Zitat:
Zitat von MattF
(Beitrag 1556863)
Die Ausbreitung von Virusinfektionen ist exponentiell.
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Ich würde diesen Punkt gerne nochmal diskutieren, weil es Kritiker und Befürworter der Maßnahmen glaube ich oft aneinander vorbei reden.
Was heißt denn exponentiell? Exponentiell heißt nach meinen Verständnis:
Anzahl Neuinfektionen = R^t. Also Reproduktionszahl hoch Replikationszeit (bzw. durchschnittliche Zeit zwischen eigener Ansteckung und der Ansteckung von anderen).
Wenn ich nun als Basis (Reproduktionszahl) 2 annehme, dann habe ich ein klassisches exponentielles Wachstum, das sehr schnell "explodieren" würde. Für Zahlen größer 2 natürlich umso mehr.
Wenn ich als Reproduktionsfaktor 1 annehme, bleiben die Fälle konstant. Das kann man auch noch mit einer Exponentialfunktion modellieren, ist aber in Wahrheit eine konstante Funktion.
Eine Reproduktionszahl zwischen 1 und 2 bedeuted ebenfalls exponentielles Wachstum, aber eben nicht ganz so steil wie bei größeren Werten für R.
R kleiner Null ist ebenfalls exponentiell, aber eben exponentiell abnehmend, die Fälle werden weniger.
Das Probem an der Geschichte ist doch folgendes: Die Modellierung der Anzahl an Neuinfektionen mithilfe einer Exponetialfunktion setzt voraus, dass die Reproduktionszahl über einen genügend langen Zeitraum stabil bleibt. Und genau das ist das Probem. Man müsste die Formel ergänzen zu:
Anzahl Neuinfektionen = R(x)^t
mit einem von verschiedenen Faktoren abhängendem und sich über die Zeit ändernden Reproduktionsfaktor R(x). Genau dieses Phänomen hat man ja um die Zeit des Lockdowns gesehen, dass der R-Wert schlagartig nach unten geht von über 3 auf um die 1. Insofern kann ich immer behaupten, dass das Wachstum exponentiell sei, das heißt aber nicht, dass es zwingend "explodieren" muss. Ein exponentielles Wachstum mit einer konstanten Basis (R-Wert) von 1,1 wächst eine sehr lange Zeit viel langsamer als ein sehr steiler linearer Anstieg.