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ThomasG 01.12.2017 21:01

Zitat:

Zitat von Rob Pawbaer (Beitrag 1346279)
Die ganz grobe Idee der Finanzierung ist doch eigentlich: Summe aller Sozialausgaben heute = Summe der ausgezahlten BGE von morgen.

Es gibt neben diesem grundsätzlichen Konzept aber auch noch andere.

Zitat:

1000 Euro im Monat, einfach so
Diese BGE-Modelle gibt es in Deutschland


Von Diana Sierpinski

Anfang Juni könnten die Schweizer eine Revolution lostreten, die sich danach über der ganzen Welt verbreitet. Die Rede ist vom bedingungslosen Grundeinkommen. Aber welche Gratisgeld-Konzepte gibt es eigentlich in Deutschland?

Geld ohne Gegenleistung für jeden Bürger, unabhängig davon, ob er arbeitet oder nicht, ob er arm oder reich ist – die Idee eines modernen Schlaraffenlandes geistert schon lange durch die politischen Debatten und nimmt immer mehr Fahrt auf. Vor einem halben Jahrtausend zeichnete Thomas Morus in seinem Roman "Utopia" eine Gesellschaft, in der Armut verhindert und der Arbeitszwang abgeschafft wurde, indem der Staat ein existenzsicherndes Grundeinkommen bereitstellte.

Angesichts dieser verlockenden Verheißung auf eine andere Gesellschaft flammte die Debatte über das Morus-Modell immer mal wieder auf. Jetzt allerdings nimmt sie einen Grad der Ernsthaftigkeit an, den es so noch nie zuvor gab. Die geplanten Großexperimente in Finnland und den Niederlanden und eine kommende Volksabstimmung in der Schweiz zeigen, es geht ans Eingemachte.

Und auch wenn Deutschland von einem solchen Volksentscheid noch weit entfernt ist, so wird auch hierzulande schon lange über das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) diskutiert. Es gibt unzählige Varianten, allerdings werden nur wenige BGE-Modelle konkret bezüglich der Höhe, der Art der Finanzierung und weiterer Rahmenbedingungen. Die meistdiskutierten Konzepte sollen nachfolgend vorgestellt werden:

Das BGE nach Götz W. Werner

Götz W. Werner zählt zu den erfolgreichsten Unternehmern in Deutschland. In seinem Buch "Einkommen für alle" skizziert er ein Sozialstaatsmodell, das in seiner Einfachheit bestechend wirkt: Jegliche Sozialleistungen entfallen ebenso wie alle bisherigen Steuern. Im Gegenzug dazu bekommt jeder Bürger, egal welchen Alters und welcher Situation, ein Grundeinkommen, das ohne Bedarfsprüfung gezahlt wird und an keine Gegenleistung gekoppelt ist. Es stellt somit einen bedingungslos gewährleisteten Sozialtransfer dar.

Summe: Zur Höhe des BGE äußerte sich Werner mit einem Vorschlag von 1000 Euro, konkret wäre dies aber eine realpolitische Entscheidung, die sich nach dem Willen der Bürger und dem finanziellen Spielraum des Haushaltes bemisst. Wichtig ist hierbei allerdings, dass das Grundeinkommen keinesfalls nur das Existenzminimum sichern, sondern sowohl kulturelle als auch soziale Teilhabe ermöglichen soll, welches seiner Auffassung nach von dem momentanen ALG-2 nicht gewährleistet wird und Menschen in die Armut und soziale Ausgrenzung drängt.

Finanzierung: Zur Deckung der Staatsausgaben schlägt Werner eine Mehrwertsteuer von 50 Prozent vor, die auf jegliche Waren und Dienstleistungen anfallen. Als eine Möglichkeit sieht er auch, überlebenswichtige Güter wie Lebensmittel und nicht-alkoholische Getränke niedriger zu besteuern, dafür Luxusgüter deutlich höher, um soziale Benachteiligung auszugleichen.

Das solidarische Bürgergeld

Eine vor allem in Deutschland populäre Version ist das Solidarische Bürgergeld des Schweizer Ökonomen Thomas Straubhaar und des früheren Ministerpräsidenten von Thüringen, Dieter Althaus (CDU). Beide Ökonomen haben eine starke Vereinfachung der Steuer- und Sozialleistungssysteme im Sinn. Zudem soll der Arbeitsmarkt vollständig dereguliert werden. So sollen etwa Kündigungsschutz und Flächentarifverträge individuell und betrieblich ausgehandelten Regelungen weichen, Mindestlöhne entfallen.

Summe: Konkret soll Erwachsenen 600 Euro und Kindern 300 Euro bedingungslos und ohne bürokratische Kontrollen monatlich ausgezahlt werden. Diese Zahlung wird ergänzt durch eine Gesundheitsprämie über 200 Euro, mit der sich jeder selbständig bei einer Kasse seiner Wahl kranken- und pflegeversichern muss. Bei besonderer Bedürftigkeit, etwa durch Behinderung oder besondere Lebenslagen, kann ein Bürgergeldzuschlag beantragt werden, dessen Höhe noch keine feste Ausgestaltung hat, aber dem jeweiligen Umstand Rechnung tragen soll.Ab dem 67. Lebensjahr kommt zum Bürgergeld als Grundrente noch eine Zusatzrente dazu, deren Höhe sich an Lebensarbeitszeit und Verdienst orientiert. Mütter und Väter erhalten darüber hinaus im Alter eine Elternrente, die ihre Familienarbeit anerkennt.

Finanzierung: Der Betrag soll sich finanzieren durch die Erhebung einer Einkommenssteuer von 50 Prozent für Nettoempfänger und 25 Prozent für Nettozahler. Die Grenze zwischen beiden Gruppen kommt dadurch zustande, dass Steuern auf zusätzliches Einkommen direkt mit der Zahlung des Bürgergeldes verrechnet werden und sich an der Transfergrenze aufheben. Dieser Mechanismus wird auch "negative Einkommenssteuer" genannt.

Das emanzipatorische Grundeinkommen


Dieses Grundeinkommensmodell wurde von der Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen (BAG) in der Partei Die Linke erarbeitet. Es steht hinsichtlich der sozialpolitischen Grundannahmen dem Solidarischen Bürgergeld konträr gegenüber. So sollen Arbeitslosen-, Pflege-, Kranken- und Rentenversicherungen nicht ersatzlos gestrichen, sondern als solidarische Erwerbslosenversicherung und als solidarische gesetzliche BürgerInnenversicherung umgestaltet werden. Der Versicherungsgedanke des heutigen Sozialsystems soll beibehalten und im Fall von Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter schützen vor zu starken Einbußen des Lebensstandards, indem in vorheriger Erwerbsarbeit erworbene Ansprüche ausgezahlt werden. Zusätzlich zum Grundeinkommen werden verbesserte Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeitverkürzungen und ein höherer Mindestlohn gefordert.

Summe:
Die Höhe des Grundeinkommens soll an das Volkseinkommen, gekoppelt werden, das zur Hälfte als Grundeinkommen ausgezahlt werden soll. Im Jahr 2013 hätte das monatlich ausgezahlte Grundeinkommen 1080 Euro für Personen ab 16 Jahren und 540 Euro für Kinder betragen. Im Konzept vorgesehen sind darüber hinaus ein regional ausdifferenziertes und individuelles Wohngeld, das sich an der Bruttowarmmiete orientiert und Mehrbedarfe für bestimmte Personengruppen (z. B. chronisch Kranke, Blinde). Kinderbetreuung muss für alle kostenlos sein, ansonsten müsste das Kindergrundeinkommen höher angesetzt werden.

Finanzierung:
Finanziert werden soll dieses BGE über einen zweckgebundenen Abgabenmix. Das Konzept schlägt eine Grundeinkommensabgabe auf alle Primäreinkommen in Höhe von 35 Prozent vor, eine Sachkapitalsteuer in Höhe von 1,4 Prozent bzw. 0,7 Prozent auf Immobilien, eine Primärenergieabgabe im Volumen von rund 100 Milliarden Euro, eine Luxusumsatzabgabe im Volumen von rund 60 Milliarden Euro, eine Börsenumsatzabgabe in Höhe von 1 Prozent auf Erstemissionen und 1,5 Prozent auf den Sekundärhandel sowie eine Finanztransaktionsabgabe. Neben der Grundeinkommensabgabe soll eine progressive Einkommenssteuer von bis zu 25 Prozent (Spitzensteuersatz ab 60.000 Euro Jahreseinkommen pro Person) eingeführt werden. Ebenso wie beim Solidarischen Bürgergeld liegen von den Befürwortern des Konzepts Berechnungen vor, die die prinzipielle Finanzierbarkeit zeigen.

Zitatende

Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Diese-BG...e17422361.html

Stefan 02.12.2017 12:06

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unt...a-1181271.html

"Die Arbeitswelt steht vor dramatischen Veränderungen: Bis 2030 müssen sich einer Studie zufolge bis zu zwölf Millionen Deutsche einen neuen Job suchen."

Ich bleibe bei meiner Aussage, dass man sich primär um die Fort- und Weiterbildung und zusätzlich Umschulungen Gedanken machen sollte.
Das BGE (IMHO eher was für ein Land mit vielen Bodenschätzen, welche sich im Eigentum des Landes befinden) sollte man weiter thematisieren und erforschen, aber umgesetzt wird es in absehbarer Zeit ohnehin nicht.


Was gerade in den USA beschlossen wurde, wird zu noch grösseren sozialen Spannungen führen.
https://www.nzz.ch/wirtschaft/die-re...iko-ld.1335056

NBer 02.12.2017 14:01

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1346359)
.......Geld ohne Gegenleistung für jeden Bürger, unabhängig davon, ob er arbeitet oder nicht.......

was man ja auch nicht vergessen darf ist, dass jeder empfänger mindestens eine gegenleistung bringt: er führt die 1000 euro wieder seinem vermieter, seinem heizungs- udn wasserversorger und einer menge anderer geschäfte zu. das geld ist ja also nicht weg. es ist nur temporär bei den leuten. eigentlich ist es ein kreislauf.
die hauptaufgabe um den kreislauf stabil zu halten ist, die firmen ordentlich zu besteuern.

ThomasG 02.12.2017 17:45

Wenn für längere Zeit größere Mengen Geld aus dem Kreislauf der Realwirtschaft entnommen werden, dann dürfte das erhebliches zerstörerisches Potenzial in sich bergen.
Viele - mich eingeschlossen - sind auch froh darüber Geld zurücklegen zu können für schlechtere Zeiten oder für Anschaffungen, die anders nicht zu finanzieren sind.
Da es Inflation nunmal gibt, sind auch viele dankbar oder wären dankbar, wenn ein daran angepasster Zins dafür sorgt, dass das Geld seinen Realwert behält.
Wenn aber Geld oder Kapital dazu verwendet wird ohne einen realen Nutzen zu bringen sich selbst zu vermehren, dann ist da ganz kräftig was aus dem Ruder geraten.
Es gäbe Mittel dagegenzusteuern ohne einen völligen Systemwechsel, aber ich nehme an die Lobbys* sind einfach zu stark und zu mächtig, so dass es eben zu selten dazu kommt, dass da Missstände beseitigt werden.
Gelingt es doch mal, dann sucht oder schafft man halt andere Lücken o.ä..
Man könnte Maschinenarbeit besteuern und zwar so, dass es keinen Unterschied machen würde im Vergleich zu Menschenarbeit.
Das geht nicht, wird dann gleich gerufen, oder wollt ihr, dass wir von den anderen Industrienationen abgehängt werden?
Solche Argumente sind destruktiv.
Sie stützen die bestehenden sehr ungerechten Verhältnisse.
Menschen ahmen sich nicht nur in Bezug auf negative Verhaltensweisen nach, sondern auch was positives Verhalten angeht.
Fängt einer an sich ethischer zu verhalten, dann ziehen andere nach.
Nicht alle natürlich, aber es könnten sich schon genügend finden.
Geld hat nur solange einen Wert, wie es von der überwiegenden Mehrheit benutzt wird.
Es verliert ihn schlagartig, wenn man andere Wege einschlägt.
Etwa - du gibst mir eine Stunde deiner Arbeitskraft und machst mir was, was ich selbst nicht machen kann und ich gebe dir im Gegenzug eine Stunde von meiner Arbeitszeit und mache da was, was du gebrauchen kannst und gebe es dir.

*https://www.youtube.com/watch?v=R201V1VR0vg

Stefan 03.12.2017 12:39

China scheint auch nichts ändern zu wollen und schiebt die Wanderarbeiter lieber in die Provinzen ab, wo es keine Wohnungen und Jobs für sie gibt:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaf...-15319942.html
Dort scheint das BGE also auch nicht kurz vor der Einführung.

sybenwurz 03.12.2017 13:09

Zitat:

Zitat von Stefan (Beitrag 1346596)
China scheint auch nichts ändern zu wollen und schiebt die Wanderarbeiter lieber in die Provinzen ab, wo es keine Wohnungen und Jobs für sie gibt:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaf...-15319942.html
Dort scheint das BGE also auch nicht kurz vor der Einführung.

Kluger Schachzug, eine 'Minderheit' mit 35% Bevölkerungsanteil so zu behandeln...

ThomasG 03.12.2017 16:30

Geplante Obsoleszenz und andere Späße!
https://www.youtube.com/watch?v=QztcpDcjHPk

feinkost 03.12.2017 20:45

Dann ist es nur richtig wenn diese "Konsumenten" vom konsumieren durch Geldentzug an ihrer nicht umweltfreundlichen Haltung gebremst werden. Sehr löblich.

ThomasG 03.12.2017 20:55

Zitat:

Zitat von feinkost (Beitrag 1346715)
Dann ist es nur richtig wenn diese "Konsumenten" vom konsumieren durch Geldentzug an ihrer nicht umweltfreundlichen Haltung gebremst werden. Sehr löblich.

Es ist schlimm, dass sich die Menschen so häufig zu unkritischem Konsum verführen lassen.
Sie werden aber halt auch ganz gezielt und skrupellos dazu verführt.
Es ist sehr schwer sich dem zu entziehen.

MattF 04.12.2017 09:42

Zitat:

Zitat von Stefan (Beitrag 1346444)
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unt...a-1181271.html

"Die Arbeitswelt steht vor dramatischen Veränderungen: Bis 2030 müssen sich einer Studie zufolge bis zu zwölf Millionen Deutsche einen neuen Job suchen."

Ich bleibe bei meiner Aussage, dass man sich primär um die Fort- und Weiterbildung und zusätzlich Umschulungen Gedanken machen sollte.


Man könnte sich auch um Arbeitszeitverkürzung Gedanken machen, wieso nicht die vorhandene Arbeit auf alle verteilen. Wenn dann jeder nur 30h oder 20h arbeiten muss wäre das doch super.

Schwarzfahrer 04.12.2017 13:28

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1346787)
Man könnte sich auch um Arbeitszeitverkürzung Gedanken machen, wieso nicht die vorhandene Arbeit auf alle verteilen. Wenn dann jeder nur 30h oder 20h arbeiten muss wäre das doch super.

100 % richtig. Ich selber arbeite seit 20 Jahren in Teilzeit (24h/Woche). Die gewonnene Lebensqualität ("Work-Life-Balance") ist enorm, und der finanzielle Verlust (zumindest in meinem Arbeitsbereich als Entwicklungsingenieur) alles andere als schmerzhaft.

Der Ansatz ist aber leider nicht die Lösung für viele mäßig Qualifizierten, deren Jobs durch die Automatisierung/Digitalisierung wegfällt - nicht jeder kann auf ein beliebiges neues Fachwissen umgeschult werden; und die verbleibenden Jobs werden zunehmend eher höhrer Qualifizierung erfordern.

ThomasG 04.12.2017 22:38

Varoufakis - Warum das Grundeinkommen eine Notwendigkeit ist - von Gottlieb Duttweiler Institute:
https://www.youtube.com/watch?v=YrksdDHPyQw&
https://de.wikipedia.org/wiki/Yanis_Varoufakis
https://de.wikipedia.org/wiki/Democr..._Movement_2025

MattF 05.12.2017 09:40

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1346857)
100 % richtig. Ich selber arbeite seit 20 Jahren in Teilzeit (24h/Woche). Die gewonnene Lebensqualität ("Work-Life-Balance") ist enorm, und der finanzielle Verlust (zumindest in meinem Arbeitsbereich als Entwicklungsingenieur) alles andere als schmerzhaft.

Der Ansatz ist aber leider nicht die Lösung für viele mäßig Qualifizierten, deren Jobs durch die Automatisierung/Digitalisierung wegfällt - nicht jeder kann auf ein beliebiges neues Fachwissen umgeschult werden; und die verbleibenden Jobs werden zunehmend eher höhrer Qualifizierung erfordern.

1. Genauso mach ich das auch :liebe053:

2. Die Lösung die unser System im Moment für Geringqualifizierte zur Verfügung stellt ist allerdings die Armut (HartzIV, Grundeinkommen im Alter).

Ich denke doch, dass Arbeitszeitverkürzung auch ein Konzept für Geringqualifizierte ist plus BGE z.b..

Wir müssen halt auch mal was probieren statt nur schwätzen und alles an die Wand fahren lassen (damit meine ich jetzt nicht uns, sonder du weißt schon wen).

Schwarzfahrer 05.12.2017 13:30

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1347043)
...2. Die Lösung die unser System im Moment für Geringqualifizierte zur Verfügung stellt ist allerdings die Armut (HartzIV, Grundeinkommen im Alter)

Damit hast Du Recht - ob das wirklich so schlimm ist, hängt sicher von der Perspektive ab. In meiner Heimat in Siebenbürgen habe ich ganz andere Dimensionen von Armut erlebt, da fällt es mir schwer, HartzIV als Armut anzusehen - solange man die Fähigkeit hat, mit seinem Geld zu haushalten.

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1347043)
Ich denke doch, dass Arbeitszeitverkürzung auch ein Konzept für Geringqualifizierte ist plus BGE z.b..

Arbeitszeitverkürzung ist sicher für alle was, solange entsprechende Tätigkeiten im Angebot des Arbeitsmarktes vorhanden sind. Aber genau diese sehe ich in Zukunft schwinden. Zunehmend wird für alle Jobs inzwischen ein gewisses Maß an technisch-informatischer Fähigkeit verlangt, einfache Tätigkeiten fallen zunehmend weg. Wenn man das extrapoliert, landet man schnell bei Distopien wie das "Höllische System von Vonnegut. Und ich habe leider Zweifel daran, ob ein BGE an dieser Entwicklung etwas ändern kann. Jobs schaffen und erhalten "wider die wirtschaftliche Vernunft", mit dem Ziel auch wenig qualifizierten Menschen eine sinnhafte Betätigung zu bieten, erscheint mir wichtiger als BGE, auf dem sich dann die Geringqualifizierten "ausruhen" dürfen.

ThomasG 05.12.2017 14:19

Im Bildungssektor steckt bestimmt noch ein Haufen Potenzial.
Es ist doch echt ein Armutszeugnis, wenn man sich vergegenwärtigt wieviel Zeit Schülergenerationen an der Schule verbracht haben und wie wenig in vielen Fällen dabei wirklich herausgekommen ist.
Sehr viel Zeit wird doch einfach nur mehr oder weniger abgesessen.
Viele Lehrer sind mehr damit beschäftigt die Klassen unter Kontrolle zu halten als einen didaktisch guten Unterricht zu machen.
Das wird ja oft schon im Keim erstickt.
Die Motivation der Schüler müsste erst einmal viel höher sein.
Im Durchschnitt meine ich.
Es gibt schon Schüler, die sehr motiviert sind, aber die leiden unter der Gesamtatmosphäre und manche geben dann auch irgendwann einfach auf.
Gäbe es in den Klassen z.B. standardmäßig zwei Leute:
Ein Lehrer rein für das fachliche und jemand, der sich ausschließlich um die Diziplin u.ä. kümmert, dann müsste das doch besser laufen können.
Oder halt auch "einfach" kleinere Klassen bzw. Lerngruppen.
So könnten schon mal sehr viel mehr Leute sehr sinnvoll im Bildungbereich eingesetzt werden.

Stefan 05.12.2017 14:47

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1347084)
............

Diejenigen, die man im Bildungssektor zusätzlich beschäftigen könnte, sind aber auch wieder Personen mit entsprechender Qualifikation.

MattF 05.12.2017 15:03

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1347074)
Jobs schaffen und erhalten "wider die wirtschaftliche Vernunft", mit dem Ziel auch wenig qualifizierten Menschen eine sinnhafte Betätigung zu bieten, erscheint mir wichtiger als BGE, .


Das ist dein Ernst?
Zitat:

Jobs schaffen wider die wirtschaftliche Vernunft
ist das Konzept?

MattF 05.12.2017 15:07

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1347084)
Im Bildungssektor steckt bestimmt noch ein Haufen Potenzial.


Auch in der Pflege bräuchte man keine absolute Toppqualifikation.

Anderen vor zu lesen oder einfach mal da zu sein, mit Pflegebedürftigen spazieren zu gehen oder was auch immer, dazu braucht es nicht viel.

In der Kita könnten Helfer mit den Kindern Fussball spielen gehen oder basteln. Dafür brauch ich keine 5 Jahre Ausbildung, wenn entsprechendes Personal auch da ist und das Ganze überwacht.

In der Landschaftspflege könnte viele Menschen arbeiten. Naturschutzgebiete anlegen usw. usw..

Stefan 05.12.2017 15:51

"Jobs schaffen wider die wirtschaftliche Vernunft "
Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1347090)
Das ist dein Ernst?
ist das Konzept?

Wider die wirtschaftliche Vernunft bedeutet ja nicht, Sandsäcke von A nach B tragen zu lassen und dann wieder retour.

Vielen Menschen ginge es wahrscheinlich psych. besser, 20 Stunden pro Woche einer sinnstiftenden Tätigkeit nachzugehen, anstatt H4-finanziert den ganzen Tag vor dem Fernseher zu sitzen. Diese Tätigkeit muss dann nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sein.

Du kannst jetzt damit kommen, dass der H4ler sich ja 20 Stunden pro Woche freiwillig ehrenamtlich betätigen kann, aber dafür reicht die Motivation nicht immer.

Schwarzfahrer 05.12.2017 15:55

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1347090)
Zitat:

Jobs schaffen wider die wirtschaftliche Vernunft
Das ist dein Ernst?

Ja, aber laß die Anführungszeichen nicht weg. Ich muß weiter ausholen, um zu erläutern, was ich meine. "Wirtschaftliche Vernunft" meint hier um jeden Preis alles zu rationalisieren, was geht. D.h. Arbeit mit einem Minimum an Personal zu erledigen dank Automatisierung und Digitalisierung. Gesellschaftlich ist es aber unsinn, dadurch zunehmend viele Leute zu Untätigkeit zu verurteilen - denn nicht alle sind froh, dadurch frei zu werden für kreative Tätigkeiten. Bevor ich diese Menschen aus Sozialleistungen oder von mir aus BGE alimentiere, sollte man die Arbeiten evtl. punktuell etwas unwirtschaftlicher, aber gesellschaftlich verträglicher auf alle verteilen; insbesondere für die, die nicht die Fähigkeit haben, höhere Qualifizierung zu erwerben, ist das die einzige Möglichkeit, nicht komplett aus dem "System" zu fallen. Nicht jede Rationalisierung ist unterm Strich ein Gewinn für die Menschheit.

Edit: Danke Stefan, Du hast die Idee verstanden.

Schwarzfahrer 05.12.2017 16:07

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1347092)
Auch in der Pflege bräuchte man keine absolute Toppqualifikation.

Anderen vor zu lesen oder einfach mal da zu sein, mit Pflegebedürftigen spazieren zu gehen oder was auch immer, dazu braucht es nicht viel.

In der Kita könnten Helfer mit den Kindern Fussball spielen gehen oder basteln. Dafür brauch ich keine 5 Jahre Ausbildung, wenn entsprechendes Personal auch da ist und das Ganze überwacht.

In der Landschaftspflege könnte viele Menschen arbeiten. Naturschutzgebiete anlegen usw. usw..

Für die Pflege sollten wir doch zuerst mehr Leute mit Qualifikation haben, nach dem was ich von Bekannten aus Pflegeheimen höre. Mit Vorlesen allein ist wenig getan (abgesehen davon daß inzwischen ein erschreckend großer Anteil der Bevölkerung beim Lesen ernsthafte Defizite zeigt: Ob die hier zitierten Kinder noch werden vorlesen können?)

Ansonsten stimme ich zu: in vielen Jobs sollten die Hürden wieder niedriger werden, entgegen den aktuellen Trend, für alles ständig höhere Standards zu fordern (Beispiel sind für mich Tagesmütter, die inzwischen überreguliert werden). Das liegt aber nicht nur bei Politik und Behörden, es ist auch ein gesellschaftlicher Trend für jede Tätigkeit immer mehr Qualifikation zu verlangen, im (Irr?)Glauben, das bedeutet automatisch mehr Verantwortung und Fähigkeit.

tandem65 05.12.2017 16:41

Zitat:

Zitat von MattF (Beitrag 1347092)
Auch in der Pflege bräuchte man keine absolute Toppqualifikation.
Anderen vor zu lesen oder einfach mal da zu sein, mit Pflegebedürftigen spazieren zu gehen oder was auch immer, dazu braucht es nicht viel.

Naja, aufrecht gehen und lesen können wären ja schon mal Anforderungen.
Ansonsten habe ich den Eindruck Du solltest eine Ausbildung als Altenpfleger machen um Dir ein Bild von der Tätigkeit zu machen.:dresche
Vorlesen kann übrigens auch Alexa schon recht Fehlerfrei. Dafür brauchst Du schon mal keine Menschen.:Huhu:

ThomasG 05.12.2017 21:09

Zitat:

Zitat von Stefan (Beitrag 1347086)
Diejenigen, die man im Bildungssektor zusätzlich beschäftigen könnte, sind aber auch wieder Personen mit entsprechender Qualifikation.

Es gibt ja immer mehr Schulen, die zumindest Ganztagsklassen anbieten.
Da wäre es von großem Vorteil, wenn die Lehrer, die 6 Stunden unterrichtet haben, eben nicht auch noch später Schülergruppen betreuen oder unterstützen müssten.
Das geht nämlich schon arg an die Nerven und da braucht man einfach Erholungszeit.
Nimmt man den Lehrern Freiräume, die früher normal waren sprich, dass sie halt in der Regel nach der 6. Stunde die Schule verlassen konnten, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass ihr Unterricht darunter leidet.
Es ist doch klar, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass sich jemand der von 8 bis 16 Uhr fast durchgängig damit beschäftigt war Schülern was beizubringen, sie zum Lernen zu motivieren, sie dazu zu bringen sich so zu benehmen, dass es überhaupt gelingen kann einen guten Unterricht zu machen usw. usf. dann an diesem Tag wohl eher sich nicht mehr nennenswert auf den nächsten Schultag vorbereitet.
Ganztagsschulen sollten vermehrt Kurse u.ä. anbieten, wo es nicht um Schulwissen geht.
Wenn der Alltag von Kindern und Jugendlichen so sehr zeitlich in Anspruch genommen wird, dann muss es da einfach was geben finde ich, was für einen einigermaßen Ausgleich sorgen kann.
Ich habe mit z.B. 16 Jahren mit dem Ausdauersport begonnen.
Einige meiner Schüler hätten dafür kaum Zeit, denn entweder sind sie in der Schule oder bei der Nachhilfe oder verbringen auch die Nachmittage in der Schule (Ganztagsschule).
Im Sommer geht das noch eingermaßen, da sind die Tage länger.
Aktuell wird es um 5 dunkel.
Dadurch ist man was Hobbys angeht schon arg eingeengt.
Was die fachliche Qualifikation angeht könnte man doch auch auf so manche eher destruktive Hürde verzichten.
Wer ganz gut mit Brüchen umgehen kann beispielsweise, warum sollte der nachmittags nach der 6. Stunde nicht einen solchen Kurs anbieten können?
Das reicht doch schon mal um einigen Schülern wirklich helfen zu können.
Ein anderer versteht was von Differenzialrechnung bzw. hat Spaß daran anderen sein diesbezügliches Wissen weiterzugeben.
Wenn der keinen Plan hat von Stochastik oder Verktorrechnung, dann kann er doch trotzdem eine wertvolle Hilfe sein.
Ich tue mir eher schwer mit disziplinarischen Maßnahmen u.ä..
Wenn es da jemanden gibt, der sich diesbezüglich weniger schwer tut, dann kann der mir helfen.
Besser es kümmern sich um "unsere" Kinder relativ viele, die daran Freude haben, auch wenn sie fachlich oder sonstwie eingeschränkt sind in ihrer Kompetenz als Lehrer oder Betreuer, als es sind nur ein paar mit mehr Kompetenz, die aber überfordert sind.

ThomasG 05.12.2017 21:22

Zitat:

Zitat von Schwarzfahrer (Beitrag 1347103)
Für die Pflege sollten wir doch zuerst mehr Leute mit Qualifikation haben, nach dem was ich von Bekannten aus Pflegeheimen höre. Mit Vorlesen allein ist wenig getan (abgesehen davon daß inzwischen ein erschreckend großer Anteil der Bevölkerung beim Lesen ernsthafte Defizite zeigt: Ob die hier zitierten Kinder noch werden vorlesen können?)

Ansonsten stimme ich zu: in vielen Jobs sollten die Hürden wieder niedriger werden, entgegen den aktuellen Trend, für alles ständig höhere Standards zu fordern (Beispiel sind für mich Tagesmütter, die inzwischen überreguliert werden). Das liegt aber nicht nur bei Politik und Behörden, es ist auch ein gesellschaftlicher Trend für jede Tätigkeit immer mehr Qualifikation zu verlangen, im (Irr?)Glauben, das bedeutet automatisch mehr Verantwortung und Fähigkeit.

Genau - im Pflegebereich gibt es auch sehr viel Potenzial für sinnvolle und sinnstiftende Tätigkeiten.
Es ist mit Sicherheit eine große Entlastung für Menschen, die sich in erster Linie um die reine körperliche Pflege von anderen zu kümmern haben und gezwungen sind da ein enormes Tempo vorzulegen, wenn sie eben wissen, da gibt es andere, die da für einen Ausgleich sorgen können.
Dann können doch alle Betroffenen viel besser mit der ganzen Situation klar kommen.

Stefan 06.12.2017 15:59

1.800.000 (bzw sogar 2.600.000 nach einer Befragung) Menschen in Deutschland werden unter dem Mindestlohn bezahlt.
Tolle Arbeitgeber. :(

Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soz...a-1182000.html

DocTom 06.12.2017 16:58

ließ mal Kontrollverlust von T.Schulte, da findest Du noch andere erschreckende Dinge...

Warum will die Politik in D eigentlich kein BGE? Weil dann Arbeitslosenverwaltungamt und Sozialämter überflüssig wären, und was machte man dann mit den vielen Beamten, die da Ihre Tätigkeit ausüben, oder auch nicht. :Cheese: :Huhu:

MattF 06.12.2017 18:45

Zitat:

Zitat von DocTom (Beitrag 1347324)
ließ mal Kontrollverlust von T.Schulte, da findest Du noch andere erschreckende Dinge...

Warum will die Politik in D eigentlich kein BGE? Weil dann Arbeitslosenverwaltungamt und Sozialämter überflüssig wären, und was machte man dann mit den vielen Beamten, die da Ihre Tätigkeit ausüben, oder auch nicht. :Cheese: :Huhu:

Da arbeiten kaum Beamte. Die da arbeiten sind überwiegend Angestellte.

Mit Beamten hätte man im übrigen auch gar kein Problem, die müssen nämlich machen was der Dienstherr sagt und sind z.b. versetzbar. :cool:

MfG
Matthias

noam 06.12.2017 20:49

Der große Irrglaube ist ja immernoch, dass im öffentlichen Dienst überall Beamte arbeiten. Ich behaupte mal, dass es abseits von Polizeibehörden oder Behörden mit Vollzugstätigkeit kaum noch Beamte im öffentlichen Dienst gibt. Lehrer stellen wahrscheinlich noch die größte Gruppe der Beamten ohne Vollzugstätigkeit dar.


Ich halte die Beschäftigung von Minderqualifizierten nicht sinnvoll. Das führt doch in letzter Konsequenz doch wieder dazu, dass die Verantwortung auf einen qualifizierten Supervisor viele Minderqualifizierte kommen, die dann die Drecksarbeit zu erledigen haben, die sie selbständig aufgrund fehlender Qualifikation nicht leisten dürften, aber unter Anleitung eines Qualifizierten dann dürfen. Sowas macht vielleicht im Rahmen einer Ausbildung durchaus Sinn, aber doch nicht als langfristig erfüllende Aufgabe.

Zudem glaube ich, dass ihr die Motivation des einzelnen, etwas leisten zu wollen, überschätzt. Ich glaube, dass es ein großer Fortschritt wäre einen entsprechenden Mindestlohn festzulegen und überall durchzusetzen, so dass sich Arbeit (gerade im Handwerk) lohnt.

Ich glaube, dass die klassische FDP Ideologie, die sich die SPD zwischendurch ja auch zu eigen gemacht hat, nämlich "Arbeit muss sich lohnen", immernoch der beste Weg ist, soziale Gerechtigkeit zu fördern. Solange eine gewisse Grundsicherung vorhanden ist, muss jede Art von Arbeit zu einen merklichen Zuwachs an Lebensqualität führen. Und das funktioniert nur, in dem man die Industrie und Dienstleister dazu zwingt, alle ihre Arbeitnehmer adäquat zu entlohnen, anstatt die Rendite der Aktionäre zu erhöhen.

feinkost 06.12.2017 21:34

Zitat:

Zitat von noam (Beitrag 1347366)
Zudem glaube ich, dass ihr die Motivation des einzelnen, etwas leisten zu wollen, überschätzt. Ich glaube, dass es ein großer Fortschritt wäre einen entsprechenden Mindestlohn festzulegen und überall durchzusetzen, so dass sich Arbeit (gerade im Handwerk) lohnt.

Ich glaube, dass die klassische FDP Ideologie, die sich die SPD zwischendurch ja auch zu eigen gemacht hat, nämlich "Arbeit muss sich lohnen", immernoch der beste Weg ist, soziale Gerechtigkeit zu fördern. Solange eine gewisse Grundsicherung vorhanden ist, muss jede Art von Arbeit zu einen merklichen Zuwachs an Lebensqualität führen. Und das funktioniert nur, in dem man die Industrie und Dienstleister dazu zwingt, alle ihre Arbeitnehmer adäquat zu entlohnen, anstatt die Rendite der Aktionäre zu erhöhen.

Vollste Zustimmung.

Aber nicht nur Aktionäre wollen ihre Rendite. Schau in das Gastronomiegewerbe mit seinen Hungerlöhnen . Der Döner oder meinetwegen die Wurst muss billig sein.

Solange noch Horden von Transferleistungsempfängern auf der Straße rumlungern denen offensichtlich das Empfangene reicht, solange wird sich aber nichts ändern.

ThomasG 06.12.2017 21:55

Zitat:

Zitat von noam (Beitrag 1347366)
Ich halte die Beschäftigung von Minderqualifizierten nicht sinnvoll. Das führt doch in letzter Konsequenz doch wieder dazu, dass die Verantwortung auf einen qualifizierten Supervisor viele Minderqualifizierte kommen, die dann die Drecksarbeit zu erledigen haben, die sie selbständig aufgrund fehlender Qualifikation nicht leisten dürften, aber unter Anleitung eines Qualifizierten dann dürfen. Sowas macht vielleicht im Rahmen einer Ausbildung durchaus Sinn, aber doch nicht als langfristig erfüllende Aufgabe.

Da ist schon was dran.
Ich habe ein paarmal als Vertretungslehrer (im Rahmen von PES) an zwei Schulen gearbeitet.
An einer Schule zwei Monate am Stück.
So habe ich mich an dieser Schule nicht ganz so nicht richtig dazugehörig gefühlt wie an der anderen (da war ich deutlich weniger lang am Stück).
Es waren halt ganz klar Unterschiede zwischen mir und den Lehrern zu erkennen.
Ich musste dauernd von einer Klasse zu anderen wechseln, während die regulären Lehrer natürlich regelmäßig dieselben Klassen unterrichteten und die Schüler haben sich mir gegenüber von Anfang an anders verhalten, denn es war von vornherein ziemlich klar, dass ich keine Noten vergeben werde.
Das macht schon sehr viel aus.

feinkost 06.12.2017 23:19

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1347385)
die Schüler haben sich mir gegenüber von Anfang an anders verhalten, denn es war von vornherein ziemlich klar, dass ich keine Noten vergeben werde.

Was war dein Auftrag, Wissen zu vermitteln oder Noten zu vergeben?

feinkost 06.12.2017 23:22

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1347385)
Ich musste dauernd von einer Klasse zu anderen wechseln, .

Solche Lehrer hatten wir auch, ZB Physik, Chemie und Sport. Das waren nun die Sportlehrer, chemielehrer oder Physiklehrer mit ihrer speziellen Qualifikation.

Da kann ich nichts Schlechtes dran finden.

ThomasG 06.12.2017 23:26

Zitat:

Zitat von feinkost (Beitrag 1347420)
Was war dein Auftrag, Wissen zu vermitteln oder Noten zu vergeben?

Ich wollte von mir aus gar keine Noten vergeben, musste aber leider feststellen, dass man einen sehr schweren Stand den Schülern gegenüber hat, wenn die sich ziemlich sicher sein können, dass ein Lehrer eben keinen Einfluß nehmen kann bzw. will auf die Notengebung.
Mein Auftrag war eigentlich einzelne Lehrer zu vertreten, die abwesend waren (Skifahren mit einer Gruppe von Schülern) bzw. eine Lehrerin, die aufgrund eines Nervenzusammenbruchs eine ganze Weile nicht mehr unterrichten konnte.
Eine Schülerin kam später zu mir in die Nachhilfe (drei, vier Jahre später) und gab sich da ganz anders, zeigte viel mehr Respekt vor mir und sagte auch, dass sie sich nicht wundern würde, wenn ich nicht bereit wäre ihr Nachhilfe zu geben.
Nachhilfe liegt mir mehr.
Da kann ich mit den Schülern anders umgehen - mehr so wie es meinem Naturell entspricht, also eher nicht so wahnsinnig autoritär.

Nachtrag: Fachlich wurde ich lediglich in einer Schule etwas gefordert.
Hier war es mir möglich den Schülern was beizubringen.
Die Lehrer, die ich vertrat, sorgten dafür, dass das gelingen konnte, in dem sie z.B. ihren Schülern klar machten, dass sie den Stoff, den ich vermitteln soll überprüfen werden.
In der anderen Schule, in der ich wie gesagt wesentlich länger am Stück war, konnte ich so gut wie nichts fachlich vermitteln.
Ich war überwiegend damit beschäftigt die Klassen unter Kontrolle zu halten.
Geistig hätte ich in den letzten 20 Jahren stark abgebaut, wenn ich da Vertretungslehrer gewesen wäre im beschriebenen Sinne und eben keine Nachhilfe gegeben hätte.
Durch die Nachhilfe wurde mein Verständnis für Mathe wesentlich tiefer als während meiner gesamte Schulzeit (inklusive Fachhochschulzeit).

ThomasG 06.12.2017 23:37

Zitat:

Zitat von feinkost (Beitrag 1347423)
Solche Lehrer hatten wir auch, ZB Physik, Chemie und Sport. Das waren nun die Sportlehrer, chemielehrer oder Physiklehrer mit ihrer speziellen Qualifikation.

Da kann ich nichts Schlechtes dran finden.

Klar - aber ich war ja in erster Linie als Mathelehrer engagiert und es war auch klar, dass ich von Schulchemie und Schulphysik auch relativ viel Ahnung habe.
Eingesetzt wurde ich dann aber auch als Vertretung für Englischlehrer oder einmal sogar als Vertreter für den Sportlehrer.

MattF 07.12.2017 09:36

Zitat:

Zitat von noam (Beitrag 1347366)
Ich halte die Beschäftigung von Minderqualifizierten nicht sinnvoll.


Vielleicht hast du das falsch verstanden, was ich meinte, es ginge nicht darum Minderqualifizierte quasie zu züchten. Bei jedem der eine höhere Qualifikation erreichen kann muss das Ziel sein, dass er die erreicht.

Es ginge um die, die das nicht können.

Dann wäre die Konsequenz von

Zitat:

Zitat von noam (Beitrag 1347366)
Ich halte die Beschäftigung von Minderqualifizierten nicht sinnvoll.

dass die arbeitslos daheim sitzen.

Da finde ich es sinnvoller, die lesen alten Menschen im Heim vor.

Mindestlohn OK.

Kann man auch drüber nachdenken aber

1. Kein 8.50 sonder min 12 €
2. Durchsetzung mit allen Mitteln des Gesetzes. Gerade diese Tage kam wieder dass viele AG extrem schummeln und die Leute nicht mal die 8.xx € bekommen die vorgeschrieben sind (die CSU und die FDP wollen aber die Kontrollpflicht wieder abschaffen).

Im übrigen auch bei der FDP gibt es Befürworter der Grundeinkommens (weil es nämlich ein zutiefst kapitalistisches Modell ist, in meinen der einzige Weg den Kapitalismus zu retten)

Dann die SPD will das natürlich nicht (überwiegend) genauso wenig die Gewerkschaften (wo ich auch Mitglied bin) weil ihre Grundeinstellung weitgehend von der Frage Arbeit geprägt ist. Der Mensch ist nichts ohne Arbeit und da haben sie auch ihren Einfluss, auf die Arbeitnehmer.

Ohne Zwang zur Arbeit bekommen SPD und Gewerkschaften mit ihrer jetzigen Ausrichtung Probleme.


MfG
Matthias

DocTom 07.12.2017 12:23

der Kapitalismus rettet sich selbst. Liess mal, "wem gehört die Welt?".

Kriege entstehen doch nicht ohne Grund und ungewollt und auch hier in Europa werden künstlich Konflikte geschaffen, die nur die Menschen ohne oder mit zu wenig Kapital werden ausbaden müssen. Die Kapitalisten lassen sich und ihr Eigentum beschützen, haben ja genug Mittel um Bodyguards zu bezahlen.

Meine Prognose: In wenigen Jahren werden wir auch hier in Europa wieder "(Bürger-)Kriege" führen.
Dann hat sich das Thema BGE soundso erledigt.

Solange geh ich sporteln, meine Kinder sind glücklicherweise Weltbürger, lernen neben englisch, französisch, spanisch auch chinesisch!
Damit stehen ihnen wohl mehr Lebensräume offen, wenn sie soweit sind.
omtc
T.

ThomasG 08.12.2017 08:18

Götz Werner, Marc Friedrich und Matthias Weik: Sonst knallt's! - Wirtschaft radikal neu denken! -> https://www.youtube.com/watch?v=NKUn...ature=youtu.be (eben entdeckt, selbst noch nicht gesehen)

Nachtrag:

Puh - ich habe mir das jetzt komplett angesehen und angehört und kann nicht gerade empfehlen es mir gleichzutun.
Mit Werners Äußerungen kann ich nur sehr wenig anfangen.
Ich glaube Friedrich, Weik und dem Gesprächsführer ging es an einigen Stellen ähnlich.
Sie haben sich in meinen Augen sehr respektsvoll verhalten.
Ich will den Beitrag nicht löschen, sonst wirkt das vielleicht so, als würde ich das tun, weil in meinen Augen ein Befürwörter des bedingungslosen Grundeinkommens keine allzu gute Figur abgibt.
Von Weik und Friedrich habe ich schon einiges gehört, was ich ziemlich gut fand.

MattF 08.12.2017 08:48

Zitat:

Zitat von DocTom (Beitrag 1347500)

Meine Prognose: In wenigen Jahren werden wir auch hier in Europa wieder "(Bürger-)Kriege" führen.
Dann hat sich das Thema BGE soundso erledigt.


Auch ne Möglichkeit sich Diskussionen und Verantwortung zu entziehen.

Ich halte diese Weltuntergangsszenarien für groben Unfug.

ThomasG 29.03.2018 08:20

Eben kam im Morgenmagazin ein Beitrag zum Thema Solidarisches Grundeinkommen. Hierbei handelt es sich, wie der Name ja schon nahelegt, nicht um ein bedingungsloses Einkommen, aber immerhin wird aktuell darüber diskutiert und zwar in einer Form, dass es auch relativ viele Menschen mitbekommen werden und dadurch könnte auf längere Sicht auch etwas dazu beigetragen werden, dass mehr Menschen sich mit der Idee bedingungsloses Grundeinkommen anfangen etwas intensiver zu beschäftigen.
Zitat:

Zitat von tagesspeigel
Schluss mit Hartz IV, fordert Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller. Für seinen Vorschlag eines solidarischen Grundeinkommens erhält der SPD-Politiker viel Unterstützung, es gibt aber auch deutliche Kritik an dem Modell.

Was ist ein solidarisches Grundeinkommen?

Der Begriff lädt zu Missverständnissen ein. Denn mit dem bedingungslosen Grundeinkommen, das allen Bürgern zusteht, auch wenn sie keiner Arbeit nachgehen, hat der Vorschlag nichts zu tun. Müller geht es darum, Hartz IV zunächst um einen gemeinnützigen Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose zu ergänzen. Wobei der SPD-Politiker keinen Hehl daraus macht, dass er die in Teilen der Bevölkerung verhasste Sozialreform auch gerne komplett abschaffen würde. „Wir brauchen ein neues Recht auf Arbeit“, sagt er.

Konkret schlägt Müller vor, dass der Staat auf kommunaler Ebene Arbeitsplätze schaffen soll – und zwar in Vollzeit, unbefristet und auf freiwilliger Basis. Für ihre Tätigkeit sollen die Teilnehmer mindestens mit dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt werden. Erstmals brachte Müller den Begriff des solidarischen Grundeinkommens im Herbst 2017 im Tagesspiegel in die Diskussion – wohl auch als Versuch, als neuer Bundesrats-Präsident einen bundespolitischen Akzent zu setzen. Bisher hat er seine Idee allerdings nur in Grundzügen skizziert, ein fertiges Konzept liegt nicht vor.

Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/.../21124314.html

https://www.tagesschau.de/inland/dis...ommen-101.html

https://www.tagesschau.de/multimedia...eo-389583.html

https://www.tagesschau.de/multimedia...eo-389593.html

https://www.tagesschau.de/multimedia...dio-54155.html

Klugschnacker 29.03.2018 09:00

Zitat:

Zitat von ThomasG (Beitrag 1369611)
"Konkret schlägt Müller vor, dass der Staat auf kommunaler Ebene Arbeitsplätze schaffen soll – und zwar in Vollzeit, unbefristet und auf freiwilliger Basis. Für ihre Tätigkeit sollen die Teilnehmer mindestens mit dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt werden."

Für Freiburg mit seinen 200.000 Einwohnern sprechen wir von Pi mal Daumen 5.000 arbeitslosen Menschen. Die Stadt würde also rund 3.000 - 5.0000 Arbeitsplätze schaffen, unbefristet und in Vollzeit, vergütet mit dem gesetzlichen Mindestlohn oder mehr. Habe ich das dem Prinzip nach richtig verstanden?

Falls sich die Konjunktur verschlechtert und sich die Zahl der Erwerbslosen verdoppelt, müsste die Stadt Freiburg dann 6.000 - 10.000 Personen in Vollzeit beschäftigen.

Mir scheint in diesen Zahlen ein Problem zu stecken. Denn offenbar wird die Arbeitskraft dieser Menschen nicht wirklich gebraucht, sonst wären sie nicht arbeitslos. Wie kann man sich also die Tätigkeit dieser Menschen vorstellen – was macht diese enorme städtische Armee den ganzen Tag?

Und was geschieht mit den bisherigen Mitarbeitern der Kommunen, werden die dann weiterhin mehr verdienen als den Mindestlohn? Denn über billigere Arbeitskräfte verfügen die Kommunen dann ja im Überfluss.


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