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the grip 16.08.2015 14:46

Heinrich Heine
 
Die Hexe

»Liebe Nachbarn, mit Vergunst!
Eine Hex, durch Zauberkunst,
Kann sich in ein Tier verwandeln,
Um die Menschen zu mißhandeln.

Eure Katz ist meine Frau;
Ich erkenne sie genau
Am Geruch, am Glanz der Augen,
Spinnen, Schnurren, Pfötchensaugen ...«

Der Nachbar und die Nachbarin,
Sie riefen: »Jürgen, nimm sie hin!«
Der Hofhund bellt: »Wau! wau!«
Die Katze schreit: »Miau!«

the grip 17.08.2015 15:57

Heinz Kahlau:
 
Harte Nuß
Dieser mächtige Baum
mit seinen unzähligen Nüssen
ist nur dazu da,
daß Bäume mit Nüssen entstehn
für Bäume mit Nüssen?

the grip 17.08.2015 15:58

Wilhelm Busch:
 
Zwei Jungfern

Zwei Jungfern gibt es in Dorf und Stadt,
Sie leben beständig im Kriege,
Die Wahrheit, die niemand gerne hat,
Und die scharmante Lüge.

Vor jener, weil sie stolz und prüd
Und voll moralischer Nücken,
Sucht jeder, der sie nur kommen sieht,
Sich schleunigst wegzudrücken.

Die andre, obwohl ihr nicht zu traun,
Wird täglich beliebter und kecker,
Und wenn wir sie von hinten beschaun,
So hat sie einen Höcker.

the grip 18.08.2015 14:31

Nikolaus Lenau:
 
Der falsche Freund

O sei mein Freund!" so schallt's vom Heuchelmunde
Dem Falschen, der mit heimlichem Behagen
Den Vorteil überzählt von solchem Bunde;
Du traust ihm, und - schon hast du eingeschlagen,
Ein edler Tor! Naht einst die Wetterstunde,
So siehst den Schurken du mit bleichem Zagen
In seines Ichs bequeme Hütte springen,
Hinausgesperrt magst mit dem Sturm du ringen.

the grip 21.08.2015 15:32

Joachim Ringelnatz:
 
Die Ameisen

In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee
Da taten ihnen die Beine weh,
Und da verzichteten sie weise
Dann auf den letzten Teil der Reise.

the grip 21.08.2015 15:33

Rainer Maria Rilke:
 
Volksweise

Mich rührt so sehr
böhmischen Volkes Weise,
schleicht sie ins Herz sich leise,
macht sie es schwer.

Wenn ein Kind sacht
singt beim Kartoffeljäten,
klingt dir sein Lied im späten
Traum noch der Nacht.

Magst du auch sein
weit über Land gefahren,
fällt es dir doch nach Jahren
stets wieder ein.

the grip 22.08.2015 15:07

Klabund:
 
Vergib mir.

Ich tat,
Was Gott allein zu tun geziemt:
Nahm deine Hand für meine Hand,
Dein Herz für meines.
Mich verwirrte
Die schöne Nacht,
Der goldne Stern im Strauch
Und dann: der namenlose Duft der Linde.
Verzeih.

the grip 24.08.2015 09:29

Frank Schulz:
 
Wie du

Gleich geh ich zu Bett.
Da ist es meistens nett:
Ich mach‘ die Augen zu
und habe meine Ruh.

Ich träume von Krawall,
ganz ohne Schuß und Schall;
ich träume auch von Sex,
fast ohne Schuldkomplex;

ich träume, Fehler zu beheben,
und von ‘nem etwas leicht’ren Leben;
ich träume dies und träume das.
Mitunter schwitze ich etwas.

Am Morgen bin ich so wie du
Und leg‘ mich abends wieder hin.
Ich mach‘ die Augen einfach zu
Und befrag‘ mich, wer ich bin.


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