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Und ich denke hierbei ganz klar ein eine Reformation der Kirche, nicht um eine Abschaffung. Meine Erfahrungen mit hauptamtlichen Mitarbeitern der Kirche war zum Glück häufig so, daß sie unglaublich pragmatischer im Umgang mit der theologischen Lehre waren, daß es wahlweise einfach egal war, wie nah man der Kirche stand oder es Spaß machte sich da auszutauschen. |
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Dennoch würde ich gerne eine andere Perspektive zu bedenken geben, auch weil Mirko, FlyLive und andere immer wieder behaupten, das sei alles gar keine große Sache, und sowieso alles übertrieben oder nur eingebildet. Es gibt auf Youtube irgendwo einen Kanal oder Playliste, die Coming-Out-Berichte sammelt. (Leider habe ich sie nicht mehr gefunden.) Auf der Suche nach der Playliste habe ich dieses Video von einem angeblichen Internet-Star namens "Troye Sivan" (?) gefunden: https://www.youtube.com/watch?v=JoL-MnXvK80 Er leitet seine Story (die nicht weiter bemerkenswert ist) damit ein, wie aufgeregt und "terrified" und ängstlich er an dieses Video heranging, und welches Herzklopfen er dabei empfand, obwohl er bereits tausende Videos mit allen Aspekten seines Privatlebens veröffentlicht hatte. Es beginnt mit: "This is probably the most nervous I've ever been in my entire live". (Deutsch: "So nervös war ich noch nie in meinem ganzen Leben.") Weiter: "This could change everything for me". (Deutsch: "Dies könnte alles für mich ändern".) Warum ist er so nervös, und warum muss er Änderungen befürchten, wenn doch alles so easy-peasy ist? Das Video wurde knapp 8 Millionen mal angeklickt. Das ist enorm. Über 72.000 Kommentare (!) wurden unter dem Video gepostet. Dies gibt eine ungefähre Vorstellung, welches Interesse das Thema nach wie vor auslöst, und wie viel Kraft man sammeln muss, bevor man diesen Schritt wagt. |
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Nehmen wir an, ich würde sagen: "Wie können Eure neuen Regeln mehr Gewicht haben als die göttliche Offenbarung?" Warum sollten die Kirchenmitglieder die neuen Regeln einfach so schlucken? |
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In Deutschland ergibt sich eine interessante Lage: Die Position der Katholiken ist klar und eindeutig, nämlich ablehnend. Das ist schade, aber immerhin übersichtlich. Der eigentliche Wahnsinn spielt sich indessen bei den Protestanten ab. Ich erwähne dies, weil es zeigt, wie wirr es bei den Religionen zugeht. Die EKD (das ist der oberste Verband der protestantischen Kirchen) ist für die "Ehe für fast alle", und die Begründung des Vorsitzenden Bedford-Strohm leuchtet ein, nämlich, dass die Kirche die Ehe begrüßt und fördert, und genau dies geschieht hier für eine Gruppe, die zuvor ausgeschlossen war. Die 20 Landeskirchen gehen höchst unterschiedliche Wege, obwohl sie alle von der gleichen Offenbarung beseelt wurden. In der einen Gemeinde ist eine Segnung vorgesehen. In der anderen gibt es eine Segnung, aber keinen Eintrag ins Kirchenbuch. In einer weiteren gibt es eine Segnung, einen Eintrag ins Kirchenbuch, aber es dürfen auf keinen Fall die Glocken geläutet werden. Nicht die Glocken! In manchen Gemeinden läuten die Glocken, jedoch muss die Zeremonie in der Nachgemeinde erfolgen, da der hiesige Pfarrer Bedenken hat (muss man respektieren). In wiederum anderen Gemeinden darf gesegnet werden, aber es gibt keine anschließende Feier in den Gemeinderäumen. In anderen Gemeinden gibt es eine Feier in den Gemeinderäumen, aber keine Segnung. Hier habe ich aus einem Forum kopiert, wie der aktuelle Stand aussieht: 1) Wir haben mittlerweile drei Landeskirchen der EKD, wo kirchliche Trauungen regulär kirchenrechtlich erlaubt wurden:Das ist also das weise Ergebnis von 500 Jahren intensiven Nachdenkens. Ich nenne das "den detaillierten Irrsinn". Mich fasziniert, mit welcher Detailverliebtheit dieser unbeschreibliche Unsinn ausgetüftelt wird. Und wie fürstlich die Gehälter dieser Leute sind. |
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Die Kirchenmitglieder würden vermutlich Veränderungen (beschlossene seitens der "Kirche" an sich wohl vor allem dann akzeptieren, wenn sie die Haltung eh schon haben und sich mit einer Festlegung der Kirche die Diskrepanzen ihrer weltlichen Sicht verringern würden: Ich rechne nicht meine einem großen Aufschrei, würde der Papst sich endlich zum Thema Verhütung, Abtreibung, Abschaffung Zölibat und Frauen im Priesteramt öffnen. Natürlich würde es für manche "alten" erstmal befremdlich, wenn da die erste Frau am Altar stünde und sie eine Frau Pfarrer hätten. Dann würden vielleicht manche Frauen das durchmachen, was sie in anderen Positionen früher auch durchmachen mußten oder noch durchmachen. Verheiratete katholische Priester gibt es ja schon in Ausnahmefällen und für die ganzen Frauen und Kinder wäre es ein echter Gewinn, wenn die Väter endlich zu ihnen stehen könnte. Die Entscheidungen der Synode in der evangelischen Kirche kommt ja aus einem Gremium, das nicht nur aus Pfarrern besteht - wenn da sich Ideen entwickeln könnte sich die Kirche wirklich von innen heraus verändern. Dazu braucht es immer aufgeschlossenen Einzelpersonen. Hier sehe ich auch die Hochschulen in der Pflicht eben entsprechend offene Pfarrer hervorzubringen, die wiederum in ihren Gemeinden Grenzen ausweiten und für eine Modernisierung kämpfen. Am Schwierigsten wäre wohl eine Revolution oder Reformation sie damals - auch heute würde ich eher mit einer Abspaltung rechnen und es würde eine weitere - noch kleinere - Splittergruppe entstehen, andere darüber komplett sich von der Kirche abwenden und eine dritte Gruppe in einer Retraditionalisierung eher rückschrittlicher werden würde. Jede deutliche Veränderungen wird dazu führen, daß sich ein Teil nicht wieder findet und sich abwendet und dafür sich andere mehr zugehörig führen. ChangeManagement und ein gutes Marketing ist wohl auch in der Kirche wichtig. Ist halt auch ein Unternehmen. Von daher: Zusammenwirken von diversen Kräften von innen heraus mit einem Interesse die Kirche wieder zu den Menschen zu bringen, auf die Bedürfnisse der Menschen heutzutage einzugehen und ihre Stärken zum Vorteil ihrer Mitglieder und der Bevölkerung einzusetzen. Traditionen und Rituale sind Dinge, die Menschen gut tun, Besinnung auf sich selbst, zur Ruhe kommen, Kraft schöpfen, sich unterstützen, sich mit sich und der Welt und dem Erhalt unserer Umwelt auseinanderzusetzen sind unterläßlich. In welchem Umfeld das stattfindet ist egal. Kirche ist eines davon - und in meinen Augen allemal modernen und "alltagstauglicher" als der Islam. Klare Trennung von Staat und Kirche, Abschaffung der Kirchensteuern - mir würde schon noch einiges einfallen. Ich hatte ein gute Phase in meinem Leben, wo ich gut in unsere Gemeindeleben eingebunden war, ich hab bewußt - wenn auch nicht aus religiösen Gründen - an einer kirchlichen Hochschule studiert und mittlerweile sind Kirchen für mich nur noch wundervolle Bauwerke in denen ich mir während einer Reise auch mal einen Moment Ruhe hole. Ich glaube ich fände es schön, wenn ich noch eine modernere Kirche kennenlernen dürfte um für mich ausprobieren zu können, ob das was für mich ist. Sportverein ist es nicht. |
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Seit maximal 5 Jahren gibt es diese Regelungen. Das ist eher das Ergebnis von rund 15 Jahren. Ich gehe davon aus, daß die Synoden nach der Gesetzesänderung zur eingetragenen Lebenspartnerschaft im Jahr 2001 überlegt haben, wie die Kirche darauf reagieren könnten und das was dabei raus kommt sind zig Regelungen. So wie es leider auch allen anderen Belangen, in denen es Länderhoheit gibt, diverse Unterschiede gibt. Da reicht das Schulsystem als Beispiel oder das System zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in Deutschland. Aber immerhin ist in der EKD offiziell was passiert. Da sind mir 20 verschiedene Lösungen lieber als die der katholischen Kirche, die so schön einheitlich ist, aber halt für mein Verständnis einer modernen Kirche nicht mehr passend. |
Hallo Anja, erstmal danke für das ausführliche Posting, das Deine Gedanken gut und nachvollziehbar darstellt.
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Die Idee, es käme in irgendeiner Stadt eine "Synode" zusammen und würde über die moralische Bedeutung von Masturbation oder die Legitimität von Paaren ohne Trauschein beraten, um anschließend der erwartungsfrohen Öffentlichkeit ein heiß erwartetes Ergebnis zu präsentieren, ist nach meiner Meinung nicht realistisch. In Deinem Posting bemerke ich Interesse, Kenntnis und Lust zum Aufbruch. Womöglich hoffen viele Gläubige oder Sympathisanten (wie Du) auf eine gelungene Reformation, und dass alles gut wird. Aber die Öffentlichkeit, die das noch interessieren könnte, ist in fünf oder zehn Jahren nicht mehr vorhanden, jedenfalls nicht in signifikanter Größe. Was soll daraus folgen, wenn irgendein kirchlicher Würdenträger vor die Kameras tritt und verkündet: "Ja, also, äh, das mit der Masturbation. Genau. *blätter* Ah ja, hier auf Seite 12. *fummel* Da haben wir's. Da steht's. Das haben wir uns für die Zukunft nämlich folgendermaßen vorgestellt." Es geht auch gar nicht darum, was beschlossen wird. Sondern die jüngere Bevölkerung wird allein die Idee, jemand würde irgendwelche Vorschriften machen, rundweg ablehnen. "Ablehnung" ist vielleicht das falsche Wort, denn es impliziert, dass darüber nachgedacht wurde. Die jüngere Generation wird aber noch nicht einmal darüber nachdenken. Die Kirchen orientieren sich womöglich neu, aber die Gesellschaft ist bereits orientiert. Die Kirchen sehen das genau andersherum, als müssten sie eine Orientierung geben, aber sie irren sich. Die Gesellschaft ist dabei keineswegs moralisch desinteressiert: Die Fragen der Alltagsmoral werden jeden Tag abgewogen und ausgelotet, in den Nachrichten, in TV-Serien, in Facebook-Postings und deren Kommentaren. Plötzlich entsteht die Flüchtlingskrise und wirft neue Fragen auf. Am nächsten Tag kommen die Veganer und tragen beachtliche Argumente vor. Dann wird die Ethik unseres Welthandels infrage gestellt, und ob man FairTrade-Kaffee kaufen sollte. Dann muss man sich eine Meinung bilden, ob Kopftücher erlaubt sind. Eine kirchliche Synode, die alle 60 Jahre zusammenkommt und irgendein Ergebnis auf Latein verkündet, ist überflüssig. Mehr noch, es ist nicht leistungsfähig genug. Die Kirchen machen das nicht für die Gesellschaft, sondern für sich selbst. Die Idee, eine verbindliche Moral zentralistisch festzulegen, ist längst vorbei. Wir haben inzwischen viel bessere Methoden gefunden. |
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Außerdem sind es keine Lösungen. Eine Gleichung mit 20 Lösungen ist nicht gelöst.* Eine Lösung setzt zudem ein Problem voraus. Das Problem ist aber nur eingebildet. ------- *Mist, in einer Stunde wird keko das Gegenteil vorrechnen. Tja, man kann eben nicht immer gewinnen... |
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