Zitat:
Zitat von Jörn
(Beitrag 1380021)
Ich bestreite nicht, dass religiöse Menschen auch Gutes tun. Das wäre ja albern.
Es ist aber auch nicht die Behauptung der religiösen Leute. Sondern die Behauptung lautet: "Religiöse Menschen tun gute Dinge, die sie nicht tun würden, wenn die Religion sie nicht dazu verleitete". Mit anderen Worten: "Menschen sind böse, aber die Furcht vor der Hölle lässt sie zähneknirschend Gutes tun." - Das ist die katholische Sichtweise. Der Mensch ist schlecht, und nur die Religion kann das ändern. Er ist schlecht durch die Erbsünde.
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Diese Sichtweise ist m.M. nach höchstens ein Wunschdenken von Dogmatikern, die glauben möchten, negative Motivation zu positivem Handeln führt. Funktioniert bei den wenigsten (mein Chef hat auch mal versucht, die Motivation zu steigern indem er Wetten gegen den Erfolg unserer Projekte abschloss...:( ).
Es gibt aber auf jeden Fall die Menschen, die gutes Tun, ohne Angst vor der Hölle zu haben - aber die Kraft für ihre (oft schwere) Arbeit aus der Religion in positiver Weise schöpfen. Solche Leute können z.T. mit mehr Selbstaufopferung, Ausdauer und Leidensfähigkeit sich dem Wohl anderer widmen, als überzeugte Atheisten, die "nur" aus sich heraus "gut sind".
Zitat:
Arne hat in zahlreichen und sehr lesenswerten Postings dargelegt, warum Menschen als Ergebnis der Evolution ein angeborenes Interesse an Kooperation und gegenseitiger Wohlfahrt haben. Sie sind nicht per se schlecht zueinander, weil sie ansonsten längst ausgestorben wären. Dieses Verhalten ist bereits jedem Baby angeboren.
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Dieses Verhalten bezieht sich aber m.M.nach primär nur auf die engste soziale Gruppe (Familie, evtl. Stamm), und läßt mit zunehmendem Abstand deutlich nach, da Fremde grundsätzlich nicht zum Überleben der Gruppe beitragen (oft eher das Gegenteil). Je nach Kultur (also Erziehung, Religion, etc.) wird diese Abnahme des Mitgefühls mit sozialem Abstand mehr oder stärker gedämpft.
Zitat:
Religion verwirrt die natürliche, angeborene Bereitschaft zur Kooperation und missbraucht (aktiviert) ebenso angeborene Instinkte der Feindschaft (Ingroup, Outgroup). Deswegen tun an sich gute Menschen plötzlich schlechte Dinge.
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Das ist ein Merkmal von fanatischem, dogmatischen Glauben, wie ihn Jörn nach meinem Eindruck als "einzig wahres Christentum" auffasst, und wie auch leider tatsächlich viele Religionen von vielen Menschen praktiziert werden. Das ist auch der Grund, warum ich Religion grundsätzlich kritisch gegenüberstehe, und dafür bin, Religion weitestgehend ins private zu verdrängen, um die Öffentlichkeit und den Staat säkular zu halten.
Ich halte es aber für nicht richtig, deshalb den Menschen, die Religion als etwas spirituelles, zu positivem Motivierendes auffassen, als "nicht richtige Christen (oder was auch immer)" zu bezeichnen. In meinen Augen sind eher die letzeren die "wahren Gläubigen", unabhängig davon, was die jeweilige Amtskirche oder Mainstream sagen. Würde ich Christentum grundsätzlich allein mit den dogmatischen Sichtweisen gleichsetzen, die Jörn gerne von Bischöfen u.ä. zitiert, müßte ich ebenso konsequent alle Muslime für potentielle Massenmörder halten, da ja die dogmatische Version des Islam die Weltherrschaft anstrebt und das Töten von Ungläubigen fordert.