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Goethe:
Erinnerung
Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah. Lerne nur das Glück ergreifen, Denn das Glück ist immer da. |
Charles Bukowski:
Unten wie oben
Rotes Haar. Echtes. schlenkerte es und fragte: „Ist mein Arsch noch dran?“ Immer zu Späßen auf- gelegt. Es findet sich doch immer eine, die dich vor einer anderen rettet. Und kaum hat sie’s getan, geht sie schon dazu über, dich am Boden zu zerstören. „Manchmal hasse ich dich“, sagte sie. Sie ging raus, setzte sich auf die Veranda und las meinen Band Catull. Sie blieb eine ganze Stunde draußen. Leute kamen vorbei und fragten sich: Woher kriegt dieser häßliche alte Kerl so eine Schönheit? Ich wußte es selber nicht. |
Karin Kiwus:
So oder so
Schön geduldig miteinander langsam alt und verrückt werden andrerseits allein geht es natürlich viel schneller |
Ludwig Thoma:
Ein Blick ins Damenbad
Nicht all und jedes, meine Beste, Ist reizend, was Ihr Kleid verhehlt. Denn manches, was das Mieder preßte, Wird schwabbelig, wenn dieses fehlt. Ein hübscher Stiefel, schöne Strümpfe Beschwindeln uns oft sonderbar. Man sieht mit Schrecken, daß die Nymphe Gespickt mit Hühneraugen war. Ich spreche nicht von Hinterfronten, Die, ungebührlich aufgebauscht, Uns nur so lang bezaubern konnten, Als schwere Seide sie umrauscht. Das Nackte kann die Tugend stärken, Und vieles reizt uns nur umflort. Ich konnt' es durch die Wand bemerken, Als ich ein Loch hineingebohrt. |
Heinrich Seidel:
Grausames Schicksal
Für mich der etwas weiss vom Essen, Kann nichts Betrübteres geschehen, Als Andre schlemmen sehn und fressen, Die keine Spur davon verstehn. Ja, düster ist des Schicksals Wille Und kalt vermag es zuzusehn, Wie ein Talent so in der Stille Muss ungenutzt zu Grunde gehen. |
Wilhelm Busch:
Entrüstet
Zu gräßlich hatt' er mich geneckt. Wie weh war mir zu Sinn! Und tief gekränkt und aufgeschreckt Zum Kirchhof lief ich hin. Ich saß auf einem Leichenstein, Die Augen weint ich rot. Ach, lieber Gott, erbarm dich mein Und mach mich endlich tot. Sieht er mich dann in meinem Sarg, So wird er lebenssatt Und stirbt vor Gram, weil er so arg Mein Herz behandelt hat. Kaum wars gesagt, so legten sich Zwei Arme um mich her, Und auf der Stelle fühlte ich, Wer das getan, war er. Wir kehrten Arm in Arm zurück. Ich sah ihn an bei Licht. Nein, solchen treuen Liebesblick Hat doch kein Bösewicht. |
Charles Bukowksi:
Such
Der Hund springt aufs Bett und robbt über mich. "Weißt du das Wort?" frage ich ihn. Er gibt keine Antwort. "Weißt du das Wort? Ich such das richtige Wort." Er sieht mich mit seinen ernsten Braunen Augen an. "Ich warte auf das richtige Wort" erkläre ich ihm. "Ich komme mir vor als würde ich durch eine große heiße Bratpfanne schnalzen." Er wedelt und versucht, mein Gesicht zu lecken. "Hör mal", ruft sie aus dem Bade- zimmer, "kommst du jetzt endlich aus den Federn und hörst auf, mit dem Hund zu reden?!" Meine Eltern haben mich auch nie verstanden. |
Christian Morgenstern:
Der Papagei
Es war einmal ein Papagei, der war beim Schöpfungsakt dabei und lernte gleich am rechten Ort des ersten Menschen erstes Wort. Des Menschen erstes Wort war A und hieß fast alles, was er sah, z. B. Fisch, z. B. Brot, z. B. Leben oder Tod. Erst nach Jahrhunderten voll Schnee erfand der Mensch zum A das B und dann das L und dann das Q und schließlich noch das Z dazu. Gedachter Papagei indem ward älter als Methusalem, bewahrend treu in Brust und Schnabel die erste menschliche Vokabel. Zum Schlusse starb auch er am Zips. Doch heut noch steht sein Bild in Gips, geschmückt mit einem grünen A, im Staatsschatz zu Ekbatana. |
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