächste Papst, der im Bundestag eine Rede halten will, müsste sich eine ordentliche Hose leihen.

Schwarzfahrer 30.05.2017 20:56

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1307063)
Meinst Du das Christentum?

Nicht speziell; zumindest sind die Grundsätze des Christentums im Sinne des Neuen Testaments m.M.n. weniger im Widerspruch zu unserem Grundgesetz im Vergleich mit mancher anderen Ideologie oder Religion. Ich denke eher allgemein darüber nach, daß dieser Paragraph gerne selektiv angewendet wird.

Es ist z.B. in Ordnung, daß bestimmte Symbole wie das Hakenkreuz verboten sind, schließlich wurde es von den Nationalsozialisten als Symbol ihrer Gesinnung mißbraucht. Andererseits, ketzerisch gedacht: widerspricht es nicht dem o.g. Paragraphen, wenn Menschen wegen ihrer nationalsozialistischen Gesinnung benachteiligt werden? Sind alle NPD-Mitglieder oder Anhänger automatisch Verbrecher, oder evtl. nur Menschen, die es nicht besser wissen?

Wenn aber eine um eine Religion mit faschistoiden Zügen geht, stehen ihre Symbole, wie das Kopftuch plötzlich unter dem Schutz des selben Paragraphen. Dann ist es plötzlich klar, daß nicht alle Anhänger dieser Religion/Ideologie/Gesinnung die geschriebenen Grundsätze wörtlich nehmen.

Das wirkt auf mich so, daß eine beliebige Gesinnung einfach dadurch besonderen Schutz des Grundgesetzes genießt, wenn sie sich Religion nennt. Ist das im Sinne dieses Paragraphen?

Ich finde, daß die Symbolkraft des Kopftuchs für das fundamentalistische, rückwärtsgewandte, frauendiskriminierende Islam, wie es bereits von Atatürk erkannt wurde, von vielen im heutigen Westeuropa unterschätzt wird, was besonders von den fortschrittlicheren Muslimen als Verrat an ihrer Sache angesehen wird. Ich muß da qbz beipflichten:
[quote][/Genau wegen dieser Deiner Haltung zum Kopftuchverbot fühlten sich die fortschrittlichen, liberalen, für einen säkularen Staat eintretenden Türken / Kurden von Europa allein gelassen.QUOTE]

captainbeefheart 30.05.2017 21:19

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1307063)
Die religiöse Indoktrinierung kleiner Kinder an Grundschulen steht für mich im Widerspruch zur Religionsfreiheit der Kinder, die der Staat zu garantieren hat. Kinder sind nämlich auch Bürger.

Diese Behauptung wird durch Wiederholung nicht richtiger. Der Staat garantiert Religionsfreiheit auch in diesem Sinne, niemand MUSS in einen Religionsunterricht: "Alle Eltern, egal welcher Religion oder Weltanschauung sie angehören, haben die Möglichkeit, ohne Angabe von Gründen ihre Kinder von der Teilnahme am Religionsunterricht freizustellen. Die verfassungsrechtliche Grundlage ist Art. 7 Abs. 2 Grundgesetz: „Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.“ (zit .in Wikipedia)

Klugschnacker 30.05.2017 22:46

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1307086)
Diese Behauptung wird durch Wiederholung nicht richtiger. Der Staat garantiert Religionsfreiheit auch in diesem Sinne, niemand MUSS in einen Religionsunterricht: "Alle Eltern, egal welcher Religion oder Weltanschauung sie angehören, haben die Möglichkeit, ohne Angabe von Gründen ihre Kinder von der Teilnahme am Religionsunterricht freizustellen. Die verfassungsrechtliche Grundlage ist Art. 7 Abs. 2 Grundgesetz: „Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.“ (zit .in Wikipedia)

Eltern haben das Recht, ihre Kinder nach eigenem Ermessen religiös zu erziehen. Sofern es um kleine Kinder geht, entscheiden die Eltern, nicht die Kinder, ob sie in einen Religionsunterricht gesetzt werden oder nicht.

Hier drückt sich demnach die Religionsfreiheit der Eltern aus. Nicht die Religionsfreiheit der Kinder. Der von Dir zitierte Absatz spricht ausdrücklich von der Entscheidung der Eltern. Die Rechte der Kinder kommen gar nicht vor.

trithos 30.05.2017 22:56

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1307093)
Eltern haben das Recht, ihre Kinder nach eigenem Ermessen religiös zu erziehen. Sofern es um kleine Kinder geht, entscheiden die Eltern, nicht die Kinder, ob sie in einen Religionsunterricht gesetzt werden oder nicht.

Hier drückt sich demnach die Religionsfreiheit der Eltern aus. Nicht die Religionsfreiheit der Kinder. Der von Dir zitierte Absatz spricht ausdrücklich von der Entscheidung der Eltern. Die Rechte der Kinder kommen gar nicht vor.

Ja genau. Deshalb heißen Eltern in der Bürokratie auch "Erziehungsberechtigte", weil sie Entscheidungen für ihre Kinder treffen. Ich will das jetzt wirklich nicht verblödeln, aber ich verstehe die Aufregung nicht, wenn Eltern für ihre Kinder Entscheidungen treffen, die mit Religion zu tun haben. Eltern treffen laufend Entscheidungen für die Kinder - wer sollte das denn auch sonst tun?

Und die wichtigste Entscheidung ist ohnehin schon viel früher gefallen. Da haben nämlich Eltern entschieden, ein Kind zu zeugen. Hmmm - hat da irgendwer das Kind gefragt, ob es überhaupt gezeugt werden will?

Jörn 30.05.2017 22:59

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1307085)
Ich finde, daß die Symbolkraft des Kopftuchs für das fundamentalistische, rückwärtsgewandte, frauendiskriminierende Islam, wie es bereits von Atatürk erkannt wurde, von vielen im heutigen Westeuropa unterschätzt wird, was besonders von den fortschrittlicheren Muslimen als Verrat an ihrer Sache angesehen wird.

Aber ist der Islam in der Geringstellung der Frau nicht vergleichbar mit der Christentum?

Bei der Symbolkraft des Kopftuchs gebe ich Dir Recht. Aber abgesehen von der Symbolik bestreiten beide Religionen die Gleichberechtigung und die Gleichwertigkeit der Frau, und zwar nicht nur symbolisch, sondern ganz praktisch und konkret.

Das islamische Kopftuch steht für Dinge, an die auch die Christen mit Inbrunst glauben. Die Bedeckung der weiblichen Haare wird auch im Christentum verlangt. Die Tatsache, dass es nicht mehr praktiziert wird, liegt einfach daran, dass niemand mehr die Bibel liest, während der Koran noch aktiv gelesen wird.

Die Verderbtheit der Frau ist DAS zentrale Element der christlichen Schöpfungslehre -- und nicht nur eine kleine Randerscheinung. Wer nicht tiefgründig überzeugt ist, dass die Frau vom Wesen her schlecht, schwach und verworfen ist, kann sich nicht Christ nennen.

Klugschnacker 30.05.2017 23:03

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1307085)
Das wirkt auf mich so, daß eine beliebige Gesinnung einfach dadurch besonderen Schutz des Grundgesetzes genießt, wenn sie sich Religion nennt.

Ich habe die meisten Bücher des von Dir verlinkten Autors gelesen. Es ist schon etwas dran an dem, was Du sagst.

Mir scheint jedoch, dass wir bei der Kopftuchdebatte mit der falschen Baustelle beschäftigt sind. Statt uns mit Religion auseinanderzusetzen, konzentrieren wir uns auf die sichtbaren Symbole, also ob sie die Hauptsache wären.

captainbeefheart 30.05.2017 23:03

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1307093)
Eltern haben das Recht, ihre Kinder nach eigenem Ermessen religiös zu erziehen. Sofern es um kleine Kinder geht, entscheiden die Eltern, nicht die Kinder, ob sie in einen Religionsunterricht gesetzt werden oder nicht.

Hier drückt sich demnach die Religionsfreiheit der Eltern aus. Nicht die Religionsfreiheit der Kinder. Der von Dir zitierte Absatz spricht ausdrücklich von der Entscheidung der Eltern. Die Rechte der Kinder kommen gar nicht vor.

So wie Eltern in jedem anderen Aspekt erziehungsberechtigt sind. Ziemlich abstruse Argumentation. Wie sollte ein Kind mit 6 eine solche Entscheidung treffen? qbz hat hier schon vorgetragen, zu welchem Denken Kinder in diesem Alter normalerweise fähig sind.

Soweit ich weiß gibt es kein einziges Kinderrecht im GG. Bayern wird voraussichtlich eine Initiative starten, Kinderrechte in das Grundgesetz zu bekommen. Da geht es dann aber um körperliche Gewalt und andere Themen, die wirklich das Kindeswohl beeinträchtigen können.

Klugschnacker 30.05.2017 23:07

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1307097)
So wie Eltern in jedem anderen Aspekt erziehungsberechtigt sind. Ziemlich abstruse Argumentation. Wie sollte ein Kind mit 6 eine solche Entscheidung treffen?

Du tust so, als müsse diese Entscheidung unbedingt im Alter von 6 Jahren getroffen werden. Das muss sie nicht. Man kann ohne Probleme damit warten, bis die Kinder alt genug sind, selbst zu entscheiden. Auf diese Weise wäre die Religionsfreiheit der Eltern und der Kinder gleichermaßen gewahrt.

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1307097)
qbz hat hier schon vorgetragen, zu welchem Denken Kinder in diesem Alter normalerweise fähig sind.

Macht Dich der Satz nicht stutzig? Dir scheint völlig klar zu sein, dass Kinder in diesem Alter zu keinerlei Kritik gegenüber Glaubensmärchen fähig sind.

Klugschnacker 30.05.2017 23:27

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1307094)
Ja genau. Deshalb heißen Eltern in der Bürokratie auch "Erziehungsberechtigte", weil sie Entscheidungen für ihre Kinder treffen. Ich will das jetzt wirklich nicht verblödeln, aber ich verstehe die Aufregung nicht, wenn Eltern für ihre Kinder Entscheidungen treffen, die mit Religion zu tun haben. Eltern treffen laufend Entscheidungen für die Kinder - wer sollte das denn auch sonst tun?

Kinder haben auch Rechte gegenüber ihren Eltern. Sie haben beispielsweise das Recht, frei von körperlicher und seelischer Gewalt aufzuwachsen. Der Staat garantiert dafür und setzt Eltern ebenso wie allen anderen Menschen hier Grenzen. Anderes Beispiel: Kinder sind schulpflichtig, auch wenn das den Eltern gegen den Strich geht. Der Staat setzt das angenommene Interesse der Kinder auch hier durch, ebenso wie zuvor das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit.

Warum ist für Dich so klar, dass die Religionsfreiheit des Grundgesetzes nicht für Kinder gilt?

qbz 31.05.2017 01:16

Zitat:

Zitat von captainbeefheart (Beitrag 1307097)
So wie Eltern in jedem anderen Aspekt erziehungsberechtigt sind. Ziemlich abstruse Argumentation. Wie sollte ein Kind mit 6 eine solche Entscheidung treffen? qbz hat hier schon vorgetragen, zu welchem Denken Kinder in diesem Alter normalerweise fähig sind.

Soweit ich weiß gibt es kein einzibei ges Kinderrecht im GG. Bayern wird voraussichtlich eine Initiative starten, Kinderrechte in das Grundgesetz zu bekommen. Da geht es dann aber um körperliche Gewalt und andere Themen, die wirklich das Kindeswohl beeinträchtigen können.

Persönlich wäre es mir schon lieber gewesen, meine Eltern hätten mich nicht taufen lassen. Austreten konnte ich leider erst am Tag der Volljährigkeit mit 18. Hier sollten die Kirchen die Altersgrenze mind. auf 14 setzen, ab der ein solcher Schritt möglich ist.

Eltern dürfen ihre Kinder nicht zwingen, in die Kirche oder in die Moschee zu gehen bzw. ein Kopftuch zu tragen. Das Kind bekommt in solchen Fällen den Schutz des Jugendamtes und es kann u.U. bis zur Unterbringung in einer betreuten Jugend-WG führen, wenn z.B. eine Jugendliche gegen ihren erklärten Willen von den Eltern gezwungen wird, bestimmte religiöse Praktiken auszuüben (z.B. Kleidervorschriften der Zeugen Jehovas einzuhalten, Kopftuch, Zwang zum Gebet, Koranschule etc.). Man vergleiche auch den Fall der Sekte "12 Stämme". So wie es Eltern nicht gestattet ist, ihre Kinder zu einem Hobby zu zwingen, ist es auch nicht gestattet, Kinder zum Reli-Unterricht oder in die Kirche zu zwingen. Das verletzt die in Art. 2 GG garantierte freie Entfaltung der Persönlichkeit, Da ein Säugling seinen Willen noch nicht äussern kann, dürfen (leider) die Eltern über die Taufe entscheiden. Der sonntägliche Besuch der Kirche darf mind. ab dem (Vor?)Schulalter nicht mehr von den Eltern erzwungen werden, weil das Kind da seinen Willen, seine Absicht zweifelsfrei äussern kann. Sorgt ein Eis nach dem Kirchbesuch für mehr Freiwilligkeit, wäre er zwar GG-konform, aber pädagogisch etwas fragwürdig :Lachen2:

In die allgemeinen Grundrechte sind Kinder / Jugendliche immer eingeschlossen, wie z.b. auch in das Brief-/Postgeheimnis, das Eltern allzugerne missachten.

Trimichi 31.05.2017 07:55

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1307075)
Ich fand das Urteil des Verfassungsgericht bezüglich der NPD interessant. Dort hieß es, es reiche nicht aus, dass eine Sache im Prinzip gefährlich sei, sondern es muss auch das konkrete Potenzial des Erfolgs vorliegen. Und weil die NPD derzeit keine Aussicht auf Erfolg hat, muss sie auch nicht verboten werden.

Könnte man diese Logik nicht auch auf das Kopftuch anwenden? Könnte ein "Anwalt der Kopftuchträger" nicht billigerweise verlangen, dass zuerst das konkrete Potenzial einer Gefährdung nachgewiesen wird? Und dass es nicht ausreicht, sich theoretische Szenarien auszumalen, in denen es schädlich sein könnte?

Hier in Frankfurt spazieren bei Sonnenschein viele kleine Familien am Main entlang, darunter viele Familienväter in kurzen Hosen und mit Bauchansatz, die stolz einen Kinderwagen vor sich her schieben. Daneben eine modern gekleidete Frau, allerdings mit Kopftuch. Ich frage mich, was man diesen Leuten konkret vorwerfen will?

Reicht das Potenzial einer Schädlichkeit aus?

Wenn sich der Mann als Hassprediger entpuppt, dann gibt es dafür Gesetze. Wenn die Frau den Kindern im Kindergarten mit wirren Koran-Geschichten (oder wirren Bibel-Geschichten) Angst macht, dann beschweren sich hoffentlich die Eltern. Aber solange diese konkreten Vorwürfe überhaupt nicht erhoben werden, frage ich mich, womit ein Verbot konkret begründet werden soll?

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Hochinteressant. Was die Herren Richter deinen Worten zufolge so herausfinden. Im Polizeijargon spircht man von Gefahr im Verzug.

Jetzt weichst du das auf und sprichst von Schädlichkeitspotenzial. Das haben alle Menschen. Selten so nen Brei gelesen.

Bei den Israelis ist es so, dass Terroristen identifiziert und ggf. gezielt getötet werden. Gut so. Davon ist DE noch weit entfernt. Vergleiche A.A. - den hat man "Amok" laufen lassen.... -

Stefan 31.05.2017 08:30

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1307108)
Bei den Israelis ist es so, dass Terroristen identifiziert und ggf. gezielt getötet werden.

Du befürwortest also die Todesstrafe ohne vorhergehendes Gerichtsverfahren?

trithos 31.05.2017 08:36

Stichwort: Eltern entscheiden für die Kinder. Da wird gerne (und zwar auch hier mehrmals) sinngemäß gesagt, Eltern sollten doch warten, bis die Kinder alt genug sind, um sich selbst zu entscheiden.

Das ist ein beliebtes Argument, das aber trotzdem meiner Ansicht nach falsch ist. Man kann nämlich NICHT NICHT ENTSCHEIDEN. Wenn ich z.B. entscheide, mein Kind taufen zu lassen, ist das genau so eine Entscheidung, wie mein Kind NICHT taufen zu lassen. Vielleicht beschwert sich auch einmal ein Jugendlicher, dass er nicht als Kind getauft worden ist?

Wenn man religionskritisch eingestellt ist, neigt man zu der Illusion, im Sinne das Kindes zu handeln, wenn man es nicht mit Religion behelligt. Wenn man religiös ist, neigt man zum Gegenteil. Wenn man sportlich ist, neigt man zu der Illusion, im Sinne des Kindes zu handeln, wenn man es sportlich erzieht. Wenn man ein Couch-Potatoe ist, neigt man dazu, jede körperliche Anstrengung vom Kind fernhalten zu wollen.

Jedenfalls ist aber jede Entscheidung eine Entscheidung und kann sich im Nachhnein als falsch herausstellen. Das ist auch im Falle von Kindererziehung alltägliches Lebensrisiko. Vielleicht war die Schulentscheidung falsch? Vielleicht eine Ernährungsentscheidung? Vielleicht eine Religionsentscheidung? So ist das Leben.

Trimichi 31.05.2017 08:49

Zitat:

Zitat von Stefan (Beitrag 1307119)
Du befürwortest also die Todesstrafe ohne vorhergehendes Gerichtsverfahren?

Die Vorgehensweise der israelischen Armee (Israel Defence Forces / IDF) gegen Staatsfeinde im Allgemeinen, sowie im Speziellen die gezielte Neutralisierung von Terroristen durch das Institut (hebr. Mossad) im In- und im Ausland ist legalisiert, ist und wird von mir befürwortet.

M.

qbz 31.05.2017 08:57

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1307121)
Stichwort: Eltern entscheiden für die Kinder. Da wird gerne (und zwar auch hier mehrmals) sinngemäß gesagt, Eltern sollten doch warten, bis die Kinder alt genug sind, um sich selbst zu entscheiden.

Das ist ein beliebtes Argument, das aber trotzdem meiner Ansicht nach falsch ist. Man kann nämlich NICHT NICHT ENTSCHEIDEN. Wenn ich z.B. entscheide, mein Kind taufen zu lassen, ist das genau so eine Entscheidung, wie mein Kind NICHT taufen zu lassen. Vielleicht beschwert sich auch einmal ein Jugendlicher, dass er nicht als Kind getauft worden ist?
.....

Ich persönlich würde abwägen, welche Entscheidung gibt dem Kind mehr Freiheitsgrade, die eigene weltanschauliche Entwicklung mithzubestimmen bis zur späteren Selbstbestimmung. Im Falle der Nichttaufe als Säugling kann das Kind oder später der Jugendliche selbst entscheiden, ob es einer und wenn ja welcher Religionsgemeinschaft angehören möchte. Die Säuglingstaufe hingegen gewährt dem Kind keinerlei Freiheitsgrad, weil es erst nach Volljährigkeit seinen Kirchenaustritt vollziehen kann.

qbz 31.05.2017 09:13

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1307126)
Die Vorgehensweise der israelischen Armee (Israel Defence Forces / IDF) gegen Staatsfeinde im Allgemeinen, sowie im Speziellen die gezielte Neutralisierung von Terroristen durch das Institut (hebr. Mossad) im In- und im Ausland ist legalisiert, ist und wird von mir befürwortet.

M.

Was Du als "Neutralisierung" bezeichnet, nennen die meisten Staaten der Welt "Mord". Die "gezielte Tötung" durch Geheimdienste entspricht nicht den Grundsätzen von Rechtsstaaten und verletzt das Völkerrecht.

"International lehnt die Mehrheit der Staaten diese Maßnahmen ab; sie seien mit dem Gedanken des Rechtsstaats kaum zu vereinbaren, da dem Opfer jede Möglichkeit der Verteidigung gegen die begründenden Anschuldigungen fehle. Auch der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan bezog eindeutig Stellung. Anlässlich der „Liquidation“ von Abd al-Aziz al-Rantisi am 17. April 2004 verurteilte er die Tötung des Hamas-Führers durch Israel. Die Tat verletze internationales Recht. Er forderte Israel auf, die gezielten Tötungsaktionen sofort einzustellen."
Wikipedia

Trimichi 31.05.2017 09:41

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1307130)
Was Du als "Neutralisierung" bezeichnet, nennen die meisten Staaten der Welt "Mord". Die "gezielte Tötung" durch Geheimdienste entspricht nicht den Grundsätzen von Rechtsstaaten und verletzt das Völkerrecht.

"International lehnt die Mehrheit der Staaten diese Maßnahmen ab; sie seien mit dem Gedanken des Rechtsstaats kaum zu vereinbaren, da dem Opfer jede Möglichkeit der Verteidigung gegen die begründenden Anschuldigungen fehle. Auch der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan bezog eindeutig Stellung. Anlässlich der „Liquidation“ von Abd al-Aziz al-Rantisi am 17. April 2004 verurteilte er die Tötung des Hamas-Führers durch Israel. Die Tat verletze internationales Recht. Er forderte Israel auf, die gezielten Tötungsaktionen sofort einzustellen."
Wikipedia

Heute morgen gab es in Kabul einen Anschlag in der Nähe der deutschen Botschaft. 49 Tote sind gemeldet worden. Es wurde wohl ein Tanklastzug in die Luft gesprengt.

Besser Terroristen gezielt töten, als Tod, Kummer und Leid von vielen unschuldigen Zivilisten verursacht sehen. Verletzte gab es vermutlich auch, Zahlen sind mir nicht bekannt.

Wollen wir dieses Thema weiter diskutieren???

qbz 31.05.2017 09:44

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1307134)
Heute morgen gab es in Kabul einen Anschlag in der Nähe der deutschen Botschaft. 49 Tote sind gemeldet worden. Es wurde wohl ein Tanklastzug in die Luft gesprengt.

Lieber Terroristen gezielt töten, als Tod, Kummer und Leid von vielen unschuldigen Zivilisten. Verletzte gabs auch. ??

Wollen wir weiter diskutieren...

Nein, weil es hier Offtopic ist. Ausserdem kennst Du hoffentlich die Argumente der gegenteiligen Meinung, die ich vertrete.

Trimichi 31.05.2017 09:54

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1307135)
Nein, weil es hier Offtopic ist. Ausserdem kennst Du hoffentlich die Argumente der gegenteiligen Meinung, die ich vertrete.

Ok, danke. Deine Argumente kenne ich sicher nicht so gut wie du. Wollen wir das Palenstina-Thema erörtern? Ich hoffe nicht, denn dann müssten wir uns fragen wie es zur Gründung des Staates Israel kam. Grüße in die Schweiz.

Ich bin dagegen, dass deutsche Richterinnen Kopftücher tragen dürfen. Und zwar mit der Begründung, dass es nicht den hier herrschenden Sitten und Gebräuchen entspricht, welche im Grundgesetz verankert sind.

Um auf keko einzugehen. Hier hat sich die Richterin den dt. Verhältnissen anzupassen, und nicht umgekehrt die deutsche Gesetzesgebung und/oder Rechtsprechung den türkischen Sitten und Gebräuchen. Wir leben in Deutschland, und nicht in der Türkei. Genauso gut könnten bayrische Polizisten verlangen in Lederhosen Streife zu fahren. So ein Unsinn!!!

Die Richterin kann in ihrer Freizeit tragen was sie will, muss allerdings das Vermummungsverbot beachten und nackt ausziehen in der Öffentlichkeit ist auch nicht.



Diskutieren wir lieber wieder on-topic wie von Arne angeregt bestimmte Bibelstellen...... ,,,das ist meine Meinung...

qbz 31.05.2017 10:25

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1307137)
......
Ich bin dagegen, dass deutsche Richterinnen Kopftücher tragen dürfen. Und zwar mit der Begründung, dass es nicht den hier herrschenden Sitten und Gebräuchen entspricht, welche im Grundgesetz verankert sind.

Um auf keko einzugehen. Hier hat sich die Richterin den dt. Verhältnissen anzupassen, und nicht umgekehrt die deutsche Gesetzesgebung und/oder Rechtsprechung den türkischen Sitten und Gebräuchen. Wir leben in Deutschland, und nicht in der Türkei. Genauso gut könnten bayrische Polizisten verlangen in Lederhosen Streife zu fahren. So ein Unsinn!!!
.........

Zum Kopftuchstreit in der Türkei kennen leider die meisten die Gebräuche in der Türkei nicht und wie diese von Erdogan Zug um Zug verändert wurden. Sogar er schaffte aber das Kopftuchverbot für die Richterinnen, Polizistinnen nicht ab:

"Im September 2013 kündigte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan an, das Kopftuchverbot für Frauen im Staatsdienst (außer für Richterinnen, Staatsanwältinnen, militärisches Personal und Polizistinnen) zu beenden."

keko# 31.05.2017 10:52

Zitat:

Zitat von Jörn (Beitrag 1307075)
Könnte man diese Logik nicht auch auf das Kopftuch anwenden? Könnte ein "Anwalt der Kopftuchträger" nicht billigerweise verlangen, dass zuerst das konkrete Potenzial einer Gefährdung nachgewiesen wird? Und dass es nicht ausreicht, sich theoretische Szenarien auszumalen, in denen es schädlich sein könnte?

Hier in Frankfurt spazieren bei Sonnenschein viele kleine Familien am Main entlang, darunter viele Familienväter in kurzen Hosen und mit Bauchansatz, die stolz einen Kinderwagen vor sich her schieben. Daneben eine modern gekleidete Frau, allerdings mit Kopftuch. Ich frage mich, was man diesen Leuten konkret vorwerfen will?

Reicht das Potenzial einer Schädlichkeit aus?

Bitte bleib bei der Sache. Es ging mir um Vertreter des Staates, wie z.B. Richter oder Lehrer. Was Menschen privat machen oder ein Rechtsanwalt in einer Kanzlei, interessiert mich nicht wirklich. Sobald er aber deutsches Recht vertritt oder vor der Klasse Lehrmeinung wiedergibt und dafür bezahlt wird, erwarte ich auch formale Neutralität (z.B. bzgl. Kleidung).

captainbeefheart 31.05.2017 11:03

Zitat:

Zitat von trithos (Beitrag 1307121)
Stichwort: Eltern entscheiden für die Kinder. Da wird gerne (und zwar auch hier mehrmals) sinngemäß gesagt, Eltern sollten doch warten, bis die Kinder alt genug sind, um sich selbst zu entscheiden.

Das ist ein beliebtes Argument, das aber trotzdem meiner Ansicht nach falsch ist. Man kann nämlich NICHT NICHT ENTSCHEIDEN. Wenn ich z.B. entscheide, mein Kind taufen zu lassen, ist das genau so eine Entscheidung, wie mein Kind NICHT taufen zu lassen. Vielleicht beschwert sich auch einmal ein Jugendlicher, dass er nicht als Kind getauft worden ist?

Wenn man religionskritisch eingestellt ist, neigt man zu der Illusion, im Sinne das Kindes zu handeln, wenn man es nicht mit Religion behelligt. Wenn man religiös ist, neigt man zum Gegenteil. Wenn man sportlich ist, neigt man zu der Illusion, im Sinne des Kindes zu handeln, wenn man es sportlich erzieht. Wenn man ein Couch-Potatoe ist, neigt man dazu, jede körperliche Anstrengung vom Kind fernhalten zu wollen.

Jedenfalls ist aber jede Entscheidung eine Entscheidung und kann sich im Nachhnein als falsch herausstellen. Das ist auch im Falle von Kindererziehung alltägliches Lebensrisiko. Vielleicht war die Schulentscheidung falsch? Vielleicht eine Ernährungsentscheidung? Vielleicht eine Religionsentscheidung? So ist das Leben.

Ich stimme Dir zu. Die Taufe ist auch eine reine Privatsache, die zu respektieren ist, ebenso wie die Nicht-Taufe, da würde auch Klugschnacker zustimmen (der übrigens, wenn ich den Thread richtig erinnere, trotz seiner religionskritischen Haltung, seinen Sohn getauft hat). Das was an Entscheidungen getroffen, oder eben nicht getroffen wurde, machen die Kinder dann später schon mit Ihren Eltern aus ... :-)

Es ging ja um die "Indoktrinierung durch die Grundschule". Mal abgesehen davon, dass das eine ziemlich pauschale Abwertung ist, ist hier eine Entscheidung durch die Eltern möglich und gefordert, wie Entscheidungen zu diesem Zeitpunkt in jedem anderen Lebensbereich gefordert sind: Bing ich mein Kind zum Flötenunterricht und/oder ins Schwimmtraining ...

Klugschnacker 31.05.2017 11:12

Zitat:

Zitat von keko# (Beitrag 1307146)
Sobald er aber deutsches Recht vertritt oder vor der Klasse Lehrmeinung wiedergibt und dafür bezahlt wird, erwarte ich auch formale Neutralität (z.B. bzgl. Kleidung).

Deine Erwartung in Ehren, aber vor Gericht geht es nicht um solche Erwartungen. Es geht um die Anwendung von Gesetzen. Aufgrund welcher Gesetze will man das Tragen eines Kopftuches verbieten?

Selbst Gerichte sind sich darüber nicht einig. Das zeigen die unterschiedlichen Urteile in solchen Fällen. Zuletzt hatte eine kopftuchtragende Lehrerin in Berlin erfolgreich gegen eine Schule geklagt, die sie aufgrund des Kopftuchs als Bewerberin pauschal ablehnte.

keko# 31.05.2017 11:30

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1307154)
Deine Erwartung in Ehren, aber vor Gericht geht es nicht um solche Erwartungen. Es geht um die Anwendung von Gesetzen. Aufgrund welcher Gesetze will man das Tragen eines Kopftuches verbieten?

Ich kenne mich im Recht nicht aus und vertrete hier wie immer nur meine Meinung.
Fändest du es ok, wenn deine Kinder von kopftuchtragenden Frauen unterrichtet würden und du vor Gericht von eben einer solchen Richterin verurteilt würdest?
Wäre dir das wirklich völlig gleich?

aequitas 31.05.2017 11:30

Zitat:

Zitat von Klugschnacker (Beitrag 1307154)
Selbst Gerichte sind sich darüber nicht einig. Das zeigen die unterschiedlichen Urteile in solchen Fällen. Zuletzt hatte eine kopftuchtragende Lehrerin in Berlin erfolgreich gegen eine Schule geklagt, die sie aufgrund des Kopftuchs als Bewerberin pauschal ablehnte.

Das verstehe wer will ...

Das Hidschāb ist ein politisches Symbol, das im neutralen Schulunterricht nichts zu suchen hat. Gerade auch in Gegenden mit vielen muslimischen SuS sehe ich darin ein großes Problem, da dieses Symbol eine enorme Wirkung in die Klasse hat.

Auch vor dem Hintergrund der Konflikte in islamischen Ländern und im Verlauf der Geschichte halte ich so eine Entscheidung für einen Hohn gegenüber den Opfern islamischer Regime. Gerade der Iran, wo Frauen ohne Hidschāb vor wenigen Jahrzehnten problemlos in der Öffentlichkeit unterwegs sein konnten und ihnen heute eine Strafe droht sollte als Warnung genügen.


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